OLG Naumburg 18. März 2020
12 Wx 51/19
BGB § 878

Testamentsvollstrecker: Verlust der Verfügungsbefugnis bei Entlassung aus dem Amt vor Vollendung des Eigentumsübergangs

letzte Aktualisierung: 12.1.2022
OLG Naumburg, Beschl. v. 18.3.2020 – 12 Wx 51/19

BGB § 878
Testamentsvollstrecker: Verlust der Verfügungsbefugnis bei Entlassung aus dem Amt vor
Vollendung des Eigentumsübergangs

Mit der Entlassung aus dem Amt vor Vollendung des Eigentumsübergangs verliert der
Testamentsvollstrecker seine Verfügungsbefugnis. Zugunsten des Testamentsvollstreckers ist auch
nicht § 878 BGB analog anzuwenden.

Gründe

I.
H. und E. B. waren seit dem 20. Mai 1997 als Eigentümer des im Grundbuch des
Amtsgerichts Zerbst von C. Blatt ... eingetragenen Flurstücks ... der Flur 8 eingetragen.

Nach dem Tod von H. B. errichtete E. B. unter dem 18. November 2004 ein Testament,
mit dem sie W. L. , M. K. und B. J. zu ihren Erben einsetzte und Rechtsanwalt M. R. aus C.
zum Testamentsvollstrecker bestimmte.

Nach dem Tod von E. B. am 11. April 2013 wurden am 14. Dezember 2015 die
vorgenannten Erben in Erbengemeinschaft als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Am 30. November 2015 veräußerte Rechtsanwalt R. das Grundstück mit dem vor dem
Notar Bh. in W. geschlossenen Vertrag an die Beteiligten. Unter dem 11. Januar 2016
beantragte Notar Bh. die Umschreibung des Eigentums auf die Beteiligten. Zu einer
Eintragung des Eigentumswechsels kam es in der Folge nicht.

Mit Beschluss vom 25. April 2018 entließ das Amtsgericht Zerbst Rechtsanwalt R. als
Testamentsvollstrecker, dessen hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberlandesgericht
Naumburg mit Beschluss vom 18. Oktober 2018 zurück.

Das Grundbuchamt hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. September 2019 den
Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels mit der Begründung zurückgewiesen, dass
die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers vor der Eigentumsumschreibung
weggefallen sei. Die Zustimmung zu dem Kaufvertrag durch den Alleinerben W. L. habe
nicht beigebracht werden können.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2019
hiergegen Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass der damalige
Testamentsvollstrecker im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses und der Beantragung der
Eigentumsumschreibung im Amt gewesen sei. Dann sei es unerheblich sei, ob der
Testamentsvollstrecker abberufen worden sei, ehe die Eigentumsumschreibung im
Grundbuch tatsächlich erfolge. Ausreichend sei, dass im Zeitpunkt der Antragstellung alle
notwendigen Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung vorgelegen hätten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8. Oktober 2019 ohne weitere
Begründung nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung
vorgelegt.

II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Grundbuchamt dem Antrag der Beteiligten auf Eintragung als Eigentümer
nicht entsprochen.

Gemäß § 20 GBO darf die Auflassung eines Grundstücks im Grundbuch nur eingetragen
werden, wenn die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den
Rechtsübergang (Auflassung, § 925 BGB) und daneben gemäß § 19 GBO die Bewilligung
des in dem Recht Betroffenen erklärt und dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO
nachgewiesen sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Denn der Beteiligte zu 1) hat mit seiner Entlassung aus dem Amt des
Testamentsvollstreckers vor Vollendung der Übertragung des Eigentums auf die Beteiligte
zu 2) seine Verfügungsbefugnis verloren.

Dem veräußernden Rechtsanwalt R. fehlt nunmehr seine Befugnis gemäß § 2205 Satz 2
BGB, über den gegenständlichen Grundbesitz zu verfügen, nachdem ihn das Amtsgericht
Zerbst mit Beschluss vom 25. April 2018 als Testamentsvollstrecker entlassen hat.
Entscheidend für die Beurteilung der Verfügungsbefugnis ist aber der Zeitpunkt der
Eintragung, weil sich erst in diesem Augenblick die verfahrensrechtliche Verfügung über
das betroffene Recht verwirklicht (z. B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November
2002, 3 Wx 321/02, zitiert nach Juris). Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht gemäß
§ 878 BGB, wonach eine Verfügungserklärung des Verfügungsberechtigten nicht dadurch
unwirksam wird, dass er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn
bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden
ist. Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil
Rechtsanwalt R. als Berechtigter nicht in seiner Verfügungsmacht beschränkt worden ist,
sondern diese gänzlich verloren hat. Auch eine analoge Anwendung des § 878 BGB
scheidet nach der einheitlichen Rechtsprechung der Obergerichte aus (z. B. OLG Celle,
Beschluss vom 21. Januar 1953, 4 Wx 55/52, zitiert nach Beckonline; OLG Frankfurt,
Beschluss vom 26. November 1979, 20 W 724/79, zitiert nach Juris; OLG Köln, Beschluss
vom 27. August 1980, 2 Wx 26/80, MittRhNotK 1981, 139; BayObLG, Beschluss vom 20. August
1998, 2Z BR 45/98, zitiert nach Juris; BayObLG, Beschluss vom 22. April 1975, BReg. 2 Z
24/75, MittBayNot 1975, 228). Anders als die Beteiligten vorbringen, hat das
Brandenburgische Oberlandesgericht (Urteil vom 24. November 1994, 5 W 48/94, zitiert
nach Juris) nicht etwa gemeint, dass es ausreiche, dass zum Zeitpunkt der Stellung des
Antrags beim Grundbuchamt alle notwendigen Voraussetzungen vorgelegen haben. Es hat
vielmehr ausgeführt, dass derjenige, der über ein Grundstücksrecht verfügt, grundsätzlich
auch noch im Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch
verfügungsbefugt sein muss. Allein aus den dort – anders als im vorliegenden Fall –
anwendbaren speziellen Regelungen des Vermögensgesetzes hat das Brandenburgische
Oberlandesgericht einen besonderen Vertrauensschutz abgeleitet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Der Geschäftswert ist nach § 79
Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzen und - mangels näherer Anhaltspunkte - nach § 36
Abs. 3 GNotKG zu bemessen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der
Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Naumburg

Erscheinungsdatum:

18.03.2020

Aktenzeichen:

12 Wx 51/19

Rechtsgebiete:

Testamentsvollstreckung
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 878