BGH 26. Mai 2021
IV ZR 174/20
BGB §§ 1940, 1968, 2305

Grabpflegekosten beim Pflichtteilsanspruch nicht als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen

letzte Aktualisierung: 11.11.2021
BGH, Urt. v. 26.5.2021 – IV ZR 174/20

BGB §§ 1940, 1968, 2305
Grabpflegekosten beim Pflichtteilsanspruch nicht als Nachlassverbindlichkeit zu
berücksichtigen

1. Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1968 BGB.
2. Eine in einer letztwilligen Verfügung enthaltene Auflage des Erblassers an die Erben zur
Grabpflege führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteilsanspruchs.
3. Zur Berechnung des Zusatzpflichtteils gem. § 2305 BGB.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZErb 2020, 369 veröffentlicht
ist, hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt,
dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 2305 BGB gegen die Beklagten
zu. Zwar finde § 2305 BGB auf den Kläger Anwendung. Er sei pflichtteilsberechtigt
und sein Pflichtteil betrage als einziger Abkömmling die
Hälfte des Nachlasses. Aus dem Testament ergebe sich für ihn eine
Erbquote von 9,09 %. Der Anspruch des Klägers sei durch die vorgerichtliche
Zahlung vollumfänglich erfüllt. Die Kosten für die Grabpflege seien
als Nachlassverbindlichkeit anzusehen. Es handele sich zwar um keine
Beerdigungskosten im Sinne des § 1968 BGB, da die Beerdigung mit der
erstmaligen Herrichtung der Grabstätte abgeschlossen sei. Hier sei jedoch
die Anordnung im Testament, dass der "Rest" des Vermögens für eine
zwanzigjährige Grabpflege zu verwenden sei, so auszulegen, dass den
Erben testamentarisch die Pflicht auferlegt worden sei, für eine solche
Grabpflege zu sorgen. Dem Erblasserwillen könne nur zur Geltung verholfen
werden, wenn die Kosten der Grabpflege vom Nachlass als Verbindlichkeit
abgezogen würden. Sie stellten sich als eine Erbfallschuld dar. Die
Kosten der Grabpflege schätze das Gericht auf 9.506,20 n Mittelwert
der von der Beklagten zu 6 eingeholten Angebote. Hieraus ergebe sich
kein weiterer Anspruch des Klägers.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klage
nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger nicht alle Miterben verklagt hat.
Ein Nachlassgläubiger hat bis zur Teilung des Nachlasses die Wahl, ob er
die Miterben als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB) in Anspruch nimmt, oder
ob er von ihnen (lediglich) die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass
in Form der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) verlangt (Senatsurteil
vom 10. Februar 1988 - IVa ZR 227/86, NJW-RR 1988, 710 [juris Rn. 8]).
Hier hat der Kläger keine Gesamthandsklage erhoben, bei der er sämtliche
Miterben hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. BeckOK BGB/Lohmann,
[Stand: 1. Februar 2021] § 2059 Rn. 6), sondern er begehrt ausweislich
der eindeutigen Formulierung im Antrag eine gesamtschuldnerische Verurteilung
der Beklagten gemäß § 2058 BGB. In diesem Fall ist es nicht
erforderlich, dass sämtliche Miterben verklagt werden (vgl. MünchKomm-
BGB/Ann, 8. Aufl. § 2058 Rn. 23; Palandt/Weidlich, BGB 80. Aufl. § 2059
Rn. 4, 11). Vielmehr kann sich die Klage - wie hier - auch nur gegen einzelne
Miterben als Gesamtschuldner richten (vgl. § 421 BGB).
Gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 3 BGB kann ein Pflichtteilsanspruch ferner,
auch wenn dem Testamentsvollstrecker - wie hier der Beklagten zu 6 -
die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen die Erben geltend gemacht
werden. Diese Klage kann indessen - wie hier durch den Antrag
zu 2 geschehen - mit einem Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker
auf Duldung der Zwangsvollstreckung verbunden werden, um gemäß
§ 748 Abs. 3 ZPO eine Vollstreckung in den der Testamentsvollstreckung
unterliegenden Nachlass zu ermöglichen (MünchKomm-BGB/Zimmermann,
8. Aufl. § 2213 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteile vom 11. Mai 2006
- IX ZR 42/05, BGHZ 167, 352 Rn. 25; vom 3. Dezember 1968 - III ZR
2/68, BGHZ 51, 125 [juris Rn. 20]; RGZ 109, 166 f.). Entgegen der Auffassung
der Revisionserwiderung kann von einer willkürlichen Verknüpfung
der beiden Ansprüche nicht gesprochen werden. Der Antrag zu 2 ist hierbei
dahin auszulegen, dass er sich hinsichtlich der Duldung der Zwangsvollstreckung
auf denselben Betrag bezieht wie der Zahlungsantrag zu 1
gegen die Miterben.

