Übertragung von unterschiedlich belasteten Erbteilen auf denselben Erwerber mit aufschiebend bedingter Rückübertragung und unter Vorbehalt eines Nießbrauchs
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 170157
letzte Aktualisierung: 27. Juni 2019
BGB §§ 2032, 2033 Abs. 1
Übertragung von unterschiedlich belasteten Erbteilen auf denselben Erwerber mit aufschiebend
bedingter Rückübertragung und unter Vorbehalt eines Nießbrauchs
I. Sachverhalt
Die Erblasserin E ist verstorben und wurde von A und B zu je ½-Erbanteil beerbt. Zum
ungeteilten Nachlass gehören drei Grundstücke, die im gleichen Grundbuchblatt vermerkt sind.
In der Folgezeit übertrug A seinen ½-Erbanteil am Nachlass der Erblasserin E auf C, der im
Wege der Grundbuchberichtigung als Miterbe in das vorgenannte Grundbuch eingetragen
wurde. Im Rahmen dieses Übertragungsvertrages hatten A und C vereinbart, dass bei Eintritt
bestimmter Voraussetzungen C den ihm übertragenen ½-Erbanteil am Nachlass der Erblasserin
aufschiebend bedingt auf A zurückübertrug, ohne dass es einer weitergehenden Beurkundung
bedurfte.
Im vorgenannten Grundbuch wurde hinsichtlich des übertragenen Erbanteils eine Verfügungsbeschränkung
zulasten von C und zugunsten von A in Abt. II des Grundbuchs eingetragen.
2019 beurkundet der Notarvertreter einen Übertragungsvertrag, in dem nun auch B seinen ½-
Erbanteil am Nachlass der Erblasserin E auf C überträgt. Als Gegenleistung wird ein
Nießbrauch zulasten des übertragenen Erbanteils und zugunsten von B vereinbart. Des
Weiteren wird wiederum eine aufschiebend bedingte Rückübertragung hinsichtlich des
übertragenen Erbanteils zwischen B und C vereinbart, wenn bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen
erfüllt sind und zulasten von C und zugunsten von B die Eintragung
einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch bewilligt und beantragt.
Das Grundbuchamt beanstandet den Eintragungsantrag hinsichtlich der Verfügungsbeschränkung,
da durch die Übertragung von beiden Erbanteilen auf ein und dieselbe Person die Erbanteile
ihre Selbstständigkeit verloren hätten und somit die Verfügungsbeschränkung nicht eintragungsfähig
wäre.
II. Fragen
1. Verlieren die jeweils zeitversetzt auf C übertragenen Erbanteile am Nachlass der E durch
Vereinigung in einer Person tatsächlich ihre Selbstständigkeit, wenn hinsichtlich des zuerst
auf C übertragenen Erbanteils eine Verfügungsbeschränkung vereinbart und die Eintragung
im Grundbuch erfolgt ist, oder verlieren durch diese Beschränkung die Erbanteile gerade
nicht ihre Selbstständigkeit, da sie unterschiedlich belastet sind?
2. Spielt der Umstand eine entscheidungserhebliche Rolle für die erste Frage, dass beide übertragenen
Erbanteile mit identischen Verfügungsbeschränkungen zugunsten unterschiedlicher
Personen belastet sind?
III. Zur Rechtslage
1. Eine Erbengemeinschaft kann grundsätzlich nur aus mehreren Personen bestehen. Vereinigen
sich sämtliche Erbanteile in der Person des Erbteilserwerbers, kommt es zur Auflösung
der Erbengemeinschaft und des Gesamthandsvermögens. Alleineigentümer des gesamten
Vermögens wird der Erbteilserwerber. Die Erbanteile gehen unter, der Erwerber
kann über die Anteile nicht mehr verfügen (vgl.
Tz. 11;
2. Fraglich ist, ob die Erbengemeinschaft mit den Erbteilen entgegen dem vorgenannten
Grundsatz fortbesteht, wenn der Erwerber den zunächst erworbenen Erbanteil unter einer
aufschiebenden Bedingung weiter übertragen hat und der später erworbene Erbanteil mit
einem Nießbrauch belastet ist.
