BGH 26. April 1991
V ZR 73/90
BGB § 459

Nicht genehmigte Umbauten eines Gebäudes sind Sachmängel

nach begrenzt — die gegenwärtigen und künftigen Kreditverpflichtungen der s: GmbH im Rahmen des Geschäftsbetriebs und der banküblichen Geschäfte mit der Beklagten
gesichert werden sollten. Soweit das geschehen ist, entspricht dies — einschließlich der .Unterwerfungsunter die
sofortige Zwangsvollstreckung hinsichtlich der dinglichen
Haftung - der aus den Umständen abzuleitenden konkludenten Zweckvereinbarung und ist nicht zu beanstanden.
bb) Es ist dagegen eine unangemessene Benachteiligung,
einen zur Bestellung einer Grundschuld bereiten Dritten formularmäßig außerdem noch — wenn auch auf den Betrag
der dinglichen Sicherheit begrenzt — zum persönlichen Mitschuldner aufgrund abstrakten Schuldversprechens zu
machen. Der wesentliche Grundgedanke der gesetzlichen
Regelung der Grundschuld besteht darin, dem Grundpfandgläubiger ohne unmittelbare Abhängigkeit von der gesicherten Forderung eine dingliche Haftung zu verschaffen. Übernimmt der Sicherungsgeber, der mit dem -Kreditnehmer
nicht identisch ist, die Sicherung des Kredits durch die Bestellung einer Grundschuld, so haftet er dinglich beschränkt
auf das belastete Grundeigentum. Davon abweichend ist in
den vorliegenden; Grundschuldbestellungsformularen die
persönliche Haftung des Sicherungsgebers mit seinem gesamten Vermögen vorgesehen. Damit wollte sich das Kreditinstitut über die Grundschuldbestellung hinaus eine zusätzliche Sicherung verschaffen. Darin liegt eine den 'Grundgedanken der Grundschuldregelung zuwiderlaufende unangemessene Haftungserweiterung, die nach § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG unwirksam ist (so auch OLG Oldenburg ZIP 1984,
1468, 1469; im Anschluß daran OLG Stuttgart NJW 1987, 71,
72 [= DNotZ 1987, 498]; OLG Karlsruhe WM 1986, 548, 549,
und das überwiegende Schrifttum, z. B. Wolf in
Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl., § 9 G 203, Eickmann in
MünchKomm, 2. Aufl., § 1191 BGB Rdnr. 76; derselbe ZIP
1989, 137, 142; Palandt/Heinrichs, 50. Aufl., § 9 AGBG Rdnr.
88; Erman/Hefermehl, '8. Aufl., § 9 AGBG Rdnr. 214; Bülow,
Recht der Kreditsicherheiten, 2. Aufl., Rdnr. 461; im Ergebnis
auch C/emente, Die Sicherungsgrundschuld in der Bankpra.xis, Rdnr. 113; a. A. OLG Düsseldorf WM 1987, 717, 718; OLG
Hamm WM 1987, 1064). Dem steht nicht entgegen, daß die
Vermutung des § 9 Abs. 2 Nr. AGBG nicht eingreift, soweit es
sich um die mit der Grundschuldbestellung verbundene
Sicherungsabrede handelt, für die ein gesetzliches Leitbild
fehlt und die freier Vereinbarung unterliegt (vgl. BGHZ 100,
82, 84 [= MittBayNot 1987, 187 = DNotZ 1987, 493]; 101, 28,
33 [= MittBayNot 1987, 185= DNotZ 1987, 495]). Vorliegend
geht es nicht um die Zweckvereinbarung, deren Wirksamkeit
der Beurteilung nach § 9 Abs. 1 AGBG unterliegt, sondern
um die Grundschuldbestellung selbst.
Die Unangemessenheit wird nicht dadurch in Frage gestellt,
daß entsprechende Klauseln weithin üblich sind (BGHZ 106,
259, 267 m. w. N.).
Ist die Einräumung der dinglichen Sicherheit aus der Sicht
des Kreditinstituts nicht ausreichend, ist es ihm unbenommen, durch eine gesonderte Vereinbarung die persönliche
Haftung des zur Sicherung bereiten Dritten zu begründen.
5. Da es somit an einer wirksamen Übernahme der persönlichen Haftung und deshalb auch an einer wirksamen Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das sonstige Vermögen fehlt, hat die Beklagte den zwangsweise beigetriebenen Betrag von 219.611,20 DM ohne Rechtsgrund erlangt.
