BGB § 1365; WEG §§ 8, 3
Aufteilung eines Grundstücks durch einen Ehegatten, der im gesetzlichen Güterstand verheiratet ist; Erfordernis der Zustimmung gem. § 1365 BGB
I. Sachverhalt
Ein Grundstückseigentümer, der im gesetzlichen Güter-stand lebt, möchte sein Grundstück gem. § 8 WEG in Wohnungseigentum aufteilen. Das Grundstück ist nahezu sein gesamtes Vermögen.
II. Frage
Bedarf der Eigentümer eines Grundstücks, der im gesetzlichen Güterstand lebt, zu einer Aufteilung nach § 8 WEG der Zustimmung seines Ehegatten, wenn es sich bei dem Grundstück um sein Gesamtvermögen i. S. d. § 1365 BGB handelt?
III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines
Gem. § 1365 Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte sich nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt. Die Bestimmung statuiert ein absolutes Verfügungsverbot, das sowohl auf schuldrechtlicher als auch dinglicher Ebene wirkt (vgl. statt aller Soergel/Czeguhn, BGB, 13. Aufl. 2013, § 1365 Rn. 2, 4; Palandt/Brudermüller, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1365 Rn. 1).
2. Aufteilung als Verfügung i. S. d. § 1365 BGB
Die hier interessierende Frage, ob eine Aufteilung gem. § 8 WEG eine Verfügung im vorstehenden Sinne darstellt, war – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand einer Gerichtsentscheidung. In der Literatur finden sich nur vereinzelte (teils ältere) Stellungnahmen.
Namentlich Stürner (in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1990, § 8 WEG Rn. 12) hält die Zustimmung des anderen Ehegatten gem. § 1365 BGB nicht für erforderlich; eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen sei nicht gegeben. Erst die spätere Veräußerung der letzten Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit an einen Dritten bedürfe ggf. der Zustimmung des anderen Ehegatten.
Ebenso verneint Armbrüster (in: Bärmann, WEG, 13. Aufl. 2015, § 2 Rn. 36; zust. BeckOGK-WEG/Müller, Std.: 1.3.2017, § 2 Rn. 180) ein Zustimmungserfordernis. Der Sinn und Zweck des § 1365 BGB werde nicht berührt, da das aufzuteilende Grundstück im Vermögen des Ehegatten verbleibe und dieses durch die Teilung auch nicht in sonstiger Weise geschmälert oder gefährdet werde.
3. Stellungnahme
Unseres Erachtens ist der vorstehend skizzierten Literatur-ansicht beizupflichten. Für deren Richtigkeit dürfte sich die Entscheidung des BGH vom 9.2.2012 (V ZB 95/11, DNotZ 2012, 531) ins Feld führen lassen. Darin hat das Gericht geurteilt, dass auch nach Einführung des Rang-klassenprivilegs für Wohngeldansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) die Begründung von Wohnungseigentum nicht der Zustimmung jener Gläubiger bedarf, deren Grundpfandrechte auf dem ganzen Grundstück lasten. Zu der Frage, ob die Aufteilung gem. § 8 WEG eine Inhaltsänderung gem. §§ 877, 876 BGB darstelle und somit die Zustimmung der am Grundstück dinglich Berechtigten erfordere, hat der BGH in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt (DNotZ 2012, 531, 533 Tz. 8 ff.; Hervorhebung i. F. durch die DNotI-Redaktion):
„Nach zutreffender, allerdings nicht unumstrittener Auf-fassung ist auch die Aufteilung eines Grundstücks nach § 8 WEG ebenso wie die Begründung von Wohnungseigentum nach § 3 WEG als Teilung des Vollrechts anzusehen, auf welche die Vorschriften über die Änderungen eines belasteten Rechts weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden sind (…). Der Schutz der Grundpfandgläubiger wird auch hier dadurch bewirkt, dass sich ihr Recht kraft Gesetzes in ein Gesamtgrundpfandrecht an den entstehenden Wohnungseigentumseinheiten umwandelt und damit an dem gesamten, in seiner Substanz unveränderten Haftungsobjekt fortbesteht (…).
Die Gegenauffassung, die eine entsprechende Anwendung der §§ 876, 877 BGB befürwortet (…), vermag nicht zu überzeugen. …
Anders verhält es sich nur, wenn selbstständig belastete Miteigentumsanteile nach § 3 WEG umgewandelt werden. Hier hat die Begründung von Wohnungseigentum zur Folge, dass sich das Belastungsobjekt von einem Miteigentumsanteil i. S. von § 1008 BGB in einen Anteil am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Raumeinheit wandelt, welcher durch das zugunsten der übrigen Miteigentümer begründete Sondereigentum beschränkt ist.“
Obgleich einzuräumen ist, dass sich diese Entscheidung nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Fragestellung übertragen lässt (dem Zustimmungserfordernis gem. §§ 877, 876 BGB kommt nämlich eine andere Funktion zu als dem familienrechtlichen Verfügungsverbot des § 1365 BGB), erscheint es dennoch gerechtfertigt, auf die Argumentation des Gerichts zurückzugreifen: Wenn schon die Zustimmung der am Grundstück dinglich berechtigten Grundpfandrechtsgläubiger für die Aufteilung des Grundstücks nicht erforderlich ist, weil das Haftungssubstrat unverändert fortbesteht, muss dies erst recht im Rahmen des § 1365 BGB gelten. Denn auch diesbezüglich werden die Interessen des anderen Ehegatten am Fortbestand der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Familie (entsprechend dem „Haftungssubstrat“ der Grundpfandrechtsgläubiger) nicht gefährdet. Vielmehr steht das Grundstück nach einer Aufteilung gem. § 8 WEG weiterhin im Eigentum des Ehegatten, d. h., das „Familienvermögen“ existiert fort. Verfügung i. S. v. § 1365 BGB ist u. E. daher nicht die Begründung von Sondereigentum, sondern allenfalls dessen spätere Veräußerung an einen Dritten.
4. Fazit
Im Ergebnis gehen wir daher davon aus, dass die Aufteilung eines Grundstücks gem. § 8 WEG nicht der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf. Wir weisen allerdings vorsorglich noch einmal darauf hin, dass unmittelbar einschlägige Rechtsprechung nicht ausfindig zu machen ist. Überdies sei angemerkt: Ob das vorstehende Ergebnis auch für eine Teilung gem. § 3 WEG gilt, erscheint zweifelhaft. Dagegen ließe sich einwenden, dass durch die Beschränkung des Miteigentumsanteils i. S. v. § 3 WEG ein Wertverlust bzgl. des Miteigentumsanteils des verfügenden Ehegatten nicht ausgeschlossen ist (vgl. insoweit auch BGH DNotZ 2012, 531, 533 f. Tz. 10). Nach Müller hängt daher die Wirksamkeit des Teilungsvertrags von der Zustimmung des anderen Ehegatten ab, wenn es sich beim Grundstück (bzw. Miteigentumsanteil) um den einzigen Vermögensgegenstand i. S. v. § 1365 Abs. 1 BGB handelt (BeckOGK-WEG/Müller, Std: 1.3.2017, § 2 Rn. 179).