BGH 23. Januar 2019
XII ZB 265/17
PStG §§ 21, 25, 36; PStV § 35

Folgen der Unklarheit des genauen Geburtsdatums bei Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt

letzte Aktualisierung: 26.4.2019
BGH, Beschl. v. 23.1.2019 – XII ZB 265/17

PStG §§ 21, 25, 36; PStV § 35
Folgen der Unklarheit des genauen Geburtsdatums bei Nachbeurkundung einer
Auslandsgeburt

a) Stehen bei Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt bis auf das Geburtsdatum alle einzutragenden
Personenstandsmerkmale fest oder können diese aufgeklärt werden, darf das Standesamt die
Beurkundung nicht allein wegen des nicht aufklärbaren genauen Geburtsdatums ablehnen.
b) Ein hinsichtlich des Geburtsdatums mögliches Verfahren auf Feststellung des Personenstands
nach § 25 PStG hat in diesem Fall keinen Vorrang vor einer Beurkundung der Geburt.
c) Die Beurkundung der Geburt mit dem angegebenen Geburtsdatum ist mit einem auf dessen
Unklarheit bezogenen Zusatz zu versehen. Eine Geburtsurkunde kann dann nicht ausgestellt
werden, sondern nur ein Auszug aus dem Geburtenregister.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten um die Nachbeurkundung der Geburt der Betroffenen.
Der Beteiligte zu 1 ist irakischer Staatsbürger und hält sich seit 1999 in
Deutschland auf. Die nach ihren Angaben mit ihm verheiratete Beteiligte zu 2 ist
ebenfalls irakische Staatsangehörige. Sie reiste 2001 mit fünf im Irak gebore-
nen Kindern, unter anderem der Betroffenen, nach Deutschland ein. Ein weiteres
Kind gebar sie im September 2001 in Deutschland. Die Betroffene ist - wie
die Beteiligten zu 1 und 2 - anerkannter Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention
(GFK). Eine Klage der Betroffenen und eines weiteren Kindes
auf Einbürgerung wurde wegen ungeklärter Identität rechtskräftig abgewiesen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben gegenüber dem Standesamt (Beteiligter
zu 3) die Nachbeurkundung der Geburt der Betroffenen beantragt. Das Standesamt
hat die Nachbeurkundung wegen ungeklärter Identität der Betroffenen
und der Beteiligten zu 1 und 2 verweigert.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, das Standesamt
zur Beurkundung anzuweisen, abgelehnt. Die Beschwerde der Beteiligten
zu 1 und 2 ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Dagegen richten
sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 und
der Betroffenen, die die Anweisung des Standesamts zur Nachbeurkundung
weiterverfolgen. Für zwei weitere Kinder sind vor dem Senat unter den Aktenzeichen
XII ZB 266/17 und XII ZB 267/17 gleichgerichtete Rechtsbeschwerdeverfahren
anhängig.

II.
Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg.

1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts scheitert die Nachbeurkundung
daran, dass eine Feststellung des tatsächlichen Geburtsdatums des Kindes
ausgeschlossen sei. Eine solche sei für eine Nachbeurkundung rechtlich
unverzichtbar.

Den Beteiligten zu 1 und 2 seien die Geburtsdaten ihrer Kinder nicht erinnerlich.
Die Geburtsdaten hätten nach ihren Angaben in ihrem Kulturkreis kei-
nerlei Bedeutung, eine Feier von Geburtstagen gebe es nicht. Auch die vorgelegten
Personenstandsurkunden ermöglichten keine hinreichend sichere Feststellung
des Geburtsdatums. Diese unterlägen mangels Legalisation nicht nur
hinsichtlich ihrer Echtheit, sondern auch ihres Inhalts der freien Beweiswürdigung.
Das irakische Registrierungsverfahren werde teilweise aufgrund bewusst
unrichtiger Gefälligkeitsbescheinigungen und der offenkundig nicht überprüften
Angaben Dritter durchgeführt, die im konkreten Fall mehr als 500 Kilometer vom
Ort des Geschehens entfernt gewesen seien. Es dokumentiere offenbar bewusst
einen falschen Geburtsort und sei nicht bereit, einen aus den eigenen
Urkunden ersichtlichen Fehler zu korrigieren. Das Verfahren könne daher zu
keinen Registerinhalten führen, die ihrerseits Grundlage einer Beurkundung in
Deutschland sein könnten.

