16. Mai 2017
GBO § 52; BGB § 892; BGB § 2368

Nachweis der Testamentsvollstreckerbefugnis ggü. Grundbuchamt; guter Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers; Gutglaubenswirkung des Testamentsvollstreckervermerks

BGB §§ 892, 2368; GBO § 52
Nachweis der Testamentsvollstreckerbefugnis ggü. Grundbuchamt; guter Glaube an die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers; Gutglaubenswirkung des Testamentsvollstreckervermerks

I. Sachverhalt
Als Eigentümer eines Grundstücks ist im Grundbuch noch der Erblasser eingetragen.

Die Erben sind unbekannt.

Es ist jedoch ein Testamentsvollstrecker vorhanden, der sich durch Testamentsvollstreckerzeugnis ausweist. Der Testamentsvollstreckervermerk ist im Grundbuch noch nicht eingetragen.

Zur Beurkundung erscheint der Testamentsvollstrecker und verfügt über den Grundbesitz.

II. Fragen
1.    In welcher Form ist das Testamentsvollstreckerzeugnis dem Grundbuchamt vorzulegen?

2.    Ist gutgläubiger Erwerb des Erwerbers möglich, wenn das Testamentsvollstreckerzeugnis falsch ist?

3.    Kommt es für den gutgläubigen Erwerb auf die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch an?

III. Zur Rechtslage
1.    Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
Der Erblasser kann nach §§ 2197 ff. BGB einen Testa-mentsvoll­strecker bestimmen. Dieser hat gem. § 2203 BGB die Aufgabe, die letztwilligen Verfü­gungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Während der Dauer der Testamentsvollstreckung besteht dabei gem. § 2205 S. 1 BGB ein Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers: Der Testamentsvollstrecker kann insbesondere über Nachlassgegenstände verfügen (§ 2205 S. 2 BGB), sofern die Verfügung nicht unentgelt­lich erfolgt (vgl. § 2205 S. 3 BGB).

Korrelat des Verfügungsrechts des Testamentsvollstreckers ist nach § 2211 Abs. 1 BGB eine Verfügungsbeschränkung des Erben. Dieser kann über einen Nachlassgegenstand nicht verfügen, der der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt; die Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers schließt daher die Verfügungsberechtigung des Erben aus. Dementsprechend ist es materiell-rechtlich möglich, dass allein der Testamentsvollstrecker entgeltlich ohne jede Mitwirkung der Erben über einen Nachlassgegenstand verfügt, sofern dieser Nachlassgegenstand dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers unterliegt (vgl. MünchKommBGB/Zimmermann, 7. Aufl. 2017, § 2211 Rn. 5 f.).

2. Wirkung des Testamentsvollstreckerzeugnisses
a)    Allgemeines
Der Testamentsvollstrecker weist seine Ernennung und Verfügungsbefugnis grundsätz­lich durch das Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 BGB) nach.

So wie ein Erbschein ist dieses Zeugnis dem Grundbuchamt in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen; eine beglaubigte Abschrift genügt nicht (vgl. §§ 35 Abs. 2, 29 Abs. 1 S. 2 GBO; dazu BayObLG DNotZ 1991, 548; OLG Hamm MittBayNot 2017, 249, 250 m. Anm. Berger).

In seinem Beschluss vom 27.5.2016 hat das OLG Hamm entschieden, dass das Testamentsvollstreckerzeugnis dem Grundbuchamt jedenfalls im Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung des Eigentumswechsels vorliegen muss (15 W 209/16, MittBayNot 2017, 249). Das Gericht hält eine Bescheinigung des Notars nicht für ausreichend, wonach ihm das Testamentsvollstreckerzeugnis (das der Niederschrift in beglaubigter Abschrift beigefügt ist) bei der Beurkundung in Urschrift vorgelegen hat (MittBayNot 2017, 249, 250 Tz. 3; s. auch BayObLG DNotZ 1996, 20, 21; Berger, MittBayNot 2017, 250, 251; Meikel/Krause, GBO, 11. Aufl. 2015, § 35 Rn. 176; a.A. LG Köln Rpfleger 1977, 29; Bauer/v. Oefele/Schaub, GBO, 3. Aufl. 2013, § 52 Rn. 14; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3462; Walloschek, ZEV 2011, 167, 168). Denn anders als bei Erklärungen eines Vertreters sei es schädlich, wenn die Stellung des Testamentsvollstreckers als Partei kraft Amtes nach Abgabe der Erklärungen entfalle. Stimmt man dem OLG Hamm zu, so hat dies für die Praxis die nicht unproblematische Folge, dass der Notar dem Grundbuchamt die Ausfertigung des Zeugnisses auch beim Endvollzug vorlegen muss (Berger, MittBayNot 2017, 250, 251).

