BGH 15. März 1992
II ZB 17/91
FGG § 20 Abs. 2; AktG 1965 §§ 36 Abs. 1, 23 Abs. 3 Nr. 2

Zulässigkeit offener Vorratsgründung von Aktiengesellschaften

Zu Grund und Höhe der Ausgleichungspflicht hat der Senat
folgendes erwogen:
Die Beklagte hat durch Mitarbeit im Haushalt und Geschäft
des Erblassers während eines Zeitraums von mehr als
21 Jahren in besonderem Maße dazu beigetragen, das Vermögen des Erblassers zu erhalten und zu vermehren
(§ 2057 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Voraussetzungen für eine
Anrechnung der in den letzten Jahren erforderlichen Pflege
des Erblassers liegen hingegen nicht vor, weil diese nicht
unter Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen geschah
(§ 2057 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Zu berücksichtigen sind neben
den übrigen Umständen in erster Linie Dauer und Umfang
der Leistungen sowie der Wert des Nachlasses (§ 2057 a
Abs.3 BGB), wobei auf eine Nachrechnung jeder Einzelheit
verzichtet werden und statt dessen eine pauschale Schätzung vorgenommen werden kann (vgl. z. B. Staudinger/
Werner, 12. Aufl., Rdnr.1 zu § 2057 a).
Es liegt nähe, die gesamte Mitarbeit der Beklagten in drei
Zeiträume zu gliedern und diese getrennt zu bewerten:
1.Juli 1967 bis Oktober 1970 (40 Monate)
Die Beklagte wurde im Juli 1967 aus der Hauptschule entlassen. Sie erlernte im Gegensatz zur Klägerin, die Kindergärtnerin wurde, keinen Beruf, sondern arbeitete bis November
1970 ganztags im Haushalt und auf dem 8 ha großen Hof des
Erblassers, der selbst als Maschinenwärter einer VollzeitBeschäftigung in einem Hüttenwerk nachging. Es bestand
bereits seinerzeit beim Erblasser eine 30%ige MdE. Die Ehefrau und Mutter der Beklagten litt seit 1963/64 an Herzbeschwerden. Von Frühjahr 1968 bis Sommer 1970 half die Beklagte außerdem noch bei der Aufstockung und dem Umbau
des elterlichen Anwesens. Während dieser Zeit hatte sie Verköstigung und Wohnung im Rahmen ihres Unterhaltsanspruchs frei. Daß sie gem. § 1619 BGB zur Mitarbeit verpflichtet war, steht der Ausgleichungspflicht nicht entgegen
(§ 2057 a Abs. 2 Satz 2 BGB).
Der Senat hält für diesen Zeitraum einen Ausgleichungsbetrag von 800,00 DM im Monat, das sind insgesamt
32.000,00 DM für angemessen.
2. November 1970 bis April 1976 (66 Monate)
Die Beklagte heiratete im November 1970 und zog auf den in
der Nähe gelegenen, ca. 20 ha großen Hof ihres Ehemannes,
der ebenfalls wie der Erblasser ganztags in abhängiger Stellung berufstätig war. Beim Erblasser bestand ab 1975 eine
MdE von 60%. Die Beklagte war in diesem Zeitraum in deutlich geringerem Umfang auf dem Hof des Erblassers tätig,
was sich schon daraus ergibt, daß sie den eigenen Hof weitgehend allein bewirtschaften und ihre Kinder versorgen
mußte. Allerdings erbrachte ihr Ehemann in gewissem -durch die eigene Erwerbstätigkeit beschränktem — Umfang
mit seinen landwirtschaftlichen Geräten ebenfalls Arbeitsleistungen auf dem Hof des Erblassers. Andererseits wurden aber auch umgekehrt Geräte von diesem Hof auf dem
Hof der Beklagten verwendet. Diese Leistungen des Ehemannes kann die Beklagte ebenfalls im Rahmen des
§ 2057 a BGB geltend machen (vgl. z. B. Münchener Kommentar, 2. Aufl., Rdnr. 20 zu § 2057 a). Der Senat bewertet die
Mitarbeit in diesem Zeitabschnitt mit durchschnittlich
400,00 DM im Monat, so daß sich ein Ausgleichsbetrag von
insgesamt 26.400,00 DM ergibt.
