OLG Koblenz 17. Mai 2023
15 U 1098/22
BGB § 434 Abs. 1 S. 1

Notarieller Wohnungskaufvertrag; Angabe der Höhe der Instandhaltungsrücklage; Beschaffenheitsvereinbarung; Sachmangelausschluss

letzte Aktualisierung: 1.6.2023
OLG Koblenz, Urt. v. 17.5.2023 – 15 U 1098/22

BGB § 434 Abs. 1 S. 1
Notarieller Wohnungskaufvertrag; Angabe der Höhe der Instandhaltungsrücklage; Beschaffenheitsvereinbarung;
Sachmangelausschluss

1. Vereinbaren die Parteien eines notariellen Wohnungskaufvertrages, der Anteil an der „nach
Angaben“ in näher genannter Höhe bestehenden Instandhaltungsrücklage sei „im Kaufpreis
enthalten“, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2. Der Umstand, dass die Instandhaltungsrücklage Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft
ist, spricht gegen die Annahme, der Verkäufer einer Eigentumswohnung wolle mit der
Angabe einer bestimmten Höhe seines Anteils an der Instandhaltungsrücklage zu einem vor dem
Beurkundungszeitpunkt liegenden Stichtag die Gewährleistung für das Vorhandensein der Rücklage
bei Gefahrübergang übernehmen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung – soweit im
Berufungsverfahren noch von Interesse – um Schadensersatz wegen einer Instandhaltungsrücklage.
Mit Urkunde vom 03.06.2019 des Notars G mit Amtssitz in H (UR-Nr. 499/2019 M; Anlage K
1 zur Klageschrift, Bl. 10 ff. eGA-LG) erwarb die Klägerin das darin näher bezeichnete
Wohnungseigentum von dem Beklagten unter „Ausschluss sämtlicher Ansprüche und Rechte
wegen eines Sachmangels“. In § 3 der Urkunde ist unter anderem geregelt: „Der Anteil an der
Instandhaltungsrücklage beträgt nach Angaben zum 10.05.2019 EUR 31.530,46, ist im Kaufpreis
enthalten und geht mit Besitzübergang über.“ Auf dem – einzigen – Konto der
Wohnungseigentümergemeinschaft befand sich zum 10.05.2019 ein Betrag von 52.550,76 €,
wobei der Anteil des streitgegenständlichen Wohnungseigentums an der zweigliedrigen
Eigentümergemeinschaft von 597/1.000 rechnerisch einem Betrag von 31.530,46 € entspricht.
Ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft über die Verwendung des auf dem Konto
vorhandenen Geldes lag zum Beurkundungszeitpunkt nicht vor.
Die von dem Beklagten beauftragte Maklerin hatte der Klägerin zuvor ein Exposé mit Stand
01.05.2019 (Anlage K 3, Bl. 48 ff. eGA-LG) übergeben, in dem es auf Seite 10 unter anderem
heißt:

„Anstehende Investitionen:
Dachsanierung ca. 30.000 €; Rücklagen vorhanden
Reparatur Freitreppe bzw. Geländer Freitreppe; Rücklagen vorhanden.
Rücklagen Hausverwalterkonto:

