Nachweis des Fortbestehens einer testamentarisch erteilten Vollmacht zur Vermächtniserfüllung
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 131791
letzte Aktualisierung: 29. Januar 2019
BGB §§ 168, 2174;
Nachweis des Fortbestehens einer testamentarisch erteilten Vollmacht zur Vermächtniserfüllung
I. Sachverhalt
Es liegt aus dem Jahre 1954 ein Testament des Erblassers vor (neue Bundesländer), das durch
ein staatliches Notariat im Jahre 1966 eröffnet wurde. In diesem Testament wird die Erbin E mit
einem Grundstücksvermächtnis für Frau A belastet. Weiter wird Frau A „unter Befreiung von
Erbin E und etwaige Erbeserben sind nicht bekannt. In der Nachlassakte befindet sich die Urschrift
des Testaments. Eine Ausfertigung wurde Frau A nicht erteilt. Vermerke über die Erteilung
von Ausfertigungen sind der Nachlassakte nicht zu entnehmen. Ebenso ist kein Hinweis in
der Nachlassakte zu einem etwaigen Widerruf der Vollmacht enthalten.
II. Frage
Kann das Grundbuchamt die in der Nachlassakte des gleichen Amtsgerichts befindliche Urschrift
als Nachweis der fortbestehenden Vollmacht für die Auflassung genügen lassen?
III. Zur Rechtslage
Vorab erlauben wir uns zu bemerken, dass Ihre Anfrage eine Reihe diverser ungeklärter Fragen
aufwirft und eine gesicherte Rechtsprechung bislang nicht besteht. Ferner erlauben wir uns den
Hinweis, dass die Auslegung des Testaments dem ZGB unterliegt (OLG Jena OLGNL 1995) und
dies auch für die in dem Testament enthaltene Vollmacht gelten dürfte.
1. Vollmachtsnachweis
a) Anforderungen des
Ist die Auflassung auf der Grundlage einer Vollmacht erklärt worden (§§ 873 Abs. 1,
925 Abs. 1 BGB), muss das Grundbuchamt das Bestehen der Vollmacht prüfen (§§ 19,
20, 29 Abs. 1 GBO; OLG Naumburg
Stand: 1.12.2018, § 20 Rn. 43). Erforderlich ist, dass die Vollmacht dabei mindestens
öffentlich beglaubigt ist (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3536).
Nur dann, wenn das die Vollmacht enthaltende Testament beurkundet worden ist, wäre
der Form des
mitgeteilten Sachverhalt aus.
Außerdem setzt der Nachweis für das Bestehen der Vollmacht voraus, dass die Vollmacht
dem Grundbuchamt in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegt wird. Nur dann
kommt der auch im Grundbuchverfahren entsprechend geltende Erfahrungssatz des
sind (vgl. OLG Schleswig NJOZ 2013, 634, 635; BayObLG MittBayNot 2002,
112). Entsprechendes gilt auch für eine in einem Testament erteilte Vollmacht zur Erfüllung
eines Vermächtnisses (vgl. Mayer,
Zulässigkeit der testamentarisch zwecks Vermächtniserfüllung erteilten Vollmacht OLG
Köln
Vermächtnisnehmer grundsätzlich eine Urschrift bzw. Ausfertigung des Testaments in
den Händen halten muss, wenn er einen grundbuchtauglichen Nachweis hinsichtlich des
Bestehens der testamentarisch erteilten Vollmacht erbringen will.
b) Spezialkonstellation: Urschrift der Vollmacht in Akten des Nachlassgerichts
Fraglich ist, ob etwas anderes dann gilt, wenn sich Urschrift und Eröffnungsniederschrift
des Testaments beim Nachlassgericht befinden und Grundbuchamt und
Nachlassgericht demselben Gericht angehören.
Nach in der Literatur vertretener Auffassung soll hier eine Bezugnahme auf die Nachlassakten
genügen (Halding-Hoppenheit,
Hierfür spricht, dass nach allgemeiner Ansicht auch für den Nachweis der Erbfolge eine
Verweisung auf die Nachlassakte genügt, wenn Nachlassgericht und Grundbuchamt am
selben Amtsgericht angesiedelt sind. Das Testament muss dem Grundbuchamt nicht
mehr vorgelegt werden (vgl. OLG Frankfurt
eine im Testament zur Vermächtniserfüllung enthaltene Vollmacht nichts anderes gelten
zu können.
Nach der Wertung von
für den Fortbestand der Vollmacht, wenn der Bevollmächtigte die Urschrift bzw. Ausfertigung
der Vollmacht vorlegen kann. Dies ist nach dem mitgeteilten Sachverhalt jedoch
nicht der Fall, da sich die Vollmacht lediglich in den Nachlassakten befindet.