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagten - auf der Grundlage des
Revisionsvorbringens und vorbehaltlich der von den Beklagten erklärten
Hilfsaufrechnung (dazu unter III.) - ein Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil
gemäß § 2305 Satz 1 BGB in Höhe von 3.209,04 Der Kläger ist als
Abkömmling der Erblasserin gemäß § 2303 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigt.
Sein Pflichtteil als einziger Abkömmling beträgt die Hälfte des Wertes
des gesetzlichen Erbteils (§ 1924 Abs. 1, § 2303 Abs. 1 BGB).
Ausweislich der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen
des Berufungsgerichts sollten die von der Erblasserin in ihrem
Testament eingesetzten Personen ihre alleinigen Erben sein, auch wenn
sich deren Erbeinsetzung rechnerisch zusammen nur auf eine Quote von
55 % bezog. Hierbei kann offenbleiben, ob sich dies bereits aus einer entsprechenden
Auslegung des Testaments mit einer Erhöhung der Quoten
ergibt (so die Fallgestaltung BayObLG ZEV 2003, 241 [juris Rn. 24 f.] bei
Erbeinsetzung von zwei Personen zu je 40 % und Verwendung weiterer
20 % für die Grabpflege) oder - wie das Berufungsgericht angenommen
hat - aus einer quotalen Erhöhung der Bruchteile gemäß § 2089 BGB. Jedenfalls
bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der
Erblasserin eine Erbeinsetzung durch letztwillige Verfügung nur zu 55 %
und im Übrigen gesetzliche Erbfolge hätten eintreten sollen. Ausgehend
hiervon ergibt sich für den Kläger, der im Testament mit 5 % des Erbes
bedacht wurde, eine Erbquote von 9,09 % und damit ein Zusatzpflichtteil
gemäß § 2305 Satz 1 BGB von 40,91 %. Der Geltendmachung des Zusatzpflichtteils
gemäß § 2305 BGB steht nicht entgegen, dass der Kläger
die Erbschaft nicht ausgeschlagen hat. Dies ist bei § 2305 BGB im Gegensatz
zu § 2306 BGB nicht erforderlich (vgl. Staudinger/Otte, BGB (2015)
§ 2305 Rn. 14; Damrau/Tanck/Riedel, Praxiskommentar Erbrecht 4. Aufl.
§ 2305 Rn. 10).

3. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch an, der Anspruch
des Klägers auf den Zusatzpflichtteil sei durch die außergerichtliche Zahlung
der Beklagten zu 6 in Höhe von 809,44