ca. 50.000,00 € per 08-2017 - derzeit geparkt für o.g. anstehende Investitionen“.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten unter anderem die Zahlung eines Betrages
von 31.530,46 € verlangt und zur Begründung vorgetragen, sie sei aufgrund des Exposés und
der vertraglichen Vereinbarungen davon ausgegangen, dass dieser Betrag als
Instandhaltungsrücklage vorhanden sowie beim Verkauf eingepreist worden sei und für die
erforderliche Sanierung des Daches zur Verfügung stehe. Tatsächlich handele es sich bei dem
auf dem WEG-Konto vorhandenen Betrag nicht um eine Instandhaltungsrücklage, sondern
dieser resultiere aus Schadensersatzforderungen gegen Bauunternehmen und werde zur weiteren
Schadensbeseitigung benötigt; für die Dachsanierung könne er nicht verwendet werden.
Der Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, mit dem in der notariellen
Urkunde als Instandhaltungsrücklage angegebenen Betrag hätten die Parteien in untechnischer
Weise dasjenige Guthaben gemeint, welches sich bei Abschluss des Kaufvertrages auf dem
WEG-Konto befunden habe und rein rechnerisch auf den Beklagtenanteil an der
Wohnungseigentümergemeinschaft entfallen sei. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass es sich
bei der Regelung unter § 3 des Notarvertrages um dieses Guthaben des WEG-Kontos gehandelt
habe, das auf die Klägerin habe übertragen werden sollen. Es handele sich bei diesem Geld aus
rechtlicher Sicht auch um eine Instandhaltungsrücklage, da die Wohnungseigentümergemeinschaft
vorhandene Gelder auf dem gemeinschaftlichen Konto zur Instandhaltung
des Wohnungseigentums verwende und die vorhandene Summe seinerzeit nicht zweckgebunden
gezahlt worden sei.

Das Landgericht hat den Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme (s. dazu
Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 04.04.2022, Bl. 218 ff. eGA-LG) unter Abweisung
der weitergehenden Klage zur Zahlung von 31.530,46 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 434
BGB nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat die Einzelrichterin ausgeführt, die Kaufsache
sei mangelhaft gewesen, da die Parteien bei entsprechender Auslegung des Kaufvertrages mit
der betragsmäßigen Nennung der Instandhaltungsrücklage eine Vereinbarung über die
Beschaffenheit der Sache getroffen hätten, die diese nicht erfülle. Der vertraglich vereinbarte
Haftungsausschluss greife gemäß § 444 BGB nicht, da der Klägerin im Exposé vorgespiegelt
worden sei, dass eine Rücklage in Höhe von etwa 50.000 € vorhanden sei. Das Handeln der von
ihm eingeschalteten Maklerin müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Es sei für ihn erkennbar
gewesen, dass die Klägerin das Objekt nicht erworben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass
keinerlei Rücklagen vorhanden sind. Er sei ihr insofern zur Aufklärung verpflichtet gewesen und
nunmehr zum Ersatz des der Klägerin durch die unterlassene Aufklärung entstandenen
Schadens verpflichtet.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 28.06.2022 zugestellte (Bl. 302 eGA-LG) Urteil
wendet sich der Beklagte mit seiner am 06.07.2022 eingegangenen und am 10.08.2022 (Bl. 7 ff.
eGA-OLG) begründeten Berufung, mit der er unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches
Vorbringen im Wesentlichen geltend macht, das Landgericht gehe in rechtsfehlerhafter Weise
von einem Sachmangel aus; eine Abweichung der Beschaffenheit der Kaufsache von der
vereinbarten Beschaffenheit liege nicht vor. Auch unterstelle es in rechtsfehlerhafter Weise
arglistiges Verhalten bei der Verwendung des Begriffs „Rücklagen“ im Exposé, wozu sich im
gesamten erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin keinerlei Ausführungen fänden. Das Guthaben
in Höhe von ca. 50.000 € sei unstreitig vorhanden gewesen, weshalb er – der Beklagte – hierüber
ebenso wenig in arglistiger Weise Falschangaben getätigt haben könne.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Mainz abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstands und der gestellten Anträge wird auf die
tatsächlichen Feststellungen des Urteils vom 23.06.2022 (Bl. 285 ff. eGA-LG) Bezug
genommen.

II.
Die statthafte, fristgerecht eingelegte und begründete und auch sonst zulässige (§§ 511, 517, 519,
520 ZPO) Berufung des Beklagten führt in der Sache zum Erfolg.
Der Klägerin steht der im Berufungsverfahren noch streitgegenständliche
Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Klage ist daher insgesamt unbegründet und unterliegt
auch im berufungsgegenständlichen Umfang der Abweisung durch den Senat.

1.
Ein Anspruch der Klägerin gemäß §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 434 BGB in der auf das
Rechtsverhältnis der Parteien anwendbaren, vom 01.01.2002 bis 31.12.2021 geltenden Fassung
vom 02.01.2002 besteht nicht.

Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels nach §§ 434 ff. BGB infolge einer unrichtigen
Erklärung des Verkäufers über die Beschaffenheit der Kaufsache setzen voraus, dass die
Beschaffenheit vertraglich vereinbart wurde (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder dass der Käufer
nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers eine bestimmte Beschaffenheit erwarten
durfte (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB). Beides ist hier in Bezug auf eine bestimmte Höhe des
„Anteils“ an der Instandhaltungsrücklage nicht der Fall; auch wurde eine insoweit unrichtige
Angabe nicht getätigt.

a)
Die Parteien haben in Bezug auf die Instandhaltungsrücklage – entgegen der Auffassung des
Landgerichts – keine Beschaffenheit der Kaufsache vereinbart.

aa)
Die Klägerin stützt ihre gegenteilige Rechtsauffassung im Wesentlichen auf den in § 3 der
notariellen Urkunde enthaltenen Passus: „Der Anteil an der Instandhaltungsrücklage beträgt
nach Angaben zum 10.05.2019 EUR 31.530,46, ist im Kaufpreis enthalten und geht mit
Besitzübergang über“. Vom Wortlaut der so beurkundeten Vereinbarung der Parteien
ausgehend kann eine Beschaffenheitsvereinbarung bei objektiver Betrachtung indes schon
deswegen nicht gesehen werden, weil es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung oder
Wissensmitteilung handelt, mit welcher der Verkäufer die Angaben eines Dritten wiedergibt (vgl.
BGH, Urteil vom 12.03. 2008 – VIII ZR 253/05, Rn. 12 f., juris zu üblichen Klauseln bei einem
Fahrzeugkauf). Er bringt mit dem Zusatz „nach Angaben“ hinreichend deutlich zum Ausdruck,
dass es sich dabei nicht um eigenes Wissen des Verkäufers handelt. Schon angesichts dessen
kann der Käufer nicht erwarten, der Verkäufer wolle in vertragsmäßig bindender Weise die
Haftung für die Richtigkeit der Angabe übernehmen und für die Folgen des Fehlens der
betreffenden Eigenschaft einstehen (vgl. BGH, a.a.O.). Seit der Schuldrechtsmodernisierung
kommt die Annahme der Vereinbarung einer Beschaffenheit, für deren Fehlen der Verkäufer
nach Maßgabe des § 437 BGB haftet, nicht mehr „im Zweifel“, sondern nur noch in einem
eindeutigen Fall in Betracht. Ein solcher ist hier nicht gegeben. Vielmehr spricht bereits die
Einschränkung „nach Angaben“ erkennbar dafür, dass der Beklagte nicht für die inhaltliche
Richtigkeit der Angabe haften wollte (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 13, juris).

