DNotI
Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 1361 16. April 1999
UrhG §§ 4, 69 a; BeurkG § 38; BNotO § 23; GmbHG §§ 35, 47 Notarielle Prioritätsverhandlung bei Computerprogrammen; Ausübung von Beteiligungsrechten durch die Gesellschafter einer GmbH
Rechtsfragen
Zum einen fragen Sie an, ob eine notarielle Prioritätsverhandlung, wie sie Heyn in DNotZ 1998, 177 ff., zum urheberrechtlichen Schutz von Datenbanken im Sinne der §§ 4, 55 a, 87 a UrhG empfiehlt, auch dem urheberrechtlichen Schutz eines Computerprogramms im Sinne des § 69 a UrhG dienen kann. Zum anderen werfen Sie die Rechtsfrage auf, ob eine GmbH als Muttergesellschaft in der Gesellschafterversammlung der 100 %-igen Tochtergesellschaft bei der Beschlußfassung statt durch den Geschäftsführer der Muttergesellschaft durch die Gesellschafter der Muttergesellschaft vertreten werden kann oder ob insoweit das Verbot der Stimmrechtsübertragung bzw. Stimmrechtsabspaltung entgegensteht. Zu den von Ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen nehmen wir wie folgt Stellung: 1. Eine zukunftsweisende Weichenstellung bezüglich des urheberrechtlichen Schutzes von Datenbanken hat die Richtlinie 96/9/EG des Europäische n Parlamentes und des Rates vom 11.03.1996 gebracht. Diese Richtlinie mußte bis zum 01.01.1998 in nationales Recht umge setzt werden, was in Deutschland durch das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz IuKDG, BGBl. 1997 I, 1870 ff.) geschehen ist. Art. 7 IuKDG, der gem. Art. 11 IuKDG am 01.01.1998 in Kraft getreten ist, enthält die neuen Regelungen zum ur heberrechtlichen Schutz von Datenbankwerken. Wichtig sind dabei insbesondere die §§ 4 Abs. 1 und 2, 55 a und 87 a bis e UrhG n. F. Diese Gesetzesänderungen schaffen in Bezug auf Datenbanken ein bislang unbekanntes Leistungsschutzrecht ,,sui generis". Das spezielle Leistungsschutzrecht zugunsten von Datenbanken setzt jedoch - wie jeder urheberrechtliche Schutz - im Streitfall den Nachweis voraus, daß es sich bei demjenigen, der den urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nimmt, um den Schöpfer des Werkes handelt (vgl. §§ 7, 10 UrhG). Ansprüche aus Urheberrecht bzw. einem verwandten Schut zrecht, insbesondere dem Schutzrecht sui generis gem. der Datenbankrichtlinie 96/9/EG stehen nämlich nur demjenigen zu, der das entsprechende Werk bzw. geschützte Leistung geschaffen hat (Heyn, Notarielle Prioritätsverhandlung zum Schutz von Datenbanken, DNotZ 1998, 177, 180). Taucht eine Kopie des Werkes auf, muß der Urheber/Hersteller folglich beweisen können, daß er Urheber/Hersteller gewesen ist. Ihm obliegt also im Ergebnis der Nachweis seiner zeitlichen Priorität (Heyn, a. a. O., 180; DNotI-Report 6/1996, 45; DNotI-Report 11/1997, 132). Diesem Nachweis soll die von Heyn (a. a. O.) für den urheberrechtlichen Schutz von Datenbanken empfohlene notarielle Prioritätsverhandlung dienen (vgl. zu den Einzelheiten Heyn, a.
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a. O., 182 ff.). Eine solche Prioritätsverhandlung kann jedoch aus den genannten Gründen in gleicher Weise auch zum Schutze von Urheberrechten an anderen Werken bzw. Leistungen als Datenbankwerken in Betracht kommen (vgl. insbesondere DNotI- Report 6/1996, 45 ff.; 4/1997, 55; 11/1997, 132; Nordemann, in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 3 Wirtschaftsrecht, 1. Halbbd., 4. Aufl. 1998, Formular IX/1 mit Erläuterungen). U. E. kommt daher eine notarielle Prioritätsverhandlung in der von Heyn, a. a. O., und in DNotI-Report/1996, 4/1997 und 11/1997 skizzierten Form auch zum urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen im Sinne des § 69 a UrhG in Betracht. Insbesondere ist auch für den urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen im Sinne des § 69 a UrhG der Nachweis der Urhebereigenschaft im Sinne des § 7 UrhG entscheidend. Seit der Novelle von 1993 (2. Gesetz zur Änderung des UrhG vom 09.06.1993, BGBl. 1993 I, 910) sind Computerprogramme nämlich als Sprachwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt, sofern sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind (§ 69 a Abs. 3 S. 1 UrhG; vgl. auch Bork, Effiziente Beweissicherung für den Urheberrechtsverletzungsprozeß dargestellt am Beispiel raubkopierter Computerprogramme, NJW 1997, 1665, 1666). Im Ergebnis bestehen daher u. E. keine Bedenken dagegen, eine notarielle Prioritätsverhandlung auch hinsichtlich Computerprogrammen im Sinne des § 69 a UrhG als Instrument des Nachweises der urheberrechtlichen Priorität einzusetzen. 