3. Mai 1976 bis Januar 1988 (141 Monate)
Im Mai 1976 starb die Ehefrau des Erblassers und Mutter der
Beklagten. Der Erblasser war ab 1976 nicht mehr berufstätig
und bezog eine Rente in Höhe von etwa 400,00 DM, die sich
bis 1988 auf rund 650,00 DM erhöhte. 1984 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Erblassers um 70% festgestellt. Außerdem lagen die Voraussetzungen des Merkzeichens „G" (= Gehbehinderung) im Sinne des Schwerbehindertengesetzes vor. Krankenhausaufenthalte von
mehrwöchiger Dauer häuften sich.
Die Beklagte versorgte in diesem Zeitraum vollständig den
Haushalt des Erblassers, der bis zehn Monate vor seinem
Tod in seinem Anwesen, danach bei der Beklagten wohnte.
Mit zunehmendem Alter und dem Nachlassen der körperlichen Leistungsfähigkeit des Erblassers vermehrte sich
auch der Einsatz der Beklagten und ihres Ehemannes in der
Landwirtschaft des Vaters. Daß die Leistungen der Beklagten nicht nur der Erhaltung des Vermögens des Erblassers,
sondern auch der Vermehrung dienten, zeigt der Umstand,
daß letzterer von 1979 bis 1988 trotz seiner niedrigen Rente
ein Guthaben von rund 74.000,00 DM ansparen konnte. Der
Erblasser konnte nämlich noch 1979, als die Klägerin ihren
Pflichtteilsanspruch nach dem Tod der Mutter gerichtlich
geltend machte, diesen nur in monatlichen Raten von
220,00 DM erfüllen.
Der Senat hält daher für die Mitarbeit auf dem Hof und dem
Haushalt des Erblassers im Durchschnitt einen Ausgleichsbetrag von 1.000,00 DM im Monat, das sind zusammen
141.000,00 DM, für angemessen.
Der gesamte Ausgleichsbetrag beläuft sich demnach auf
199.400,00 DM. Dies ergibt einen gem. § 2057 a BGB berichtigten gesetzlichen Erbteil im Wert von 67.614,65 DM
(334.629,30 .1. 199.400,00 = 135.229,30 : 2 = 67.614,65 DM)
und einen Pflichtteil von 33.807,33 DM.
B.
Handelsrecht einschließlich Registerrecht
14. FGG § 20 Abs.2; AktG 1965 §§ 36 Abs.1, 23 Abs.3 Nr. 2
(Zulässigkeit offener Vorratsgründung von Aktiengesellschaften)
a) Auch die erstmalige Anmeldung der Aktiengesellschaft
zum Handelsregister durch die in § 36 Abs. 1 AktG
genannten Personen erfolgt im Namen der Gesellschaft.
Die Gesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, ist
daher auch beschwerdeberechtigt i. S. des § 20 Abs. 2
FGG (Ergänzung zu BGHZ 105, 324).
b) Die Gründung von Vorrats-Aktiengesellschaften ist zulässig, wenn die Bestimmung der Gesellschaft, als sog.
Mantel für die spätere Aufnahme eines Geschäftsbetriebs zu dienen, bei der Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes deutlich klargestellt wird (sog.
offene Vorratsgründung). Ausreichend dafür ist die Angabe „Verwaltung des eigenen Vermögens". Eine wegen
der Angabe eines unzutreffenden Unternehmensgegenstandes unwirksame sog. verdeckte Vorratsgründung
liegt auch dann vor, wenn der angegebene Unternehmensgegenstand nicht in absehbarer Zeit verwirklicht
werden soll.
