09. August 2019
BGB § 1155; BGB § 1170; GBO § 26; GBO § 29

Abtretungserklärungen; Briefgrundschuld; Beglaubigte Abschrift; Abtretungsbestätigung

GBO §§ 26, 29; BGB §§ 1155, 1170
Abtretungserklärungen; Briefgrundschuld; Beglaubigte Abschrift; Abtretungsbestätigung

I. Sachverhalt
Im Grundbuch ist eine Briefgrundschuld über 100.000 € nebst 18 % Jahreszinsen seit dem Tag der Eintragung für A eingetragen. Die Grundschuld wurde nach Eintragung zweimal abgetreten: Zunächst von A an B und schließlich von B an C. Keine der Abtretungen wurde im Grundbuch eingetragen. Sowohl der Grundschuldbrief als auch beide Abtretungserklärungen nebst Beglaubigungsvermerk sind C im Original übergeben worden und sind bei diesem nun nicht mehr auffindbar. Es ist daher davon auszugehen, dass sämtliche Dokumente verlorengegangen sind. C will nunmehr die Löschung der Grundschuld bewilligen. Wegen des abhandengekommenen Grundschuldbriefes soll das Aufgebotsverfahren betrieben werden.

Bzgl. der Abtretung des B an C konnte von dem damals mit der Angelegenheit befassten Notar eine unter aktuellem Datum beglaubigte Abschrift von der in der Urkundensammlung verwahrten beglaubigten Abschrift des Originals erlangt werden.

Bzgl. der Abtretung des A an B ist nicht bekannt, welcher Notar die Beglaubigung damals vorgenommen hat. Es ist deshalb geplant, dass A und B eine „Abtretungsbestätigung“ in öffentlich beglaubigter Form unterzeichnen, in der erklärt wird, dass eine solche Abtretung in der Vergangenheit stattgefunden hat.

II. Fragen
1. Kann eine abhandengekommene Abtretungserklärung durch eine Bestätigung der Abtretung in öffentlich beglaubigter Form ersetzt werden?

2. Kann die abhandengekommene, mit der notariellen Unterschriftenanerkennung verbundene Abtretungserklärung durch eine beglaubigte Abschrift der in der Urkundensammlung des Notars verwahrten beglaubigten Abschrift des Originals ersetzt werden?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeine Nachweisvoraussetzungen gegenüber dem Grundbuchamt
In grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht muss zur Löschung der Grundschuld oder zum Vollzug der Abtretung im Grundbuch neben einem entsprechenden Antrag (§ 13 Abs. 1 GBO) eine Löschungsbewilligung „des Berechtigten“ nach § 19 GBO in der Form des § 29 GBO vorgelegt werden. Vorliegend fanden die Abtretungen der Grundschuld außerhalb des Grundbuches statt (§§ 1154 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB). Gem. § 19 GBO muss grundsätzlich der eingetragene Grundpfandrechtsgläubiger die Löschung bewilligen, weil dessen Recht betroffen ist. Jedoch steht es nach § 39 Abs. 2 GBO – als Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz des § 39 Abs. 1 GBO – der Eintragung eines Grundpfandrechtsgläubigers gleich, wenn sich dieser im Besitz des Briefes befindet und sein Gläubigerrecht nach § 1155 BGB nachweisen kann. § 1155 BGB erfordert hierbei eine auf den eingetragenen Gläubiger zurückführende Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen.

Im Rahmen des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO sind die erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Andere Voraussetzungen der Eintragung i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO können – soweit sie nicht offenkundig sind – nur durch öffentliche Urkunden (§ 415 ZPO) nachgewiesen werden. Dazu gehört auch die Bewilligungsbefugnis, wenn der Bewilligende nicht im Grundbuch eingetragen ist, zumal die gesetzliche Vermutung des § 891 BGB in diesem Fall nicht weiterhilft, da C gerade nicht im Grundbuch eingetragen ist.

Öffentlich beglaubigte Urkunden i. S. d. § 29 Abs. 1 S. 1 GBO und auch i. S. d. § 1155 BGB sind schriftlich abgefasste Erklärungen, bei denen die Unterschrift oder das Handzeichen des Erklärenden von einem Notar beglaubigt ist (§ 129 BGB; Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 29 Rn. 41). Auch beglaubigte Abschriften einer beglaubigten Abschrift genügen diesen Anforderungen (Demharter, § 29 Rn. 57; Meikel/Hertel, GBO, 11. Aufl. 2015, § 29 Rn. 577). Jedoch hat eine beglaubigte Abschrift keine stärkere Beweiskraft als die Urschrift, sodass die beglaubigte Abschrift einer Privaturkunde nicht ausreichend ist (OLG Köln FGPrax 2009, 6; KG FGPrax 2012, 236; Demharter, § 29 Rn. 59; Meikel/Hertel, § 29 Rn. 577). Erforderlich ist vielmehr, dass die Erklärung selbst in gehöriger Form abgegeben wurde, was vorliegend aber der Fall ist.

Eine beglaubigte Abschrift genügt grundsätzlich den Anforderungen des § 29 GBO, sodass sich die Abtretungserklärung des B an C durch Vorlage der beglaubigten Abschrift nachweisen lassen dürfte.