Die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses wird jedoch ersetzt durch die Verweisung auf die das Testa-mentsvollstreckerzeugnis enthaltenden Nachlassakten, wenn diese sich bei demselben Amtsgericht oder dessen Zweigstelle befinden; dabei bedarf es keines gesonderten Nachweises, dass der Testamentsvollstrecker das Amt angenommen hat (KG OLGE 40, 49; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. 2014, Rn. 597). In diesem Fall muss der Notar somit keine Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses beim Grundbuchamt einreichen.

Allein das Testamentsvollstreckerzeugnis genießt gem. § 2368 S. 2 i. V. m. § 2366 BGB öffentlichen Glauben. Der Erbschein reicht als Legitimation nicht aus, weil dieser nur die Tatsache der Testamentsvollstreckerernennung bezeugt (§ 352b Abs. 2 FamFG); auch der Beschluss des Nachlassgerichts über die Ernennung des Testaments-vollstreckers (§ 2200 BGB) genügt nicht, desgleichen nicht die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch (Schöner/Stöber, Rn. 3462; BeckOK-GBO/Wilsch, Std.: 1.11.2016, § 35 Rn. 139; dazu noch Ziff. 3).

b)    Schutz des gutgläubigen Erwerbers
Die Fiktionswirkung des mit öffentlichem Glauben ausgestatteten Testamentsvollstreckerzeugnisses geht dahin, dass der Testamentsvollstrecker das ihm bezeugte Amt erlangt hat und durch keine anderen als die angegebenen Anordnungen beschränkt ist. Geschäfte eines Scheintestamentsvollstreckers werden damit einem gutgläubigen Dritten gegenüber in gleicher Weise wirksam wie die eines wirklichen Testamentsvollstreckers (MünchKommBGB/Grziwotz, § 2368 Rn. 45).

Der öffentliche Glaube besteht allerdings nur, wenn und solange das Testamentsvollstreckerzeugnis in Kraft ist (MünchKommBGB/Grziwotz, § 2368 Rn. 46). Das Testamentsvollstreckerzeugnis wird in jedem Falle kraftlos, wenn das Amt des Testamentsvollstreckers beendet ist (§ 2368 S. 2 Hs. 2 BGB). Ein Einziehungsbeschluss ist dafür nicht erforderlich. Geschützt wird daher nur der gute Glaube an die Erlangung der Stellung des Testamentsvollstreckers und das Fehlen von Beschränkungen, nicht jedoch der gute Glaube an das Fortbestehen des Testamentsvollstreckeramtes (MünchKommBGB/Grziwotz, § 2368 Rn. 46), ebenso wenig daran, dass der Gegenstand weiterhin der Testamentsvollstreckung unterliegt und ihr nicht durch Freigabe des Testamentsvollstreckers entzogen worden ist (MünchKommBGB/Grziwotz, § 2368 Rn. 47). Für den Rechtsverkehr bedeutet all dies eine erhebliche Unsicherheit.

Nach h. M. in der Rechtsprechung greift § 878 BGB bei Grundstücksgeschäften des Testamentsvollstreckers nicht ein und ist auch nicht analog anwendbar, da der Testaments­vollstrecker kein materiell Berechtigter ist, der die Verfügungsbefugnis verliert (vgl. MünchKommBGB/Grziwotz, § 2368 Rn. 46 m. w. N.; OLG Celle DNotZ 1953, 158; BayObLG NJW 1956, 1279; MittBayNot 1999, 82 = DNotI-Report 1998, 221; OLG Frank­furt OLGZ 1980, 100; OLG Köln MittRhNotK 1981, 139). Verliert der Testamentsvollstrecker sein Amt nach der Antragstellung beim Grundbuchamt, ist nach dieser Ansicht eine vom Testamentsvollstrecker vorgenommene Verfügung unwirksam.

Die in der Literatur vertretene abweichende Ansicht will auch in diesem Fall zum Schutze des Rechtsverkehrs den § 878 BGB entsprechend angewendet wissen (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 124; Palandt/Herrler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 878 Rn. 11; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2012, § 878 Rn. 58 – jew. m. w. N.).

