OLG Brandenburg 04. Oktober 2022
3 W 109/22
BGB § 2250

Voraussetzungen für die Errichtung eines Drei-Zeugen-Testaments

letzte Aktualisierung: 25.1.2023
OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.10.2022 – 3 W 109/22

BGB § 2250
Voraussetzungen für die Errichtung eines Drei-Zeugen-Testaments

Die Errichtung eines Drei-Zeugen-Testaments gem. § 2250 BGB setzt voraus, dass sich der
Erblasser in so naher Todesgefahr befunden hat, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines
Testaments vor einem Notar (§ 2232 BGB) noch vor einem Bürgermeister (§ 2249 BGB) möglich
gewesen wäre.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel, mit dem sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin des Erblassers nach gesetzlichem Erbrecht - sie ist dessen einziges Kind - wendet und aufgrund eines sog. Dreizeugen(not)testamentes seinerseits das Allein- erbrecht für sich in Anspruch nimmt, hat in der Sache aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und des das Beschwerdevorbringen entkräftenden amtsgerichtlichen Nichtabhilfebeschlusses vom 25.08.2022 keinen Erfolg, so dass der Senat auf diese zunächst insgesamt verweisen kann.

Die Voraussetzungen zur wirksamen Errichtung eines Nottestamentes vor drei Zeugen lagen am Tag der Errichtung der letztwilligen Verfügung, dem 13.09.2021, nicht vor.

Die strengen Anforderungen, die das Nachlassgericht im angefochtenen Beschluss an die Wirksamkeit eines Notlagentestaments gem. § 2250 Abs. 2 BGB als besonderer Ausnahmevorschrift stellt, stehen vielmehr in Einklang mit der Rechtsprechung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung (vergl. etwa BGH, Urteil vom 15.11.1951 - IV ZR 66/51 -, BGHZ 3, 372-381 zu § 24 TestG; ders, Urteil vom 1.6.1970 - III ZB 4/70, BGHZ 54, 89, Rz. 22 und 23KG, Beschluss vom 29.12.2015,- 6 W 93/15 -, juris).

Dabei ist das Nachlassgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die formellen Voraussetzungen der Errichtung eines Nottestaments im Sinne dieser Vorschrift eng auszulegen sind (vergl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Januar 2022 - I-3 Wx 216/21 -, Rn. 10, juris, m.w.N.). Denn § 2250 BGB ist bereits eine Ausnahmevorschrift und regelt die Zulässigkeit abweichend von den ihrerseits bereits strengen Formvorschriften der §§ 2231, 2247 BGB und der weiteren Ausnahmevorschrift des § 2249 BGB (Nottestament vor dem Bürgermeister). Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB kann ein Erblasser, der sich in so naher Todesgefahr befindet, dass er seinen letzten Willen voraussichtlich nicht mehr vor einem Notar oder dem Bürgermeister beurkunden lassen kann, sein Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Die Bedeutung des § 2250 BGB und der dort normierten Errichtung vor drei Zeugen liegt darin, dass durch möglichst klare und unmissverständliche Wiedergabe der Erklärungen des Erblassers dessen letzter Wille sowohl zum Ausdruck als auch zur Geltung gebracht werden soll. Welche Anforderungen aber erfüllt werden müssen, damit die statt vor einem Notar oder einem Bürgermeister vor Laien niedergelegten Erklärungen des Erblassers als rechtsverbindliche Wiedergabe seines in naher Todesgefahr geäußerten Willens gewertet werden können, steht nicht im Ermessen des Gerichts, sondern ist im Einzelnen gesetzlich vorgeschrieben (vergl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Januar 2022 a.a.O. m.w.N.). Daher verhilft es dem Testament auch nicht zur Wirksamkeit, und ermöglicht auch keine Aufweichung der zwingenden Formanforderungen, dass sich den Angaben der vom Amtsgericht vernommenen Zeugen entnehmen lässt, dass der Erblasser mehrfach deutlich gemacht hat, den Beteiligten zu 2 als Alleinerben einsetzen zu wollen. Denn es reicht nicht aus, wenn das Testament dem tatsächlichen Willen des Erblassers entspricht, sofern die Voraussetzungen zwingender Formvorschriften - wie hier - nicht eingehalten sind.