Möglicherweise lässt sich aus diesem Umstand aber eine Vermutungswirkung über eine
entsprechende Anwendung von
Rechtsprechung und Literatur herangezogen, um eine für die Zwecke des
ausreichende Vermutungswirkung zu begründen (OLG Stuttgart
Haegele,
Hat der Vollmachtgeber durch besondere Mitteilung an einen Dritten oder durch
öffentliche Bekanntmachung die Vollmacht kundgegeben, ist nach
der Bevollmächtigte im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem
Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.
Die Literatur geht teilweise davon aus, dass die Bevollmächtigung in einer letztwilligen
Verfügung wie eine besondere Mitteilung nach
len Personen als „Dritten“ wirke, die kraft Gesetzes von der letztwilligen Verfügung
Kenntnis erhalten hätten. Solange ein Widerruf nach
sei, müsse das Grundbuchamt vom Fortbestehen der Vollmacht ausgehen (Halding-
Hoppenheit,
Dies ist u. E. im Ergebnis überzeugend, in der Begründung jedoch zweifelhaft. § 171
Abs. 1 Var. 1 BGB zielt auf den Schutz eines „Dritten“, dem gegenüber eine Vollmacht
als fortbestehend gilt. Handelt der Bevollmächtigte jedoch aufgrund der Vollmacht
gegenüber sich selbst, leuchtet nicht ein, warum hier der Bevollmächtigte in seiner
Eigenschaft als Vertragspartner ein Schutzbedürfnis für sich in Anspruch nehmen
können sollte.
Es spricht demgegenüber viel dafür, in der Eröffnung des Testaments eine öffentliche
Bekanntmachung zu sehen und den Rechtsgedanken des
anzuwenden. Nach allgemeiner Auffassung soll auch der Erfahrungssatz des
Vollmachtgeber die Vollmacht bei einer Behörde eingereicht hat (i. E. insoweit übereinstimmend
OLG Stuttgart
wird vor allem für beim Grundbuchamt eingereichte Vollmachten angenommen. Strenggenommen
liegt zwar keine öffentliche Bekanntmachung i. S. v. § 171 Abs. 1 Var. 2
BGB vor, da das Grundbuchamt materiell-rechtlich betrachtet nicht Adressat der abgegebenen
Erklärungen ist, sondern nur abgeschlossene Rechtsgeschäfte vollzieht.
Gleichwohl wird man den Rechtsgedanken des
des im Grundbuchverfahren erforderlichen Nachweises einer Vollmacht entsprechend
anzuwenden haben. Hat der Vollmachtgeber einer Behörde die Vollmacht in Urschrift
zugeleitet, kann diese Behörde davon ausgehen, dass die Vollmacht weiterhin besteht,
sofern ihr nicht ein Widerruf zugeht (
lassen müssen, dass der Erblasser das Testament nicht selbst, sondern der Notar
in die amtliche Verwahrung gegeben hat. Dem Erblasser kommt es gerade darauf an,
dass sein Testament in die amtliche Verwahrung zum Nachlassgericht gelangt. Nur
dann ist sichergestellt, dass das Testament nach seinem Versterben eröffnet wird und
die Bevollmächtigten aufgrund der Eröffnung die zur Nachlassabwicklung erforderlichen
Handlungen vornehmen können. Auch fällt es nicht ins Gewicht, dass sich die
Vollmacht nicht beim Grundbuchamt, sondern beim Nachlassgericht befindet. Wie
bereits erwähnt, spielt dies auch für die Grundbuchberichtigung keine Rolle, wenn
Grundbuchamt und Nachlassgericht demselben Amtsgericht angehören. Grundbuchamt
und Nachlassgericht sind insoweit als organisatorische Einheit zu behandeln. Die
vertretenen Erben sind hierbei nicht schutzlos gestellt. Sie könnten durch Erklärung
gegenüber dem Nachlassgericht die Vollmacht widerrufen, sofern die Vollmacht
widerruflich ausgestaltet worde ist (s. u.). Der Widerruf wäre dann zur Nachlassakte zu
nehmen. Der Vollmacht wäre dann gem.
genommen.
c) Schlussfolgerung
Will man der Auffassung in der Literatur (Halding-Hoppenheit,
im Ergebnis zustimmen, könnte ein Nachweis für das Fortbestehen der Vollmacht
grundsätzlich durch Bezug auf die Nachlassakte geführt werden kann. Ergeben sich
keine Anhaltspunkte für einen Widerruf der Vollmacht, wäre demnach ein ausreichender
Nachweis für das Fortbestehen der Vollmacht erbracht. Gleichwohl ist darauf hin-
zuweisen, dass die Rechtslage nicht gesichert ist und ein abweichendes Ergebnis sicherlich
ebenfalls gut vertretbar sein dürfte.