Nach der noch herrschenden Rechtsprechung trägt der Ver-tragspartner das Risiko, dass der Testamentsvollstrecker nach Antragstellung beim Grundbuchamt bis zum Vollzug der rechtsändernden Eintragung im Grundbuch seine Ver-fügungsbefugnis in­folge Amtsbeendigung verliert. Dem Käufer ist insbesondere auch nicht damit gedient, dass das Grundbuchamt trotz verlorener Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers danach gleichwohl die Eigen-tumsumschreibung vornimmt (etwa weil es nicht die erneute Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses ver­langt hat oder Letzteres gem. § 2368 S. 2 i. V. m. § 2361 BGB für kraftlos erklärt worden ist, ohne dass das Zeugnis zu den Nachlassakten zurückgereicht worden wäre). Denn mit dem Kraftloswerden des Testamentsvollstreckerzeugnisses werden auch die damit ver­bundenen Vermutungen (§ 2365 BGB) und ein etwaiger gutgläubiger Erwerb gegen­standslos (vgl. Palandt/Weidlich, § 2368 Rn. 10). Stellt sich also nach der Eigen­tumsumschreibung heraus, dass das Amt vorher erloschen ist, so schützt das Testaments­vollstreckerzeugnis den Käufer nicht und verhilft ihm selbst dann nicht zu einem gut­gläubigen Eigentumserwerb, wenn es dem Grundbuchamt unmittelbar vor dem Vollzug erneut vorgelegt wurde und der Testamentsvollstreckervermerk im Zuge der Eigen­tumsumschreibung gelöscht wird (vgl. Zahn, MittRhNotK 2000, 89, 104).

c)    Abwicklung
Wie diesem Problem aus kautelarjuristischer Sicht beizukommen ist, wird in der Literatur verschiedentlich erörtert (vgl. Krauß, Rn. 601 ff.; Zahn, MittRhNotK 2000, 89, 104 ff.). Krauß (Rn. 603) schlägt vor, das Risiko auf der Ebene der Zahlung zu beseitigen, nämlich durch Einschaltung eines Anderkontos und Aus­zahlung erst nach wirksamer Umschreibung samt Prüfung, dass die Verfügungsbefugnis des Amtsverwalters zu diesem Zeit-punkt noch bestanden hat. Krauß weist jedoch darauf hin, dass angesichts der statistisch zu vernachlässigenden Fälle vorzeitiger Beendigung der Amtswalterfunktion im Regelfall keine Ver­anlas­sung für die Einrichtung eines Anderkontos bestehe (Rn. 604). Der Notar soll aber evtl. die Vormerkung erst dann löschen, wenn eine Einsicht­nahme in die Nachlassakten nach Umschreibung keine Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass zum Zeitpunkt der Umschreibung der Testamentsvollstrecker nicht mehr im Amt gewesen war, und dies auch durch den Testaments-vollstrecker schriftlich bestätigt wird (Rn. 606 f.; s. auch Mensch, notar 2014, 384, 386 f.).

3.    Zweck des Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch
Dem Schutz des Testamentsvollstreckers vor Verfügungen des Erben dient die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch (§ 52 GBO). Ansonsten könnte ein Erwerber von den Erben gem. § 2211 Abs. 2 BGB gutgläubig Eigentum erwerben (MünchKommBGB/Zimmermann, § 2211 Rn. 20; Meikel/Böhringer, § 52 Rn. 4, 23).

Der Testamentsvollstreckervermerk dient also nicht dazu, die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nachzuweisen, sondern vielmehr dazu, die Verfügungsbeschränkung der Erben öffentlich zu machen. Er soll damit einen gutgläubigen Erwerb ver­hindern, nicht jedoch einen solchen ermöglichen. Der Erwerber kann sich daher nicht auf einen einge­tragenen Testamentsvollstreckervermerk berufen, wenn der Testamentsvollstrecker nicht verfügungsbefugt gewesen sein sollte.

4.    Ergebnis
Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist dem Grundbuchamt in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift genügt nicht. Nach Ansicht der jüngeren Rechtsprechung ist auch eine notarielle Bestätigung über die Vorlage einer Ausfertigung des Zeugnisses im Zeitpunkt der Beurkundung nicht ausreichend. Die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist jedoch entbehrlich, wenn sich die Nachlassakten bei demselben Amtsgericht oder dessen Zweigstelle befinden.

Ist das Testamentsvollstreckerzeugnis unrichtig, so kommt grundsätzlich ein gutgläubiger Erwerb in Betracht. Geschützt wird jedoch nicht der gute Glaube an den Fortbestand der Stellung des Testamentsvollstreckers, wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt verloren hat. Die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks im Grundbuch ist insoweit irrelevant.

Gutachten/Abruf-Nr:

154829

Erscheinungsdatum:

16.05.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Nachlaßabwicklung (insbes. Erbschein, Nachlaßinventar)
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 65-67

Normen in Titel:

GBO § 52; BGB § 892; BGB § 2368