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Deutsches Notarinstitut
GUTACHTEN D o k u m e nt n u m m e r : l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 11487 25.7.2007
BGB §§ 1150, 1142, 1143, 268; ZPO § 727 Ablösung einer Grundschuld durch einen Dritten (hier: Wohnungseigentümer) und Umschreibung der Vollstreckungsklausel
einen
anderen
I. Sachverhalt Im Grundbuch wurde eine vollstreckbare Grundschuld im Grundbuch eingetragen. Belastet mit der Grundschuld ist ein Wohnungseigentum. Der Grundschuldgläubiger betreibt aus der Grundschuld die Zwangsvollstreckung. Daraufhin hat ein Dritter einen Teil der der Grundschuld zugrunde liegenden Darlehensverbindlichkeit des Wohnungseigentümers bezahlt. Insoweit beantragt er nunmehr Umschreibung der Vollstreckungsklausel. Dabei bringt er vor, seine Zahlungen seien ausschließlich auf die Grundschuld erfolgt. Die Grundschuld sei in Höhe des getilgten Teilbetrages auf ihn übergegangen. Er sei zur Ablösung der Grundschuld berechtigt gewesen, weil er Eigentümer einer anderen Wohnungseigentumseinheit in demselben Gebäudekomplex ist. II. Frage Ist die Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO statthaft, wenn ein möglicherweise ablösungsberechtigter Dritter auf die Grundschuld gezahlt hat? III. Zur Rechtslage 1. Klauselumschreibung bei Zahlung auf die Grundschuld Nach § 727 ZPO kann die Vollstreckungsklausel für und gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners und/oder des Gläubigers umgeschrieben werden. Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 ZPO ist dabei im Grunde sowohl im Falle der Einzelrechtsnachfolge als auch im Falle der Gesamtrechtsnachfolge gegeben. Vorliegend geht es um eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf Seiten des Gläubigers. Hierzu wird vorgetragen, infolge der Zahlungen auf die Grundschuld sei es zu einer Einzelrechtsnachfolge gekommen. a) Zahlung auf die Grundschuld, nicht auf die gesicherte Forderung Erfolgen Zahlungen im Zusammenhang mit einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen, ist streng danach zu unterscheiden, auf welche Forderung konkret diese Zahlungen erfolgen. Handelt es sich bei dem Grundpfandrecht wie regelmäßig um
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eine Grundschuld, so haben Zahlungen keinerlei Einfluss auf den Fortbestand der Grundschuld, wenn diese Zahlungen nicht ,,auf" die Grundschuld, sondern lediglich ,,auf" die Darlehensforderung erbracht werden. Anders als die Hypothek ist die Grundschuld ein abstraktes dingliches Sicherungsrecht, also nicht mit einer zu sichernden Forderung im Wege der Akzessorietät verbunden. b) Zahlung durch den Eigentümer oder durch einen ablösungsberechtigten Dritten Soweit Zahlungen auf die Grundschuld selbst erbracht werden, nicht aber auf etwa damit gesicherte Forderungen, unterscheidet das Gesetz, ob diese Zahlungen durch den Eigentümer des mit der Grundschuld belasteten Grundbesitzes erfolgen oder durch einen Dritten. Leistet der Grundstückseigentümer auf die Grundschuld, geht das Grundschuldkapital samt den noch fälligen Zinsen gem. §§ 1191, 1142, 1143 BGB auf den Grundstückseigentümer über. Der (bisherige) Gläubiger ist nicht mehr Inhaber der Grundschuld. Soweit er gleichwohl noch als Gläubiger im Grundbuch eingetragen ist, ist das Grundbuch unrichtig (vgl. statt aller: Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, 7. Aufl. 2004, Rn. 824; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl. 2007, § 1191 Rn. 36). Statthaft ist daneben aber auch, dass Dritte Zahlungen auf die Grundschuld erbringen können. Entscheidend kommt es hierbei darauf an, ob diese nach § 268 BGB ein eigenes Ablösungsrecht haben oder nicht. § 268 BGB findet nach §§ 1191, 1150 BGB auch auf Hypotheken und Grundschulden Anwendung. Liegen die Voraussetzungen des § 268 BGB vor und zahlt ein sog. ablösungsberechtigter Dritter auf die Grundschuld, geht diese kraft Gesetzes auf ihn über (§§ 1150, 268 Abs. 3 BGB); dazu ist weder die Zustimmung des Eigentümers noch ein Vertrag mit dem Grundschuldgläubiger erforderlich. Auch eine Grundbucheintragung ist nicht notwendig. Vielmehr erfolgt der Erwerb kraft Gesetzes. Dies gilt dabei auch im Falle von Teilleistungen (Gaberdiel, Rn. 835). 2. Ablösungsrecht a) Inhaber gleich- oder nachrangiger dinglicher Rechte Entscheidendes Kriterium für diesen gesetzlichen Übergang der Grundschuld auf den Dritten ist, dass dieser Dritte ablöseberechtigt i. S. d. § 268 BGB ist. Zur Ablösung der Grundschuld berechtigt ist neben dem Eigentümer des belasteten Grundstücks jeder Inhaber eines nachrangigen oder gleichrangigen dinglichen Rechts am Grundstück oder einer nach- oder gleichrangigen Vormerkung (Gaberdiel, Rn. 830; Staudinger/Bittner, BGB (2004), § 268 Rn. 7; Staudinger/Wolfsteiner, BGB (2002), § 1150 Rn. 10 ff.). b) Miteigentümer bei Belastung des gesamten Grundstücks Ein Ablösungsrecht besteht in diesem Zusammenhang insbesondere auch für den Miteigentümer (Staudinger/Wolfsteiner, § 1150 Rn. 10). Allerdings ist nach herrschender Ansicht der Miteigentümer zur Befriedigung des Gläubigers einer am ganzen Grundstück bestehenden Hypothek bereits nach §§ 1142, 1153 BGB, nicht aber nach § 1150 BGB befugt (RGRK/Mattern, 12. Aufl. 1974, § 1150 Rn. 5; Staudinger/Wolfsteiner, § 1150 Rn. 10). Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass an einem isolierten Grundstücksbruchteil eine Hypothek bzw. Grundschuld lastet und der Gläubiger dieses Grundpfandrechts die Auseinandersetzungsversteigerung betreibt oder
