BGH 21. Januar 2022
V ZR 233/20
BGB §§ 314, 1030, 1047

Nießbrauch; Kündigung des zugrunde liegenden Kausalverhältnisses; Kondiktion

letzte Aktualisierung: 2.6.2022
BGH, Versäumnisurt. v. 21.1.2022 – V ZR 233/20

BGB §§ 314, 1030, 1047
Nießbrauch; Kündigung des zugrunde liegenden Kausalverhältnisses; Kondiktion

a) Der Nießbrauch und das mit seiner Bestellung zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher
entstehende besondere gesetzliche Schuldverhältnis sind einer Kündigung gemäß § 314 Abs. 1 BGB
nicht zugänglich.
b) Ist in dem der Nießbrauchsbestellung zugrunde liegenden Kausalgeschäft die Zahlung eines
wiederkehrenden Entgelts vereinbart und zahlt der Nießbraucher das Entgelt nicht, kann der
Eigentümer das Kausalverhältnis unter den weiteren Voraussetzungen des § 314 BGB kündigen und
den Nießbrauch kondizieren (Abgrenzung von Senat, Urteil vom 13. November 1998 – V ZR
29/98, NJW-RR 1999, 376, 377).
c) Hiervon zu unterscheiden sind Vereinbarungen, die das durch die Bestellung des Nießbrauchs
entstehende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Nießbraucher und Eigentümer betreffen. Eine
Verletzung daraus folgender Pflichten berechtigt den Eigentümer nicht zu einer Beendigung des
Nießbrauchs nach den Vorschriften des Leistungsstörungsrechts.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von dem Beklagten die
Bewilligung der Löschung des Nießbrauchs verlangen, weil sie gemäß § 323
Abs. 1 BGB wirksam von dem der Bestellung zugrunde liegenden Kausalgeschäft
zurückgetreten sei. Die Parteien hätten die Nichterfüllung der von dem
Beklagten übernommenen Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts sowie der
Tragung der nicht von § 1047 BGB erfassten Lasten zwar nicht zur auflösenden
Bedingung für den Bestand oder die Ausübung des Nießbrauchsrechts gemacht.
Bei dem Kausalvertrag handele es sich aber um einen gegenseitigen Vertrag im
Sinne des § 323 Abs. 1 BGB. Die von dem Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen
gingen über die in § 1047 BGB geregelte Verpflichtung zur Lastentragung
hinaus. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt lägen vor, da der Beklagte
seine vertragliche Verpflichtung nicht erfüllt habe. Es könne offenbleiben, ob er
das vereinbarte Entgelt bezahlt habe. Jedenfalls habe er die Grundsteuer trotz
Fristsetzung nicht beglichen.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht
gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten
auf Zustimmung zur Löschung des Nießbrauchs nicht bejaht werden. Zu
entscheiden ist durch Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht
vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82 ff.).

1. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht allerdings einen Grundbuchberichtigungsanspruch
der Klägerin gemäß § 894 BGB. Der Nießbrauch,
von dessen Eintragung in das Grundbuch der Senat ausgeht, ist durch eine Kündigung
der Klägerin nicht beendet worden. Der Nießbrauch ist als dingliches
Recht einer Kündigung durch den Eigentümer nicht zugänglich. Bei dem Nießbrauch
handelt es sich um kein Dauerschuldverhältnis, das nach § 314 BGB beendet
werden könnte (vgl. zur Grunddienstbarkeit Senat, Urteil vom 20. September
1974 - V ZR 44/73, NJW 1974, 2123, 2124; zum dinglichen Wohnungsrecht
vgl. Senat, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377
und Urteil vom 11. März 2016 - V ZR 208/15, NJW-RR 2017, 140 Rn. 7; zur beschränkten
persönlichen Dienstbarkeit vgl. Senat, Urteil vom 27. Juni 2014
- V ZR 51/13, NJW-RR 2014, 1423 Rn. 13). Die Parteien haben auch nicht - was
möglich gewesen wäre (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 1974 - V ZR 44/73,
NJW 1974, 2123, 2124; Urteil vom 27. Juni 2014 - V ZR 51/13, NJW-RR 2014,
1423 Rn. 13) - den Fortbestand des Nießbrauchs im Sinne einer auflösenden
Bedingung mit einem Recht der Klägerin verbunden, den Vertrag über die Bestellung
des Nießbrauchs durch Kündigungserklärung zu beenden oder - was
ebenfalls möglich gewesen wäre (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 2021
- V ZR 44/19, MDR 2021, 1001 Rn. 11 mwN zur Grunddienstbarkeit; Grüneberg/
Herrler, BGB, 81. Aufl., § 1030 Rn. 7; Staudinger/Heinze, BGB [2021],
§ 1030 Rn. 62; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, 1992, S. 335) - die Erfüllung
des mit schuldrechtlicher Wirkung vereinbarten Entgelts zur auflösenden Bedingung
für den Bestand des Nießbrauchs gemacht (zur Eintragung der den Bestand
des Rechts betreffenden Bedingung vgl. Senat, Beschluss vom 1. Oktober
2020 - V ZB 51/20, ZfIR 2021, 32 Rn. 20).