Zwar wurde, wie § 2250 Abs. 2 BGB dies voraussetzt, die Erklärung vor drei Zeugen errichtet. Denn die Beteiligung der drei Testamentszeugen H…, B… und L… ist in dieser Hinsicht rechtlich unbedenklich.

Es führt auch nicht für sich genommen zur Unwirksamkeit der Niederschrift, dass die Testamentsurkunde nichts über den Vorgang der Erklärungsabgabe als solchen besagt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60 -, BGHZ 37, 79 ff, 85, 86) und keine Angaben zu der nahen Todesgefahr enthält. Zu den zwingenden Erfordernissen für den Errichtungsakt gehört eine Niederschrift (§ 2250 Abs. 3 Satz 1 BGB), die von den Zeugen unterschrieben werden muss (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BeurkG, § 2249 Abs. 1 S. 5 BGB). Zwar sollte sich aus der Niederschrift ergeben, dass die in ihr niedergelegten Willenserklärungen vor den Urkundspersonen unter Anwesenden abgegeben wurden, somit die inhaltliche Übereinstimmung zwischen der abgegebenen und der niedergelegten Erblassererklärung nachgewiesen wird, verbunden mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Nottestaments vor dem Bürgermeister wegen naher Todesgefahr nicht möglich sei (MüKoBGB/Sticherling, 8. Aufl. 2020, BGB § 2250 Rn. 15). Die vorgenannten fehlenden Angaben in der Niederschrift bedingen jedoch nicht zwingend die Unwirksamkeit der Beurkundung (§ 2249 Abs. 6 BGB i.V.m. § 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB) (vergl. OLG München, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 31 Wx 81/15 -, Rn. 40, juris).

Das Nachlassgericht hat jedoch zu Recht befunden, dass die Voraussetzungen der Errichtung eines Notlagentestaments vor drei Zeugen nach § 2250 Abs. 2 BGB nicht vorlagen, weil der Erblasser sich weder objektiv noch nach der übereinstimmenden Überzeugung der Zeugen in so naher Todesgefahr befunden hat, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar (§ 2232 BGB) noch vor einem Bürgermeister (§ 2249 BGB) möglich gewesen wäre. Eine jederzeit drohende Testierunfähigkeit steht der Todesgefahr gleich, wenn sie voraussichtlich durchgängig bis zum Tode fortdauert. Die derart nahe Gefahr des Todes oder der Testierunfähigkeit muss dabei entweder objektiv vorliegen, oder es muss bei allen drei Zeugen übereinstimmend die Besorgnis tatsächlich vorhanden sein und vom Standpunkt ihres pflichtgemäßen Ermessens aus angesichts der objektiven Sachlage auch als gerechtfertigt angesehen werden, dass eine solche Gefahrenlage bestünde (BGHZ 3, 372; MüKo BGB a.a.O. § 2250 Rn. 7 f;KG, Beschluss vom 29. Dezember 2015 - 6 W 93/15 -, Rn. 28, juris; Staudinger/Baumann (2018) BGB § 2250, Rn. 19; OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2009 - 31 Wx 141/08 -, Rn. 10, juris).

