25. Juli 2024
ErbbauRG § 5; BGB § 892; EGBGB Art. 229; GBO § 19; BGB § 899a; ErbbauRG § 15

Voreintragungsobliegenheit der GbR als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks bei Zustimmungsvorbehalt für Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts

ErbbauRG §§ 5, 15; GBO § 19; EGBGB Art. 229 § 21 Abs. 1; BGB §§ 892, 899a (a. F.)
Voreintragungsobliegenheit der GbR als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks bei Zustimmungsvorbehalt für Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts

I. Sachverhalt
Eine nicht in das Gesellschaftsregister eingetragene GbR ist Eigentümerin eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks. Das Erbbaurecht soll übertragen werden.

Nach dem Erbbaurechtsvertrag muss die Eigentümerin der Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts zustimmen (§ 5 ErbbauRG). Bislang wurde stets die Zustimmung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter eingeholt.

II. Frage
Bedarf es für die Eintragung der Übertragung des Erbbaurechts im Grundbuch der Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister sowie einer entsprechenden Richtigstellung der Eintragung im Grundbuch?

III. Zur Rechtslage
1. Die Voreintragungsobliegenheit nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB
Gem. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht der GbR betreffen, nicht erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister und daraufhin nach den durch das MoPeG geänderten Vorschriften im Grundbuch eingetragen ist. Nach der Regierungsbegründung dient Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Interesse des Rechtsverkehrs der Publizität hinsichtlich Existenz, Identität und ordnungsgemäßer Vertretung der Gesellschaft (BT-Drucks. 19/27635, S. 216). Insbesondere werde dadurch – trotz Aufhebung des § 899a BGB – ein gutgläubiger Erwerb ermöglicht (BT-Drucks. 19/27635, S. 216, vgl. auch S. 108 und zur Aufhebung von § 899a BGB S. 193). Die Regierungsbegründung zu Art. 229 § 21 EGBGB spricht weiterhin davon, dass Absatz 1 der Norm „Veräußerungen und sonstige Übertragungen eines Rechts“ betreffe (BT-Drucks. 19/27635, S. 216, vgl. auch S. 108). In Anlehnung an die Regierungsbegründung liegt nach Wobst und Bolkart eine Betroffenheit des Rechts im Sinne des Art. 229 § 21 Abs. 1 S. 1 EGBGB immer dann vor, wenn über das Recht der GbR verfügt wird (Wobst, ZPG 2023, 58, 61; Bolkart, MittBayNot 2021, 319, 328). Hierfür spreche, dass es sich dabei um ein klares Abgrenzungskriterium handele (Wobst, ZPG 2023, 58, 61). Im Übrigen werden in der Literatur keine vertieften Überlegungen zur Definition des Begriffs des „Betroffenseins“ des Rechts der GbR i. S. d. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB angestellt.

Eine Verfügung über ein Recht ist dessen Aufhebung, Übertragung, Belastung oder inhaltliche Änderung. Die Übertragung bzw. Belastung des Erbbaurechts selbst – anders als die Neubegründung eines Erbbaurechts – lässt sich in Bezug auf das Eigentum am Erbbaugrundstück unter keine dieser Verfügungsarten subsumieren. Im Ausgangspunkt wäre somit der Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB nicht eröffnet.

2. Betroffenheit des Grundstückseigentums i. S. v. § 19 GBO bei Veräußerung des Erbbaurechts?
Im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift wird weder in der Literatur noch in der Gesetzesbegründung ein Zusammenhang zu § 19 GBO hergestellt, obwohl beide Normen mit fast identischem Wortlaut auf die „Betroffenheit eines Rechts“ abstellen und daran das Bewilligungserfordernis (§ 19 GBO) bzw. die Voreintragungsobliegenheit (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB) knüpfen. Entsprechendes gilt für § 39 Abs. 1 GBO, der im Hinblick auf den Begriff der Betroffenheit nach allgemeiner Ansicht identisch zu § 19 GBO interpretiert wird (BeckOK-GBO/Zeiser, Std.: 3.6.2024, § 39 Rn. 6; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 9. Aufl. 2024, § 39 GBO Rn. 31; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 39 Rn. 12). Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob die beiden Vorschriften im Sinne eines einheitlichen grundbuchverfahrensrechtlichen „Betroffenheitsbegriffs“ nicht identisch zu interpretieren sind und in der Folge ein über die Anknüpfung an den Verfügungsbegriff hinausgehendes Verständnis der Betroffenheit i. S. v. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB angezeigt ist.