Das Defizit lasse sich nicht durch die Anwendung der sogenannten Annäherungstheorie
beheben. Diese Möglichkeit scheide für das Geburtsdatum
jedenfalls im Fall der Nachbeurkundung aus. Die Annäherungstheorie diene
typischerweise dazu, die Beurkundung eines feststehenden Personenstandsfalls
zu ermöglichen, auch wenn einzelne Personenstandsmerkmale im Sinne
von § 1 Abs. 1 PStG entweder überhaupt nicht bekannt oder nicht beweissicher
festgestellt werden könnten. Hier bestehe die Besonderheit darin, dass ein Fall
der Nachbeurkundung vorliege, eine Beurkundung also rechtlich nicht zwingend
geboten sei. Anstelle eines bestimmten Datums einen Zeitraum zu beurkunden,
lasse das Personenstandsrecht ausschließlich für den Eintrag im Sterberegister
zu. Fälle eines unbekannten bzw. nur annäherungsweise feststellbaren Geburtszeitpunkts
regele das Gesetz dagegen nur in § 25 PStG und verweise diese
in die Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsbehörde.

Das deutsche Personenstandswesen sei auf die Beurkundung von Personenstandsfällen,
also die amtliche Fixierung als feststehend erachteter Tat-
sachen ausgerichtet. Zwar könne nicht geleugnet werden, dass die Betroffene
geboren sei. Um das nachzuweisen, bedürfe es keiner Urkunde. Hinzutreten
müsse aber das statusbegründende Kerndatum des Personenstandsfalls, was
bei einer Heirat das Heiratsdatum und bei einer Geburt das Geburtsdatum sei.
Es bedürfe vorliegend keiner Entscheidung, ob eine Unsicherheit von bis zu
einem Tag der Beurkundung entgegenstünde. Denn im vorliegenden Fall lägen
keine verwertbaren Angaben vor, die in tatsächlicher Hinsicht die Überzeugung
begründen könnten, "dass die Betroffene tatsächlich in einem datumsmäßig
exakt eingrenzbaren Zeitraum geboren worden sei." Die Beteiligten zu 1 und 2
könnten sich nicht erinnern, und die Angaben in der Geburtsbescheinigung des
Krankenhauses seien ebenso wie das im Personenstandsregister eingetragene
Datum nach den eigenen Angaben der Beteiligten zu 1 und 2 nur fiktiv. Eine
zuverlässige zeitliche Eingrenzung des Geburtszeitraums könne deshalb lediglich
aufgrund eines medizinischen Sachverständigengutachtens vorgenommen
werden. Es müsse jedoch damit gerechnet werden, dass ein auf diese Weise
gewonnenes Ergebnis zu einem Geburtszeitraum von deutlich mehr als einem
Jahr führe. Da entsprechende Untersuchungen bei allen fünf Kindern durchgeführt
werden müssten, könne sich ergeben, dass die bei Anwendung der Annäherungsmethode
in einen Geburtseintrag aufzunehmenden möglichen Geburtszeiträume
von Geschwistern sich teilweise überschnitten und anhand der Geburtseinträge
nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden könne, welches der
Geschwister das ältere sei. Das sei ein für das deutsche Personenstandsrecht
unvorstellbares Ergebnis.