Zwar befand sich der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung mit einer schweren, unheilbaren Erkrankung in stationärer Behandlung und konnte sich zu diesem Zeitpunkt daher selbst nicht in die Räumlichkeiten eines Notars begeben. Dies reicht jedoch nicht aus, weil § 2250 BGB voraussetzt, dass eine so nahe Todesgefahr objektiv oder nach übereinstimmender Auffassung der Zeugen besteht, dass ein Notar oder Bürgermeister nicht noch erreicht werden kann, um die Beurkundung im Krankenhaus vorzunehmen. Ist der Erblasser nur körperlich zu schwach, um ein eigenhändiges Testament errichten zu können, wird beim Fehlen der übrigen Voraussetzungen der Tatbestand des § 2250 BGB nicht erfüllt (MüKoBGB a.a.O. § 2250 Rn. 9; OLG München a.a.O.). Insofern reicht für die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 2250 BGB der Umstand nicht aus, dass der Erblasser hier nach Angaben des Beteiligten zu 2 und der Zeugen in der Anhörung vor dem Nachlassgericht nicht mehr schreiben konnte, weil seine Arme im Rahmen der stationären Behandlung infolge eines Bruches zur Ruhigstellung an den Körper fixiert worden waren. Dies mag allenfalls erklären, warum er zur Abfassung der inhaltlich wenn auch sehr kurzen Erbenbestimmung nicht mehr eigenhändig in der Lage war. Für die Frage ihrer medizinischen Verfassung im Sinne einer nahen Todesgefahr ist dieser Umstand unerheblich.

Zu Unrecht geht der Beschwerdeführer davon aus, dass die Errichtung eines Bürgermeistertestamentes in jedem Fall gescheitert wäre. Insofern stellt er mit Blick auf die Coronalage und mutmaßliche auswärtige Termine letztlich lediglich Vermutungen ins Blaue hinein auf. Dass tatsächlich vergeblich versucht worden wäre, den Bürgermeister oder einen Vertreter zur Errichtung eines Testaments nach § 2249 Abs. 1 S. 1 BGB zu erreichen, ist schon nicht ersichtlich und hat der Beschwerdeführer selbst nicht vorgetragen. Auch dies würde indes zunächst die Nichterreichbarkeit eines Notars voraussetzen.

Das fragliche Testament wurde hier am Montag, den 13.09.2019, in der Klinik errichtet, in der der Erblasser in stationärer Behandlung war. Die Tatsache, dass der Erblasser dann genau drei Wochen später, am 04.10.2021, verstorben ist, nachdem - ausschließlich - wenige Tage vor dem 13.09.2021 versucht worden war, einen Notar zur Beurkundung zu erreichen, und dass dadurch bis zum Todeseintritt ein öffentliches Testament gem. §§ 2231 Nr. 1 i.V.m. 2232 BGB durch einen Notar nicht mehr errichtet wurde, führt nicht dazu anzunehmen, dass in den letzten beiden Septemberwochen ein Notar nicht mehr hätte hinzugezogen werden können. Teilweise wird vertreten, die Besorgnis der Unerreichbarkeit eines Notars sei immer dann begründet, wenn das Nottestament deutlich außerhalb der üblichen Bürozeiten eines Notariats errichtet wird (Staudinger/Baumann (2018) BGB § 2250, Rn. 19); dies war hier jedoch nicht der Fall, die Errichtung erfolgte an einem Montag, einem gewöhnlichen Werktag, zu normalen Tageszeiten. In größeren Städten mit mehreren Notaren - in Cottbus allein deren sechs - wird allgemein angenommen werden können, dass an einem Werktag zu den üblichen Bürozeiten ein Notar ohne weiteres jedenfalls am nächsten Werktag erreichbar sein dürfte und hätte beigezogen werden können. Es wäre daher schon unwahrscheinlich, dass am (Dienstag, den) 14.09.2021, kein in Cottbus ansässiger Notar zur Beurkundung des Testaments zur Verfügung gestanden hätte. Insoweit durfte das Nachlassgericht richtigerweise annehmen, dass einer dieser zahlreichen Notare hätte gewonnen werden können, sich in die Klinik zu begeben und die öffentliche Errichtung eines Testaments gemäß § 2232 BGB vorzunehmen. Das Nachlassgericht hat die Unerreichbarkeit eines Notars zu Recht nicht aus dem Umstand abgeleitet, dass der Beschwerdeführer vor dem 13.09.2021 versucht hat, zwei Notare zu erreichen, die beide abgesagt haben sollen. Immerhin sind in Cottbus wie ausgeführt insgesamt sechs Notare geschäftsansässig und hat der Beschwerdeführer auch nicht dargelegt, die beiden kontaktierten Notare hätten ihr Erscheinen grundsätzlich und auch für alle weiteren in Betracht kommenden Termine abgelehnt. Hinzu kommt, dass ein Notar, insbesondere wenn ihm eine nahe Todesgefahr beschrieben würde, seine notariellen Dienstpflichten verletzte, wenn er dieser Bitte, soweit es in seinen Möglichkeiten steht, nicht nachkäme. Daher kommt es auch nicht darauf an, dass die hierdurch zu erzielenden Gebühren gemessen an dem für einen Krankenhausbesuch erforderlichen Aufwand aus Sicht der Notare wirtschaftlich nicht rentabel sein mögen, wobei vorliegend allerdings ein nicht unerheblicher Nachlasswert (zugehöriges Wohngrundstück) zugrunde zu legen wäre.