Ob die Vollmacht widerruflich oder unwiderruflich ist, spielt für die Anwendung des
Erfahrungssatzes des
dass sich die Vollmachtsurkunde im Besitz des Nachlassgerichts befindet und
diesem bzw. dem Grundbuchamt kein Widerruf zugegangen ist.
d) Unwiderruflichkeit der Vollmacht
Sollte die Vollmacht gleichwohl unwiderruflich sein, dürfte aus Sicht des Grundbuchamtes
ein noch stärkerer Erfahrungssatz dafür sprechen, dass die Vollmacht fortbesteht.
Bei einer unwiderruflichen Vollmacht ist die Vollmacht nämlich nur aus wichtigem
Grund widerruflich (Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. 2019, § 168 Rn. 6 m. w. N.).
Erteilt der Erblasser dem Vermächtnisnehmer testamentarisch eine Vollmacht zur Vermächtniserfüllung,
soll diese Vollmacht nach Auffassung der Literatur im Zweifel unwiderruflich
sein, auch wenn die Unwiderruflichkeit nicht ausdrücklich angeordnet
worden ist (Mayer,
Dies lässt sich insbesondere damit begründen, dass auch im Falle einer im
Grundstückskaufvertrag enthaltenen Auflassungsvollmacht an den Erwerber im Zweifel
von einer unwiderruflichen Vollmacht auszugehen ist (vgl. BayObLG MittBayNot
1989, 308; LG Kiel
eine unwiderrufliche Vollmacht zur Übertragung eines Grundstücks
beurkundungspflichtig ist (vgl. Palandt/Ellenberger, § 167 Rn. 2), dürfte der Unwiderruflichkeit
nicht entgegenstehen, da der Vermächtnisanspruch aus einem privatschriftlichen
Testament resultiert und eine Umgehung der Formvorschrift des § 311b
Abs. 1 BGB nicht droht.
Der Unwiderruflichkeit der Vollmacht steht auch nicht entgegen, dass der Ausschluss
des Widerrufs nicht einseitig in der Vollmacht, sondern nur in dem zugrunde liegenden
Rechtsgeschäft erfolgen kann (BayObLG
90; a. A. Erman/Maier-Reimer, BGB, 15. Aufl. 2017, § 168 Rn. 17). Hintergrund dieser
Einschränkung ist die Wertung des
Vollmacht aus dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft ergibt. Für die testamentarisch
zur Vermächtniserfüllung erteilte Vollmacht dürfte davon auszugehen sein, dass das mit
dem Entstehen des Vermächtnisses begründete Schuldverhältnis das Grundverhältnis
für die Vollmacht bildet. Daher dürfte es genügen, dass der Erblasser in der
testamentarischen Vermächtnisanordnung eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt hat.
e) Zwischenergebnis
Ob der Nachweis über das Bestehen der Vollmacht durch Bezugnahme auf die Nachlassakte
geführt werden kann, ist offen. Hierfür lassen sich gute Gründe anführen.
Dass die Vollmacht im vorliegenden Fall unwiderruflich erteilt worden sein dürfte, ist
für die Vermutung über den Fortbestand der Vollmacht nicht erforderlich, mag aber als
zusätzliches Indiz dafür herangezogen werden, dass ein Vollmachtswiderruf nicht erfolgt
ist.
2. Zweifel am Fortbestehen der Vollmacht bei Verjährung bzw. Verwirkung des zu erfüllenden
Anspruchs?
Zweifel am Fortbestehen der Vollmacht können grundsätzlich nicht allein aus dem Umstand
hergeleitet werden, dass zwischen Vollmachtserteilung und Vornahme des Rechtsgeschäfts
ein erheblicher Zeitraum liegt (vgl. OLG Hamm
Etwas anderes könnte sich jedoch im vorliegenden Fall daraus ergeben, dass das Testament
bereits im Jahre 1966 eröffnet wurde und der Anspruch auf die Vermächtniserfüllung möglicherweise
verjährt bzw. die Vollmacht verwirkt sein könnte.