2. Bei der GmbH sind die Geschäftsführer, wie das Gesetz nicht eigens hervorhebt, aber in §§ 35 Abs. 1, 37 GmbHG voraussetzt, das für die Führung der Geschäfte der Gesellschaft normalerweise zuständige Organ (vgl. dazu statt aller: Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl. 1997, § 35 Rn. 105). Die Geschäftsführungskompetenz kann allerdings weitgehend durch Satzung oder durch Gesellschafterbeschlüsse auch anderen Organen übertragen werden oder an die Mitwirkung anderer Organe gebunden werden (Hachenburg/Mertens, a. a. O., § 35 Rn. 105). Was jedoch die Vertretung der Gesellschaft nach außen betrifft, steht den Geschäftsführern ein nicht durch Satzungsregelung einschränkbarer Bereich autonomer Ent scheidung zu: Den Geschäftsführern steht unabdingbar die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft gem. § 35 Abs. 1 GmbHG zu. Die Gesellschafter können daher die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft nicht durch Satzungsregelung von den Geschäftsführern auf sich selbst verlagern (vgl. BGH WM 1978, 1074; Hachenburg/Mertens, a. a. O., § 37 Rn. 15). Für den von Ihnen geschilderten Sachverhalt bedeutet das, daß eine Satzungsregelung der Muttergesellschaft des Inhalts, daß die Muttergesellschaft in der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft nicht durch den Geschäftsführer, sondern durch die Gesellschafter vertreten wird, unzulässig sein dürfte. Die Ausübung der Beteiligungsrechte bleibt auf Seiten der Muttergesellschaft organschaftlich die Sache von deren Geschäftsführer (vgl. auch Scholz/Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 35 Rn. 34 ff.). Eine andere Frage ist die, ob das Stimmrecht der Muttergesellschaft als Gesellschafterin in der Tochtergesellschaft von der Mitgliedschaft abgespalten und auf diesem Wege an Dritte, nä mlich die Gesellschafter der Muttergesellschaft zugewie sen werden könnte. Alternativ wäre insoweit an eine Legitimationszession, also die in § 129 Abs. 3 AktG für die AG als zulässig vorausgesetzte Ermächtigung eines Dritten, das Stimmrecht aus ihm nicht gehörenden Gesellschaftsanteilen im eigenen Namen auszuüben, zu denken. In Betracht kommt ferner eine Stimmrechtsvollmacht, die es den Gesellschaftern der Muttergesellschaft ermöglichen würde, das Stimmrecht der Muttergesellschaft als deren Bevollmächtigte auszuüben. Wie wir bereits in dem für Sie am 14.09.1995 erstellten Gutachten (Az.: he-ro M/V/2 - § 47 - 2185) ausgeführt haben, wird eine Abspaltung des Stimmrechts von der Mitgliedschaft an einer GmbH von der Rechtsprechung und der wohl h. M. im Schrifttum für nicht zulässig erachtet (vgl. auch Hachenburg/ Hüffer, a. a. O., § 47 Rn. 53). Auch die Zulässigkeit einer Legitimationszession, also einer Ermächtigung eines Dritten, das Stimmrecht aus ihm nicht gehörenden Gesellschaftsan-
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teilen im eigenen Namen auszuüben, ist umstritten (Hachenburg/Hüffer, a. a. O., § 47 Rn. 54 f. m. w. N.). Denkbar ist es wohl, das im vorliegenden Fall gewünschte Ergebnis, nämlich die Ausübung des Stimmrechts der Muttergesellschaft durch deren Gesellschafter durch eine Stimmrechtsvollmacht zu erreichen. Problemlos zulässig dürfte das jedenfalls dann sein, wenn es sich um eine widerrufliche Vollmacht handelt, welche die organschaftlichen Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführer nicht verdrängt (vgl. dazu im einzelnen: Hache nburg/Hüffer, a. a. O., § 47 Rn. 92 ff.; DNotI-Gutachten v 14.03.1996, Az.: ka-br M/V/2 om § 35 GmbHG 636, S. 4 ff.). Werden auf diese Weise mehrere Gesellschafter zu Vertretern der Muttergesellschaft in der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft bestellt, ist allerdings zu beachten, daß die wohl h. M. in der Literatur für den Fall, daß ein Gesellschafter nur einen GmbH-Geschäftsanteil hält, eine geteilte Stimmrechtsabgabe für unzulässig hält (vgl. DNotI-Gutachten vom Januar 1998, Az.: he-br M/V/2 - § 47 GmbHG 73 m. w. N.). Die Bestellung mehrerer Vertreter ist zwar dessen ungeachtet zulässig (Hachenburg/Hüffer, a. a. O., § 47 Rn. 101), jedoch würde ein Verstoß gegen das Gebot der einheitlichen Stimmabgabe nach wohl überwiegender Meinung als Stimmenthaltung gewertet werden (vgl. DNotI-Gutachten, a. a. O.).