BGH, Beschluß vom 16.3.1992 — ll ZB 17/91 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
MittBayNot 1992 Heft 5 339


Aus dem Tatbestand.•
Mit Beschluß vom 29.11.1990 hat das Amtsgericht Stuttgart — Registergericht — den Antrag auf Bestellung eines Gründungsprüfers für
die A.AG, sowie die von ihren Gründern, Aufsichtsratsmitgliedern
und ihrem Alleinvorstand bewirkte Anmeldung dieser Gesellschaft
zur Eintragung in das Handelsregister zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wahl des Gesellschaftssitzes in Stuttgart sei rechtsmißbräuchlich und unwirksam. Es handle sich außerdem um eine unzulässige Vorratsgründung. Der angegebene Unternehmensgegenstand sei rein fiktiv und die Satzung deshalb wegen
Fehlens der nach § 23 Abs. 3 Nr.2 AktG erforderlichen Angabe nichtig. Dieselbe Personengruppe habe in dem Zeitraum zwischen September 1989 und Juli 1990 eine Vielzahl von Aktiengesellschaften, die
alle dieselben Gründer, Aufsichtsratsmitglieder sowie dasselbe Vorstandsmitglied gehabt hätten, mit sehr farblosen, wenig konkreten
Unternehmensgegenständen angemeldet. Dieses Vorgehen der auch
im gegebenen Fall wieder beteiligten Personen mache deutlich, daß
eine ernsthafte Absicht der Aufnahme einer dem angegebenen
Unternehmensgegenstand entsprechenden Geschäftstätigkeit nicht
bestehe, sondern es vielmehr darum gehe, Gesellschaften ins Leben
zu rufen, über deren Verwendung erst im Bedarfsfalle entschieden
werden solle. Die gegen diese Entscheidung von der Gesellschaft,
vertreten durch ihren (Allein-)Vorstand, eingelegte Beschwerde wurde
durch Beschluß des Landgerichts Stuttgart, 4. Kammer für Handelssachen, vom 22.1.1991 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart legt die dagegen „namens und in Vollmacht des Vorstandes der
Gesellschaft" eingelegte Beschwerde so aus, daß der Vorstand auch
in diesem Rechtszug nicht für sich selber, sondern im Namen der Gesellschaft handeln will. Es möchte der Beschwerde stattgeben, sieht
sich daran aber gehindert, weil es nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung, die bei der Anmeldung einer Kapitalgesellschaft nicht das Vertretungsorgan allein, sondern nur alle anmeldenden Personen gemeinsam als beschwerdeberechtigt ansieht
(BayObLG AG 1973, 344 und für die GmbH BayObLG BB 1985, 610;
BayObLGZ 1986, 454 = DB 1987, 215 [= MittBayNot 1987, 47];
BayObLG BB 1987, 1627; OLG Hamm OLGZ 1981, 419 und DB 1984,
238; KG OLGZ 1969, 501; OLG Köln OLGZ 1987, 33), die weitere
Beschwerde mit der Maßgabe zurückweisen müßte, daß die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird. Es hat sie deshalb dem
Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen:
Die Voraussetzungen für die Vorlage gem. § 28 Abs.2 FGG
sind gegeben. Die vorstehend bezeichneten Gerichte haben
in den angeführten Beschlüssen die Ansicht vertreten, bei
Kapitalgesellschaften stehe die Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung einer angemeldeten Tatsache in das
Handelsregister nur den anmeldenden Personen gemeinsam, nicht aber der Gesellschaft zu. Von diesen Entscheidungen müßte das vorlegende Gericht abweichen, wenn es
der weiteren Beschwerde stattgeben will, weil es das Beschwerderecht der Gesellschaft, vertreten durch ihr gesetzliches Vertretungsorgan, zubilligt. Wie das vorlegende Gericht zutreffend erkennt, kann diese Rechtsfrage auch nicht
durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes in BGHZ
105, 324 als geklärt gelten, weil diese eine Anmeldung in den
Angelegenheiten einer bereits eingetragenen Gesellschaft
betrifft und der Fall der erstmaligen Anmeldung einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich der Beschwerdebefugnis nicht
notwendigerweise rechtlich gleich zu beurteilen sein muß.
1. a) Die von dem verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt
„namens und in Vollmacht des Vorstandes der Gesellschaft" eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig. Entsprechendes gilt auch für die von der Gesellschaft, vertreten
durch den Vorstand, eingelegte Erstbeschwerde. Wie der
Senat bereits in seiner Entscheidung BGHZ 105, 324, 327 f.
ausgeführt hat, erfolgt jedenfalls eine Anmeldung, die auf
eine Eintragung mit konstitutiver Wirkung gerichtet ist, im
Namen der Kapitalgesellschaft, in deren Angelegenheiten
die Eintragung zu bewirken ist. Bei Ablehnung der Eintragung ist sie deshalb beschwert und infolgedessen auch
beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 2 FGG). Zwar hat die bezeichnete Senatsentscheidung nicht den Fall einer Aktien.