a) Die Kosten für die Grabpflege sind im Rahmen der Berechnung
des Pflichtteilsanspruchs gemäß § 2311 BGB nicht als Nachlassverbindlichkeiten
abzuziehen. Zwar trägt gemäß § 1968 BGB der Erbe die Kosten
der Beerdigung des Erblassers. Hiervon erfasst werden aber nur die eigentlichen
Kosten der Beerdigung, also des Bestattungsaktes selbst, der
seinen Abschluss mit der Errichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten
und geeigneten Grabstätte findet. Kosten der Instandhaltung und
Pflege der Grabstätte und des Grabmals zählen nicht mehr zu den Kosten
der Beerdigung, sondern entspringen allenfalls einer sittlichen Verpflichtung
des Erben (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1973 - III ZR 148/71,
BGHZ 61, 238, 239; RGZ 160, 255, 256; OLG Düsseldorf ZErb 2018, 104
[juris Rn. 28]; OLG Köln ZEV 2015, 355 Rn. 4; OLG Schleswig ZEV 2010,
196 [juris Rn. 32-35]; OLG München ErbR 2010, 59 [juris Rn. 70]; OLG
Oldenburg FamRZ 1992, 987 [juris Rn. 25 f.]; LG Rottweil BeckRS 2004,
10336; Staudinger/Herzog, BGB (2015) § 2311 Rn. 55; Staudinger/Kunz,
BGB (2020) § 1968 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1968 Rn.
4; Erman/Horn, BGB 16. Aufl. § 1968 Rn. 7; Palandt/Weidlich, BGB
80. Aufl. § 1968 Rn. 4; BeckOK BGB/Lohmann, [Stand: 1. Februar 2021]
§ 1968 Rn. 5; Damrau/Tanck/Gottwald, Praxiskommentar Erbrecht 4. Aufl.
§ 1968 Rn. 14; jurisPK-BGB/Ehm, 9. Aufl. § 1968 Rn. 14; Märker, MDR
1992, 217; a.A. LG Heidelberg ZEV 2011, 583 [juris Rn. 61]; AG Neuruppin
ZEV 2007, 597 [juris Rn. 35]; Damrau, ZEV 2004, 456).

Auch die Möglichkeit, erbschaftsteuerlich Grabpflegekosten abzusetzen
(§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG), vermag an dieser fehlenden rechtlichen
Verpflichtung des Erben zur Grabpflege nichts zu ändern, da die steuerliche
Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen nichts über die zivilrechtliche
Verpflichtung des Erben zur Kostentragung besagt (OLG Köln
ZEV 2015, 355 Rn. 4; OLG Schleswig ZEV 2010, 196 [juris Rn. 34 f.];
MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1968 Rn. 4; anders LG Heidelberg,
AG Neuruppin, je aaO). Diese steuerrechtliche Regelung hat dem Gesetzgeber
auch keine Veranlassung zu einer Änderung des § 1968 BGB gegeben.
Ferner ist eine möglicherweise bestehende öffentlich-rechtliche
Pflicht von Erben oder Angehörigen zur Grabpflege unabhängig von der
rein zivilrechtlichen Frage des Bestehens einer Nachlassverbindlichkeit zu
beurteilen (OLG Köln ZEV 2015, 355 Rn. 4; MünchKomm-BGB/Küpper,
8. Aufl. § 1968 Rn. 4; Märker, MDR 1992, 217; a.A. LG Heidelberg aaO).
Die Instandhaltungspflicht für eine Grabstätte trifft nach den einschlägigen
Friedhofssatzungen den Grabnutzungsberechtigten oder den Totenfürsorgeberechtigten,
der nicht zwingend personenidentisch mit dem Erben sein
muss.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vermag auch die
Anordnung im Testament der Erblasserin, den Rest ihres Vermöge ns für
die Beerdigung sowie zwanzig Jahre Grabpflege zu verwenden, keine dem
Kläger als Pflichtteilsberechtigten entgegenzuhaltende Nachlassverbindlichkeit
zu begründen. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören gemäß
§ 1967 Abs. 2 BGB außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die
den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten
aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen (vgl.
BGH, Beschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 133/12, FamRZ 2014, 1775
Rn. 14).

aa) Eine Nachlassverbindlichkeit kann zwar durch eine Erwähnung
der Grabpflege in der letztwilligen Verfügung begründet werden, wenn bereits
der Erblasser zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen
hatte, der sodann die Erben als dessen Rechtsnachfolger gemäß § 1922
BGB bindet (vgl. OLG Schleswig ZEV 2010, 196 [juris Rn. 37]; LG Rottweil
BeckRS 2004, 10336; LG München I NJW-RR 1989, 197; Staudinger/Herzog,
BGB (2015) § 2311 Rn. 55; Erman/Horn, BGB 16. Aufl. § 1968 Rn. 7;
BeckOK BGB/Lohmann [Stand: 1. Februar 2021], § 1968 Rn. 6; Münch-
Komm-BGB/Küpper, 8. Aufl. § 1968 Rn. 4; Märker, MDR 1992, 217). Ein
solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da die Erblasserin zu ihren Lebzeiten
keinen derartigen Vertrag geschlossen hatte.