In diesem Zusammenhang ist danach zu differenzieren, ob als Inhalt des Erbbaurechts eine Vereinbarung nach § 5 ErbbauRG getroffen wurde.

a) Variante 1: Keine Vereinbarung gem. § 5 ErbbauRG
§ 19 GBO regelt (unter grundsätzlichem Verzicht auf eine weitergehende Prüfung durch das Grundbuchamt, Bauer/Schaub/Kilian, Grundbuchordnung, 5. Aufl. 2023, § 19 Rn. 2 ff.; sog. formelles Konsensprinzip) lediglich die grundbuchverfahrensrechtliche Erklärung des verlierenden Teils (BeckOK-GBO/Holzer, § 27 GBO Rn. 2). Das materiell-rechtliche Gegenstück zu § 19 GBO in Bezug auf die Übertragung und Belastung eines Rechts bildet § 873 Abs. 1 BGB.

Allerdings stellen weder die Übertragung noch die Belastung eines einem Dritten an einem Grundstück zustehenden Rechts (z. B. einer Grundschuld) eine Eintragung im Sinne von § 19 GBO dar, welche das Eigentum an einem Grundstück im Sinne der Vorschrift „betreffen“. Denn Gegenstand der Eintragung (z. B. der Grundschuldabtretung) ist nicht das Grundstückseigentum, sondern das Recht des Dritten selbst. Der Grundstückseigentümer verliert durch die Übertragung oder Belastung eines Rechts an einem Grundstück (z. B. einer Grundschuld) keine Rechtsposition. Dementsprechend muss der Grundstückseigentümer auch nicht materiell-rechtlich nach § 873 Abs. 1 BGB mitwirken oder (verfahrensrechtlich) nach § 19 GBO bewilligen.

Diese Grundsätze gelten auch für das Erbbaurecht. Dementsprechend bedürfen die Übertragung sowie die Belastung des Erbbaurechts grundsätzlich nicht der Mitwirkung des Grundstückseigentümers (vgl. Bauer/Schaub/Maaß, Allg. Teil F. Rn. 160 f. und Rn. 163 ff.; MünchKommBGB/Weiß, 9. Aufl. 2023, § 11 ErbbauRG Rn. 27 und Rn. 30 ff.). Gem. § 11 Abs. 1 ErbbauRG i. V. m. § 873 Abs. 1 BGB ist nur die Einigung zwischen dem Dritten und dem Erbbauberechtigten sowie die Eintragung im Grundbuch erforderlich. Einer Bewilligung des Grundstückseigentümers gem. § 19 GBO bedarf es dementsprechend auch nicht. Das Grundstückseigentum ist damit grundsätzlich von einer Übertragung oder Belastung des Erbbaurechts nicht (unmittelbar) betroffen i. S. d § 19 GBO. Auch bei identischer Interpretation des Begriffs der Betroffenheit scheidet daher eine Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB hier aus.

b) Variante 2: Vereinbarung nach § 5 ErbbauRG
An die vorstehenden Ausführungen schließt sich die Frage an, ob sich eine Betroffenheit (i. S. v. Art. 229 Abs. 1 EGBGB bzw. § 19 GBO) des Eigentums am Erbbaugrundstück daraus ergeben kann, dass gem. § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 ErbbauRG als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart wurde, dass der Erbbauberechtigte zur Veräußerung bzw. Belastung des Erbbaurechts (mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast) der Zustimmung des Eigentümers des Erbbaugrundstücks bedarf.