gesellschaft in Gründung zum Gegenstand, sondern die Eintragung eines Unternehmensvertrages bei der GmbH. Der
dort ausgesprochene Grundsatz gilt aber auch für die erstmalige Eintragung einer Aktiengesellschaft. Die auch im
Schrifttum bisher noch überwiegende gegenteilige Ansicht
wird, soweit sie nicht noch auf der vom Senat in BGHZ 105,
324 aufgegebenen Auffassung beruht, die generell nur die
anmeldenden Personen als solche als Antragsteller und deshalb als Beschwerdeberechtigte gem. § 20 Abs.2 FGG ansah (vgl. KK/Kraft, AktG 2.Aufl. §38 Rdnr.17; Eckardt in:
Geßler/Hefermehl, AktG §36 Rdnr.19; Scholz/K.Schmidt,
GmbHG 7. Aufl. §9 c Rdnr.36 und § 11 Rdnr.34; Hueck in:
Baumbach/Hueck, GmbHG 15. Aufl. § 9 c Rdnr. 2, MeyerLandrut, GmbHG § 10 Rdnr. 10; Lutter/Hommelhoff, GmbHG
13.Aufl. § 10 Rdnr.1; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8.Aufl.
§ 9 c Rdnr. 44), nicht dem veränderten, heute nahezu unangefochtenen Verständnis von der Rolle und dem Wesen der
Vorgesellschaft gerecht (vgl. insoweit Lutter/Hommelhoff
a. a. O. und Bassenge/Herbst, FGG/RPflG 5. Aufl. § 125
Anm.5 d, die ohne weiteres davon ausgehen, daß die Entscheidung BGHZ 105, 324 nur die bereits eingetragene Gesellschaft betreffe). Dies gilt für die Aktiengesellschaft nicht
anders als für die GmbH.
Danach ist die Vorgesellschaft (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere BGHZ 80, 129 ff. [= MittBayNot 1981, 192] sowie aus dem Schrifttum statt aller
Eckardt in: Geßier/Hefermehl a.a.O. §29 Rdnr.6ff. und
neuerdings Weimar, AG 1992, 69 ff. — für die AG — sowie
Scholz/K. Schmidt a. a. O. § 11 Rdnr. 24 ff. — für die GmbH —,
jeweils m. w. N.) als notwendige Vorstufe zu der mit der Eintragung entstehenden juristischen Person als werdende
Kapitalgesellschaft bereits ein eigenständiges, von ihren
Gründern und Gesellschaftern verschiedenes körperschaftlich strukturiertes Rechtsgebilde mit eigenen Rechten und
Pflichten. Die Vorgesellschaft als solche und nicht jeder einzelne Gesellschafter oder eine von ihr verschiedene Gesamtheit ihrer Gesellschafter ist Träger der eingebrachten Vermögenswerte. Die Vorgesellschaft verfügt bereits über eine
eigene Firma oder doch jedenfalls über einen eigenen
Namen, ist konto- und grundbuchfähig, nach der im Schrifttum herrschenden Auffassung auch wechsel- und scheckfähig, und auch im übrigen imstande, durch ihre Geschäftsführung oder ihren Vorstand als satzungsmäßiges Vertretungsorgan nach außen geschlossen aufzutreten und
eigene Rechte und Verbindlichkeiten zu begründen, deren
Träger nicht die Gesellschafter, sondern die Gesellschaft
selber ist, die infolgedessen auch schon die Fähigkeit besitzt, als solche die Funktion des persönlich haftenden Gesellschafters in einer Kommanditgesellschaft zu übernehmen. Ihr Wesen als die im Entstehen begriffene Kapitalgesellschaft zeigt sich auch darin, daß die ihr übertragenen
Vermögenswerte und die in ihrer Vertretung begründeten
Rechte und Pflichten mit der Eintragung automatisch auf
die damit entstandene juristische Person übergehen. Sie ist
mithin die durch Eintragung zur Rechtsfähigkeit gelangende
Kapitalgesellschaft. Als solche besitzt sie grundsätzlich
auch die Fähigkeit, im Registerverfahren Beteiligte zu sein.
Mit dieser Auffassung vom Wesen der Vorgesellschaft wäre
es nur schwer vereinbar, ihr diese Stellung ausgerechnet in
ihrem eigenen Eintragungsverfahren, das ihr zur Erlangung
der vollen Rechtsfähigkeit verhelfen soll, zu versagen und
ihr insoweit unter Leugnung ihres im übrigen in nahezu allen
anderen Bereichen anerkannten Eigenlebens in striktem Gegensatz zu der bereits eingetragenen Gesellschaft lediglich
MittBayNot 1992 Heft 5
Tätigkeit der anmeldenden Personen zuzuweisen. In konsequenter Fortführung der in den letzten Jahrzehnten entwickelten Auffassung vom Wesen der Vorgesellschaft ist
vielmehr davon auszugehen, daß auch die erstmalige Anmeldung der Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer (§§ 7,
78 GmbHG) oder ihre Vorstands-, Aufsichtsratsmitglieder
und Gründer (§ 36 AktG) nicht anders als alle späteren konstitutiven Anmeldungen bereits im Namen der Gesellschaft
erfolgt. Durch die Ablehnung des Antrags auf erstmalige
Eintragung im Handelsregister beschwert und infolgedessen beschwerdeberechtigt ist deshalb die Gesellschaft,
der dadurch die Erlangung ihrer vollen Rechtsfähigkeit versagt wird. Dabei wird sie durch die Mitglieder ihres dafür
nach Gesetz und Satzung zuständigen Organs in vertretungsberechtigter Zahl vertreten.