2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, die Klägerin
könne von dem Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 BGB die Rückübertragung des
Nießbrauchs verlangen, weil sie wegen Verletzung der Pflicht des Beklagten zur
Zahlung der Grundsteuer wirksam gemäß § 323 Abs. 1 BGB von dem der Bestellung
des Nießbrauchs zugrundeliegenden Kausalverhältnis zurückgetreten
sei.

a) Richtig ist zwar, dass auf das der Nießbrauchsbestellung zugrunde liegende
Kausalverhältnis (z.B. Rechtskauf oder Schenkung) die allgemeinen Regelungen
des Leistungsstörungsrechts der §§ 320 ff. BGB anwendbar sind
(BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2021], § 1018 Rn. 251; Staudinger/Weber, BGB
[2017], § 1018 Rn. 14). Besteht gemäß § 323 Abs. 1 BGB ein Recht zum Rücktritt
von dem Kausalverhältnis, kann der Eigentümer die Rückübertragung des Nießbrauchs
nach § 346 Abs. 1 BGB verlangen (vgl. MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018
Rn. 7; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1279 f.; Staudinger/
Weber, BGB [2017], § 1018 Rn. 14; jeweils zur Grunddienstbarkeit; Hauck, Nießbrauch
an Rechten, 2015, S. 239).

b) Unzutreffend ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin
sei zum Rücktritt von dem Kausalverhältnis gemäß § 323 Abs. 1 BGB berechtigt
gewesen, weil der Beklagte die in Ziffer II des Bestellungsvertrags übernommene
Grundsteuer nicht gezahlt habe. Sie lässt unberücksichtigt, dass das der Bestellung
des Nießbrauchs zugrundeliegende Kausalverhältnis von den (ggf. auch
schuldrechtlichen) Vereinbarungen zu trennen ist, die das Verhältnis zwischen
dem Eigentümer und dem Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchs
regeln.

aa) Das Kausalverhältnis bildet den Rechtsgrund für das dingliche Recht;
es setzt sich bei einem Nießbrauch insbesondere aus der Verpflichtung, den
Nießbrauch zu bestellen, und der Vereinbarung der hierfür zu erbringenden Gegenleistung
zusammen. Die Gegenleistung für die Bestellung des Rechts kann
dabei auch ein laufendes, nach bestimmten Zeitabschnitten zu entrichtendes
Entgelt sein (vgl. Senat, Urteil vom 10. Mai 1968 - V ZR 221/64, WM 1968, 775;
Urteil vom 20. September 1974 - V ZR 44/73, NJW 1974, 2123; Urteil vom
27. Juni 2014 - V ZR 51/13, NJW-RR 2014, 1423 Rn. 13; Urteil vom
19. März 2021 - V ZR 44/19, MDR 2021, 1001 Rn. 7). Ist das Kausalverhältnis
unwirksam, kann das dingliche Recht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB
kondiziert werden; erbringt der Nießbrauchsberechtigte die von ihm geschuldete
Gegenleistung nicht, kann der Eigentümer nach § 323 Abs. 1 BGB von dem Vertrag
zurücktreten (vgl. MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl., § 1018 Rn. 7; Schöner/Stöber,
Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1280; Hauck, Nießbrauch an Rechten, 2015,
S. 239; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, 1992, S. 366) bzw. diesen kündigen
(siehe dazu unten Rn. 18 ff.).

