27. Oktober 2017
BGB § 2205; BGB § 878; BGB § 885; BGB § 883

Wechsel des Testamentsvollstreckers; Auswirkung auf bewilligte Vormerkung

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Abruf-Nr.:                            158325
letzte Aktualisierung:        27. Oktober 2017

BGB §§ 878, 883, 885, 2205
Wechsel des Testamentsvollstreckers; Auswirkung auf bewilligte Vormerkung

I. Sachverhalt

Im Februar 2017 wurde ein Grundstückskaufvertrag beurkundet, auf Verkäuferseite trat ein Testamentsvollstrecker auf. Die Vormerkung wurde bewilligt und beim Grundbuchamt eingereicht, aber zunächst noch nicht eingetragen. Im April 2017 wurde der Testamentsvollstrecker durch Gerichtsbeschluss aus seinem Amt entlassen. Im Juni 2017 wurde ein neuer Testamentsvollstrecker ernannt. Durch beglaubigte Erklärung vom Juli 2017 hat der neue Testamentsvollstrecker sämtliche Erklärungen des Kaufvertrags genehmigt und vorsorglich alle Anträge, Bewilligungen und Vollmachten wiederholt. Noch vor Abgabe der vorgenannten Erklärung hat das Grundbuchamt die Vormerkung eingetragen.

II. Frage

Ist die Vormerkung wirksam? Wenn nein: Welche Möglichkeiten gibt es, die Wirksamkeit herbeizuführen?

III. Zur Rechtslage

1.    Folgen des Wechsels des Testamentsvollstreckers

Das Amt des Testamentsvollstreckers endet gem. § 2225 BGB mit dessen Tod oder wenn ein Fall der Amtsunfähigkeit gem. § 2201 BGB eintritt, mit der Kündigung durch den Testamentsvollstrecker (§ 2226 BGB) oder mit seiner Entlassung durch das Nachlassgericht aus wichtigem Grund auf Antrag eines Beteiligten (§ 2227 BGB) (Kössinger, in: Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, § 15 Rn. 164). Die Beendigung des Amtes eines Testamentsvollstreckers führt nicht zwingend zur Beendigung der Testamentsvollstreckung als solcher, wenn ein weiterer Testamentsvollstrecker vorhanden ist (§ 2225 Abs. 1 S. 2 BGB) oder wenn der Erblasser Ersatzbestimmungen gem. §§ 2197 Abs. 2, 2199 Abs. 2 oder 2200 BGB getroffen hat.

Bei Wegfall eines konkreten Testamentsvollstreckers endet die Testamentsvollstreckung insgesamt also nur dann, wenn ein weiterer Mitvollstrecker nicht vorhanden ist und der Erblasser auch nicht anderweitig vorgesorgt und den Eintritt eines neues Testamentsvollstreckers ermöglicht hat (Bengel/Dietz, in: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 6. Aufl. 2017, § 7 Rn. 134).

Mit Wegfall des konkreten Amtes als Testamentsvollstrecker endet jedoch die Verfügungsbefugnis des jeweiligen Vollstreckers.

2.    Voraussetzungen für die Entstehung einer wirksamen Vormerkung

Erforderlich für die Eintragung der Vormerkung ist gem. § 885 BGB die Bewilligung des über das Grundstück Verfügungsbefugten (Staudinger/Gurksy, BGB, 2013, § 885 Rn. 18). Die Bewilligung ist nach h. M. nicht nur eine verfahrensrechtliche Eintragungsvoraussetzung gem. § 19 GBO, sondern auch eine materiell-rechtliche Entstehungsvoraussetzung (vgl. nur MünchKommBGB/Kohler, 7. Aufl. 2017, § 885 Rn. 14 m. w. N.; a. A. Kessler, NJW 2012, 1765, 2768).

Die Verfügungsbefugnis des Bewilligenden muss grundsätzlich noch in dem Zeitpunkt vorhanden sein, in dem die Vormerkung entsteht, also im Augenblick der Eintragung (Staudinger/Gursky, § 885 Rn. 19).

    Gem. § 878 BGB wird eine von einem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 BGB abgegebene Erklärung nicht dadurch unwirksam, dass der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist.

a)    Anwendbarkeit auf die Vormerkung

Ausdrücklich verweist § 878 BGB allerdings nicht auf § 885 BGB, so dass man insoweit daran zweifeln könnte, dass die Vorschrift auch auf die Vormerkung Anwendung findet.

