Zulässigkeit der (Volljährigen-)Adoption zweier Eheleute durch ein anderes Ehepaar
BGB §§ 1752, 1767, 1770
Zulässigkeit der (Volljährigen-)Adoption zweier Eheleute durch ein anderes Ehepaar
I. Sachverhalt
Ein Ehepaar (geb. 1965 und 1967) wünscht die Volljährigenadoption eines anderen Ehepaares (geb. 1984 und 1986), zu dem ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Dieses Verhältnis ist zu beiden Anzunehmenden und deren vier Kindern entstanden und wird gelebt. Den Beteiligten ist bewusst, dass es sich um zwei Annahmevorgänge handelt, die rechtlich nicht verbunden sind.
II. Fragen
1. Ist die Annahme eines Ehepaares durch die gleichen Annehmenden zulässig, da hierdurch zwischen den anzunehmenden Eheleuten kraft Gesetzes ein Geschwisterverhältnis entstehen würde?
2. Können die Anträge dergestalt miteinander verknüpft werden, dass eine gleichlautende Annahmeentscheidung des Gerichts über beide Anträge der anzunehmenden Eheleute sichergestellt werden kann?
III. Zur Rechtslage
1. Wirkungen einer Volljährigenadoption
Die Annahme eines Volljährigen erfolgt grundsätzlich mit sog. „schwacher Wirkung“ gem.
Ausnahmsweise kann die Adoption eines Volljährigen gem.
Eine „normale“ Volljährigenadoption hätte gem.
Jedoch verhindert
2. Zulässigkeit der Annahme beider Ehegatten
a) Aus den aufgezeigten Grundsätzen zu den begrenzten Wirkungen der Volljährigenadoption mit schwachen Wirkungen gem.
Ferner führt das OLG Hamburg in seinem Beschl. v. 2.7.2019 (
„Auch die Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) steht der Adoption nicht entgegen. Zwar wäre eine Ehe zwischen biologischen Geschwistern ausgeschlossen, jedoch gehen die Regeln der Erwachsenenadoption, wie bereits erörtert, auch in anderer Hinsicht über die Nachbildung biologischer Eltern-Kind-Beziehungen hinaus, indem etwa die Begründung von Familien mit mehr als zwei Elternteilen zugelassen wird. Daher spricht im Grundsatz nichts dagegen, auch die Adoption beider Partner einer Ehe zuzulassen, wenn – wie hier – gegenüber beiden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Die Beteiligte zu 3) hat im Rahmen ihrer Anhörung plausibel gemacht, dass sie sowohl zum Beteiligten zu 1) wie zum Beteiligten zu 2) eine sehr enge Bindung entwickelt hat und ihr eine Differenzierung in der Weise, dass sie nur einen der Beteiligten adoptiert und den anderen als Schwiegersohn ansieht, nicht möglich ist. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Beteiligte zu 3) im Fall einer Trennung der Beteiligten zu 1) und 2) in einen Loyalitätskonflikt geraten könnte. Jedoch nimmt das Adoptionsrecht die Gefahr solcher Loyalitätskonflikte auch an anderer Stelle (etwa bei der gemeinschaftlichen Adoption eines Kindes durch ein sich später trennendes Ehepaar) hin.“
b) Die geschilderte Konstellation unterscheidet sich u. E. auch deutlich von der Problematik der Adoption eines Schwiegerkindes durch seine Schwiegereltern. Diese wird im Schrifttum eher kritisch gesehen, da die enge Beziehung zwischen den Beteiligten meist vom Bestand der vermittelnden Ehe abhängig sei. Ein derartiges „bedingtes“ Eltern-Kind-Verhältnis würde jedoch nicht den Voraussetzungen des
Im vorliegenden Fall ließe sich gegen das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses jedenfalls gerade nicht einwenden, dass das eine oder andere Verhältnis nur vom Bestand der Ehe abhängig und damit gewissermaßen bedingt ist. Es ist vielmehr nicht auszuschließen, dass zu beiden Beteiligten ein gleich starkes Verhältnis entstanden ist, das auch eine etwaige Trennung der Beteiligten überdauern könnte. Aus unserer Sicht lässt sich damit nicht zwingend infrage stellen, dass zwischen den Beteiligten ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden und die Annahme insoweit sittlich gerechtfertigt sein kann.
c) Dennoch ist die vorgenannte Auffassung (s. o. lit. a) nicht unwidersprochen geblieben. Einige Vertreter im Schrifttum erachten die gemeinsame Annahme von Ehegatten als unzulässig. Nachdem es den natürlichen Verwandtschaftsverhältnissen widerstreite, wenn Ehegatten infolge ihrer Annahme zu Adoptivgeschwistern werden, lasse sie sich nur schwer mit einem Eltern-Kind-Verhältnis in Übereinstimmung bringen (Erman/Teklote, BGB, 17. Aufl. 2023, § 1767 Rn. 6a; Staudinger/Helms, 2023, § 1767 Rn. 29).
