Kein Erlöschen des Vorkaufsrechts bei schenkweiser Übertragung des Grundstücks
letzte Aktualisierung: 8.3.2019
KG, Beschl. v. 12.6.2018 – 1 W 149/18
BGB §§ 433, 463, 470, 1094, 1097 Abs. 1 S. 1;
Kein Erlöschen des Vorkaufsrechts bei schenkweiser Übertragung des Grundstücks
Das Vorkaufsrecht nach § 20 VermG erlischt nicht durch eine schenkweise Übertragung des
Grundstückseigentums. § 1097 Hs 1 BGB ist insofern weder direkt noch analog anwendbar.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Gründe:
Es bedarf keiner Erörterung, ob die – gemäß §§ 71 ff. GBO statthafte – Beschwerde der
Beteiligten zu 2) mangels Beschwerdeberechtigung unzulässig ist. Die Beschwerde der Beteiligten
zu 2) sowie die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) sind jedenfalls nicht begründet. Das
Grundbuchamt hat die Amtswidersprüche zu Recht gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 GBO eingetragen.
Es hat die Löschung der Pos. II/1 am 2018 unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften
vorgenommen. Die Voraussetzungen für die Löschung der Vorkaufsrechte sind (weiterhin) nicht
erfüllt. Eine Löschungsbewilligung des Beteiligten zu 3) nach § 19 GBO liegt nicht vor. Es ist auch
nicht gemäß § 22 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1 GBO nachgewiesen, dass die Vorkaufsrechte, die nach
§ 20 VermG am 1994 bzw. 1995 gebucht wurden, erloschen sind. Das folgt
insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die damalige Eigentümerin das Eigentum an
den Grundstücken 1997 auf die Beteiligte zu 1) übertragen hat. Der Übertragung lag ausweislich
der notariellen Verhandlung vom 1995 (UR-Nr. /1995 des Notars ) eine Schenkung
im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Grunde. Die Schenkung ist kein „Fall des ersten
Verkaufs“, für den das Vorkaufsrecht gemäß § 20 Abs. 6 S. 2 VermG (nur) gilt.
Wie auch aus der Formulierung in § 20 Abs. 6 S. 3 VermG („Abschluss des Kaufvertrages“) folgt,
ist gemäß § 20 Abs. 8 VermG i.V.m.
Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über das Grundstück schließt. Eine Schenkung
(
wird auch bei einem dinglichen Vorkaufsrecht nach § 1094 BGB nicht angenommen, dieses
erlösche nach einer Schenkung (oder auch einem Verkauf i.S.v. § 470 BGB i.V.m. § 1098 Abs. 1
S. 1 BGB), weil in der Schenkung (oder in dem Verkauf an einen gesetzlichen Erben) ein
Vorkaufsfall liege, bei dem das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt worden sei bzw. habe ausgeübt
werden können. Vielmehr erlischt das Vorkaufsrecht nur deshalb und erst mit der
Eigentumsübertragung, weil nach dem Eigentumsübergang auf einen Sonderrechtsnachfolger ein
Verkauf durch den Eigentümer i.S.v. § 1097 Hs. 1 BGB nicht mehr gegeben sein kann (BGH, NJW
2016, 3242, Rn. 11; Senat, KGJ 40, 133, 134; OLG Düsseldorf,
Zweibrücken,
BGB, Bearb. 2017, § 1097 Rn. 14). Gemäß § 1097 Hs. 1 BGB beschränkt sich das Vorkaufsrecht
auf den Fall des Verkaufs durch den Eigentümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung
gehört, oder durch seinen Erben als Gesamtrechtsnachfolger.
§ 1097 Hs. 1 BGB gilt für das Vorkaufsrecht nach § 20 VermG nicht. Es kann dahin stehen, ob die
Vorschrift auf ein gesetzliches Vorkaufsrecht selbst dann keine Anwendung findet, wenn das
Gesetz auf
die Vorschrift von den Verweisungen auf das Bürgerliche Gesetzbuch aus. § 1097 Hs. 1 BGB ist
auch nicht entsprechend auf das Vorkaufsrecht nach dem Vermögensgesetz anzuwenden. Für
eine Analogie fehlt es sowohl an einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke als auch an der
Vergleichbarkeit der Sachverhalte. § 20 VermG bezweckt einen sozialverträglichen Ausgleich
zwischen den durch die Rückübertragung des Eigentums oder Aufhebung der staatlichen
Verwaltung Begünstigten und den Nutzern, die vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes bereits
ein Nutzungsrecht inne hatten, auf den Bestand dieses Rechts vertraut und im Hinblick hierauf
Investitionen getätigt oder ein entsprechendes Affektionsinteresse entwickelt haben (BVerwG,
Nutzungsrecht (§ 20 Abs. 7 S. 1 und 2 VermG). Für den Interessensausgleich ist es unerheblich,
ob der Eigentümer oder ein von ihm Beschenkter das Grundstück verkauft. Die Erwägungen, die
den Gesetzgeber zu der Beschränkung des § 1097 Hs. 1 BGB veranlasst haben (vgl. dazu
Amann,
übertragbar.
Aus den zuvor genannten Gründen ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass das Grundbuch
durch die Eintragung der Löschungsvermerke unrichtig i.S.v.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 36 Abs. 1, 51
Abs. 1, 61 Abs. 1 GNotKG. Dabei ist von dem auf ca. €/qm geschätzten Grundstückswert
wegen des Amtswiderspruchs als Verfahrensgegenstand nur 1/4 berücksichtigt worden. Die
Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 S. 1 GBO
nicht vorliegen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:12.06.2018
Aktenzeichen:1 W 149/18
Rechtsgebiete:
Immobilienrechtliches Sonderrecht der neuen Bundesländer
Sachenrecht allgemein
Kaufvertrag
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag
BGB §§ 433, 463, 470, 1094, 1097 Abs. 1 S. 1; VermG § 20