Da mithin davon auszugehen ist, dass einer der ortsansässigen Notare hier noch am selben Tag, spätestens aber am Folgetag hätte hinzugezogen werden können, um die Beurkundung vorzunehmen, bestimmt dies auch den Maßstab dafür, ob in dieser Zeitspanne entweder objektiv oder zumindest nach der durch objektive Umstände gerechtfertigten subjektiven übereinstimmenden Überzeugung die Todesgefahr derart nah gewesen wäre, dass der Tod des Erblassers vor dem Eintreffen des Notars oder Bürgermeisters zu befürchten gewesen wäre. Dies würde mithin eine so nahe objektive oder subjektive Todesgefahr voraussetzen, dass damit zu rechnen gewesen wäre, dass der Erblasser noch an dem 13.09.2021 oder am Folgetag versterben könnte.

Für die objektive Todesgefahr im Sinne des § 2250 Abs. 2 BGB ist maßgebend, ob aufgrund konkreter Umstände der Tod des Erblassers vor dem Eintreffen des Notars oder Bürgermeisters zu befürchten ist. Nicht ausreichend ist deshalb, dass der Erblasser wegen einer fortgeschrittenen nicht mehr heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben hat (vergl. OLG München a.a.O. Rn. 14, juris). Todesgefahr liegt objektiv vor, wenn von einem klinischen Zustand einer unmittelbar bevorstehenden Endphase des Lebens ausgegangen werden kann, wie beispielsweise beginnenden kleinen Organausfällen (KG, Beschluss vom 29. Dezember 2015 - 6 W 93/15 -, Rn. 28, juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.10.2012 - 5 U 59/11, Rz. 43, juris). Ob es im Einzelfall ein Indiz für eine das Warten auf den Notar oder Bürgermeister nicht zulassende nahe Todesgefahr darstellt, wenn der Erblasser einen Tag (vgl. BayObLGZ 1990, 294/ 297) oder zwei Tage (vgl. LG München I FamRZ 2000, 855; kritisch Staudinger/Baumann § 2250 Rn. 19, 21) nach der Testamentserrichtung verstirbt, kann hier dahinstehen, denn bei dem hier vorliegenden Zeitraum von drei Wochen zwischen Testamentserrichtung und Tod kann eine solche Indizwirkung keinesfalls angenommen werden (vergl. OLG München a.a.O., Rn. 14, juris für den Zeitraum von „mehr als zwei Wochen“). Selbst eine bösartige metastasierende Grunderkrankung, aufgrund derer der Erblasser laut behandelndem Arzt innerhalb von ein bis zwei Tagen versterben könnte, reicht nicht aus, wenn - wie hier bejaht (s.o.) - innerhalb dieser Frist noch ein Notar erreichbar wäre (OLG Hamm 10. 02. 2017 - 15 W 587/15, ErbR 2017, 348). Dass ein behandelnder Arzt hier eine derartig unmittelbar bevorstehende Todesgefahr geschildert hätte, ist zudem hier nicht ersichtlich und auch von dem Beschwerdeführer nicht vorgetragen. Der Beschwerdeführer hat lediglich mitgeteilt, der Erblasser habe an einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung gelitten, sei in der Folgezeit bewusstseinstrübend medikamentös behandelt worden, sei aber allein aufgrund eines Sturzgeschehens eingeliefert worden. Dies lässt gerade nicht erkennen, dass aus medizinischer Sicht ein innerhalb der nächsten Stunden oder des nächsten Tages bevorstehender Tod wahrscheinlich gewesen ist. Insofern ist auch eine Anhörung der behandelnden Ärzte als Zeugen, wie mit der Beschwerde eingefordert wird, nicht geboten; es ist insbesondere nicht geboten, diese zu vernehmen, solange nicht der Beschwerdeführer greifbare Anknüpfungstatsachen für einen nahe bevorstehenden Tod des Erblassers vorträgt, der nach Schilderungen aller erstinstanzlich vernommenen Zeugen umgekehrt noch am Beurkundungstag über die Ereignisse umfassend informiert und geistig wach gewesen ist.