Das Fehlen einer exakten Feststellung des Geburtstags lasse sich nicht
durch Feststellungen zu weiteren Personenstandsmerkmalen kompensieren,
auch wenn diese im vorliegenden Fall, ggf. nach weiteren Ermittlungen, sämtlich
feststellbar seien. Das Datum bleibe das Merkmal, an das sich verschiedene
rechtliche Konsequenzen (Volljährigkeit, sozialrechtliche Folgen) anknüpf-
ten. Auch für die Nachbeurkundung der Ehe sei weitgehend anerkannt, dass
hierzu zwingend das Heiratsdatum feststehen müsse. Das müsse entsprechend
für die Nachbeurkundung der Geburt gelten.

Es sei zwar nicht zu verkennen, dass die Unaufklärbarkeit des Geburtsdatums
zu einer merklichen Einschränkung der Beurkundungsmöglichkeiten
nach § 36 PStG führen könne, wenn das Personenstandswesen des Geburtslands
Defizite aufweise. Zur Auflösung der Problematik sei aber die Festsetzung
des Geburtsdatums durch die Verwaltungsbehörde gemäß § 25 PStG
möglich und geboten. Soweit eine Anwendung auf im Ausland geborene Nichtdeutsche
abgelehnt oder mit äußerster Zurückhaltung gesehen werde, sei dies
für den Anwendungsbereich des § 36 PStG falsch, da die Annäherungstheorie
bei einem nicht feststellbaren Geburtsdatum nicht greifen könne und die Standesämter
zu fiktiven Festsetzungen nicht befugt seien. Ein völliges Absehen
von der Nachbeurkundung ließe den Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1
Satz 3 PStG verkümmern.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 PStG kann, wenn ein Deutscher im Ausland
geboren oder gestorben ist, der Personenstandsfall auf Antrag im Geburtenregister
oder im Sterberegister beurkundet werden; für den Besitz der deutschen
Staatsangehörigkeit ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Gleiches
gilt nach § 36 Abs. 1 Satz 3 PStG für Staatenlose, heimatlose Ausländer und
ausländische Flüchtlinge im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland.

Die Beurkundung der Auslandsgeburt steht mithin der Betroffenen offen,
die als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt ist und
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Auch wenn die Betroffene
inzwischen volljährig sein dürfte, steht dies einer Nachbeurkundung der Auslandsgeburt
nach § 36 PStG nicht entgegen und lässt zudem die Antragsbefugnis
der Beteiligten zu 1 und 2 als - hier zu unterstellende - Eltern gemäß § 36
Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 PStG unberührt.

b) Das Oberlandesgericht sieht die Beurkundung zu Unrecht dadurch
gehindert, dass das Geburtsdatum der Betroffenen nicht feststellbar sei.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht das Geburtsdatum
als ein wesentliches Merkmal des Personenstands nach § 1 Abs. 1
PStG angesehen.

Für die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt ist nach § 36 Abs. 1
Satz 2 PStG die Vorschrift des § 21 PStG entsprechend anzuwenden. Gemäß
§ 21 Abs. 1 PStG sind bei der Beurkundung der Geburt vor allem die Vornamen
und der Geburtsname des Kindes (Nr. 1), Ort sowie Tag, Stunde und Minute
der Geburt (Nr. 2), das Geschlecht des Kindes (Nr. 3) sowie die Vornamen und
die Familiennamen der Eltern (Nr. 4) zu beurkunden.

Damit der eingetragene Geburtstag an der Beweiswirkung des Registers
nach § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG teilnehmen kann, muss er vom Standesamt im
Rahmen der diesem nach § 9 PStG, § 5 PStV obliegenden Sachverhaltsermittlung
aufgeklärt und zweifelsfrei festgestellt werden. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1
PStG beweist die Beurkundung im Geburtenregister die Geburt und die darüber
gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand
der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht, wobei der Nachweis
der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 PStG
zulässig ist.

