Auswirkung der Veräußerung eines Grundstücks auf Schadensersatzanspruch wegen Eigentumsverletzung
BGB §§ 249, 251;
Auswirkung der Veräußerung eines Grundstücks auf Schadensersatzanspruch wegen Eigentumsverletzung
I. Sachverhalt
Ein Grundstück wurde übertragen gegen einen Nießbrauchsvorbehalt (Variante: gegen den Vorbehalt eines Wohnungsrechts). Nunmehr zeigen sich an Grundstück und Gebäude diverse Schäden. Die Schäden resultieren aus dem Betrieb eines Bergbauunternehmens. Im Übertragungsvertrag ist keine Abtretung von Schadenersatzansprüchen an den Übernehmer vorgesehen.
Das Bergbauunternehmen verweigert nunmehr Regulierungen unter Hinweis darauf, dass der Anspruch mit der Veräußerung des Grundstücks untergegangen sei und eine Abtretung nicht mehr in Betracht komme.
II. Fragen
1. Ist eine Abtretung des Schadensersatzanspruchs noch möglich?
2. Falls eine Abtretung nicht möglich ist: Gehen die Schadensersatzansprüche auch unter bei einem Nettonießbrauch oder bei einem Wohnungsrechtsvorbehalt?
3. Wie ist die Rechtslage, wenn Veräußerer und Erwerber bereits Miteigentümer waren?
4. Falls der Anspruch wegen Unmöglichkeit untergegangen ist: Wem steht der Entschädigungsanspruch nach
5. Wie ist zu beurteilen, wann ein Schaden entsteht (z. B. bei einem Riss im Haus)?
III. Zur Rechtslage
1. Bergschadenshaftung
Nach § 114 Abs. 1 BBergG besteht ein Schadensersatzanspruch, wenn es infolge der Ausübung eines Bergbaubetriebs zu einem Sachschaden kommt (Bergschaden). Ersatzfähig sind insbesondere auch Grundstücksschäden (Weller/Kullmann, BBergG, 2012, § 114 Rn. 1; BeckOGK-BGB/Neupert, Stand: 1.11.2016, § 114 BBergG Rn. 10). Ersatzpflichtig ist grundsätzlich der Unternehmer, der den Bergbaubetrieb zur Zeit der Verursachung des Bergschadens betrieben hat oder für eigene Rechnung hat betreiben lassen (§ 115 Abs. 1 BBergG). Gesamtschuldnerisch haftet außerdem der Inhaber der Bergbauberechtigung (§ 116 Abs. 1 BBergG). Der Umfang der Ersatzpflicht richtet sich nach den Vorschriften des BGB (§ 117 Abs. 1 BBergG) und damit nach den §§ 823 ff. sowie den
2. Aktivlegitimation
Ein Eigentümer eines Grundstücks ist nur hinsichtlich solcher Bergschäden aktivlegitimiert, die in seiner Berechtigungszeit entstehen (BeckOGK-BGB/Neupert, § 114 BBergG Rn. 33). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bereits entstandene Schadensersatzansprüche weiterhin dem Übergeber des Grundstücks zustehen, sofern sie nicht abgetreten wurden.
Die Aktivlegitimation hängt also davon ab, ob die Rechtsgutsverletzung und der Schadenseintritt vor oder nach der Eigentumsübertragung erfolgt sind. Maßgeblich ist die sachenrechtliche Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechtsgutsverletzung, nicht diejenige im Zeitpunkt der Handlung (vgl. BGH
Dies wird man in Parallele zur in der Rechtsprechung breit diskutierten Problematik des Weiterfresserschadens beantworten müssen (so BGH
War der Schaden bereits im Gebäude eingetreten und liegt insoweit nur ein Weiterfresserschaden vor, scheidet ein Schadensersatzanspruch des neuen Eigentümers aus. Breitet sich etwa Hausschwamm im ganzen Gebäude aus, wird man darin keinen selbstständigen Schaden sehen können. War die Bausubstanz bereits porös und entstehen nach dem Eigentumswechsel Risse und kommt es zum Einsturz des Gebäudes, wird man dem neuen Eigentümer ebenfalls keinen eigenen Schadensersatzanspruch zubilligen können.