Insoweit ist die Klage begründet.
6. Dagegen kann die Klägerin nicht die Zustimmung der Beklagten zur Auszahlung des auf Notaranderkonto stehenden
Kaufpreisrestes verlangen. Dieser Restkaufpreis steht der
Beklagten zu.
Die Klägerin hat ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 478/3 — auch von der Revision nicht in Abrede
gestellt — entsprechend der konkludent getroffenen Zweckvereinbarung wirksam mit Grundschulden zugunsten der Beklagten belastet, haftete dieser gegenüber also dinglich mit
ihrem Anteil. Die Beklagte hätte daher diesen Anteil verwerten und mit dem Erlös die dingliche Haftung ablösen
können. Um der Klägerin und ihrem Sohn durch Verkauf
(statt durch Zwangsversteigerung) eine günstigere Verwertung zu ermöglichen, gab sie ihre dinglichen Sicherheiten
auf unter der Voraussetzung, daß ihr der Kaufpreis zufließt.
Da sich die Klägerin darauf einließ, trat der auf den Miteigentumsanteil der Klägerin entfallende Kaufpreisanteil, der der
Höhe nach deutlich hinter dem Umfang der dinglichen Belastung zurückblieb, vereinbarungsgemäß als eine Art Verwertungssubstrat an die Stelle des ihr bis -dahin haftenden
Grundstücks. Zur Auszahlung auch des auf den Anteil der
Klägerin entfallenden Kaufpreisteils an die Beklagte ist es
nur deshalb nicht gekommen, weil die Beklagte irrig eine
persönliche Haftung der Klägerin annahm und deshalb über
die Auszahlung des Kaufpreisanteils hinaus auch die-bereits
eingezogenen 219.611,20 DM behalten wollte. Da jedoch insoweit mangels persönlicher Haftung die Zahlungsklage der
Klägerin durchdringt, hat die Beklagte einen Anspruch auf
den Kaufpreisanteil in Höhe von 216.424,24 DM. Insoweit
kann die,Klägerin deshalb nicht Zustimmung zur Auszahlung an sich verlangen.
4. BGB § 459(Nicht genehmigte Umbauten eines Gebäudes
sind Sachmängel)
Ist in einem verkauften Hausgrundstück ein Trockenspeicher ohne erforderliche Baugenehmigung zu Wohnraum
umgebaut worden, so liegt unabhängig von der Frage, ob
die Umgestaltung nachträglich genehmigungsfähig ist, ein
Sachmangel schon deshalb vor, weil bis zur Genehmigung
die Baubehörde die Nutzung des Wohnraumes untersagen
kann.
BGH, Urteil vom 26.4.1991 — V ZR 73/90 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Mit. notariellem Vertrag vom 30.4.1985 kauften die Kläger vom Beklagten das Hausgrundstück D_Weg 2 in H.
Ziffer (7) a, des Vertrages enthält eine Gewährleistungsausschlußklausel.
Der Beklagte, der den Grundbesitz im Jahre 1978 gekauft hatte, ließ
1979/1980 unter anderem im Dachgeschoß des Hauses statt eines
früher vorhandenen Trockenspeichers, Wohnraum schaffen. Eine
Baugenehmigung für den Ausbau des Dachgeschosses hatte er
nicht eingeholt.
Mit der Behauptung, die Beseitigung des den Käufern arglistig verschwiegenen baurechtswidrigen Zustandes des Dachgeschosses
habe Aufwendungen in Höhe von insgesamt 27.012 DM erfordert, und
durch die damit verbundene Verkleinerung der Wohnfläche des Dachgeschosses und den Wegfall eines Fensters im Treppenhaus sei eine
Wertminderung des Grundstückes in Höhe von 11.500 DM eingetreten, haben die Kläger den Beklagten weiter auf Zahlung von
38.512 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat das Oberlandesgericht sie insoweit dem Grunde
nach als Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung für
gerechtfertigt erklärt.
Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
160 MittBayNot 1991 Heft 4


Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:...
II. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg
1. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon
aus, daß die Umgestaltung des nur als solchen genehmigten
Trockenspeichers zu Wohnzwecken genehmigungspflichtig
war. Nach § 60 Abs. 1 BauO NW (und den im Zeitpunkt des
Ausbaues geltenden früheren Vorschriften) bedarf u.a. die
Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Baugenehmigung, soweit nicht in der Bauordnung für bestimmte — hier
nicht einschlägige — Fälle (vgl. §§ 61, 62, 74 u. 75) etwas
anderes bestimmt ist. Eine Nutzungsänderung vom Trockenspeicher zum Wohnraum entfällt vorliegend nicht deshalb,
weil im Speicher eine Wasserleitung mit Waschbecken
installiert ist. Vor dem Ausbau des Dachgeschosses durch
den Beklagten befand sich im Trockenspeicher nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts kein Wohnraum. Die
in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge des
Revisionsklägers hat der Senat geprüft. Er hält sie für unbegründet (§ 565 a ZPO).
2. Das Fehlen der notwendigen Baugenehmigung für den
Ausbau des Dachgeschosses stellt — wie das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend angenommen hat
— einen Sachmangel des verkauften Grundstücks dar. Unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter Zulassung z. B. einer Ausnahme vom Erfordernis einer bestimmten lichten Höhe hätte erteilt werden können, war die Baubehörde bis zur Erteilung der Baugenehmigung und der
Durchführung der Bauzustandsbesichtigung berechtigt, die
Nutzung der ohne Baugenehmigung veränderten Anlage zu
untersagen. Die unberechtigte vorzeitige Benutzung stellt
überdies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Bußgeld geahndet werden kann (vgl. § 79 Abs. 1 Nr.7 u. 13 BauO NW).
Ob die Baubehörde - wie das Berufungsgericht meint —
auch berechtigt war, die Rückgängigmachung der ohne Genehmigung durchgeführten Baumaßnahmen zu verlangen,
bedarf keiner Klärung. Jedenfalls war im Zeitpunkt des Gefahrübergangs die Nutzung des Trockenspeichers zu Wohnzwecken nicht zulässig.
3. Fehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch eine Arglist
des Beklagten bejaht.
Arglistig handelt der offenbarungspflichtige Verkäufer, der
weiß, daß der von ihm ohne Baugenehmigung durchgeführte
Ausbau eines Dachgeschosses bauordnungswidrig ist, und
dieses Wissen nicht an den Käufer weitergibt (direkter Vorsatz) oder derwenigstens mit der Möglichkeit einer Unzulässigkeit der Nutzung der Räumlichkeiten zu Wohnzwecken
rechnete und dies in Kauf nahm (bedingter Vorsatz).
Der Beklagte hat vorgetragen, er sei von der Vorstellung ausgegangen, eine baubehördliche Genehmigung für den von
ihm veranlaßten Ausbau des Dachgeschosses sei nicht
erforderlich gewesen. Traf diese Vorstellung zu, so würde der
Beklagte die Kläger weder mit direktem noch indirektem Vorsatz über die Bauordnungswidrigkeit des Dachgeschoßausbaus getäuscht haben. Das Berufungsgericht hat nun ohne
Durchführung einer Beweisaufnahme die Arglist des Beklagten nur damit begründet, auch ein Laie wisse um die Notwendigkeit einer behördlichen Genehmigung für die Umgestaltung eines Trockenspeichers zu Wohnzwecken. Ein solcher Satz der Lebenserfahrung ist in dem vom Berufungsgericht zitierten Urteil des Senats vom 10.6.1983, V ZR 292/81,
WM 1983, 990 [= DNotZ 1984, 322], nicht aufgestellt worden.
MittBayNot 1991 Heft 4
Er findet sich auch nicht in anderen Senatsentscheidungen