bb) Fehlt es für die Geburt oder ein anderes Personenstandsmerkmal an
geeigneten Nachweisen nach § 33 PStV, stehen dem Standesamt mehrere
Möglichkeiten des Verfahrens offen (vgl. Berkl Personenstandsrecht
Rn. 225 ff.). Es kann - abgesehen von der Frage einer Zurückstellung der Beurkundung
nach § 7 Abs. 1 PStV (vgl. Wall StAZ 2018, 165, 166) - weitere Ermittlungen
einleiten, insbesondere gemäß § 10 PStG bezüglich der Beurkundung
der Geburt Auskünfte und Nachweise anfordern. Außerdem hat es die Möglichkeit
einer Anrufung des Gerichts nach § 49 Abs. 2 PStG, die sich auch auf tatsächliche
Zweifel beziehen kann (Berkl Personenstandsrecht Rn. 228 mwN).

Lässt sich der Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zu Gebote stehenden
Ermittlungsmöglichkeiten nicht aufklären, sieht § 35 PStV für bestimmte
Fälle die Möglichkeit vor, einen Zusatz aufzunehmen, der das Fehlen des
Merkmals erläutert. Außer dem in § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV aufgeführten Fehlen
geeigneter Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes wird davon etwa
auch der das Kind betreffende Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen"
erfasst, wenn Identität oder Namensführung der den Namen erteilenden Eltern
nicht geklärt ist (vgl. KG StAZ 2018, 217). Die Regelung in § 35 Abs. 1 PStV ist
Ausdruck des sogenannten Annäherungsgrundsatzes (Annäherungsmethode),
der von der Rechtsprechung bereits vor der Neuregelung des Personenstandsrechts
zum 1. Januar 2009 angewendet worden ist. Danach wurden die erwiesenen
Tatsachen eingetragen, während hinsichtlich der nicht belegten eintragungspflichtigen
Tatsachen die Eigenangaben übernommen und mit einem Zusatz
versehen wurden, der die Beweiskraft des Eintrags entsprechend einschränkte
(vgl. BR-Drucks. 713/08 S. 97 f.; OLG Schleswig StAZ 2014, 242,
243 mwN).

Durch die trotz verbleibender Unklarheiten erfolgte Beurkundung wird
neben dem staatlichen Ordnungsinteresse an der lückenlosen Registrierung
feststehender Personenstandsfälle insbesondere auch dem Anspruch der Betroffenen
auf Beurkundung Rechnung getragen, ohne dass zugleich dem Registereintrag
eine über die vom Standesamt gewonnenen Erkenntnisse hinausgehende
Beweiswirkung verliehen wird.

cc) Das beschriebene Verfahren wird entgegen der Auffassung des
Oberlandesgerichts nicht dadurch ausgeschlossen, dass hinsichtlich einzelner
ungeklärter Merkmale die Möglichkeit einer Bestimmung des Personenstands
nach § 25 PStG besteht. Das gilt auch bezüglich des Geburtsdatums jedenfalls
dann, wenn der Personenstandsfall als solcher, im vorliegenden Fall also die
Geburt, feststeht und die Identität des Betroffenen geklärt ist.
(1) Nach § 25 Satz 1 PStG bestimmt für eine im Inland angetroffene Person,
deren Personenstand nicht festgestellt werden kann, die zuständige Verwaltungsbehörde,
welcher Geburtsort und Geburtstag für sie einzutragen ist; sie
bestimmt ferner die Vornamen und den Familiennamen.