bb)
Gegen die Annahme, der Verkäufer einer Eigentumswohnung wolle die vertragliche Garantie
für eine bestimmte Höhe der Instandhaltungsrücklage in einem nach dem angegebenen Stichtag
liegenden Beurkundungszeitpunkt oder gar im Zeitpunkt des Gefahrübergangs übernehmen,
spricht bei interessengerechter Auslegung auch, dass die anteilige Instandhaltungsrückstellung
nicht Vermögen des Wohnungseigentümers, sondern eines anderen Rechtssubjekts ist, denn
Träger des Vermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft einschließlich der
gemeinschaftlichen Forderungen und Verbindlichkeiten ist unabhängig von einem
Eigentümerwechsel der Verband (BGH, Beschluss vom 02.06.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163,
154-180, Rn. 28 m.w.N., juris). Bei der Rücklage handelt es sich mithin um einen Teil des
Gemeinschaftsvermögens nach § 9a Abs. 3 WEG. Über einen „Anteil“ hieran kann der einzelne
Wohnungseigentümer daher nicht verfügen (Sommer/Heinemann in: Jennißen,
Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. 2022, juris Rn. 142). Ein rechtsgeschäftlicher Erwerb dieser
Position ist daher nicht möglich (vgl. auch BFH, Urteil vom 16.09.2020 – II R 49/17BFHE 271,
455, BStBl II 2021, 339, Rn. 19 m.w.N.), eine hierauf gerichtete vertragliche Verpflichtung
hierzu wäre nach § 275 BGB unwirksam (vgl. Elzer, ZWE 2014, 255-256, juris). Im Zweifel wird
aber der Wille der Vertragsparteien nicht auf ein subjektiv Unmögliches gerichtet sein.
Außerdem kann der Käufer, der aus vorstehenden Gründen stets mit einer bereits erfolgten
Verwendung einer angesammelten Instandsetzungsrücklage rechnen muss, nicht erwarten, dass
im Zeitpunkt des Gefahrübergangs solche Gemeinschaftsmittel tatsächlich (noch) vorhanden
sind (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13.10.1999 – 1 U 157/99,
Rn. 29 f., juris). Im vorliegenden Fall bestand nach den am 03.06.2019 notariell beurkundeten
Erklärungen der Parteien ein „Anteil an der Instandhaltungsrücklage (…) nach Angaben zum
10.05.2019“. Der Gefahrübergang fand jedoch erst dreieinhalb Wochen später statt. Dass der
Beklagte für eine bestimmte (dann noch gegebene) Höhe des „Anteils“ an der
Instandhaltungsrücklage hätte haften wollen im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung,
erscheint unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen bei objektiver Betrachtung
lebensfremd.

cc)
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Vertragsparteien beim Kauf einer
Eigentumswohnung den Kaufpreis regelmäßig unter Berücksichtigung auch der Werthaltigkeit
des Gemeinschaftsvermögens – etwa der Höhe der Instandhaltungsrücklagen – bemessen
(Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 9a
WEG, Stand: 15.03.2023, Rn. 165). Der Umstand, dass etwas wertbildender Faktor ist,
begründet für sich genommen noch keine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. d. § 434 Abs. 1 Satz
1 BGB.

dd)
Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus der Überlegung, dass der eingangs genannte Passus
– wie das Landgericht meint – andernfalls überflüssig gewesen wäre. Diese – offenbar auf den
Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 19.12.2013 (I-19 U 133/13, juris) zurückgehende –
Annahme vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Angabe einer bestimmten Höhe
eines Anteils an der Instandhaltungsrücklage ersichtlich im unmittelbaren Zusammenhang mit
den durch diese Ausweisung erhofften steuerlichen Vorteilen steht. Eine solche Ausweisung
wurde vor der Klarstellung durch den Bundesfinanzhof, dass der vereinbarte Kaufpreis als
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige
Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist (BFH, Urteil vom 16.09.2020 – II R 49/17 –, BFHE
271, 455, BStBl II 2021, 339, juris) – allgemein zu steuerlichen Zwecken empfohlen (vgl. LG
Darmstadt, Urteil vom 03.12.2014 – 25 S 130/14, Rn. 11 m.N., juris). Diese vom Landgericht
für unerheblich gehaltene Tatsache hat der Urkundsnotar bei seiner erstinstanzlichen
Vernehmung (Protokoll vom 03.06.2022, S. 2, Bl. 276 eGA-LG) vorliegend auch ausdrücklich
bestätigt. Dessen Aussage, die sich der Beklagte im Schriftsatz vom 07.06.2022 (S. 2, Bl. 259
eGA-LG) zu eigen gemacht hat, erläutert in anschaulicher Weise den Hintergrund der in Rede
stehenden Formulierung, der in der Rechtsprechung schon früher als gegen eine
Beschaffenheitsvereinbarung sprechender Gesichtspunkt gewertet wurde (vgl. LG Darmstadt,
a.a.O.); er steht auch im vorliegenden Fall der Auslegung als individuelle Vereinbarung in der
vom Landgericht angenommenen Sinne entgegen. Wollte man dies anders sehen, wäre
standardmäßig in den früheren notariellen Kaufverträgen die Instandhaltungsrücklage einer
Beschaffenheitsvereinbarung unterworfen worden, wofür – nicht zuletzt mit Rücksicht auf die
Ausführungen unter bb) und cc) – nichts spricht.

ee)
Aus der von der Klägerin bemühten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln,
Beschluss vom 19.12.2013 – I-19 U 133/13 –, juris) ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts
anderes.