Die Frage nach dem Fortbestand der Erbteile bei unterschiedlichen Verfügungsbeschränkungen
ist noch nicht abschließend geklärt.
a) Der BGH hat die Frage, ob es zu einer Konsolidation bei einer Erbengemeinschaft
bei unterschiedlich belasteten Anteilen komme, ausdrücklich offengelassen (BGH
Kürzlich hat der BGH jedoch entschieden, dass die Erbengemeinschaft auch dann erlischt,
wenn der Vorerbe die übrigen Erbanteile hinzuerwirbt, die keiner Nacherbenbindung
unterliegen (BGH
Nachlass der Verfügungsbeschränkung des
Tz. 23).
b) Demgegenüber soll nach Auffassung des BGH bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft,
in der ein Gesellschafter gestorben ist und der einzige Mitgesellschafter
dessen Gesellschaftsanteil als Vorerbe erwirbt, der betroffene Gesellschaftsanteil bis
zum Eintritt der Nacherbfolge nicht untergehen und der Testamentsvollstreckung
unterliegen können (
OLG Hamm
Auch für die Belastung eines Gesellschaftsanteils mit einem Nießbrauch soll es
nach h. M. nicht zu einem Untergang des Gesellschaftsanteils kommen (LG Hamburg
Schäfer Das Recht der OHG, 2. Aufl. 2018, § 105 Rn. 73; a. A. OLG Düsseldorf
3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 56). Das OLG Schleswig hat demgegenüber entschieden, dass
diese Ausnahme nicht für die Belastung des Anteils mit einem Eigennießbrauch gilt
(OLG Schleswig NJOZ 2006, 902, 904 f.). Der Zedent sei nicht schutzwürdig. Das Gestaltungsziel
könne man auch auf anderem Wege erreichen. Bei einem Fremdnießbrauch
gelte hingegen anderes. Denn die Rechtsstellung des Dritten dürfe nicht beeinträchtigt
werden (OLG Schleswig NJOZ 2006, 902, 905).
Es erscheint daher zweifelhaft, ob die Bestellung des Nießbrauchs für B das Fortbestehen
von dessen Anteil nach der Vereinigung sämtlicher Erbanteile in der Person
des C rechtfertigt.
c) Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der andere Anteil an der
Erbengemeinschaft durch den Erwerber bereits an A unter einer aufschiebenden Bedingung
zurückübertragen wurde (
ein Anwartschaftsrecht an dem Erbteil erlangt. Ginge man nun davon aus, dass
die Erbanteile mit dem Erwerb des Anteils des B durch C untergegangen sind, würde
das in der Konsequenz bedeuten, dass A sein Anwartschaftsrecht am Erbteil ohne seine
Mitwirkung verlieren würde, weil B seinen Erbanteil ebenfalls auf C übertragen hat.
Dies wäre aber mit der Wertung des
des Verfügenden, die dieser während der Schwebezeit über den Gegenstand
trifft, im Falle des Bedingungseintritts dem Berechtigten gegenüber unwirksam sind.
Dies muss erst recht gelten, wenn die Verfügung durch einen Dritten (hier: B) getroffen
wurde.
Es wäre deshalb nicht vertretbar, von einem endgültigen Erlöschen der Erbengemeinschaft
auszugehen. Vielmehr wird man aus Gründen des Verkehrsschutzes und des gesicherten
Status des Anwartschaftsrechts von einem Fortbestehen der Erbengemeinschaft
ausgehen müssen.
Es stellt sich lediglich die Frage, ob die Erbengemeinschaft nach dem Rechts-gedanken
von
betrachten ist, wenn es zum Bedingungseintritt kommt. Für die Anordnung der
Nacherbfolge in Bezug auf einen Anteil des Vorerben wird dies teil-weise angenommen
(Oetker/Lieder, § 105 Rn. 39; Schäfer, § 105 Rn. 73; a. A.
MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 25; Henssler, in:
Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, § 105 Rn. 39).
Unseres Erachtens kann es nicht überzeugen, von einem vorübergehenden Erlöschen
der Erbengemeinschaft und einem Wiederaufleben im Falle des Bedingungseintritts
auszugehen. Denn es bliebe unklar, wie sich der Schutz des Erben vor Verfügungen
über Nachlassgegenstände während des Schwebezustands erreichen ließe, wenn gar
kein Erbteil mehr existiert und das Objekt des Anwartschaftsrechts damit
gegenstandslos ist (vgl. zur Eintragung der Verfügungsbeschränkung nur BayObLG
damit er weitere Verfügungen treffen kann. Damit wäre es unvereinbar, wenn der
Erbteil wegen der vorübergehenden Vereinigung der Erbteile in der Person des C
erlöschen und damit das Anwartschaftsrecht untergehen würde.
3. Im Ergebnis halten wir die Auffassung des Grundbuchamts daher für unzutreffend und
gehen von einem Fortbestand der Erbengemeinschaft aus.
170157
Erscheinungsdatum:27.06.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Erbteilsveräußerung
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
BGB § 2032; BGB § 2033 Abs. 1