bb) (1) Hiervon zu unterscheiden sind Vereinbarungen, die das durch die
Bestellung des Nießbrauchs entstehende gesetzliche Schuldverhältnis zwischen
Nießbraucher und Eigentümer betreffen (vgl. Heinze, ZNotP 2018, 305). Das Gesetz
gibt deren Rechte und Pflichten in den §§ 1030 ff. BGB zwar vor; diese Bestimmungen
sind ungeachtet der zwingenden Natur des Sachenrechts aber teilweise
abdingbar (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juni 1985 - V ZR 37/84, BGHZ 95,
99, 100; Staudinger/Heinze, BGB [2021], Vorbemerkungen zu §§ 1030 ff.
Rn. 12). Zulässige abweichende Vereinbarungen können mit dinglicher Wirkung
getroffen werden. Sie werden mit der Eintragung in das Grundbuch zum Inhalt
des Rechts und binden dann auch einen Rechtsnachfolger; eine Bezugnahme
auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 874 BGB genügt (vgl. BayObLGZ 1977,
81, 84; BeckOGK/Servatius, BGB [1.11.2021], § 1047 Rn. 5; Staudinger/Heinze,
aaO Rn. 16). Die Beteiligten können sich aber auch auf eine schuldrechtliche,
und damit nur zwischen ihnen wirkende, abweichende Vereinbarung beschränken.
Zu den abdingbaren Regelungen zählen insbesondere die Beschränkung
der Erhaltungspflicht des Nießbrauchers auf die zur gewöhnlichen Unterhaltung
gehörenden Maßnahmen (§ 1041 Satz 2 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar
2009 - V ZR 197/07, NJW 2009, 1810 Rn. 16; Staudinger/Heinze, BGB
[2021] Vorbemerkungen zu §§ 1030 ff. Rn. 14 mwN) und die Regelung zur Lastentragung
in § 1047 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 21. Dezember 1973
- V ZR 157/72, NJW 1974, 641 f.; BayObLGZ 1979, 273, 277; Staudinger/
Heinze, BGB [2021], § 1047 Rn. 31).

(2) Solche Vereinbarungen sind nicht Teil des der Bestellung des Nießbrauchs
zugrundeliegenden Kausalverhältnisses, insbesondere sind die Erhaltungs-
und Lastentragungspflichten des Nießbrauchers keine Gegenleistung für
die Gewährung des Nießbrauchs (vgl. Senat, Urteil vom 21. Dezember 1973 -
V ZR 157/72, NJW 1974, 641, 642; RGZ 143, 231, 234; BeckOGK/Servatius,
BGB [1.11.2021], § 1047 Rn. 2; MüKoBGB/Pohlmann, 8. Aufl., § 1047 Rn. 1).
Eine Verletzung dieser Pflichten berechtigt den Eigentümer nicht zu einer Beendigung
des Nießbrauchs nach den Vorschriften des Leistungsstörungsrechts
(Staudinger/Heinze, BGB [2021], § 1054 Rn. 1). Dem Eigentümer stehen, wenn
nicht anderes vereinbart ist (vgl. Rn. 7), neben der Möglichkeit der zwangsweisen
Verwaltung nach § 1054 BGB nur Erfüllungsansprüche sowie Ansprüche auf
Schadensersatz wegen der Verletzung des gesetzlichen Schuldverhältnisses
(§ 280 BGB; BeckOGK/Servatius, BGB [1.11.2021], § 1054 Rn. 14; MüKoBGB/
Pohlmann, 8. Aufl., § 1030 Rn. 19) zu. Das gilt auch, wenn diese Pflichten mit
(nur) schuldrechtlicher Wirkung erweitert worden sind.