Schließlich würde es für die nahe Todesgefahr im Sinne des § 2250 Abs. 2 BGB zwar auch ausreichen, wenn bei allen drei Zeugen übereinstimmend die Besorgnis tatsächlich vorhanden gewesen wäre und vom Standpunkt ihres pflichtgemäßen Ermessens aus angesichts der objektiven Sachlage auch als gerechtfertigt hätte angesehen werden müssen, dass eine solche Gefahrenlage bestünde. Das Nachlassgericht hat sich daher im Anhörungstermin am 11.03.2022 über die Motivation der Antragsteller zur Errichtung des Testaments gerade am 13.09.2021 im Rahmen von deren Anhörung, und über das entsprechende Bewusstsein der Zeugen bei Testamentserrichtung eingehend ein Bild verschafft. Es hat das Ergebnis der Beweiserhebung zutreffend dahin gewürdigt, dass eine solche übereinstimmende Überzeugung nicht Anlass der Errichtung des Testaments zu diesem Zeitpunkt war. Das Protokoll des Anhörungstermins vom 11.03.2022 gibt die Fragen und Antworten eingehend wieder und erlaubt es, die Erwägungen des Nachlassgerichts zu überprüfen; gegen die Beweiswürdigung des Nachlassgerichts bestehen keine Bedenken.

Danach lag eine übereinstimmende Überzeugung der nahen Todesgefahr bei den Zeugen hier am 13.09.2021 nicht vor. Die Behauptung des Beschwerdeführers, alle drei Zeugen seien der Auffassung gewesen, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung wegen des schlechten Gesundheitszustandes der Erblasserin unmittelbare Todesgefahr bestanden habe, hat sich in der Vernehmung der drei Zeugen im Anhörungstermin nicht bestätigt, wenn etwa der Zeuge L… ausgesagt hat, über den Gesundheitszustand des Erblassers „eigentlich nichts“ gewusst und lediglich gehört zu haben, dass dieser „schwer angeschlagen“ sei, und der Zeuge B… gemeint hat, „dass es ihm (dem Erblasser) bis auf den Arm eigentlich ganz gut“ gegangen sei und er nicht den Eindruck gehabt habe, dass dieser bald stürbe.