Im Hinblick auf die Betroffenheit gem. § 19 GBO wird zwischen den unmittelbar Betroffenen und den mittelbar Betroffenen unterschieden (Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 19 GBO Rn. 52; KEHE/Munzig, § 19 GBO Rn. 35). § 19 GBO verlangt auch die Bewilligung der mittelbar Betroffenen, wobei es darauf ankommt, dass von der beantragten Eintragung eine Buchposition mittelbar betroffen sein kann. Die Buchposition muss sich verschlechtern, also einen rechtlichen Nachteil erleiden (Meikel/Böttcher, § 19 Rn. 42, 43; Bauer/Schaub/Kilian, § 19 Rn. 127).

Zu den mittelbar Betroffenen in diesem Sinne zählen auch diejenigen, deren Zustimmung zur Rechtsänderung nach materiellem Recht erforderlich ist (KEHE/Munzig, § 19 GBO Rn. 39; Meikel/Böttcher, § 19 Rn. 49 m. w. N.). Dies setzt jedoch voraus, dass diese mittelbar Betroffenen ebenfalls eine Buchposition innehaben, die durch die bewilligte Eintragung beeinträchtigt werden kann (Meikel/Böttcher, § 19 Rn. 49). Beispielhaft genannt werden die Zustimmungserfordernisse gem. § 876, § 880 Abs. 2, § 1180 Abs. 2 S. 1, § 1183 BGB, § 26 ErbbauRG (Meikel/Böttcher, § 19 Rn. 50 ff.; Demharter, § 19 Rn. 53).

Nicht zu den vorstehend genannten Fällen der mittelbaren Betroffenheit gezählt werden hingegen die Fälle des § 5 ErbbauRG (Meikel/Böttcher, § 19 GBO Rn. 74; Demharter, § 19 Rn. 64, Anhang zu § 8 GBO Rn. 11 und 15).

aa) Dogmatisch betrachtet handelt es sich bei den Zustimmungsvorbehalten nach § 5 ErbbauRG um Fungibilitätsbeschränkungen des Erbbaurechts (MünchKommBGB/Weiß, § 5 ErbbauRG Rn. 1) oder um Verfügungsbeschränkungen des Erbbauberechtigten (Bauer/Schaub/Kilian, § 19 Rn. 203 ff.), jedenfalls aber nicht um eine (auch nur mittelbare) Modifikation des Grundstückseigentums.

In den Fällen des § 5 ErbbauRG darf der Rechtsübergang und die Belastung erst eingetragen werden, wenn dem Grundbuchamt die Zustimmung des Grundstückseigentümers (in der Form des § 29 GBO) nachgewiesen ist (§ 15 ErbbauRG). Einer zusätzlichen Bewilligung des Grundstückseigentümers gem. § 19 GBO bedarf es hingegen nicht. Andernfalls hätte es der grundbuchverfahrensrechtlichen Sondervorschrift des § 15 ErbbauRG nicht bedurft.

bb) Die Begründung für die unterschiedliche grundbuchverfahrensrechtliche Behandlung von § 5 ErbbauRG im Vergleich zu den vorstehend genannten Fällen der mittelbaren Betroffenheit nach § 19 GBO (z. B. § 1180 Abs. 2 BGB) ist im materiellen Recht zu finden. Die Zustimmungserfordernisse in den Fällen der mittelbaren Betroffenheit folgen daraus, dass die entsprechenden Verfügungen tatsächlich materiell-rechtliche Auswirkungen auf die mittelbar Betroffenen haben (z. B. den Drittberechtigten i. S. v § 876 BGB). Deshalb ordnet das materielle Recht an, dass die entsprechenden Verfügungen nur unter Mitwirkung der jeweiligen Dritten wirksam werden. Das materiell-rechtliche Zustimmungserfordernis folgt also der (potentiellen) materiell-rechtlichen Betroffenheit der Zustimmungsberechtigten. Hieran knüpft wiederum § 19 GBO an und verlangt die verfahrensrechtliche Bewilligung des jeweils (mittelbar) Betroffenen.