Die in erster Linie für den Fall eines vollständig unklaren Personenstands
und eine fehlende Anzeige geschaffene Vorschrift ist darüber hinaus auch eröffnet,
wenn eine Anzeige oder ein Antrag nach § 36 PStG gestellt wird und nur
einzelne Personenstandsmerkmale unbekannt sind (Gaaz/Bornhofen/Gaaz
Personenstandsgesetz 4. Aufl. § 25 Rn. 3 mwN; Berkl Personenstandsrecht
Rn. 468). Dass im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts
nur das Geburtsdatum unbekannt ist, steht dessen Bestimmung durch
die Verwaltungsbehörde mithin nicht im Wege (OVG Lüneburg Urteil vom
27. Oktober 1981 - 8 OVG A 41/81 - Umdruck S. 9 f.; VG Braunschweig StAZ
1980, 74; Gaaz/Bornhofen/Gaaz Personenstandsgesetz 4. Aufl. § 25 Rn. 3).
§ 25 PStG ermöglicht eine ersatzweise Festsetzung des Personenstands durch
Verwaltungsakt. Sachlich zuständige Behörde ist in Nordrhein-Westfalen nach
§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Nr. 1 Personenstandsverordnung NRW vom 16. Dezember
2008 (PStVO NRW - GVBl. NRW 2008, 859) die untere Aufsichtsbehörde, im
vorliegenden Fall mithin der Beteiligte zu 4 als Standesamtsaufsicht. Das Verfahren
kann von Amts wegen oder auf Antrag des Betroffenen eingeleitet werden
(vgl. BVerwGE 25,109 = NJW 1967, 458; Gaaz/Bornhofen/Gaaz Personenstandsgesetz
4. Aufl. § 25 Rn. 9). Wird nach einer Bestimmung später der wirkliche
Personenstand ermittelt, ist der Eintrag nach § 26 PStG auf Anordnung
der Verwaltungsbehörde zu berichtigen.

Dass der Geburtsort des Betroffenen außerhalb des Geltungsbereichs
des Personenstandsgesetzes liegt, dürfte eine Personenstandsbestimmung
nicht hindern (vgl. § 25 Satz 3 PStG sowie VG Braunschweig StAZ 1980, 74;
anders noch BVerwGE 25, 113 = NJW 1967, 458; BVerwGE 25, 109 = NJW
1967, 458 zu § 26 PStG aF).

(2) Indessen kommt dem Verfahren nach § 25 PStG jedenfalls unter den
Umständen des vorliegenden Falls entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts
kein Vorrang gegenüber der Nachbeurkundung gemäß § 36 PStG zu.

Dafür kann dahinstehen, ob ein Verfahren nach § 25 PStG im vorliegenden
Fall überhaupt erfolgversprechend wäre oder ob der Personenstand der
Betroffenen aufgrund der irakischen Registereinträge, deren Echtheit das Oberlandesgericht
nicht in Zweifel zieht und auf deren Richtigkeit es nicht ankommt
(vgl. OVG Lüneburg Urteil vom 27. Oktober 1981 - 8 OVG A 41/81 - Umdruck
S. 9, 11), sogar feststeht. Abgesehen davon, dass § 25 PStG von der in § 36
Abs. 1 Satz 2 PStG enthaltenen Verweisung nicht umfasst wird, kann § 25
PStG ein tatbestandlicher Vorrang nur zukommen, wenn der unklare Personenstand
eine Beurkundung des Personenstands ausschließt, weil es an festgestellten
Daten fehlt und eine mit Beweiswirkung versehene Personenstandsbe-
urkundung in jeder Hinsicht ausgeschlossen ist. Dass nicht alle Personenstandsmerkmale
für eine Beurkundung der Geburt vollständig festgestellt sein
müssen, belegt die Regelung in § 35 PStV, nach der eine Eintragung sogar ohne
Nachweise zu den Angaben über die Eltern erfolgen kann. Dass die Beurkundung
der Geburt und die Personenstandsbestimmung in keinem Alternativverhältnis
stehen, ergibt sich ferner daraus, dass nach § 25 PStG auch einzelne
Umstände im Wege der Personenstandsbestimmung festgestellt werden können.
Dementsprechend hat auch das Oberlandesgericht im Fehlen anderer
Einzeldaten als des Geburtsdatums keinen Hinderungsgrund für die Beurkundung
erblickt, obwohl deren Fehlen ebenfalls ein Verfahren nach § 25 PStG
ermöglichen würde.