a) Rechtsprechung des OLG Naumburg
Das OLG Naumburg hat in zwei Entscheidungen Zweifel am Fortbestehen einer Auflassungsvollmacht
angemeldet, wenn die Vollmacht zur Erfüllung eines Eigentumsverschaffungsanspruchs
erteilt wurde und zwischen ihrer Erteilung und der Auflassung 47
bzw. mehr als 50 Jahre lagen (OLG Naumburg
könne das Geschäft nicht mehr durchgeführt werden. Die Vollmacht hätte sich dann erledigt
und sei erloschen (
Naumburg nicht einmal darauf an, dass sich der Schuldner tatsächlich auf die Einrede
der Verjährung beruft. Lege ein halbes Jahrhundert niemand Wert auf die Durchführung
des Vertrages, komme dies außerdem einer konkludenten Vertragsaufhebung nahe. In
Betracht zu ziehen seien auch der Gesichtspunkt der Verwirkung und das Erlöschen der
Vollmacht infolge veränderter Umstände (OLG Naumburg
Das Grundbuchamt dürfe deswegen einen weiteren Nachweis über das Bestehen der
Vollmacht verlangen.
Nach Demharter kann diese Rechtsprechung nicht restlos überzeugen (FGPrax 2004,
144, 149). Demharter begründet seine Bedenken mit der Rechtsprechung zur Frage, ob
eine Eintragung im Grundbuch auch noch dann erfolgen muss, wenn zwischen
Eintragungsbewilligung und Antrag ein Zeitraum von mehreren Jahrzehnten liegt. Die
Rechtsprechung bejaht diese Frage nämlich, sofern die Eintragungsbewilligung bindend
oder nicht mehr widerruflich ist (vgl.
184). Diese Parallele kann nach persönlicher Auffassung des Sachbearbeiters aber nur
bedingt überzeugen. Anders als bei einer bloß verfahrensrechtlichen
Eintragungsbewilligung, kann sich die Frage der Verjährung bzw. Verwirkung aus Sicht
des materiellen Rechts durchaus stellen. Für die Beurteilung des Fortbestehens einer
Vollmacht sind aber gerade die Vorgaben des materiellen Rechts zu beachten.
Einen anderen Standpunkt als das OLG Naumburg scheint auch das LG Kiel einzunehmen
(
verjährt, soll es dem Veräußerer verwehrt sein, sich auf die Einrede der Verjährung zu
berufen, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt sei, was man bei einer Auflassungsvollmacht
im Zweifel annehmen könne. Die Auflassung könne daher auch nach Ablauf
der Verjährungsfrist wirksam erklärt werden.
b) Verjährung
Ob die bloße Verjährung des Anspruchs zu einem Erlöschen der Vollmacht nach § 168
S. 1 BGB führt, erscheint zweifelhaft. Die Verjährung begründet nur eine Einrede, lässt
den Anspruch aber weiterhin wirksam bestehen bleiben (vgl. nur Palandt/Ellenberger,
§ 214 Rn. 1 m. w. N.). Anders als das OLG Naumburg meint, erledigt sich das Schuldverhältnis
auch nicht mit der Verjährung des Anspruchs.
Ob ein Widerruf aus wichtigem Grund ausgeschlossen ist, wenn der Anspruch verjährt
ist, es sich aber um eine unwiderrufliche Vollmacht handelt, erscheint zweifelhaft, kann
aber letztendlich im vorliegenden Fall offenbleiben, sofern sich in der Nachlassakte
nicht Anhaltspunkte für einen Widerruf der Vollmacht bzw. für ein möglichen konkludenten
Widerruf der Vollmacht durch Erhebung der Verjährungseinrede ergeben.
c) Verwirkung
Problematischer erscheint demgegenüber die Frage, ob bei einem derart langen Zeitablauf
die Vollmacht nicht wegen Verwirkung erloschen ist (für Erlöschen der Vollmacht
bei Verwirkung wegen Zeitablaufs Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl. 1999, § 168 Rn. 5;
Staudinger/Schilken, BGB, 2014, § 168 Rn. 3). Anders als die Verjährung ist die Verwirkung
keine bloße Einrede, sondern von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH NJW
1966, 343, 345; Palandt/Grüneberg, § 242 Rn. 96). Anders als im Hinblick auf das
bloße grundbuchverfahrensrechtliche Antragsrecht dürfte eine Verwirkung der Auflassungsvollmacht
bei erheblichem Zeitablauf grundsätzlich in Betracht kommen (so auch
Soergel/Leptien, § 168 Rn. 5; Staudinger/Schilken, § 168 Rn. 3). Sollten also die
Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen, dürfte die Vollmacht erloschen sein.