Nach h. M. ist § 878 BGB auch auf die Vormerkung entsprechend anzuwenden. Wie die Fülle der Verweisungen auf § 878 BGB zeige, wolle das Gesetz für alle erst durch Eintragung endgültig wirksam werdende rechtsgeschäftlichen Verfügungen des Liegenschaftsrechts sicherstellen, dass eine erst während der Dauer des Eintragungsverfahrens eintretende Verfügungsbeschränkung oder -entziehung den Rechtserwerb nicht mehr verhindere (Staudinger/Gursky, § 885 Rn. 19).

b)     Anwendbarkeit auf den Wegfall der Verfügungsbefugnis einer Partei kraft Amtes

Immer noch ungeklärt ist allerdings, ob bei Wegfall des Amtes des Testamentsvollstreckers § 878 BGB Anwendung finden kann.

Eine im Vorgreifen befindliche Ansicht in der Literatur wendet § 878 BGB mit Eingang des Antrags auf Eintragung der Vormerkung beim Grundbuchamt auch bei Wegfall des konkreten Testamentsvollstreckeramtes an (vgl. nur Krauß, in: Beck´sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015, A I Rn. 647; BeckOGK-BGB/Kesseler, Stand: 1.1.2017, § 878 Rn. 28; wohl auch Staudinger/Gursky, § 885 Rn. 19; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 124, jew. m. w. N.). Auch hier besteht die Schutzbedürftigkeit der Beteiligten und es soll für den Rechtserwerb gerade nicht auf die auch Zufälligkeiten unterworfenen zeitlichen Abläufe im Grundbuchamt ankommen.

Die ältere Rechtsprechung hingegen hat gleichwohl stets die Anwendbarkeit des § 878 BGB in dieser Konstellation abgelehnt (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 124, insb. Fn. 34 m. N. zur Rechtsprechung) und ist davon ausgegangen, dass Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verfügung, die ein Verfügungsberechtigter kraft Amtes vornimmt, ist, dass dieser sein Amt nicht nur bei Antragstellung, sondern auch bei der Vollendung des Rechtserwerbs innehat (vgl. bspw. OLG Köln, MittRhNotK 1981, 139 f.; BayObLG MittBayNot 1975, 228 f.).

Auch wenn u. E. erhebliche Gründe dafür sprechen, § 878 BGB auch auf den Wegfall des konkreten Testamentsvollstreckeramtes anzuwenden, ist die Rechtslage diesbezüglich immer noch sehr unsicher, da neuere Entscheidungen fehlen.

Aus Gründen notarieller Vorsicht dürfte daher trotz der zahlreichen Stimmen aus der Literatur, die eine Anwendbarkeit des § 878 BGB auch für den Wegfall der Befugnis des Testamentsvollstreckers befürworten, davon auszugehen sein, dass die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers noch im Zeitpunkt der Eintragung vorliegen muss und § 878 BGB hierüber nicht hinweghelfen kann.

3.    Nachträgliche Genehmigung

Hat demnach der ehemalige Testamentsvollstrecker als im Zeitpunkt der Eintragung Nichtberechtigter die Vormerkung bewilligt und wurde diese dennoch (fälschlicherweise) ins Grundbuch eingetragen, wäre die Vormerkung zunächst nicht wirksam entstanden. Eine fehlende Bewilligung kann allerdings nachgeholt werden, da sie grundsätzlich, wie die Einigung gem. § 873 BGB, der Eintragung nicht zeitlich vorausgehen muss (MünchKommBGB/Kohler, § 885 Rn. 16).

Auch eine nachträgliche Genehmigung des Berechtigten (in diesem Fall dann des neuen Testamentsvollstreckers) gem. § 185 Abs. 2 BGB kann der Vormerkung daher zur Wirksamkeit verhelfen, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Die Wirksamkeit der Vormerkung tritt dann allerdings nur ex nunc ein (BeckOGK-BGB/Assmann, Stand: 1.7.2017, § 885 Rn. 34; MünchKommBGB/Kohler, § 885 Rn. 16). Daher dürfte insbesondere im Hinblick auf die Fälligkeit des Kaufpreises darauf zu achten sein, ob in der Zwischenzeit weitere Eintragungen erfolgt sind, die dann u. U. auch dem Erwerber gegenüber Wirksamkeit entfalten können.

Somit muss jedoch im Ergebnis keine neue Vormerkung eingetragen werden. Die Vormerkung ist infolge der Genehmigung durch den neuen Testamentsvollstrecker ex nunc wirksam geworden.

Gutachten/Abruf-Nr:

158325

Erscheinungsdatum:

27.10.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Vormerkung

Normen in Titel:

BGB § 2205; BGB § 878; BGB § 885; BGB § 883