27. November 2020
HGB § 161

Liquidation der Einheits-GmbHG & Co. KG

HGB § 161
Liquidation der Einheits-GmbHG & Co. KG

I. Sachverhalt
Ein Notar ist mit der Liquidation einer Einheits-GmbH & Co. KG beauftragt worden. Die Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH werden also von der GmbH & Co. KG selbst gehalten. Der Notar weist darauf hin, dass ein üblicher Weg für die Liquidation einer GmbH & Co. KG und deren Komplementär-GmbH darin liege, dass zunächst die Übertragung des Kommanditanteils im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die Komplementär-GmbH vorgenommen wird. Dies führe zum Ausscheiden des Kommanditisten und zur Vollbeendigung der GmbH & Co. KG. Anschließend würde die Liquidation der GmbH erfolgen. Diese Vorgehensweise könne nach Ansicht des beauftragten Notars bei der Einheits-GmbH & Co. KG allerdings nicht in Betracht kommen, da durch Beendigung der GmbH & Co. KG deren Vermögen auf die Komplementär-GmbH überginge. Dann würden aber die Geschäftsanteile an der GmbH von der GmbH selbst gehalten. Insofern erwägt der Notar, ob es ein gangbarer Weg wäre, zunächst die GmbH zu liquidieren und nach Beendigung der Liquidation im Handelsregister löschen zu lassen, sodass nach Erlöschen der GmbH diese gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB aus der GmbH & Co. KG ausscheidet. Auf diese Weise würde das Vermögen der GmbH & Co. KG den Kommanditisten anwachsen.

II. Frage
Wie erfolgt die Liquidation einer Einheits-GmbH & Co. KG bzw. wie ist deren Vollbeendigung zu erreichen?

III. Zur Rechtslage
1. Problemstellung
Zunächst könnte man erwägen, die Einheitsgesellschaft wie jede andere GmbH & Co. KG zu liquidieren. Eine nähere Befassung mit der Liquidation in der Einheits-GmbH & Co. KG zeigt allerdings, dass dieses Vorhaben in der Praxis regelmäßig scheitern dürfte.

a) Liquidation der GmbH und Liquidation der KG
Üblicherweise würde man bei der GmbH & Co. KG eine Liquidation der KG nach den §§ 145 ff. HGB und eine Liquidation der Komplementär-GmbH nach den §§ 66 ff. GmbHG vornehmen. Die Liquidation der KG und der Komplementär-GmbH würde also in zwei voneinander getrennten Verfahren stattfinden (vgl. etwa Scholz/Scheller, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 60 Rn. 123 ff.). Bei der Einheits-GmbH & Co. KG muss eine derartige Liquidation in zwei getrennten Verfahren allerdings scheitern.

Zunächst setzt die Vollbeendigung der KG voraus, dass bei dieser kein Vermögen mehr vorhanden ist bzw. das vorhandene Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Schlussverteilung nach § 155 HGB nach dem Verhältnis der Kapitalanteile unter die Gesellschafter verteilt wurde (vgl. etwa MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl. 2016, § 155 Rn. 52). Die KG hält bei der Einheits-GmbH & Co KG die Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH. Sofern die Komplementär-GmbH (wie üblich) nicht am Vermögen der KG beteiligt ist, müssten also die Geschäftsanteile unter den Kommanditisten im Verhältnis der Kapitalanteile verteilt werden. D. h.: Die Geschäftsanteile an der GmbH, die ihrerseits ebenfalls liquidiert werden soll, müssten zunächst auf die Kommanditisten übertragen werden. Dies löst unnötige Kosten für die Übertragung aus und könnte auch steuerlich ungünstig sein.

Bei der Liquidation der GmbH stellen sich entsprechende Probleme. Ist die Komplementär-GmbH ausnahmsweise am Vermögen der KG beteiligt, so steht dieser Vermögenswert bereits der Vollbeendigung entgegen. Darüber hinaus ist die Komplementär-GmbH in jedem Fall noch Geschäftsführerin bzw. (Mit-)
Liquidatorin der KG. Allein diese Geschäftsführer- bzw. Liquidatorenstellung könnte der Vollbeendigung der GmbH entgegen (dazu sogleich unter Ziff. 2).