Ob die Voraussetzungen einer Verwirkung im vorliegenden Fall vorliegen, hängt nicht
nur von dem bloßen Zeitmoment, dem Untätigsein des Vermächtnisnehmers, sondern
auch von einem Umstandsmoment ab (vgl. nur Palandt/Ellenberger, § 242 Rn. 95
m. w. N.). Die Erben müssten sich aufgrund des Verhaltens des Vermächtnisnehmers
darauf eingerichtet haben, dieser werde seinen Vermächtnisanspruch nicht mehr geltend
machen. Ob dies der Fall ist, kann jedoch das Grundbuchamt nicht zuverlässig beurteilen.
Sind die Erben im vorliegenden Fall unbekannt und erscheint es nach der Sachlage ausgeschlossen,
dass sie Dispositionen im Hinblick auf das Eigentum getroffen haben, weil
sie das Grundstück nie in Besitz genommen haben, spricht viel dafür, dass es am erforderlichen
Umstandsmoment fehlt. Gerade wenn die Erben von der Erbschaft nie etwas
erfahren haben, ist es eher fernliegend, dass ein Umstandsmoment vorliegt und es zu
einer Verwirkung der Vollmacht gekommen ist.
Auch von einer konkludenten Vertragsaufhebung oder einem Erlöschen der Vollmacht
wegen veränderter Umstände wird man wegen des bloßen Zeitablaufs nicht ausgehen
können.
Angesichts des Zeitmoments besteht gleichwohl ein Anhaltspunkt dafür, dass die Vollmacht
erloschen sein könnte.
d) Prüfungsmaßstab
Welchen Maßstab das Grundbuchamt anzulegen hat, wenn es um die Prüfung des Fortbestehens
einer Vollmacht geht, ist nicht eindeutig. Allgemein heißt es hierzu, dass von
einem Fortbestehen der vorliegenden Vollmacht ausgegangen werden könne, sofern
nicht durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel vorlägen (OLG Naumburg FGPrax
2002, 241, 242; OLG Frankfurt
Ein anderer Prüfungsmaßstab wird zum Teil aber dann vertreten, wenn der Widerruf einer
unwiderruflichen Vollmacht aus wichtigem Grund in Rede steht. Nach einer Ansicht
muss der Widerrufsgrund zur Überzeugung des Grundbuchamtes feststehen, damit die
Vollmacht als nicht mehr bestehend gilt (BeckOK-GBO/Reetz, Stand: 01.09.2018,
Sonderbereich Vertretungsmacht, Rn. 131a; Munzig,
andere Ansicht geht demgegenüber davon aus, dass ein erheblicher Grad von
Wahrscheinlichkeit ausreichend ist (OLG Stuttgart
München
Je nachdem, welchen Prüfungsmaßstab man im vorliegenden Fall anlegt, könnte das
Grundbuchamt weitere Nachweise wie eine Bestätigung der Vollmacht oder eine Genehmigung
durch die Erben verlangen. Ohne den Sachverhalt abschließend würdigen zu
können, spricht gleichwohl viel dafür, das begründete Zweifel am Bestehen der
Vollmacht nicht bestehen. Haben sich die Erben nicht ermitteln lassen, erscheint es
fernliegend, dass die Erben im Vertrauen auf die Erbschaft und den Grundbesitz
etwaige Dispositionen getätigt haben und die Vollmacht wegen Verwirkung erloschen
ist.
3. Ergebnis
Ob das Grundbuchamt die in der Nachlassakte befindliche Urschrift des notariellen Testaments
als Nachweis für den Fortbestand einer testamentarisch erteilten Vollmacht zur Vermächtniserfüllung
grundsätzlich genügen lassen kann, ist offen. Hierfür lassen sich gute
Gründe anführen.
Ob im Hinblick auf den Zeitablauf zwischen Testamentseröffnung und Erklärung der Auflassung
die Vollmacht wegen Verwirkung erloschen und die Bezugnahme auf die Vollmachtsurkunde
daher nicht mehr ausreichend ist, lässt sich nach dem mitgeteilten Sachverhalt
nicht abschließend sagen. Ist es unwahrscheinlich, dass die Erben Dispositionen im
Hinblick darauf getroffen haben, dass das Grundstück in ihrem Eigentum verbleiben würde,
spricht viel dafür, dass vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen ist. Folgt man der
Auffassung des OLG Naumburg, wäre demgegenüber wohl davon auszugehen, dass der
Vollmachtsnachweis im vorliegenden Fall nicht ausreichend ist.
131791
Erscheinungsdatum:29.01.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Vermächtnis, Auflage
BGB § 168; BGB § 2174; GBO § 29