3. Umfang des Schadensersatzanspruchs
Nach § 117 Abs. 1 BBergG i. V. m.
(§ 117 Abs. 1 BBergG i. V. m.
Soweit die Herstellung nicht möglich ist, kann der Ersatzberechtigte eine Geldentschädigung verlangen (
4. Auswirkung der Veräußerung der beschädigten Sache auf Schadensersatzansprüche nach
a) Schadensersatzanspruch bei Veräußerung des Grundstücks ohne Abtretung der Schadensersatz-ansprüche
Der auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzanspruch nach
Begründet hat der BGH seine Rechtsprechung mit folgender Erwägung (BGH
„Beendet der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit, indem er die beschädigte Sache veräußert, so kann der durch
Die Rechtsprechung stützt sich vorwiegend auf den Hilfscharakter des Anspruchs aus
Anderes gilt jedoch, wenn der Schadensersatzanspruch mit der Veräußerung der Sache an den Erwerber abgetreten und die Abtretung nicht zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird (vgl. BGH
Ob die Rechtslage anders ist, wenn die Forderungsabtretung erst nach Eigentumsübertragung erfolgt, hat der BGH offen gelassen (BGH
Die h. L. steht der BGH-Rechtsprechung ablehnend gegenüber und meint, dass der bisherige Eigentümer auch nach der Veräußerung der Sache einen Anspruch auf Naturalrestitution nach
Die Argumentation der h. L. ist überzeugend. Wenn es dem Eigentümer nach allg. schadensersatzrechtlichen Grundsätzen freisteht, ob er die Reparatur vornehmen lässt oder nicht (sog. Dispositionsfreiheit), kann es keinen Unterschied machen, ob er die Sache vor oder nach der Liquidation des Schadens veräußert. Für die Praxis ist freilich die Rechtsprechung des BGH maßgeblich.
b) Nachträgliche Abtretung
Ob auf der Grundlage der vom BGH angestellten Erwägungen noch nach Eigentumsübertragung eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis möglich ist, wenn der vormalige Eigentümer den Anspruch an den Erwerber nachträglich abtritt, ist – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung nicht weiter vertieft worden. U. E. ist die Frage zu bejahen. Dies lässt sich damit begründen, dass zwar die Herstellung beim jetzigen Eigentümer nicht möglich ist, um dessen Integritätsinteresse Rechnung zu tragen. Wenn der Anspruch aber nachträglich abgetreten wird, lebt das Integritätsinteresse wieder auf, da sich Anspruch und Eigentümer wieder in einer Person vereinigen. Man wird daher nicht von einer dauerhaften Unmöglichkeit der Naturalrestitution ausgehen können, sondern allenfalls von einer vorübergehenden Unmöglichkeit: Solange Anspruch und Eigentum nicht in einer Person vereinigt sind, kann der Schädiger die Erfüllung verweigern (vgl. allg. zur vorübergehenden Unmöglichkeit als Leistungshindernis Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 275 Rn. 10). Ändert sich dies durch eine nachträgliche Abtretung des Anspruchs, ist eine Schadensberechnung nach
c) Vorbehaltsnießbrauch und Vorbehalt eines Wohnungsrechts
Behält sich der Eigentümer am veräußerten Grundbesitz einen Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht vor, wirft dies die Frage auf, ob sich der vormalige Eigentümer für sein Integritätsinteresse auf das beschränkte dingliche Recht berufen und daher den Schaden weiterhin nach
Nach der Logik der Rechtsprechung spricht gegen eine Aufrechterhaltung des Schadensersatzanspruchs aus
Maßgeblich wird man insoweit darauf abstellen müssen, ob dem Eigentümer als Inhaber des beschränkten dinglichen Rechts ein entsprechender Schadensersatzanspruch aus
Grundsätzlich ist ein beschränktes dingliches Recht wie ein Nießbrauch (
Ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines beschränkten dinglichen Rechts setzt einen sog. grundstücksbezogenen Eingriff voraus (BGH
Fraglich ist allerdings, ob der Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts auch den Substanzschaden des Eigentümers liquidieren und Naturalrestitution nach
aa) Wohnungsrecht
Wenn dem Inhaber des Wohnungsrechts (
Andere Stimmen gehen davon aus, dass nur dem Eigentümer ein Schadensersatzanspruch zusteht und der Inhaber des beschränkten dinglichen Rechts lediglich ein Pfandrecht an dem Schadensersatzanspruch hat (Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl. 1966, § 100 I 1; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb. 2015, § 1134 Rn. 32 [jeweils zur Hypothek]).