cc) Grundlegend anders ist dies bei Übertragung bzw. Belastung des Erbbaurechts. Diese haben materiell-rechtlich grundsätzlich keine rechtlichen Auswirkungen auf den Grundstückseigentümer und sind daher ohne seine Zustimmung möglich (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG i. V. m. § 873 BGB, vgl. oben lit. a). Daher fehlt es auch an einer (mittelbaren) Betroffenheit des Grundstückseigentümers im Sinne des § 19 GBO. Hieran ändert aber auch die Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts gem. § 5 ErbbauRG nichts. Die materiell-rechtlichen Folgen der Verfügung über das Erbbaurecht sind identisch zu dem Fall, in dem kein Zustimmungsvorbehalt vereinbart ist. Lediglich der Tatbestand des Verfügungsgeschäfts erhält eine weitere materielle Voraussetzung, nämlich die Zustimmung des Grundstückseigentümers. Das Zustimmungserfordernis folgt hier also gerade nicht aus einer materiell-rechtlichen Betroffenheit des Grundstückseigentümers infolge der beabsichtigten Verfügung, sondern schlicht aus der Vereinbarung gem. § 5 ErbbauRG zwischen Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer. Der Zustimmungsvorbehalt nach § 5 ErbbauRG ist eine Gestaltungsoption und keine wesensimmanente Folge des materiellen Rechts. Auch im Falle einer Vereinbarung nach § 5 ErbbauRG bleibt das Eigentumsrecht des Eigentümers des Erbbaugrundstücks in gleicher Weise von einer Übertragung bzw. Belastung des Erbbaurechts unberührt wie ohne eine solche Vereinbarung. Demzufolge fehlt es auch an der Grundlage für die Annahme einer mittelbaren Betroffenheit i. S. d. § 19 GBO.

dd) Im Einklang mit diesem dogmatischen Fundament hat der Gesetzgeber den gesonderten Weg über § 15 ErbbauRG gewählt, der für den grundbuchlichen Vollzug in den Fällen des § 5 ErbbauRG nicht die Bewilligung des Eigentümers des Erbbaugrundstücks verlangt, sondern den Nachweis der Zustimmung des Grundstückseigentümers in der Form des § 29 GBO (Demharter, Anhang zu § 8 GBO Rn. 11, 15).
Auch bei Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts nach § 5 ErbbauRG ist das Grundstückseigentum im Falle einer Übertragung bzw. Belastung des Erbbaurechts nicht mittelbar betroffen und zwar weder im Sinne von § 19 GBO noch im Sinne von Art. 229 § 21 EGBGB.

c) Zwischenergebnis
Bei der Eintragung der Übertragung des Erbbaurechts in das Grundbuch (§ 11 Abs. 1 ErbbauRG i. V. m. § 873 BGB) oder bei der Eintragung der Belastung des Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast handelt es sich in Ansehung der gem. § 5 ErbbauRG zustimmungsberechtigten GbR als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks auch dann nicht um eine Eintragung i. S. d. Art. 229 § 21 EGBGB, wenn der Begriff der „Betroffenheit“ wie in § 19 GBO zu interpretieren ist.

3. Analoge Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB und Nachweis gem. § 15 ErbbauRG
Es stellt sich jedoch weiter die Frage, ob eine analoge Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB in Betracht kommt und dadurch ein Voreintragungserfordernis ausgelöst wird.

a) Vergleichbare Interessenlage aufgrund des Zwecks von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB
aa) Nach der Regierungsbegründung soll auch nach Aufhebung des § 899a BGB durch die grundbuchverfahrensrechtliche Sperrwirkung des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB insbesondere ein gutgläubiger Erwerb von der GbR ermöglicht werden (BT-Drucks. 19/27635, S. 216).