c) So verhält es sich hier. Mit der Vereinbarung, dass der Beklagte sämtliche
öffentlichen und privaten Lasten des Grundstücks zu tragen hat, haben die
Parteien seine Verpflichtung aus § 1047 BGB und damit das gesetzliche Schuldverhältnis,
wenn auch nur mit schuldrechtlicher Wirkung, ausgestaltet. Demnach
hat der Beklagte durch die Nichtzahlung der Grundsteuer zwar seine Pflichten
als Nießbraucher, nicht aber Pflichten aus dem dem Nießbrauch zugrundeliegenden
Kausalverhältnis verletzt mit der Folge, dass ein Rücktritt der Klägerin nach
§ 323 Abs. 1 BGB von dem Kausalverhältnis hierauf nicht gestützt werden kann.

III.
Daher kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und ist aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563
Abs. 3 ZPO), weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist daher zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes
hin:

1. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Löschung des Nießbrauchs
(§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB) verlangen, wenn sie das Kausalverhältnis gemäß
§ 314 BGB gekündigt hat. Das Berufungsgericht wird festzustellen haben, ob der
Beklagte das vereinbarte laufende Entgelt nicht gezahlt und damit die Gegenleistung
für die Bestellung des Nießbrauchs nicht erbracht hat.

a) Ob der Eigentümer das der Nießbrauchsbestellung zugrundeliegende
Kausalgeschäft bei Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts gemäß § 314 BGB
kündigen kann, ist allerdings umstritten. Teilweise wird das verneint (Hauck,
Nießbrauch an Rechten, 2015, S. 235 ff.). Die Gegenansicht bejaht die Kündbarkeit
des Kausalverhältnisses mit der Folge, dass der Nießbrauch kondiziert werden
könne (MüKoBGB/Pohlmann, 8. Aufl., § 1054 Rn. 1; Staudinger/Heinze,
BGB [2021], § 1054 Rn. 1; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, 1992, S. 266,
269). Die Einstellung der Zahlung des vereinbarten Entgelts wird als wichtiger
Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB angesehen (vgl. OLG Koblenz, Grundeigentum
2018, 1278 zur Grunddienstbarkeit; Heinze, ZNotP 2018, 305, 310).

b) Die zweite Ansicht trifft zu. Zwar sind der Nießbrauch und das mit seiner
Bestellung zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher entstehende besondere
gesetzliche Schuldverhältnis einer Kündigung gemäß § 314 Abs. 1 BGB
nicht zugänglich. Ist in dem der Nießbrauchsbestellung zugrunde liegenden Kausalgeschäft
die Zahlung eines wiederkehrenden Entgelts vereinbart und zahlt der
Nießbraucher das Entgelt nicht, kann der Eigentümer aber das Kausalverhältnis
unter den weiteren Voraussetzungen des § 314 Abs. 1 BGB kündigen und den
Nießbrauch kondizieren (§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB).

aa) Der Anwendung von § 314 BGB auf das Kausalverhältnis steht nicht
die Rechtsprechung des Senats entgegen, wonach das der Bestellung eines
dinglichen Wohnungsrechts und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
zugrunde liegende Kausalgeschäft kein Dauerschuldverhältnis und deshalb einer
außerordentlichen Kündigung, auch nicht in analoger Anwendung des § 314
BGB, zugänglich ist (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98,
NJW-RR 1999, 376, 377; Urteil vom 27. Juni 2014 - V ZR 51/13, NJW-RR 2014,
1423 Rn. 13; Urteil vom 11. März 2016 - V ZR 208/15, NJW-RR 2017, 140 Rn. 7).
Das Kausalverhältnis wird nicht deshalb zu einem Dauerschuldverhältnis, weil
das in seiner Erfüllung bestellte dingliche Recht auf (lange) Dauer bestellt ist. Mit
der Bestellung des dinglichen Rechts und - bei entgeltlicher Bestellung - der Erbringung
der dafür vereinbarten Gegenleistung, ist das Kausalverhältnis erfüllt
(vgl. Senat, Urteil vom 10. Mai 1968 - V ZR 221/64, WM 1968, 775; Urteil vom
20. September 1974 - V ZR 44/73, NJW 1974, 2123; Urteil vom 13. November
1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377).