Vorzugswürdig ist die überwiegende Auffassung, die von einem eigenen Schadensersatzanspruch des Inhabers des beschränkten dinglichen Rechts auch hinsichtlich der Substanz ausgeht, soweit der Substanzschaden die Ausübung des Rechts berührt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Wertung der
bb) Nettonießbrauch
Der Inhaber des beschränkten dinglichen Rechts kann den Substanzschaden jedenfalls dann liquidieren, wenn er für die Erhaltung der Sachsubstanz verantwortlich und verpflichtet ist, die Sache instand zu setzen (vgl. OLG Köln
Anderes gilt aber im in der Praxis üblichen Fall des Nettonießbrauchs, wonach der Nießbraucher für sämtliche Ausbesserungen und Erneuerungen auf eigene Kosten zu sorgen hat, und zwar auch insoweit, als sie über die gewöhnliche Unterhaltung der Sache hinausgehen (vgl. Baltzer, in: Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB, Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 3. Aufl. 2017, § 1041 Rn. 1 f.). Im Fall eines Nettonießbrauchs steht dem Nießbraucher somit ein eigener Schadensersatzanspruch zu.
Aber auch anderenfalls wird man einen Schadensersatzanspruch des Nießbrauchers in Parallele zu den Ausführungen bezüglich des Wohnungsrechts (vgl. hierzu unter aa)) bejahen müssen.
cc) Schlussfolgerung
Sowohl der Inhaber des Nießbrauchs als auch der Inhaber des Wohnungsrechts dürften daher einen Anspruch auf die Wiederherstellung der Gebäudesubstanz haben, sofern die Beeinträchtigung der Substanz zugleich die Ausübung des jeweiligen beschränkten dinglichen Rechts betrifft.
Veräußert der Eigentümer das Grundstück unter Vorbehalt eines solchen Rechts, dürfte er somit nicht den auf Wiederherstellung gerichteten Schadensersatzanspruch nach
d) Veräußerung eines Miteigentumsanteils an den anderen Miteigentümer
War der Geschädigte lediglich Miteigentümer und veräußert er seinen Miteigentumsanteil nach Eintritt des schädigenden Ereignisses an den anderen Miteigentümer, fragt sich, welche Auswirkungen dies auf den Schadensersatzanspruch des veräußernden Miteigentümers hat.
Kommt es zur Beschädigung einer im Bruchteilseigentum mehrerer Personen stehenden Sache, steht der Schadensersatzanspruch den Berechtigten als Bruchteilsforderung zu (Staudinger/Gursky, BGB, 2012, § 1011 Rn. 2). Diese Forderung ist nach ihrer Natur rechtlich unteilbar (vgl. BGH
5. Anspruch aus
Veräußert der geschädigte Eigentümer sein Eigentum ohne Abtretung der Schadensersatzansprüche und verliert der bisherige Eigentümer den Schadensersatzanspruch aus
6. Ergebnisse
Ob der jetzige Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger zur Geltendmachung eines Schadens berechtigt ist, hängt davon ab, wann der Schaden eingetreten ist. Es ist zu fragen, ob es sich um einen selbstständigen Schaden oder um einen bloßen stoffgleichen Weiterfresserschaden handelt.
Veräußert der Eigentümer die beschädigte Sache ohne gleichzeitige Abtretung der Schadensersatzansprüche, erlischt nach Auffassung des BGH der Anspruch auf Naturalrestitution (
Behält sich der Eigentümer den Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht vor, kann er weiterhin Naturalrestitution verlangen, sofern die Beschädigung eine Beeinträchtigung der Ausübung des Rechts darstellt. Ein bisheriger Miteigentümer bleibt nach
Erlischt der Schadensersatzanspruch nach
153343
Erscheinungsdatum:09.03.2017
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Allgemeines Schuldrecht
Erschienen in: Normen in Titel:BBergG § 114; BGB § 249; BGB § 251