Der Gesetzgeber begreift daher das Voreintragungserfordernis nicht als Selbstzweck, sondern insbesondere als Absicherung des neuen Konzepts des gutgläubigen Erwerbs über §§ 892, 893 BGB, § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 15 HGB nach Abschaffung des nicht länger benötigten § 899a BGB a. F. (BT-Drucks. 19/27635, S. 108 und 216). Dort, wo nach früherer Rechtslage über § 899a BGB a. F. das Vertrauen des Rechtsverkehrs in den Gesellschafterkreis einer nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO a. F. im Grundbuch eingetragenen GbR geschützt wurde, soll der Wegfall von § 899a BGB nicht zu einem Verlust an Rechtssicherheit führen.

bb) Fehlt es an einer wirksamen Zustimmung gem. § 5 ErbbauRG und vollzieht das Grundbuchamt gleichwohl die Eintragung des Erwerbers als neuem Erbbauberechtigten, dann wird das Grundbuch unrichtig i. S. v. § 894 BGB (BeckOGK-ErbbauRG/Touissant, Std: 1.12.2023, § 15 ErbbauRG Rn. 5).

Auch im Anwendungsbereich des § 5 ErbbauRG wird jedoch nach wohl allgemeiner Ansicht der gute Glaube des Rechtsverkehrs in die Eigentümerstellung des im Grundbuch des Erbbaugrundstücks eingetragenen Eigentümers über § 893 Var. 2 BGB (direkt oder analog) geschützt (BeckOGK-BGB/Hertel, Std.: 15.4.2021, § 893 BGB Rn. 28; Bauer/Schaub/Maaß, Allg. Teil F. Rn. 126; Staudinger/Picker, BGB, 2019, § 893 BGB Rn. 28).

Die Regelungen in §§ 892, 893 BGB wurden bis zum 31.12.2023 durch § 899a BGB a. F. flankiert, wonach in Ansehung eines für eine GbR im Grundbuch eingetragenen Rechts (hier: Eigentumsrechts) auch vermutet wurde, dass diejenigen Personen Gesellschafter sind, die nach § 47 Abs. 2 S. 1 GBO a. F. im Grundbuch eingetragen sind, und dass darüber hinaus keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind.

Wenn also nach bisherigem Recht eine GbR unter Nennung ihrer Gesellschafter im Grundbuch als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks eingetragen war und alle im Grundbuch verlautbarten Gesellschafter für die Gesellschaft die Zustimmung gem. § 5 ErbbauRG in der Form des § 29 GBO erteilt hatten, dann wurde einerseits vermutet, dass die GbR die Eigentümerin des Grundstücks und damit gem. § 5 ErbbauRG zustimmungsberechtigt war (§§ 892, 893 Var. 2 BGB), und dass andererseits die im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter die vollzähligen Gesellschafter der GbR waren (§ 899a S. 1 BGB a. F.). Die Umschreibung des Erbbaurechts auf einen gutgläubigen Erwerber führte daher über §§ 892, 893 Var. 2 BGB, § 899a BGB a. F. auch dann zur materiell-rechtlich wirksamen Übertragung des Erbbaurechts gem. § 11 Abs. 1 ErbbauRG i. V. m. § 873 Abs. 1 BGB, wenn (1.) die GbR tatsächlich nicht mehr Eigentümerin des Erbbaugrundstücks war (§§ 892, 893 Var. 2 BGB) oder/und (2.) tatsächlich ein Gesellschafterwechsel stattgefunden hatte und die GbR daher im Rahmen der Erteilung der Zustimmung gem. § 5 ErbbauRG ohne die Vermutung des § 899a S. 1 BGB a. F. nicht hätte wirksam vertreten werden können.

§§ 892, 893 Var. 2 BGB gelten auch nach dem 31.12.2023 unverändert für die GbR, während § 899a BGB außer Kraft getreten ist. Nach Wegfall von § 899a BGB ist das Vertrauen des Erwerbers eines Erbbaurechts in die wirksame Vertretung der GbR im Rahmen der Zustimmung gem. § 5 ErbbauRG nur über § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 15 HGB geschützt. Die zugrundeliegende Interessenlage hat sich allerdings durch Inkrafttreten des MoPeG nicht geändert. Das Bedürfnis nach dem Schutz des guten Glaubens besteht nach wie vor, auch wenn sich der Bezugspunkt verändert hat und nunmehr im Hinblick auf Existenz und Vertretung der Gesellschaft nicht mehr auf das Grundbuch (§ 899a BGB a. F.), sondern auf das Gesellschaftsregister zu blicken ist (§ 707a Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 15 HGB).

b) Regelungslücke bzw. Erforderlichkeit der Analogie angesichts § 15 ErbbauRG?
Eine analoge Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB setzt jedoch weiterhin eine Regelungslücke voraus. Hieran könnte es mglw. fehlen, wenn die Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister bereits aus anderen Gründen erforderlich ist.