2. Ersetzung der Abtretungserklärung von A an B durch eine „Abtretungsbestätigung“
Fraglich ist jedoch, ob der Nachweis der Abtretungserklärung auch durch eine Erklärung der Beteiligten in öffentlich beglaubigter Form erfolgen kann, die den Inhalt hat, dass eine solche Abtretung in der Vergangenheit stattgefunden hat. Der Wortlaut des § 1155 S. 1 BGB, auf den auch § 39 Abs. 2 GBO verweist, spricht davon, dass „die Abtretungserklärung“ in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt werden muss, sodass auf den ersten Blick durchaus Bedenken gegen die Vorlage einer lediglich bestätigenden Erklärung bestehen könnten.

Die Rechtsprechung hatte in verschiedenen Konstellationen Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern. Das BayObLG hatte einen vergleichbaren Fall zu beurteilen und entschied, dass auch die nachträgliche Bestätigung einer Abtretung den Anforderungen des § 29 GBO genüge (BayObLG, Beschluss. v. 28.6.1984 – BReg 2 Z 43/84 = BeckRS 2014, 13016).

In einer späteren Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass die Erklärung die Abtretung selbst sowie die Bezeichnung der Grundschuld, des Zedenten und des Zessionars enthalten müsse (BGH MittBayNot 1991, 254). Diese Ausführungen betrafen jedoch einen Fall, in dem tatsächlich gar keine „Abtretungsbestätigung“ vorlag, sondern lediglich eine Erklärung der Parteien, dass diese beabsichtigen, die Abtretung vorzunehmen.

In einer weiteren Entscheidung hatte das OLG München es nicht genügen lassen, dass in einem notariellen Übergabevertrag auf eine privatschriftliche Abtretungserklärung Bezug genommen wurde (OLG München RNotZ 2014, 591). Dass es diese Erklärung gegeben habe, sei lediglich eine Behauptung in Form einer Wissenserklärung und kein Nachweis in der Form des § 29 GBO, auch wenn der notarielle Übergabevertrag selbst die Form des § 29 GBO erfülle. Das OLG München deutet jedoch in dieser Entscheidung gleichfalls an, dass es eine erneute „rechtsgeschäftliche Bestätigung“ genügen lassen würde (OLG München RNotZ 2014, 591, 592).

Der BGH hat jüngst in einer Entscheidung zu § 727 Abs. 1 ZPO klargestellt, dass die in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde niedergelegte Erklärung nicht zwingend die Abtretung selbst enthalten müsse, sondern dass es vielmehr genüge, wenn hinreichend konkret auf die zuvor erfolgte Abtretung Bezug genommen und diese bestätigt werde (BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – VII 87/17 Rn. 29). Es könne bei gewöhnlichem Geschehensablauf davon ausgegangen werden, dass die darin konkret in Bezug genommene Abtretung tatsächlich erfolgt sei.

Es spricht vieles dafür, dass sich diese Entscheidung des BGH auch auf den vorliegenden Fall übertragen lässt und die Bestätigung genügt, wenn sie hinreichend konkret in der Form des § 29 GBO auf die erfolgte Abtretung Bezug nimmt und die Bezeichnung der Grundschuld, des Zedenten sowie des Zessionars selbst enthalten sind. Soweit in der Literatur darauf Bezug genommen wird, dass eine bloße in die Vergangenheit gerichtete „Wissenserklärung“ nicht genüge, betraf dies Fälle, in denen der erneute rechtliche Bindungswille unklar war.

Auch in anderen Bereichen ist anerkannt, dass eine zunächst nicht in der Form des § 29 GBO vorliegende Erklärung nachträglich in der Form des § 29 GBO bestätigt werden kann. Dies gilt im Grundbuchverfahrensrecht insbesondere für die Vollmachtsbestätigung (vgl. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3536). Es sind deshalb keine Gründe ersichtlich, warum diese Nachweisform nicht auch für § 39 Abs. 2 GBO, § 1155 S. 1 BGB genügen sollte.

3. Ergebnis
Die Abtretung von A an B wird sich durch die Abtretungsbestätigung in öffentlich beglaubigter Form nachweisen lassen, die Abtretung von B an C durch Vorlage der beglaubigten Abschrift der Abtretungserklärung. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass nach Auffassung in der Literatur ein Anspruch auf Wiederholung der Abtretungserklärung besteht. Ist die dem Zessionar ausgestellte Abtretungsurkunde abhandengekommen oder wird aus einem ande­ren Grund eine neue Urkunde benötigt, so muss der Zedent gem. § 403 BGB einem erneuten Ausstellungsverlangen (bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs) auf Kosten des Zessionars entsprechen (BeckOGK-BGB/Lieder, Std.: 1.6.2019, § 403 Rn. 6 m. w. N.).

Gutachten/Abruf-Nr:

169347

Erscheinungsdatum:

09.08.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundpfandrechte
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 121-123

Normen in Titel:

BGB § 1155; BGB § 1170; GBO § 26; GBO § 29