Dem dort entschiedenen Fall lag eine Konstellation zugrunde, bei der – anders als im hier zu
beurteilenden Fall – für den Anteil an der Instandhaltungsrücklage im notariellen Vertrag ein
gesonderter, betragsmäßig bestimmter Kaufpreis und im Gegenzug eine rechtsgeschäftliche
Abtretung des Anteils vereinbart worden war (OLG Köln, a.a.O., Rn. 4). Der Anspruch an der
Instandhaltungsrücklage gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft war nach
Auffassung des Oberlandesgerichts im dortigen Fall „gesondert“ verkauft worden, weshalb die
Parteien „mit der Vereinbarung eines Kaufpreises für die Instandhaltungsrücklage (…) mithin
einen Rechtskauf vereinbart“ hätten, „§ 453 Abs. 1 BGB“.

Damit ist der hier zu entscheidende Fall indes nicht zu vergleichen, da die Parteien ausdrücklich
das Gegenteil vereinbart haben: Hier sollte der „Anteil an der Instandhaltungsrücklage“
vielmehr „im Kaufpreis enthalten“ sein. Sie haben vorliegend mithin weder einen eigenen
Kaufpreis für den (lediglich rechnerisch bestehenden) „Anteil“ noch eine Abtretung desselben –
mag diese rechtlich möglich sein oder nicht – vereinbart. Auch ein fester Anteil am Kaufpreis ist
dem Anteil der Klägerin an der Instandhaltungsrücklage mit der gewählten Formulierung nicht
zugewiesen.

Mangels vergleichbarer Sachverhalte kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die genannte,
soweit ersichtlich vereinzelt gebliebene Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln mit Blick auf
die vorstehenden Ausführungen unter bb) rechtlich zu überzeugen vermöchte (s. dazu auch
Elzer, a.a.O.; Sommer/Heinemann, a.a.O., Fn. 708: „evident falsch OLG Köln“ und Fn. 715:
„ohne Problembewusstsein und im Ergebnis mit unhaltbarer Begründung“; gegen die Annahme
eines Rechtsmangels, eines Garantieversprechens oder einer vom Verkäufer zu vertretenden
Unmöglichkeit bei einer ausgewiesenen und „mitverkauften“ Rücklage, die sich als tatsächlich
niedriger erweist, auch Sommer/Heinemann, a.a.O. Rn. 142).

ff)
Auf die Angaben zu „anstehenden Investitionen“ und „Rücklagen“ in dem Exposé mit Stand
01.05.2019 (Anlage K 3, Bl. 48 ff. eGA-LG, dort Seite 10), das der Klägerin von der durch den
Beklagten beauftragten Maklerin W im Vorfeld des Kaufs übergeben wurde, kann sich die
Klägerin in diesem Zusammenhang nicht berufen.

Zwar kann sich eine Beschaffenheitsvereinbarung auch ohne ausdrückliche Erklärungen der
Parteien aus den Umständen des Vertragsschlusses, wie etwa dem Kontext der dabei geführten
Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen, ergeben (vgl. etwa
BGH, Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14, NJW 2016, 1815; Urteil vom 17.03.2010 – VIII ZR
253/08, NJW-RR 2010, 1329). Allerdings führt die Beschreibung von Eigenschaften eines
Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen
Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung
nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB; Informationen über Eigenschaften der Kaufsache sind vielmehr
von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden (vgl. BGH,
Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14, NJW 2016; OLG Hamm, Urteil vom 18. Juli 2016 – I-22
U 161/15, Rn. 26, juris). Dafür, dass hier Anderes gälte, ist nichts ersichtlich.

