29. März 2019
GmbHG § 56a; GmbHG § 19 Abs. 4; GmbHG § 56; GmbHG § 19 Abs. 5

Her- und Hinzahlen; Darlehensrückführung an Ehefrau des künftigen Gesellschafters

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 167948
letzte Aktualisierung: 29. März 2019

GmbHG §§ 19 Abs. 4 u. 5, 56, 56a
Her- und Hinzahlen; Darlehensrückführung an Ehefrau des künftigen Gesellschafters
I. Sachverhalt

A ist Alleingesellschafter der X-GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von 50.000,00 €. B soll
im Wege der Kapitalerhöhung als neuer Gesellschafter in die GmbH aufgenommen werden.
Das Stammkapital soll hierfür um 50.000,00 € erhöht werden. Die Bareinlage des Erhöhungsbetrages
soll, wie folgt, finanziert/geleistet werden:

Die X-GmbH schuldet der Ehefrau von B noch einen Darlehensbetrag von 50.000,00 €. Der
zugrunde liegende Darlehensvertrag soll nun vorzeitig aufgehoben und das Darlehen vorzeitig
fällig gestellt, d. h. die Darlehensschuld an die Ehefrau von B vorzeitig getilgt werden. Die Ehefrau
von B wird B den Geldbetrag als Darlehen zur Verfügung zu stellen, damit B die
50.000,00 € in die Gesellschaft als Bareinlage einzahlen kann.

II. Fragen

Liegt in der beschriebenen Verfahrensweise eine ordnungsgemäße Leistung des Kapitalerhöhungsbetrages
vor, oder ist der Vorgang als „Her-und Hinzahlen“ entsprechend § 19 Abs. 5
GmbHG bzw. als verdeckte Sacheinlage zu werten?

III. Zur Rechtslage

1. Verdeckte Forderungseinbringung

Würde es sich beim Darlehen nicht um eine Darlehensforderung der Ehefrau des künftigen
Gesellschafters, sondern um eine eigene Darlehensforderung des Gesellschafters handeln,
läge eine verdeckte Sacheinlage i. S. v. § 19 Abs. 4 GmbHG i. V. m. § 56 Abs. 2 GmbHG
vor. Der Gesellschafter würde bei wirtschaftlicher Betrachtung der Gesellschaft nicht neues
Barkapital zuführen, sondern seine gegen die Gesellschaft gerichtete sog. Altforderung (vgl.
BGH NZG 2009, 463 Tz. 8; MünchKommGmbHG/Schwandtner, 3. Aufl. 2018, § 19
Rn. 201 ff.). Es spielt dabei keine Rolle, ob zunächst die Bareinlage gezahlt wird und dann
wieder an den Inferenten zurückfließt oder ob erst die Forderung des Inferenten getilgt
wird und der erhaltene Betrag als Bareinlage zurückgezahlt wird (BGH DNotZ 2016, 549
Tz. 30).

In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage eine Vorabsprache
bzw. Abrede zwischen den Beteiligten, die den wirtschaftlichen Erfolg der Sacheinlage
umfasst. Sie muss spätestens zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses vorliegen,
wobei die Anforderungen an die Intensität der Abrede gering sind (vgl.
MünchKommGmbHG/Schwandtner, § 19 Rn. 222 ff.). Für die Praxis ist vor allem maßgeblich,
dass ein objektiver enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen
Bareinzahlung und Forderungstilgung nach der Auffassung des BGH die Vermutung begründet,
dass die objektive Umgehung der Sachkapitalaufbringungsvorschriften im Sinne
einer Verwendungsabsprache von Anfang an in Aussicht genommen wurde (vgl. BGH
DNotZ 2016, 549 Tz. 30).

Im vorliegenden Fall wurde eine solche Absprache in engem zeitlichem Zusammenhang mit
der Einbringung getroffen.

2. Einbeziehung nahestehender Personen

Fraglich ist, ob sich etwas daraus ergibt, dass nicht der Inferent B selbst der
Darlehensgeber ist, sondern dessen Ehefrau.

Im Ausgangspunkt ist es allgemein anerkannt, dass der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage
auch dann erfüllt sein kann, wenn anstelle der Gesellschaft oder des Inferenten Dritte
am Sachgeschäft beteiligt sind, egal auf welcher Seite, sofern der oder die Inferenten durch
die Leistung an den Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt werden, wie durch eine
unmittelbare Leistung an sie selbst (BGH NJW 1990, 982, 986; NJW 1991, 1754, 1756;
MittBayNot 1994, 344; DNotZ 2003, 223; DNotZ 2007, 708).

Demgegenüber genügt allein ein persönliches Näheverhältnis des Inferenten zum Darlehensgeber,
wie z. B. seinem Ehegatten, nach der h. M. (ohne Hinzutreten weiterer Umstände)
nicht (BGH NZG 2011, 667; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Pentz, GmbHG, 6. Aufl.
2017, § 19 Rn. 224). So liegt in der Tilgung eines vom Ehegatten des Inferenten gewährten
Darlehens mit der Bareinlage nur dann eine verdeckte Sacheinlage, wenn das Darlehen
wirtschaftlich vom Inferenten gewährt wurde oder die Einlage mit Mitteln bewirkt wird,
die dem Inferenten vom Ehegatten zur Verfügung gestellt worden sind (BGH NZG 2011,
667; Heidinger/Berkefeld, in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und
Beratungspraxis, 4. Aufl. 2018, Kap. 11 Rn. 185). Ebenso hat es der BGH für den Tatbestand
einer verdeckten Sacheinlage ausreichen lassen, dass zwischen dem Inferenten,
dessen Mutter und der Gesellschaft eine Absprache über eine Ausschüttung bzw.
Darlehensrückzahlung an die Mutter und eine Leistung der Bareinlage durch die Mutter
getroffen wurde (BGH NJW 1991, 1754, 1756). Im vorliegenden Fall wurde eine Absprache
über die vorzeitige Darlehensrückzahlung mit der Ehefrau des B getroffen, um
B die Einbringung der Bareinlage zu ermöglichen. Der Geldbetrag zirkuliert und fließt
absprachegemäß von der Gesellschaft über die Ehefrau an B, welcher der Gesellschaft den
Geldbetrag wieder einzahlt. Außerdem erwirbt die Ehefrau gegen B einen Darlehensanspruch.
Der Fall kann u. E. nicht anders behandelt werden, als wenn B seiner Ehefrau
den Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft gegen Gewährung eines (weiteren)
Darlehens abkaufen und sodann als Sacheinlage einbringen würde. Aufgrund des Zusammenwirkens
der Beteiligten liegt es nahe, dass man B und seine Ehefrau als Einheit
betrachten und von einer verdeckten Einbringung der Darlehensforderung der Ehefrau des
B als Sacheinlage ausgehen muss. Im Ergebnis erlangt die Gesellschaft keine neue
Liquidität, sondern nur Befreiung von einer Verbindlichkeit.
Wir gehen daher vom Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage aus.

Liegt eine verdeckte Sacheinlage vor, scheidet ein Fall des Hin- und Herzahlens nach § 19
Abs. 5 S. 1 GmbHG aus.

Gutachten/Abruf-Nr:

167948

Erscheinungsdatum:

29.03.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

GmbH

Normen in Titel:

GmbHG § 56a; GmbHG § 19 Abs. 4; GmbHG § 56; GmbHG § 19 Abs. 5