b) Der Umstand, daß die Anmeldung der Aktiengesellschaft
nach § 36 Abs. 1 AktG von allen Gründern und Mitgliedern
des Vorstandes und des Aufsichtsrats vorzunehmen ist,
steht der vorstehenden Auslegung des § 20 Abs. 2 FGG nicht
entgegen. Wenn sich das Gesetz bei der Anmeldung einzelner Vorgänge nicht mit der Anmeldung durch die Mitglieder
des Vorstandes oder die Geschäftsführer, jeweils in vertretungsberechtigter Zahl, begnügt, sondern die Mitwirkung
weiterer Personen bei der Anmeldung vorschreibt, so geht es
ihm darum, diese Personen zusätzlich in die Verantwortung
für die Ordnungsgemäßheit dieser in ihrer Bedeutung herausgehobenen, in besonderem Maße schutzwürdige Interessen auch der Allgemeinheit und der Gesellschaftsgläubiger berührenden Vorgänge und die Richtigkeit ihrer Anmeldung einzubinden. Dies zeigt sich vor allem auch daran, daß
ihre Anmeldung regelmäßig mit Erklärungen oder Versicherungen zu verbinden ist, für deren Richtigkeit diese Personen die zivil- und strafrechtliche Mitverantwortung übernehmen sollen. (Wird ausgeführt).
2. Von einer Mantel- oder Vorratsgründung (früher auch als
Fassongründung bezeichnet, vgl. KG JFG 1, 200, 201) spricht
man bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft, bei welcher der in der Satzung angegebene Gegenstand des Unternehmens, § 23 Abs.3 Nr.2 AktG (entsprechend bei der GmbH
§ 3 Abs. 1 Nr.2 GmbHG) gar nicht oder doch mindestens vorerst nicht verwirklicht werden soll (KK/Kraft a.a.0. §23
Rdnr. 55; Barz in: Groß.Komm. zum AktG 3. Aufl. § 23 Anm.13;
zu der entsprechenden Erscheinung bei der GmbH s.
Hachenburg/Ulmer a. a. O. § 3 Rdnr. 32, 33 m. w. N). Die Gründung einer solchen Kapitalgesellschaft, die in Ermangelung
einer eigenen wirtschaftlichen Betätigung zunächst nur die
äußere Rechtsform einer solchen, eine leere „Hülse" (KG JW
1924, 1537) ist, dient dem Zweck, eine juristische Person auf
Vorrat zu schaffen, die erst später bei Bedarf im Wege der
sogenannten Mantelverwendung — vielfach, aber nicht notwendigerweise nach Erwerb durch andere Gesellschafter
und unter Auswechselung ihrer Organmitglieder sowie unter
Änderung des in der Satzung angegebenen Unternehmensgegenstandes und ihres Sitzes — unternehmerischer Verwendung zugeführt werden soll. Dahinter steht regelmäßig
die Absicht der Gründer, einem späteren Nutzer, insbesondere auch Erwerber, bei Bedarf sofort für den angegebenen
oder jeden beliebigen anderen Zweck eine Kapitalgesellschaft zur Verfügung stellen zu können, um ihm die mit der
(Neu-)Gründung einer Kapitalgesellschaft zum Zwecke der
Erlangung der Haftungsbeschränkung verbundenen erhebMittBayNot 1992 Heft 5
lichen und zeitraubenden Gründungsformalitäten einschließlich etwaiger dabei auftretencer Haftungsgefahren
zu ersparen. Das früher mindestens teilweise zusätzlich verfolgte Ziel, steuerliche Verlustvorträge für das neue Unternehmen nutzen zu können, ist seit Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1990 (BGBl. 1988 1, 1093, Art. 2 Ziff. 3 und 12)
fortgefallen.
a) Die Bedenken gegen die Zulassung derartiger Vorratsgründungen beruhen aus der hier allein maßgeblichen.
gesellschaftsrechtlichen Sicht in erster Linie auf der
Befürchtung, daß bei einer späteren Verwendung des Mantels die Gründungsvorschriften umgangen werden könnten.