Insofern entsteht sowohl bei der Liquidation der GmbH als auch bei der Liquidation der KG sozusagen ein „Schwebezustand“, der darin begründet ist, dass diese wechselseitig aneinander beteiligt sind bzw. dass die Komplementär-GmbH Geschäftsführungs- bzw. Liquidationsaufgaben bei der KG wahrnimmt.

b) Übertragung der Kommanditanteile auf die Komplementär-GmbH
Hinsichtlich der Liquidation einer „regulären“ GmbH & Co. KG besteht ein weiterer Weg darin, zunächst die Kommanditanteile auf die GmbH zu übertragen. Scheiden dadurch sämtliche Kom­manditisten aus der GmbH & Co. KG aus, so führt dies zur Vollbeendigung der KG mit der Folge, dass das Vermögen der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Komplementär-GmbH übergeht. Im zweiten Schritt könnte sodann die GmbH liqui­diert werden. Bei der Einheits-GmbH & Co. KG muss dieses Vorgehen allerdings wiederum ausscheiden, da es im Ergebnis dazu führen würde, dass sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH von dieser selbst gehalten werden. Damit wäre eine „Keinmann-GmbH“ geschaffen (zu dieser DNotI-Report 2013, 13).

2. Ausscheiden der GmbH aus der KG
Als Lösungsmöglichkeit könnte erwogen werden, zunächst die GmbH zu liquidieren und diese nach Beendigung der Liquidation im Handelsregister löschen zu lassen, damit sie mit ihrem Erlöschen gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB aus der GmbH & Co. KG ausscheidet.

Es stellt sich aber bereits die Frage, ob die Löschung der GmbH hierzu dazu führt, dass diese aus der KG ausscheidet. Dies wäre nur dann der Fall, wenn hierdurch tatsächlich eine Vollbeendigung der GmbH einträte. Nach der heute ganz überwiegend vertretenen Ansicht hat die Handelsregistereintragung über die Löschung einer GmbH allerdings keine rechtsgestaltende Wirkung (vgl. etwa Scholz/K. Schmidt/Scheller, § 74 Rn. 14 f.). Neben der Handelsregistereintragung ist für die Vollbeendigung der Gesellschaft erforderlich, dass die Gesellschaft tatsächlich keinerlei Vermögen mehr besitzt. Ist die Komplementärin am Vermögen der KG beteiligt, besteht noch ein Vermögenswert der GmbH. Ist die Komplementärin (wie in der Praxis regelmäßig) nicht am Vermögen der KG beteiligt, wird die Rechtslage unterschiedlich beurteilt. Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verhindert allein schon die Stellung als persönlich haftende Gesellschafterin in einer KG die Vollbeendigung der Komplementär-GmbH.

Nach dieser Auffassung kommt es auch bei Löschung im Handelsregister nicht zur Vollbeendigung der Komplementär-GmbH, da diese noch Geschäftsführungsaufgaben gegenüber der KG zu erfüllen habe. Auch der BGH vertritt in einem obiter dictum diese Auffassung (BGHZ 75, 178 = MittBayNot 1980, 31; anders aber womöglich BGH, GmbHR 2011, 83). In dieselbe Richtung geht zudem eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (DNotZ 1995, 977) und eine des OLG Frankfurt (DNotZ 1976, 619, 621), wonach eine „Vollbeendigung der juristischen Person gerade so lange nicht eintreten kann, als sie an einer Personengesellschaft beteiligt ist. Denn damit hat sie noch personenrechtliche und vermögensrechtliche Rechte und Pflichten an der Personengesellschaft, die ihrer Vollbeendigung entgegenstehen.“ Soweit in der Literatur zu diesem Problem Stellung genommen wird, wird überwiegend diese Ansicht der Rechtsprechung befürwortet (vgl. etwa MünchKommGmbHG/Berner, 3. Aufl. 2018, § 60 Rn. 316; Scholz/Scheller, § 60 Rn. 135, je m. w. N.; a. A. aber OLG Hamm NZI 2007, 584, 587; Herchen, EWiR 2007, 538). Da die GmbH hier noch die Stellung als Komplementärin innehat, wäre damit wohl nach h. M. noch keine Vollbeendigung der GmbH eingetreten, sodass es auch nicht zum Ausscheiden der GmbH analog § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB kommt. Damit ist aber der genannte Weg zur Liquidation der Einheitsgesellschaft nicht gangbar.