bb) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht demgegenüber an, die
testamentarische Anordnung, dass der Rest des Vermögens für eine
zwanzigjährige Grabpflege zu verwenden sei, begründe bereits eine Nachlassverbindlichkeit
in Form einer Erbfallschuld, die im Rahmen der Berechnung
des Zusatzpflichtteils gemäß § 2305 BGB zu berücksichtigen
sei. Die Bestimmung eines Erblassers in einer letztwilligen Verfügung hinsichtlich
Art und Umfang der nach seinem Tod durchzuführenden Grabpflege
ist als Auflage gemäß §§ 1940, 2192 BGB (vgl. BayObLG ZEV
2003, 241 [juris Rn. 24 f.]) oder - je nach Ausgestaltung - als Zweckvermächtnis
gemäß §§ 1939, 2156 BGB anzusehen. Eine Auflage ist eine
Verfügung von Todes wegen, durch die einem Erben oder einem Vermächtnisnehmer
eine Verpflichtung auferlegt wird, ohne dass eine begünstigte
Person ein Recht auf die Leistung erhält (vgl. MünchKomm-
BGB/Leipold, 8. Aufl. § 1940 Rn. 2). Hier liegt - entgegen der Auffassung
der Revisionserwiderung - eine derartige Auflage vor, da die Erblasserin
den Erben insgesamt aufgegeben hat, dass nach dem Verkauf ihrer Sachen
sowie Auszahlung der prozentual vorgesehenen Beträge an die Erben
der Rest für die Beerdigung und die Grabpflege auszugeben ist. Im
Verhältnis der Erben untereinander sowie zu außenstehenden Dritten
stellt eine Auflage, wie sich auch aus § 1967 Abs. 2 BGB ergibt, eine
Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erbfallschuld dar (vgl. Staudinger/
Kunz, BGB (2020) § 1968 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Küpper, 8. Aufl.
§ 1968 Rn. 4; Palandt/Weidlich, BGB 80. Aufl. § 1968 Rn. 4; Erman/Horn,
BGB 16. Aufl. § 1968 Rn. 7; Damrau/Tanck/Gottwald, Praxiskommentar
Erbrecht 4. Aufl. § 1968 Rn. 14 Fn. 52; jurisPK-BGB/Ehm, 9. Aufl. § 1968
Rn. 14; Märker, MDR 1992, 217).

Demgegenüber führt eine auf einer Auflage beruhende Nachlassverbindlichkeit
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu
einer Kürzung eines Pflichtteils- oder Zusatzpflichtteilsanspruchs. Nach
einhelliger Auffassung ist der Pflichtteilsanspruch gegenüber den Ansprüchen
aus Auflagen und Vermächtnissen vorrangig (Senatsurteil vom
16. September 1987 - IVa ZR 97/86, NJW 1988, 136 [juris Rn. 12]; BGH,
Beschluss vom 27. August 2014 - XII ZB 133/12, FamRZ 2014, 1775
Rn. 20; OLG Koblenz ErbR 2020, 797 [juris Rn. 12, 15]; OLG Düsseldorf
ZErb 2018, 104 [juris Rn. 30]; Palandt/Weidlich, BGB 80. Aufl. § 1991
Rn. 5; MünchKomm-BGB/Lange, 8. Aufl. § 2311 Rn. 22; Burandt/Rojahn/
Horn, Erbrecht 3. Aufl. § 2311 Rn. 37). Dieser Vorrang ergibt sich auch
aus der gesetzlichen Regelung des § 1991 Abs. 4 BGB. Hiernach sind
Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen
durch den Erben so zu berichtigen, wie sie im Falle des Insolvenzverfahrens
zur Berichtigung kommen würden. Nach § 327 Abs. 1 InsO werden
Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten vor Verbindlichkeiten
aus den vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen und Auflagen erfüllt.
Dem Erblasser soll es verwehrt sein, den Pflichtteilsanspruch durch
freigiebige Vermächtnisanordnungen oder Auflagen zu schmälern oder sogar
auszuhöhlen.