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androht. In diesem Fall sind die Eigentümer der anderen Bruchteile nach § 1150 BGB ablöseberechtigt (MünchKomm-BGB/Eickmann, 4. Aufl. 2004, § 1150 Rn. 10; Staudinger/Wolfsteiner, § 1150 Rn. 10). Liegen die Voraussetzungen des § 268 BGB vor, ist der ablösungsungsberechtigte Dritte in Höhe des Ablösungsbetrages qua Gesetz Rechtsnachfolger des ursprünglichen Grundschuldgläubigers. Können die Voraussetzungen des § 268 BGB in der Form des § 727 ZPO nachgewiesen werden, kann auch die Vollstreckungsklausel umgeschrieben werden. Ein Formulierungsvorschlag hierfür findet sich bei Scheel (NotBZ 2001, 286, 289) Regelmäßig dürfte allerdings eine solche Umschreibung der Vollstreckungsklausel an den erforderlichen Nachweisen in der entsprechenden Form scheitern (Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 2. Auflage 2006 Rn. 43.52) c) Zahlung durch Nicht-Ablösungsberechtigten Erbringt ein Dritter Leistungen auf die Grundschuld, obgleich ein Ablöserecht für ihn nach § 268 BGB nicht besteht, führen diese im Grunde zu keinerlei Wechsel in der Person des Gläubigers der Grundschuld. Erfolgen diese Zahlungen jedoch für den Grundstückseigentümer oder für einen sonstigen ablösungsberechtigten Dritten mit deren Willen, so geht die Grundschuld dann auf den Eigentümer bzw. auf dem ablösungsberechtigten Dritten über, nicht aber auf den zahlenden Dritten (Gaberdiel, Rn. 831; BGH NJW 1983, 2502; NJW 1976, 2340). 3. Vorliegender Sachverhalt a) Kein Ablösungsrecht eines anderen Wohnungseigentümers Im hier vorliegenden Sachverhalt wurde was wir unterstellen - auf die Grundschuld bezahlt. Die Grundschuld lastet (ausschließlich) auf einem Wohnungseigentum. Der zahlende Dritte reklamiert ein Ablösungsrecht i. S. d. § 268 BGB damit, dass er zwar nicht Miteigentümer des mit dem Grundpfandrecht belasteten Wohnungseigentums ist, wohl aber Eigentümer einer anderen Wohnungseigentumseinheit auf den in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück und damit letztlich Miteigentümer des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks insgesamt ist. Auch als Miteigentümer habe er aber ein Ablösungsrecht i. S. d. § 268 BGB. Dieser Auffassung ist zu widersprechen. Auch wenn in der uns zur Verfügung stehenden Rechtsprechung und Literatur diese Frage soweit ersichtlich nicht eigens erörtert wird, folgt dies offensichtlich daraus, dass hier klar zu unterscheiden ist, was Belastungsgegenstand der Grundschuld ist. Belastungsgegenstand der Grundschuld ist hier im Grundbuch gebildetes Wohnungseigentum. Dieses Wohnungseigentum steht im Alleineigentum des Grundstückseigentümers. Davon zu unterscheiden ist das dem ablösenden Dritten gehörende anderweitige Wohnungseigentum. Dieses Wohnungseigentum ist nicht mit der Grundschuld, aus der hier die Zwangsvollstreckung betrieben wird, belastet. Auch scheidet offensichtlich eine Belastung des gesamten, in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks mit der Grundschuld (Gesamtgrundschuld) aus. Von daher kann ein Ablösungsrecht i. S. d. § 268 BGB nicht mit der Stellung als Miteigentümer begründet werden. Der ablösende Dritte ist nicht Miteigentümer des mit der Grundschuld belasteten Wohnungseigentums.
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b) Kein sonstiges Ablösungsrecht Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass dem ablösenden Dritten ein besonderes Recht i.S.d. § 268 BGB zusteht, wonach er zur Ablösung der Grundschuld berechtigt ist. Ein solches Recht ergibt sich insbesondere nicht aufgrund seiner Stellung als Eigentümer einer anderen Wohnungseigentumseinheit. Das Eigentum an einer anderen Wohnung auf demselben in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück gewährt kein (dingliches) Recht, das im Falle der Zwangsversteigerung eines anderen Wohnungseigentums auf demselben Grundstück Gefahr läuft, zu erlöschen bzw. beeinträchtigt zu werden. Die Zwangsvollstreckung erstreckt sich allein auf das mit dem Grundpfandrecht belastete Wohnungseigentum. Eine wie sonst bei Miteigentum mögliche Auseinandersetzungsversteigerung nach § 749 BGB ist bei einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück nicht zulässig. § 11 WEG ordnet dies ausdrücklich an. 4. Ergebnis Als Ergebnis ist damit festzustellen, dass aufgrund der Ablösung der Grundschuld der ablösende Dritte im vorliegenden Fall die Grundschuld nicht qua Gesetz nach §§ 1150, 1191, 268 BGB erworben hat. Er ist daher jedenfalls aufgrund der Ablösung nicht Rechtsnachfolger des bisherigen Grundpfandrechtsgläubigers. Eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel ist insoweit nicht möglich.