OLG Zweibrücken 16. März 2022
3 W 28/22
GBO § 19; BGB § 1191

Grundschuldbestellung; Auslegung einer Finanzierungsvollmacht

letzte Aktualisierung: 28.12.2022
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.3.2022 – 3 W 28/22

GBO § 19; BGB § 1191
Grundschuldbestellung; Auslegung einer Finanzierungsvollmacht

Ist in einer Finanzierungsvollmacht bestimmt, dass diese „hinsichtlich der Sicherungsvereinbarungen“
mit Einschränkung gelten soll, so ist darin keine Beschränkung der Vollmacht im
Außenverhältnis zu erblicken.

(Leisatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Eintragung
eines Grundpfandrechts.

Mit notariellem Kaufvertrag vom … des Notars …, URNr. … erwarben die
Beschwerdeführer von Frau … den im Grundbuch des Amtsgerichts … Blatt …
eingetragenen Grundbesitz.

Im notariellen Vertrag befindet sich unter anderem folgende Regelung:

§ 11 Finanzierungsvollmacht

Der Verkäufer verpflichtet sich zum Zweck der Kaufpreisfinanzierung bei der Bestellung
von Grundpfandrechten mitzuwirken.

Dazu erteilt der Verkäufer dem Käufer Vollmacht, noch vor Umschreibung des Eigentums
den in § 1 vorbezeichneten Grundbesitz mit Grundpfandrechten jeder Art und Höhe nebst
beliebigen Zinsen und Nebenleistungen zu belasten, den jeweiligen Eigentümer der
sofortigen Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz zu unterwerfen und alle zur
Eintragung der Grundpfandrechte an den vorgeschriebenen Rangstellen erforderlichen
Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen sowie Zweckerklärungen für den
derzeitigen Eigentümer zu unterzeichnen. Die Erteilung von Untervollmachten ist gestattet.

[…]

Hinsichtlich der Sicherungsvereinbarungen gilt die Vollmacht mit der ausdrücklichen
Einschränkung, dass bis zur vollständigen, mit Tilgungsbestimmung auf die
Kaufpreisschuld geleisteten Zahlung des Kaufpreisbetrages nebst Grunderwerbssteuer das
Grundpfandrecht nicht als Sicherheit genutzt werden darf, es sei denn, der Kaufvertrag
würde aus vom Verkäufer zu vertretenden Gründen nicht durchgeführt.

[…]

Mit weiterem notariellem Vertrag vom …, URNr. … bewilligten und beantragten die
Beschwerdeführer, zugleich handelnd als Bevollmächtigte für die Käuferin, die Eintragung
einer vollstreckbaren Grundschuld ohne Brief über … € zu Gunsten der … Bausparkasse
an dem gegenständlichen Grundbesitz.

Auf den Eintragungsantrag des Notars äußerte die Rechtspflegerin Zweifel an der
Eintragungsfähigkeit der Grundschuld. Die Belastungsvollmacht stehe unter einer
Bedingung, die nicht in die Grundschuldbestellung aufgenommen worden sei. Die
Vollmacht sei hinsichtlich der Sicherungsvereinbarungen ausdrücklich eingeschränkt. Diese
Einschränkung der Vollmacht entfalte im Außenverhältnis Wirkung, sodass wie in der
Entscheidung des BGH vom 21. April 2016 - V ZB 13/15 - in der Form des § 29 GBO
nachgewiesen werden müsse, dass die Begrenzungen der Vollmacht eingehalten seien.
Daher sei die Bestellung von der Verkäuferin in der Form des § 29 GBO zu genehmigen.

Nachdem die Beschwerdeführer ihren Antrag ausdrücklich aufrechterhielten, wies die
Rechtspflegerin den Antrag unter Bezugnahme auf die bereits erteilten Hinweise zurück.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde und macht geltend, die Bewilligung der Eintragung
der Grundschuld sei von der in § 11 des notariellen Kaufvertrages enthaltenen Vollmacht
gedeckt. Die den Beschwerdeführern als Käufern erteilte Vollmacht zur Bewilligung der
Eintragung von Grundpfandrechten sei unbeschränkt. Die in § 11 Abs. 3 enthaltene
Einschränkung betreffe ausschließlich die Sicherungsvereinbarungen und sei durch das
Grundbuchamt nicht zu beachten.

Die Rechtspflegerin half der Beschwerde mit Beschluss vom 28. Februar 2022 nicht ab.
Zugleich nahm sie am 28. Februar 2022 auf (isolierten) weiteren Antrag vom 14. Februar
2022 die Eintragung der Auflassungsvormerkung bzgl. des gegenständlichen Grundbesitzes
vor.

