OLG München 20. September 2011
34 Wx 373/11
GBO § 18

Zurückweisung statt Zwischenverfügung; nicht behebbares Eintragungshindernis (fehlende Grundstücksvereinigung, fehlende Abschreibung eines Grundstücksteils)

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 34wx373_11
letzte Aktualisierung: 27.10.2011
OLG München, 20.9.2011- 34 Wx 373/11
GBO § 18
Zurückweisung statt Zwischenverfügung; nicht behebbares Eintragungshindernis
(fehlende Grundstücksvereinigung, fehlende Abschreibung eines Grundstücksteils)
Sofortige Zurückweisung eines Eintragungsantrags statt fristsetzender Zwischenverfügung bei
fehlenden rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung (hier: fehlende Vereinigung
von Grundstücken bei Aufteilung in Wohnungseigentum, fehlende Abschreibung eines Grundstücksteils, für das eine Grunddienstbarkeit bestellt werden soll).


Oberlandesgericht München
Az.:
34 Wx 373/11
Prien a. Chiemsee, Blatt 7923 und 7936 AG Rosenheim - Grundbuchamt
In der Grundbuchsache
wegen Eintragung einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung im Grundbuch
erlässt das Oberlandesgericht München -34. Zivilsenat- durch den Vorsitzenden Richter
am Oberlandesgericht Lorbacher, die Richterin am Oberlandesgericht Paintner und den
Richter am Oberlandesgericht Hinterberger am 20. September 2011 folgenden
Beschluss
I.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Rosenheim - Grundbuchamt -vom 1. August 2011 wird zurückgewiesen.
II.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500.000 €.
Gründe:
I.
Zu notarieller Urkunde vom 25.7.2011 teilte die Beteiligte als Eigentümerin zweier
Grundstücke diesen als "Gemeinschaftsgrundstück" bezeichneten Grundbesitz gemäß §
8 WEG in Miteigentumsanteile in der Weise auf, dass mit jedem Miteigentumsanteil das
Sondereigentum an einer abgeschlossenen Wohnung oder an abgeschlossenen, nicht
zu Wohnzwecken dienlichen Räumlichkeiten entsprechend den der Teilungserklärung
beigefügten Aufteilungsplänen verbunden wird. Zugleich wurde die
Gemeinschaftsordnung errichtet. Die Grundstückseigentümerin bestellte ferner an dem
"Gemeinschaftsgrundstück" als dienendem Grundstück zugunsten des jeweiligen
Eigentümers einer Teilfläche aus einem näher beschriebenen anderen Grundstück ein
Stellplatznutzungsrecht als Grunddienstbarkeit. Die Beteiligte bewilligte und beantragte
die Eintragung der Grunddienstbarkeit, der Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum
sowie der Gemeinschaftsordnung im Grundbuch.
Den am 29.7.2011 gestellten notariellen Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt mit
Beschluss vom 1.8.2011 zurückgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen
angeführt:
1. Die Urkunde verwende zwei unterschiedliche Grundstücksflächen mit dem gleichen
Begriff, sei also in sich widersprüchlich.
2. Solle sich die Teilungserklärung auf die beiden Grundstücke in ihrer derzeitigen
Größe beziehen, wäre hierfür noch eine Vereinigung dieser Grundstücke erforderlich, in
der Teilungserklärung sei eine solche indessen nicht enthalten.
3. Berechtigter einer Grunddienstbarkeit könne nach § 1018 BGB nur der jeweilige
Eigentümer eines Grundstücks, nicht einer Teilfläche eines Grundstücks sein.
4. Ferner seien in der Abgeschlossenheitsbescheinigung die Tiefgaragenstellplätze
nicht mit aufgeführt.
Weil sich der Antrag auf eine unzulässige Eintragung richte, sei er sofort
zurückzuweisen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 11.8.2011. Sie wird in der Sache darauf
gestützt, dass keine Gelegenheit gegeben worden sei, die Eintragungshindernisse zu
beseitigen. Die Vermessung der Grundstücke habe bereits stattgefunden; die
erforderlichen Erklärungen und Anträge könnten verfahrensrechtlich aufgrund der der
Notarin erteilten Vollzugsvollmacht abgegeben werden.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 18.8.2011 nicht abgeholfen. Die
Teilungserklärung weise hinsichtlich der Dienstbarkeit und des betroffenen
Grundbesitzes zwei gravierende Mängel auf, die in absehbarer Zeit nicht behoben
werden könnten. Das jeweils bestellte Recht sei so nicht eintragungsfähig. Eine
Zwischenverfügung scheide deshalb aus.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Zurückweisung der
Eintragungsanträge (§ 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2, § 15 Abs. 2 GBO) hat in der Sache
keinen Erfolg.
1. Das Grundbuchamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vollzugsantrag
jedenfalls zwei Mängel (siehe zu I. 2. und 3.) aufweist, die die sofortige Zurückweisung ohne rangwahrende Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) - zwingend zur Folge
hatten.
a) Wohnungseigentum und Teileigentum können nach § 1 Abs. 4 WEG nicht in der
Weise begründet werden, dass das Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren
Grundstücken verbunden wird. Soll das Wohnungs- und Teileigentum an mehreren
bislang rechtlich selbständigen Grundstücken, um solche handelt es sich hier,
begründet werden, bedarf es der vorherigen Zusammenführung zu einem Grundstück
im Rechtssinne; dies geschieht entweder durch Vereinigung gemäß § 890 Abs. 1 BGB
oder Bestandteilszuschreibung gemäß § 890 Abs. 2 BGB (Schneider in Riecke/Schmid
WEG 3. Aufl. § 1 Rn. 186). Dies war zwar bis zu einer Novellierung des
Wohnungseigentumsgesetzes vom 30.7.1973 strittig, ist nun aber positivrechtlich
geregelt (vgl. dazu Schmidt ZWE 2007, 280/281; siehe auch BayObLGZ 1970, 163). Ein
Grundstück im Rechtssinne ist ein im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter einer
selbständigen laufenden Nummer gebuchter, räumlich abgegrenzter Teil der
Erdoberfläche (Schneider in Riecke/Schmid § 1 Rn. 185 m.w.N.). Betroffen sind hier
indessen zwei in unterschiedlichen Grundbüchern mit naturgemäß selbständigen
Nummern gebuchte Grundstücke.
Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob die in Abschnitt 8 der
Teilungserklärung enthaltene Notarvollmacht ("...zum grundbuchamtlichen Vollzug
erforderliche Anträge zu stellen, abzuändern oder zurückzunehmen und in Form einer
Eigenurkunde verändernde, ergänzende oder berichtigende Erklärungen abzugeben")
eine etwaige Erklärung des Notars zur Vereinigung der beiden Grundstücke abdeckt
(vgl. dazu BayObLG Rpfleger 1972, 18; 1996, 332). Denn sie liegt bislang nicht vor.
b) Nach § 1018 BGB kann ein Grundstück zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines
anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in
einzelnen Beziehungen benutzen darf. Soll für den jeweiligen Eigentümer eines realen
Grundstücksteils eine Grunddienstbarkeit bestellt werden, erfordert dies eine
Abschreibung gemäß § 7 Abs. 1 GBO (OLG Frankfurt Rpfleger 2002, 515/516;
Palandt/Bassenge BGB 70. Aufl. § 1018 Rn. 3). Auch hierzu liegen bislang weder ein
Eintragungsantrag noch eine Eintragungsbewilligung vor (vgl. Demharter GBO 27. Aufl.
§ 7 Rn. 4). Dahinstehen kann, ob die erteilte Vollmacht entsprechende Erklärungen
abdeckt.
2. Zutreffend ist ferner, dass deshalb nicht behebbare Eintragungshindernisse im Sinn
von § 18 Abs. 1 GBO bestehen. Denn das jeweils bestellte Recht ist so nicht
eintragungsfähig. Liegen aber die zu dieser Eintragung zunächst vorrangig
erforderlichen Erklärungen betreffend die Vereinigung/Bestandteilszuschreibung bzw.
die Abschreibung nicht vor, scheidet eine Zwischenverfügung nach herrschender und
vom Senat in ständiger Rechtsprechung gebilligter Ansicht aus (siehe etwa Senat vom
5.2.2010, 34 Wx 116/09 = FGPrax 2010, 68; auch BayObLGZ 1984, 136/137 f.; 1991,
97/102; Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl. § 18 Rn. 17; Demharter § 18 Rn. 6, § 77 Rn. 14). Es
kann in diesem Zusammenhang auch dahinstehen, ob eine vom Grundbuchamt
beabsichtigte sofortige Antragszurückweisung einen vorherigen rechtlichen Hinweis
entsprechend § 139 ZPO geboten hätte (dazu OLG Schleswig FGPrax 2010, 282 m.
Anm. Lorbacher). Denn ein derartiges Versäumnis wäre durch das Abhilfeverfahren (§
75 GBO) behoben.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht.
3. Die Geschäftswertfestsetzung nach § 131 Abs. 3 KostO i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO folgt
der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Grundbuchamt. Im Hinblick auf
die gesetzliche Limitierung in § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO bedarf es keiner Erörterung, ob
daneben auch die beantragte Eintragung der Grunddienstbarkeit mitbewertet werden
müsste. Insofern käme nämlich allenfalls ein höherer - für die hiesige
Gebührenerhebung aber nicht bedeutsamer - Geschäftswert in Frage.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil deren Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2
GBO) nicht vorliegen.
Lorbacher
Hinterberger
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
.
Paintner
Richterin
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
Leitsatz:
BGB §§ 890, 1018
GBO § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1
WEG § 1 Abs. 4, § 8
Sofortige Zurückweisung eines Eintragungsantrags statt fristsetzender
Zwischenverfügung bei fehlenden rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte
Eintragung (hier: fehlende Vereinigung von Grundstücken bei Aufteilung in
Wohnungseigentum, fehlende Abschreibung eines Grundstücksteils, für das eine
Grunddienstbarkeit bestellt werden soll).
OLG München, 34. Zivilsenat
Beschluss vom 20.9.2011
34 Wx 373/11

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

20.09.2011

Aktenzeichen:

34 Wx 373/11

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO § 18