Ein solches Erfordernis dürfte sich jedenfalls aus § 15 ErbbauRG ergeben, wonach in den Fällen des § 5 ErbbauRG der Rechtsübergang bzw. die Belastung des Erbbaurechts erst eingetragen werden dürfen, wenn dem Grundbuchamt die Zustimmung des Grundstückseigentümers (in der Form des § 29 GBO, BeckOGK-ErbbauRG/Touissant, § 15 Rn. 5) nachgewiesen ist. Jedenfalls aus dem Nachweiserfordernis des § 15 ErbbauRG dürfte sich seit dem 1.1.2024 ein Voreintragungserfordernis der Eigentümer-GbR ergeben, weil dem Grundbuchamt nach dem Wegfall von § 899a BGB nicht mehr mit der für das Grundbuchverfahren erforderlichen Gewissheit (in der Form des § 29 GBO) nachgewiesen werden kann, dass die für die Eigentümerin handelnden Gesellschafter auch vertretungsberechtigt sind.

Die Situation unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen des direkten Anwendungsbereichs von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB. Hilfskonstruktionen über „Beteuerungserklärungen“ der Gesellschafter (für die Erwerbskonstellation BGH NJW 2011, 1958; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020 Rn. 4257 f.) dürften vom Grundbuchamt nach der Neukonzeption des Gutglaubensschutzes bei Beteiligung einer GbR (über §§ 892, 893 BGB, § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 15 HGB) im Interesse eines effektiven Verkehrsschutzes nicht akzeptiert werden, weil nunmehr mit der Eintragung im Gesellschaftsregister und der Richtigstellung des Grundbuchs ein Verfahren bereitsteht, welches das Erbringen der erforderlichen Nachweise (Existenz und Vertretungsberechtigung) ermöglicht, so dass für etwaige an diese Stelle tretende „Beteuerungen“ kein Bedarf mehr besteht.

c) Zwischenergebnis
Die Frage nach einer analogen Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB kann u. E. für die Praxis im Ergebnis offenbleiben, weil sich eine Voreintragungsobliegenheit der gem. § 5 ErbbauRG zustimmungsberechtigten Eigentümer-GbR aus dem Nachweiserfordernis gem. §§ 15 ErbbauRG, 29 GBO ergeben dürfte.
Käme man zu dem Ergebnis, dass sich aus § 15 ErbbauRG kein faktisches Voreintragungserfordernis ergibt, so lägen u. E. alle Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB vor.

4. Ergebnis
Bei Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts gem. § 5 ErbbauRG besteht bei Veräußerung oder Belastung des Erbbaurechts eine Voreintragungsobliegenheit der im Grundbuch als Eigentümerin des Erbbaugrundstücks eingetragenen Bestands-GbR.

Nur auf diese Weise kann im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers des MoPeG angesichts der Neukonzeption des Gutglaubensschutzes bei Beteiligung einer GbR (über §§ 892, 893 Var. 2 BGB, § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 15 HGB) unter Wegfall des bisherigen § 899a BGB verhindert werden, dass es im Zuge der Veräußerung und Belastung von Erbbaurechten durch Erteilung unwirksamer Zustimmungen gem. § 5 ErbbauRG zu unrichtigen Grundbucheintragungen kommt.

Das Voreintragungserfordernis folgt, mit grundbuchverfahrensrechtlich identischem Ergebnis, entweder aus Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB analog oder aus § 15 ErbbauRG.

Gutachten/Abruf-Nr:

202863

Erscheinungsdatum:

25.07.2024

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Sachenrecht allgemein

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 105-109

Normen in Titel:

ErbbauRG § 5; BGB § 892; EGBGB Art. 229; GBO § 19; BGB § 899a; ErbbauRG § 15