3. Lösungsansätze
Wie bereits erwähnt, liegen zur Liquidation einer Einheits-GmbH & Co. KG, soweit für uns ersichtlich, keine expliziten Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur vor. Insofern kann hier nur versucht werden, Lösungsansätze zu entwickeln. Dabei ist u. E. danach zu unterscheiden, ob die KG einen oder mehrere Kommanditisten hat.

a) Liquidation einer Einheits-GmbH & Co. KG, die mehrere Kommanditisten hat
Um die Vollbeendigung der Komplementär-GmbH zu ermöglichen, der nach der aufgezeigten h. M. bei fortbestehender Beteiligung an der KG der fortwirkende Abwicklungsbedarf entgegensteht, sollte nach unserem Dafürhalten die GmbH nach § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 HGB oder aufgrund einer Austrittsvereinbarung aus der KG ausscheiden. Sinnvoll wäre es insoweit, die Liquidation der GmbH und der KG so weit zu betreiben, bis sämtliche Verbindlichkeiten erfüllt und das Vermögen weitgehend verteilt ist. Die Liquidation der KG müsste so weit durchgeführt werden, bis nur noch die Anteile an der GmbH zum Vermögen der KG gehören. Sodann sollte es zum Austritt der Komplementär-GmbH kommen. Umstritten ist zwar, ob der ausscheidende Komplementär noch an der Liquidationsgesellschaft beteiligt ist. Dies wird zum Teil zumindest dann bejaht, wenn die KG nur über einen Kommanditisten verfügt (Frey/von Bredow, ZIP 1998, 1621, 1624). Überwiegend wird aber angenommen, dass die aufgelöste Kommanditgesellschaft in diesen Fällen allein von den Kommanditisten zu liquidieren ist (Habersack/Schäfer/Schäfer, Das Recht der OHG, 2. Aufl. 2018, § 131 Rn. 46 m. w. N.). Sofern die verbleibenden Gesellschafter weder die Liquidation nachhaltig betreiben noch einen neuen Komplementär aufnehmen, wandelt sich die Gesellschaft allerdings in eine OHG mit der Folge der zwingenden und unbeschränkbaren Haftung nach §§ 128, 130 HGB für alle entstandenen und neu entstehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten (BGH NJW 1979, 1705, 1706; Frey, ZGR 1988, 281, 285; Habersack/Schäfer/Schäfer, Das Recht der OHG, 2. Aufl. 2018, § 131 Rn. 46; Scholz/Scheller, § 60 Rn. 133). Dass infolge des Ausscheidens eine Kommanditgesellschaft in Liquidation ohne persönlich haftenden Gesellschafter entsteht, ist aufgrund der regelmäßig kurzen Dauer der Liquidation hinzunehmen. Infolge des Austritts bleibt die aufgelöste KG zwar weiterhin Inhaberin der Geschäftsanteile an der GmbH; diese kann sodann aber bis zur Vollbeendigung liquidiert werden, weil sie nach ihrem Ausscheiden aus der KG dort keine weiteren Abwicklungsaufgaben mehr zu erledigen hat bzw. keine formale Vermögensposition mehr innehat, die ihrer Vollbeendigung entgegenstehen könnte. Kommt es mit ihrer Vollbeendigung zu ihrem Erlöschen als Rechtsträger, hält die an ihr beteiligte KG insoweit auch keinen Vermögenswert mehr in der Hand und kann ebenfalls vollbeendet werden.

b) Liquidation bei nur einem Kommanditisten
Gibt es nur einen einzigen Kommanditisten, so kann grundsätzlich ebenso vorgegangen werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es mit dem Ausscheiden der GmbH zur liquidationslosen Vollbeendigung der KG unter Gesamtrechtsnachfolge des verbleibenden Kommanditisten kommt. Eine Liquidationsgesellschaft kann hier nicht mehr entstehen.

Gutachten/Abruf-Nr:

179568

Erscheinungsdatum:

27.11.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Kommanditgesellschaft (KG)

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 177-179

Normen in Titel:

HGB § 161