II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die gegen die Zurückweisungsentscheidung des Grundbuchamts gerichtete Beschwerde
ist statthaft gemäß § 71 Abs. 1 GBO und wurde in der nach § 73 GBO vorgeschriebenen
Form bei dem zuständigen Gericht eingereicht.

Der Senat ist gemäß §§ 72, 81 Abs. 1 GBO, § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG, § 4 Abs. 3 Nr. 2 a)
GerOrgG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung über die Beschwerde berufen.

Der Senat legt die Beschwerdeschrift vom 19. Februar 2022 dahingehend aus, dass der
beurkundende Notar die Beschwerde für die antragstellenden Käufer des gegenständlichen
Grundbesitzes eingelegt hat. Die Beschwerdeführer sind beschwerdebefugt.

2. Die Beschwerde ist begründet. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Grundbuchamt –
Simmern hat die beantragte Eintragung des Grundpfandrechts zu Unrecht zurückgewiesen.
Die Grundschuldbestellung war von der Belastungsvollmacht gedeckt.

Zutreffend geht die Rechtspflegerin davon aus, dass das Grundbuchamt bei
Vertretungsfällen auch zu prüfen hat, ob der Vertreter im Zeitpunkt des Wirksamwerdens
der Erklärung ausreichend bevollmächtigt war, d. h. ob er überhaupt eine Vollmacht hatte
und ob diese inhaltlich die Vornahme des Rechtsgeschäfts deckt. Das Grundbuchamt hat
die Wirksamkeit der Vollmacht selbständig zu prüfen (BGH, Beschluss vom 21. April 2016
– V ZR 13/15 – WM 2016, 1218; Schaub in Bauer/Schaub, GBO, 4. Auflage 2018, G.
Vertretung im Grundbuchverkehr, Rn. 165). Ergeben sich Zweifel über den Inhalt der
Vollmacht, ist diese auszulegen. Bei der Auslegung kann, wie bei Grundbucheintragungen,
nur auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abgestellt werden, wie er sich für einen
unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt.Allerdings ist bei Zweifeln
über den Umfang einer Vollmacht, soweit der größere Umfang nicht beweisbar ist, der
geringere anzunehmen (OLG Schleswig, Beschluss vom 8. Oktober 1990 – 2 W 87/90 –
BeckRS 1990, 04123; Schaub in Bauer/Schaub, GBO, 4. Auflage 2018, G. Vertretung im
Grundbuchverkehr, Rn. 168).

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin ist die Belastungsvollmacht der Verkäuferin
nicht im Außenverhältnis beschränkt. Vielmehr ist die im Kaufvertrag vom 17. Dezember
2021 verwendete Formulierung dahingehend auszulegen, dass die den Beschwerdeführern
erteilte Finanzierungsvollmacht im Außenverhältnis unbegrenzt erteilt und lediglich im
Innenverhältnis die Sicherungsabrede eingeschränkt ist.

Die in der Entscheidung des BGH vom 21. April 2016 (Az. V ZB 13/15 – WM 2016, 1218)
verwendete Formulierung weicht von der im gegenständlichen Kaufvertrag in einem
maßgeblichen Punkt ab. Im Fall des BGH war Vollmacht erteilt „bei der Bestellung von
Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises nach Maßgabe der vereinbarten
Kaufpreisfinanzierung“. Entsprechend der Formulierung ist die Vollmacht ausdrücklich im
Innen- und Außenverhältnis gemäß der vereinbarten Kaufpreisfinanzierung begrenzt. Im
vorliegenden Fall hat die Verkäuferin des gegenständlichen Anwesens den
Beschwerdeführern gemäß § 11 Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages hingegen eine (im
Außenverhältnis) unbeschränkte Vollmacht erteilt, welche (lediglich) im Innenverhältnis
gemäß § 11 Abs. 3 des Vertrages „hinsichtlich der Sicherungsvereinbarungen“ der Parteien
eingeschränkt ist. Nur die Sicherungsabrede ist damit beschränkt, nicht die
Belastungsvollmacht. Die Grundschuldbestellung erfolgte damit ordnungsgemäß im
Rahmen der Belastungsvollmacht.

3. Kosten fallen für die erfolgreiche Beschwerde nicht an, damit erübrigt sich die
Festsetzung des Verfahrenswertes.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

16.03.2022

Aktenzeichen:

3 W 28/22

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Grundpfandrechte

Normen in Titel:

GBO § 19; BGB § 1191