Eine solche einheitliche Feststellung aller drei Zeugen könnte nur so getroffen werden, dass die drei Zeugen sich entweder über das Vorhandensein der Besorgnis bei einem jeden von ihnen ausdrücklich verständigen, zum Beispiel durch eine entsprechende gemeinsame Erklärung in der Niederschrift, oder in der Weise, dass jeder Zeuge sich seiner eigenen Besorgnis bewusst ist und nach dem Verhalten der anderen annimmt, dass bei ihnen die gleiche Befürchtung besteht, wie er sie hat. Unterbleibt eine Feststellung, so kann das für die Gültigkeit des Testaments nur dann unschädlich sein, wenn mindestens feststeht, dass sie hätte getroffen werden können, weil die gleiche Überzeugung von dem Vorliegen einer nahen Todesgefahr bei allen drei Zeugen vorhanden war (BGHZ 3, 372, Rz. 27, 31). Dies ist hier nicht der Fall. Denn auch insofern wäre es erforderlich, dass die Zeugen zumindest subjektiv von der Nichterreichbarkeit eines Notars innerhalb der nächsten zwei Tage ausgegangen wären, und ferner davon überzeugt gewesen wären, dass der Erblasser innerhalb dieser Zeit versterben werde. Demgegenüber ist keiner der drei Zeugen davon ausgegangen, dass die Krankheit bereits so weit fortgeschritten sei und sich in einer finalen Phase befinde, dass die Gefahr bestünde, dass der Erblasser möglicherweise die nächste Nacht oder den nächsten Tag nicht mehr überleben werde. Der Beschwerdeführer und die Zeugen waren nicht etwa auf Anraten der Ärzte hin in die Klinik gekommen, um sich noch von dem Erblasser zu verabschieden. Dass die Zeugen Kenntnis von der fortgeschrittenen, nicht mehr heilbaren Erkrankung gehabt hätten, wäre auch für die subjektive Überzeugung im Sinne des § 2250 BGB nicht ausreichend. Keiner der Zeugen hat ausgesagt, dass sie subjektiv von einem klinischen Zustand einer unmittelbar bevorstehenden Endphase des Lebens ausgegangen seien oder sich hierüber und über die Annahme, dass der Tod vor Eintreffen eines Notars eintreten würde, verständigt hätten. Eine Feststellung des übereinstimmenden Willens oder der nahen Todesgefahr enthält auch die Niederschrift gerade nicht, ebensowenig über die zugrunde liegenden Umstände der Testamentserrichtung. Letztlich beruhte die Errichtung des Testaments daher auch aus Sicht der Zeugen ersichtlich nicht auf der Erwägung, dass ein öffentliches Testament oder ein Bürgermeistertestament nicht mehr errichtet werden könnte, weil der Erblasser schon in den nächsten Stunden oder Tagen zu versterben drohte. Vielmehr zeigt sowohl der Geschehensablauf vor Errichtung des Testaments als auch dessen Inhalt, dass dieses nicht in einer Notsituation eines sich plötzlich dramatisch verschlechternden Gesundheitszustandes und naher Todesgefahr aufgesetzt werden musste, sondern dass die sich inhaltlich auf die vorzunehmende Beurkundung vorbereitenden Zeugen das Dokument auf Veranlassung des Beschwerdeführers am 13.09.2021 in der Klinik vorsorglich errichtet haben, um schon einmal die Nachlassangelegenheiten in dessen Sinne geregelt zu haben. Darauf, dass die Zeugen als medizinische Laien nicht in der Lage gewesen sein könnten, den weiteren Verlauf zutreffend zu prognostizieren, kommt es dabei nicht entscheidend an; die Regelung legt vielmehr mit der Möglichkeit, auf die subjektive Überzeugung der Zeugen abzustellen, gerade auch zugrunde, dass die von objektiven Anhaltspunkten getragene subjektive Einschätzung von Zeugen auch dann ausreichen kann, wenn eine solche Prognose nicht eintritt. Eine solche unmittelbare Todesgefahr ist jedoch weder vom Beschwerdeführer noch den vernommenen Zeugen dargelegt worden. Wenn aber - wie hier zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung - die weitere Dauer einer unheilbaren Krankheit noch ungewiss ist, liegen die Voraussetzungen des § 2250 BGB nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Beteiligten erhalten Gelegenheit, innerhalb von 4 Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung zur Höhe des Nachlasswertes vorzutragen, anhand dessen der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens anschließend zu bestimmen sein wird. Sie werden darauf hingewiesen, dass der Senat den Nachlasswert im Falle fehlender oder unzureichender Angaben zu schätzen berechtigt ist.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Brandenburg

Erscheinungsdatum:

04.10.2022

Aktenzeichen:

3 W 109/22

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testamentsform

Normen in Titel:

BGB § 2250