Dieser Vorrang des Pflichtteilsanspruchs gilt auch dann, wenn der
Erblasser - wie hier - Grabpflege in Form einer Auflage angeordnet hat.
Auch in einem solchen Fall können die Grabpflegekosten bei der Berechnung
des Nachlasswertes für den Pflichtteilsanspruch nicht in Abzug gebracht
werden (so zu Recht OLG Düsseldorf ZErb 2018, 104 [juris Rn. 28-
30]; Palandt/Weidlich, BGB 80. Aufl. § 1968 Rn. 4; Schuhmacher, ZErb
2020, 373; Ruby/Schindler, ZEV 2010, 545, 546; anders in einem obiter
dictum OLG Schleswig ZEV 2010, 196 [juris Rn. 37]; hierzu Maibach,
jurisPR-FamR 5/2010 Anm. 4; Hartmann, ErbStB 2010, 333). Der Unterschied
zu einem noch vom Erblasser geschlossenen Grabpflegevertrag
liegt darin, dass es sich in diesem Fall noch um eine vom Erblasser herrührende
Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erblasserschuld gemäß
§ 1967 Abs. 1 BGB handelt, die bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs
wertmindernd zu berücksichtigen ist.

4. Für die Berechnung des Anspruchs gilt auf dieser Grundlage:
Der Kläger ist als Miterbe zu 9,09 % durch die Anordnung der Grabpflege
mit einer Auflage beschwert. Bei der Berechnung des Wertes des
Zusatzpflichtteils bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der in
§ 2306 BGB bezeichneten Art außer Betracht (§ 2305 Satz 2 BGB). Der
Berechtigte muss also die seinen Erbteil betreffenden Beschränkungen
und Beschwerungen stets voll tragen, wenn er nicht ausschlägt. Lediglich
für den Zusatzpflichtteil gemäß § 2305 BGB bleiben die Beschränkungen
und Beschwerungen außer Betracht (vgl. BT-Drucks. 16/8954 S. 19 f.;
MünchKomm-BGB/Lange, 8. Aufl. § 2305 Rn. 8; BeckOK BGB/Müller-Engels,
[Stand: 1. Februar 2021] BGB § 2305 Rn. 7-7.2; Mayer, Handbuch
Pflichtteilsrecht 3. Aufl. S. 107 f.). Der Pflichtteilsrestanspruch bemisst
sich mithin aus der Differenz zwischen der Hälfte des gesetzlichen Erbteils
und dem hinterlassenen Erbteil ohne Abzug der Belastungen und Beschränkungen.
Hieraus ergibt sich auf der Grundlage des Revisionsvorbringens
folgende Berechnung:

Bruttonachlass 16.102,74
abzüglich Nachlassverbindlichkeiten 15.843,75
(6.337,55
Differenz 258,99
davon 9,09 % Erbteil des Klägers 23,54
Zusatzpflichtteil ohne Auflage 3.994,94
(40,91 % aus 16.102,74 - )
Gesamt 4.018,48
abzüglich erhaltener 809,44
verbleiben 3.209,04

III. Eine eigene Entscheidung ist dem Senat gleichwohl verwehrt, da
der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif ist. Die Beklagten haben
hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch die Aufrechnung erklärt
und hierzu behauptet, der Kläger habe einen ihm zur Aufbewahrung übernicht
zurückgegeben. Der Kläger behauptet demgegenüber, er habe nie
einen Nerzmantel zur Verwahrung gehabt. Dieser sei vielmehr von der damaligen
Betreuerin im Rahmen der Haushaltsauflösung für wertlos erachtet
und entsorgt worden. Insoweit ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, welches über die Hilfsaufrechnung, gegebenenfalls
nach Beweisaufnahme, zu entscheiden haben wird.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

26.05.2021

Aktenzeichen:

IV ZR 174/20

Rechtsgebiete:

Erbschafts- und Schenkungsteuer
Testamentsvollstreckung
Erbenhaftung
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Allgemeines Schuldrecht
Vermächtnis, Auflage
Gesetzliche Erbfolge
Pflichtteil
Insolvenzrecht
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 1940, 1968, 2305