Diesem Ansatz ist zuzugeben, dass grundsätzlich angestrebt werden sollte, das künstliche, durch die Adoption vermittelte Verwandtschaftsverhältnis weitestgehend dem natürlichen anzunähern, sodass im Regelfall Adoptionen unterbleiben sollten, die eben keine Entsprechung im natürlichen Verwandtschaftsverhältnis finden. Dies schließt es u. E. aber nicht aus, im Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände anders zu entscheiden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen ansonsten erfüllt sind. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass das Gesetz kein ausdrückliches Verbot für die Adoption von Ehegatten enthält.
d) Angesichts der gegensätzlichen Auffassungen und in Ermangelung einer höchstrichterlichen Entscheidung ist die Rechtslage als ungesichert einzuordnen. Auch wenn wir zu der erstgenannten Auffassung tendieren und dementsprechend davon ausgehen, dass grundsätzlich eine Adoption beider Ehegatten ausgesprochen werden könnte, kommt es zudem stets darauf an, ob das Familiengericht unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls von einer sittlichen Rechtfertigung der jeweiligen Annahme ausgehen wird.
3. Bemerkung zur weiteren Verfahrensgestaltung; Verknüpfung der Anträge
Nachdem es sich bei den angestrebten Annahmen des Mannes und der Frau um zwei gesonderte Adoptionsverfahren handelt, müssen auch zwei Adoptionsanträge gestellt werden. In der Regel werden diese in mehreren Urkunden niedergelegt. Insoweit ist denkbar, dass die Anträge entweder gleichzeitig beim Familiengericht eingereicht werden oder dass der zweite Antrag erst gestellt wird, nachdem das Familiengericht über den ersten Antrag entschieden hat.
Auch eine Zusammenfassung mehrerer Anträge in einer Urkunde wäre u. E. zulässig. Die Beteiligten sollten allerdings (ggf. nochmals) darüber belehrt werden, dass es sich dennoch um zwei selbstständige Adoptionsanträge handelt, über die jeweils selbstständige Adoptionsverfahren zu eröffnen sind und die ihr eigenes rechtliches Schicksal – auch im Hinblick auf die Begründetheit der Anträge und des Ausspruchs der Adoption – zeitigen.
Unabhängig davon, ob die Anträge in einer oder mehreren Urkunden niedergelegt werden, wird das Familiengericht isoliert prüfen, ob die Adoption jeweils sittlich gerechtfertigt ist (vgl.
Offen ist, ob beide Adoptionsanträge in ein Abhängigkeitsverhältnis voneinander gestellt werden können. Hiergegen könnte sprechen, dass die Anträge bedingungsfeindlich sind (vgl.
Im Hinblick auf die Frage nach der prozessualen Verbindung bleibt im Übrigen anzumerken, dass eine Rücknahme der jeweiligen Adoptionsanträge bis zur Wirksamkeit des Adoptionsbeschlusses, also seiner Zustellung an den Annehmenden, jederzeit zulässig ist (BeckOK-BGB/Pöcker, § 1752 Rn. 3, 5). Daher könnte bei Bedarf auch durch Rücknahme des anderen Adoptionsantrags auf die Entwicklung des Parallelverfahrens reagiert werden.
4. Ergebnis
Allein der Umstand, dass die Anzunehmenden verheiratet sind, dürfte u. E. einer parallelen Adoption der Ehegatten durch das annehmende Ehepaar nicht per se entgegenstehen. Entscheidend sind jedoch die konkreten Umstände des Einzelfalls.
In jedem Fall handelt es sich um getrennte Adoptionsverfahren, bei denen die Beurteilung des Gerichts hinsichtlich der sittlichen Rechtfertigung der Annahme unterschiedlich ausfallen könnte. Die verfahrensrechtliche Verknüpfung beider Verfahren dürfte zulässig sein; hinreichend geklärt ist die Rechtslage insoweit jedoch nicht.
207978
Erscheinungsdatum:27.06.2025
RechtsbezugNational
Erschienen in:DNotI-Report 2025, 92-95
Normen in Titel:BGB § 1767; BGB § 1770; BGB § 1752