Weitere Anhaltspunkte für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien sind
nicht ersichtlich.

b)
Eine – von der Klägerin nach den Erläuterungen ihrer Prozessbevollmächtigen im Termin vom
28.04.2023 angenommene – „weitere“ Rücklage als den rechnerischen Anteil an dem unstreitig
auf dem Gemeinschaftskonto vorhanden gewesenen Guthaben konnte die Klägerin auch nach
den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) berechtigterweise nicht
erwarten.

Zwar enthielt das ihr von der Maklerin übergebene Exposé (Anlage K 3, Bl. 48 ff. eGA-LG,
dort Seite 10) Angaben zu anstehenden Investitionen in Form einer Dachsanierung und einer
„Reparatur Freitreppe bzw. Geländer Freitreppe“ mit dem jeweiligen Zusatz „Rücklagen
vorhanden“ sowie zudem die Angabe:

„Rücklagen Hausverwalterkonto:

ca.50.000,00 € per 08-2017 - derzeit geparkt für o.g. anstehende Investitionen“.
Vor dem Hintergrund dieser – sachlich mit Blick auf den zum 10.05.2019 befindlichen Betrag
von 52.550,76 € auf dem Konto der Eigentümergemeinschaft nicht unzutreffenden – Angaben
konnte die Klägerin indes bei Abschluss des Kaufvertrages nicht schließen, die in der notariellen
Kaufvertragsurkunde genannte Instandhaltungsrücklage bestehe zusätzlich zu (sonstigen)
Rücklagen auf dem im Exposé so bezeichneten „Hausverwalterkonto“. Zugunsten der
Gemeinschaft wurde unstreitig lediglich ein einziges Konto unterhalten, wovon sie durch
entsprechende Nachfrage oder Einsicht in die Verwaltungsunterlagen ohne weiteres Kenntnis
erlangt hätte. Es wäre indessen entgegen der Annahme der Klägerin selbst bei einer bereits als
solcher gewidmeten Instandhaltungsrücklage nicht erforderlich gewesen, jene von der sonstigen
Liquidität zu trennen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.09.2020 – V ZR 80/19, Rn. 30, juris).
Unter Berücksichtigung der gegenteiligen klägerischen Sichtweise und der im Exposé bzw. der
Kaufvertragsurkunde jeweils verwendeten Begriffe „Rücklagen“ einerseits bzw.
„Instandhaltungsrücklage“ andererseits ist zwar nachvollziehbar, dass die Klägerin der
Fehlvorstellung unterlegen ist, es handele sich um verschiedene Vermögensbestandteile der
Gemeinschaft. Bei verständiger Würdigung aus objektiver Sicht eines durchschnittlichen
Erwerbers kann es aber keinen Sachmangel der Kaufsache darstellen, wenn im Exposé
„Rücklagen Hausverwalterkonto: ca.50.000,00 €“ genannt sind, auf dem einzigen Konto der
Eigentümergemeinschaft im dort genannten Zeitpunkt – unstreitig – ein sogar deutlich höherer
Betrag in Höhe von 52.550,76 € vorhanden ist und im Kaufvertrag ein „Anteil an der
Instandhaltungsrücklage“ Erwähnung findet, der „nach Angaben zum 10.05.2019 EUR
31.530,46“ beträgt, was rechnerisch exakt einem Anteil an der streitgegenständlichen
Wohnungseigentumsanlage von 597/1.000 entspricht.

c)
Die Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB sind auch nicht unter dem
Aspekt erfüllt, dass die Klägerin geltend macht, bei dem auf dem Gemeinschaftskonto
vorhandenen Betrag habe es sich nicht um eine Instandhaltungsrücklage bzw.
Erhaltungsrücklage im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes gehandelt. Auch wenn man
davon ausgeht, dass jedenfalls durch das Exposé in Verbindung mit § 3 des notariellen
Kaufvertrags die berechtigte Erwartung einer bereits erfolgten Widmung des im Exposé
genannten Betrags durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Erhaltungsrücklage geweckt
wurde, ergibt sich nichts anderes, da der Betrag faktisch für die Instandhaltung zur Verfügung
stand. Die Klägerin hat letztlich genau das vertraglich Vereinbarte erhalten, nämlich das
Wohnungseigentum in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, auf deren – einzigem – Konto
sich ein Guthaben befand, dessen Höhe sowohl mit den im Kaufvertrag als auch mit den im
Exposé enthaltenen Angaben übereinstimmt.