Folglich setzt eine Beurkundung nur voraus, dass der Personenstandsfall
als solcher und mithin die Identität des Betroffenen feststehen. Verbleibt bei
feststehendem Personenstandsfall auch nach erschöpfender Aufklärung durch
das Standesamt und ggf. durch das Gericht hinsichtlich einzelner einzutragender
Umstände eine Ungewissheit, schließt dies hingegen eine Eintragung für
sich genommen noch nicht aus.

Der vom Oberlandesgericht angeführte Vergleich von Geburts- und Eheschließungsdatum
trägt die gegenteilige Auffassung nicht. Denn bei Geburt einer
Person, deren Identität geklärt ist, steht der Personenstandsfall als solcher
selbst bei ungewissem Geburtsdatum fest. Dagegen stellt die Ungewissheit
über das Datum der Eheschließung zugleich diese selbst in Frage, weil die
Wirksamkeit der Eheschließung ohne Kenntnis vom Eheschließungsdatum bereits
nicht abschließend geklärt werden kann. Anders als bei der Geburt steht
bei ungeklärtem Eheschließungsdatum daher schon der Personenstandsfall als
solcher nicht zweifelsfrei fest.

Aus dem Umstand, dass § 36 PStG nur eine Nachbeurkundung vorsieht
und mithin eine Registrierung der Geburt im Ausland oft schon erfolgt ist, können
schließlich entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts keine höheren
Anforderungen an die Beurkundung abgeleitet werden. Denn § 36 PStG
begründet einen Anspruch auf Nachbeurkundung, der von weiteren als den gesetzlich
genannten Voraussetzungen nicht abhängig ist.

Stehen mithin die Geburt als Personenstandsfall und die Identität des
Kindes fest, ist die Beurkundung trotz des ungeklärten genauen Geburtsdatums
vorzunehmen. Dann ist das unter Berücksichtigung der Angaben der Beteiligten
wahrscheinlichste Geburtsdatum einzutragen und mit einem einschränkenden
Zusatz zu versehen. Das genaue Geburtsdatum ist zwar von wesentlicher Bedeutung
für den Eintritt der Volljährigkeit und andere vom Lebensalter abhängige
Rechte und Pflichten. Darin erschöpft sich aber die Bedeutung der Geburtsbeurkundung
nicht. Bleibt nur die Richtigkeit des angegebenen Geburtsdatums
ungeklärt, so ergibt sich aus dem Geburtseintrag dennoch die für den Rechtsverkehr
nützliche und wichtige Verlautbarung von Abstammung und Namen des
Kindes. Dadurch wird bei noch offensichtlicher Minderjährigkeit nicht zuletzt
auch die Feststellung ermöglicht, wer Inhaber der elterlichen Sorge für das
minderjährige Kind ist.

Dass das genaue Geburtsdatum unklar ist, ist dann entsprechend § 35
Abs. 1 Satz 1 PStV durch einen entsprechenden Zusatz im Register zu vermerken.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts beruht die Beurkundung
dann nicht auf einer Befugnis des Standesbeamten zur fiktiven Festlegung,
denn die Beurkundung nimmt insoweit nicht an der Beweiskraft des Geburtenregisters
teil. Im Übrigen würde das Geburtsdatum auch im Verfahren nach
§ 25 PStG nicht konstitutiv festgelegt werden, sondern unterläge nach § 26
PStG einer später möglichen Berichtigung.

(3) Bei trotz ungeklärten Geburtsdatums erfolgter Eintragung ist schließlich
entsprechend § 35 Abs. 1 Satz 2 PStV folgerichtig keine Geburtsurkunde
auszustellen, sondern nur ein Auszug aus dem Register.
3. Die angefochtene Entscheidung ist danach aufzuheben. Die Sache ist
an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil noch Feststellungen zu treffen
sind, die es - aufgrund seines Rechtsstandpunkts konsequent - bislang
noch offengelassen hat.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.01.2019

Aktenzeichen:

XII ZB 265/17

Erschienen in:

NJW 2019, 933-935

Normen in Titel:

PStG §§ 21, 25, 36; PStV § 35