bb) Anders liegt es indessen, wenn in dem Bestellungsvertrag - wie hier -
eine Verpflichtung des Berechtigten zur Zahlung eines laufendenden Entgelts
vereinbart ist; in diesem Fall enthält das Kausalverhältnis Elemente eines Dauerschuldverhältnisses
(vgl. Senat, Urteil vom 20. September 1974 - V ZR 44/73,
NJW 1974, 2123 f.; zur lebenslangen Pflegeverpflichtung als Gegenleistung für
die Übertragung eines Grundstücks vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 2021
- V ZR 30/20, FamRZ 2021, 1846 Rn. 16; zum Hofübergabevertrag vgl. BGH,
Urteil vom 8. Dezember 2015 - X ZR 98/13, BGHZ 208, 154 Rn. 24). Mit der
Begründung des dinglichen Rechts hat nur der Eigentümer seine Pflicht aus dem
Kausalgeschäft vollständig erfüllt. Der Nießbraucher bleibt hingegeben bis zur
Beendigung des Nießbrauchs zur Zahlung des laufenden Entgelts verpflichtet.
Weil das in dem Kausalverhältnis vereinbarte Entgelt die Gegenleistung für die
Bestellung des Nießbrauchs sein soll, ist dem Eigentümer bei Nichtzahlung ein
Festhalten an dem Kausalverhältnis regelmäßig nicht zuzumuten. Das rechtfertigt
es, bei Verletzung der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung die Kündigung
auch nach der allgemeinen Kündigungsvorschrift für Dauerschuldverhältnisse
in § 314 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund zuzulassen.

c) Bei der Verletzung von Pflichten aus einem Dauerschuldverhältnis geht
die Kündigung gemäß § 314 BGB dem Rücktritt gemäß § 323 Abs. 1 BGB regelmäßig
- und so auch hier - vor (vgl. BT-Drucks. 14/040 S. 177; BGH, Urteil vom
11. Februar 1981 - VIII ZR 312/79, NJW 1981, 1264, 1265; Urteil vom 8. Dezember
2015 - X ZR 98/13, BGHZ 208, 154 Rn. 23 f.; vgl. auch Senat, Urteil vom
9. Juli 2021 - V ZR 30/20, FamRZ 2021, 1846 Rn. 16 zu § 313 Abs. 3 BGB). Dem
entspricht es, dass die Klägerin mit Schreiben vom 8. November 2016 nicht den
Rücktritt, sondern die Kündigung erklärt hat.

2. Sollte der Beklagte das laufende Entgelt nicht gezahlt haben, hat das
Berufungsgericht zu prüfen, ob dies - auch unter Berücksichtigung der Reduktion
- einen wichtigen Grund im
Sinne des § 314 BGB darstellt. Das bedarf einer Abwägung der Interessen der
Parteien im Rahmen der Zumutbarkeit (§ 314 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei ist auch
von Bedeutung, ob es sich um eine unerhebliche Pflichtverletzung handelt (vgl.
BeckOGK/Martens, [1.1.2022], § 314 Rn. 33; MüKoBGB/Gaier, 8. Aufl., § 314
Rn. 18). Nach § 314 Abs. 2 BGB ist eine auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten
gestützte Kündigung aus wichtigem Grund zudem grundsätzlich erst nach
Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig
(zu den Einzelheiten BGH, Urteil vom 12. Oktober 2011 - VIII ZR 3/11,
NJW 2012, 53 Rn. 17 mwN).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu.
Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des
Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird,
bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise
eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt
werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen,
die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende
des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der
Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht
mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4,
§ 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

21.01.2022

Aktenzeichen:

V ZR 233/20

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 314, 1030, 1047