Die Klägerin kann dagegen nicht einwenden, dass dieser Betrag aus Schadensersatzforderungen
gegen Bauunternehmen resultiere und daher für die anstehenden Sanierungsarbeiten nicht
verwendet werden könne. Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Beklagten ist der
betreffende Betrag seinerzeit nicht mit einer Zweckbindung gezahlt worden. Der sog. fiktive
Schadensersatz muss nicht für die Schadensbeseitigung eingesetzt werden. Auch ein Beschluss
der Eigentümergemeinschaft über die Verwendung des auf dem Konto vorhandenen Geldes lag
unstreitig nicht vor, so dass die Gemeinschaft diesbezüglich – unter Beachtung der Grundsätze
ordnungsgemäßer Verwaltung – grundsätzlich frei ist. Mit dem von ihr erworbenen Anteil an
dem Wohnungseigentum und ihrem Stimmrecht in der lediglich zweigliedrigen Gemeinschaft ist
es der Klägerin zudem unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze möglich, eine ihr nicht
genehme Verwendung der auf dem Gemeinschaftskonto vorhandenen Rücklagen zu verhindern,
nicht zuletzt auch mit Blick auf § 21 Abs. 2 Nr. 5 WEG in der im Zeitpunkt des
Gefahrübergangs maßgebenden Fassung vom 26.03.2007.

d)
Unrichtige und erst recht nicht, wie das Landgericht meint, i. S. d. § 444 BGB arglistig falsche
Angaben über Eigenschaften des Kaufgegenstands wurden aus den dargelegten Gründen daher
vorliegend nicht gemacht.

e)
Ebenso wenig liegt insbesondere aus den unter c) dargelegten Gründen ein Schaden der
Klägerin nach der sogenannten Differenztheorie vor. Im Saldo steht die Klägerin gleich, egal für
welchen Zweck der anteilige Guthabenbetrag von 31.530,46 € eingesetzt wird. Selbst wenn die
Klägerin die Mittel nicht für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums einsetzen könnte,
sondern sie für sonstige Ausgaben der Wohnungseigentümergemeinschaft einsetzen müsste,
würde sie dabei in Höhe ihres Anteils am Guthaben von 31.530,46 € Gelder ersparen, die sie
anderenfalls aus eigenen Mitteln aufbringen müsste. Erhielte die Klägerin neben dem
Kontoguthaben einen weiteren Betrag in dieser Höhe, läge eine Überkompensation vor.

2.
Sonstige Anspruchsgrundlagen, aus denen die Klägerin den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch herleiten könnte, sind nicht ersichtlich.
Insbesondere bleibt vor dem vorstehenden Hintergrund für ein etwaiges Verschulden aus
Vertragsschluss wegen vorsätzlich falscher Angaben des Verkäufers über Eigenschaften der
Kaufsache (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, vgl. etwa BGH, Urteil vom
06.11.2015 – V ZR 78/14, BGHZ 207, 349-358, Rn. 22; vgl. auch BGH, Beschluss vom
14.03.2019 – V ZR 186/18, juris) kein Raum.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711
ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen.
Die Sache hat weder eine über den Einzelfall hinausreichende (grundsätzliche) Bedeutung, noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts. Insbesondere weicht der Senat wie dargelegt schon aus
tatsächlichen Gründen nicht von der – zudem (soweit ersichtlich) vereinzelt gebliebenen –
Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Beschluss vom 19.12.2013 – I-19 U
133/13, juris) ab.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47, 48 GKG, § 3
ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Koblenz

Erscheinungsdatum:

17.05.2023

Aktenzeichen:

15 U 1098/22

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Beurkundungserfordernis
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 434 Abs. 1 S. 1