und läßt sich in dieser Allgemeinheit nicht halten. Es mag
sein, daß auch ein nicht fachkundiger Bauherr im allgemeinen weiß, daß in die Bausubstanz nachhaltig einwirkende
Umbaumaßnahmen genehmigungspflichtig sind. Das Wissen um die Genehmigungsbedürftigkeit kann aber nicht
schon ohne weiteres dann bejaht werden, wenn ein Hauseigentümer in einem Dachgeschoß, in welchem nach
seinem Vortrag bereits Wasserleitungen und ein Wasserbecken vorhanden sind, nur Spanplatten verlegt, um ein
Gästezimmer herzurichten.
5. BGB §§ 369, 897, 1144; AGBG §§ 8, 9; AGB-Banken Nr. 22
Abs. 2 (Fassung Januar 1986) (Kein Entgelt für Banken für
die Erteilung einer Löschungsbewilligung)
Die als Allgemeine Geschäftsbedingung . aufzufassende
Klausel einer Bank, daß für die Ausfertigung von Löschungsbewilligungen bei Grundpfandrechten ein Entgelt zu entrichten ist, benachteiligt die Kunden unangemessen und ist
deshalb unwirksam.
BGH, Urteil vom 7.5.1991 — XI ZR 244/90 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Der klagende Verbraucherschutzverein hat nach seiner Satzung die
Aufgabe, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und
Beratung wahrzunehmen. Die beklagte Bank verwendet gegenüber
ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die durch
sogenannte „Preisverzeichnisse" ergänzt werden. Nr.22 Abs.2 AGB,
wortgleich mit Nr.22 Abs.2 AGB-Banken i.d.F. von Januar 1986,
lautet:
„Für alle sonstigen Leistungen und Maßnahmen bei der Bestellung,
Verwaltung, Freigabe und Verwertung von Sicherheiten sowie bei der
Inanspruchnahme von Mitverpflichteten kann die Bank ein angemessenes Entgelt im Rahmen des § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches
in Rechnung stellen; im übrigen gilt Nr.14 Abs.2 AGB entsprechend.
Außerdem trägt der Kunde — neben den in Nr.14 Abs. 5 erwähnten —
alle sonstigen in diesem Zusammenhang entstehenden Auslagen
und Nebenkosten, insbesondere Lagergelder, Kosten der Beaufsichtigung, Vermittlerprovisionen und Prozeßkosten"
In dem Preisverzeichnis für das Kreditgeschäft heißt es u.a.:
Gebührensatz
„Gebührenpflichtige Dienstleistung
Ausfertigung Löschungsbewilligung,
Abtretungserklärung oder RangrücktrittsDM 30,—"
erklärung bei Grundpfandrechten
Im Verfahren nach § 13 AGBG hat der Klägerin den Vorinstanzen von
der Beklagten u. a. verlangt, die Verwendung dieser oder einer
inhaltsgleichen Entgeltklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen. Das Landgericht (WM 1988, 1664) hat die Klage
insoweit abgewiesen, das Oberlandesgericht (WM 1990, 2036) hat die
Berufung zurückgewiesen. Mit der — zugelassenen — Revision beanstandet der Kläger die Klausel nur noch insoweit, als darin für die
Ausfertigung einer Löschungsbewilligung ein Entgelt bestimmt ist.
Die Revision hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß. § 13 Abs. 1 und 2
Nr.1 AGBG verlangen, daß sie die Verwendung der angegriffenen Klausel unterläßt, soweit darin für die Ausfertigung
einer Löschungsbewilligung ein Entgelt bestimmt ist. Insoweit ist die Klausel gemäß § 9 Abs. 1 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1
AGBG unwirksam.
I. Die beanstandete Klausel ist eine Vertragsbedingung i. S.
des § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG und nicht etwa die Konkretisierung des der Beklagten in Nr.22 Abs.2 AGB eingeräumten
Leistungsbestimmungsrechts gemäß §315 BGB. Die Be

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

26.04.1991

Aktenzeichen:

V ZR 73/90

Erschienen in:

MittBayNot 1991, 160-161

Normen in Titel:

BGB § 459