Diese Besorgnis rechtfertigt jedoch kein generelles, präventiv wirkendes Verbot der Gründung von Vorratsgesellschaften (gegen die Zulässigkeit einer solchen Gründung aber im
Ergebnis mit im einzelnen unterschiedlichen Begründungen
KG JFG 1, 200; 3, 193; OLG Köln GmbHR 1988, 25; Barz
a. a. O.; Baumbach/Hueck, AktG 13. Aufl. § 23 Anm. 5;
Scholz/Emmerich, GmbHG 7.Aufl. §3 Rdnr.19; Hueck in:
Baumbach/Hueck a. a. O. § 3 Rdnr.13; Roth, GmbHG 2. Aufl.
§ 3 Anm. 2.3.3). Zweck der Gründungsvorschriften ist es in
erster Linie, die reale Aufbringung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitalausstattung der Gesellschaft im
Zeitpunkt ihres Entstehens als Ausgleich für die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen sicherzustellen. Diesem Anliegen wird aber auch bei einer Vorratsgründung in dem vom Gesetz geforderten Umfang Rechnung getragen. Die Gesellschaft erhält wie jede andere den
ihr nach Gesetz und Satzung zustehenden Haftungsfonds
und muß sich wie jede andere Kapitalgesellschaft gleichen
Typs darauf sowie auf die Einhaltung der gesetzlichen Gründungsvorschriften im übrigen vom Registergericht kontrollieren lassen. Bezieht sich mithin das Bedenken einer Gesetzesumgehung nicht auf die Gründung der Gesellschaft,
sondern auf Gefahren, die allein im Zusammenhang mit der
späteren Verwendung des Mantels zu besorgen sind, so
spricht schon dieser Umstand dafür, ihm nicht in Form eines
generellen, präventiv wirkenden Verbots der Gründung, sondern bei der späteren wirtschaftlichen Neugründung Rechnung zu tragen, was durch eine sinngemäße entsprechende
Anwendung der Gründungsvorschriften bei der Mantelverwendung geschehen kann (vgl. dazu — jeweils für die GmbH
— statt aller Priester DB 1983, 2291, 2295 ff. sowie Ulmer BB
1983, 1125f. sowie bei Hachenburg a. a. 0. Rdnr. 39 ff.; s. aber
auch Schoiz/Emmerich a. a. O. § 3 Rdnr. 22; Lutter/Hommelhoff a. a. O. § 3 Rdnr. 8; Meyer-Landrut a. a. O. § 3 Rdnr. 17).
Die dabei auftretende Schwierigkeit, Mantelverwendungen
zu erkennen und in geeigneter Form zu kontrollieren, dürfte
für das Registergericht im Ergebnis nicht wesentlich größer
sein als diejenige festzustellen, ob es sich bei der zur erstmaligen Eintragung angemeldeten Gesellschaft um eine
verdeckte Mantelgründung handelt. Gegen die Annahme
einer allgemeinen Unzulässigkeit von Vorratsgründungen
spricht ferner der Umstand, daß das eingangs bezeichnete
Anliegen, das mit der Gründung derartiger Gesellschaften
verfolgt wird, nicht von vornherein als unberechtigt und mißbräuchlich gelten kann. Angesichts des vor allem bei der
Aktiengesellschaft, aber auch bei der GmbH, sehr komplizierten Gründungsverfahrens und der Dauer des Eintragungsvorgangs ist das Bedürfnis, den damit verbundenen
Zeitverlust zu vermeiden oder doch mindestens abzukürzen
und erforderlichenfalls über eine Kapitalgesellschaft verfügen zu können, die ihren Geschäftsbetrieb umgehend aufder Wunsch, die mit einer Aufnahme des Geschäftsbetriebs
vor Eintragung der Gesellschaft verbundenen Gefahren persönlicher Haftung nach Möglichkeit zu vermeiden, ist, ohne
daß dazu an-dieser Stelle abschließend Stellung zu nehmen
ist, jedenfalls nicht von vornherein unberechtigt, da es sich
um ein Haftungsrisiko handelt, das zu wesentlichen Teilen
erst durch die Dauer der Bearbeitung der Anmeldung beim
Handelsregister geschaffen wird (so insbesondere Priester
a.a.O. 5.2299 und Bommert, GmbHR 1983, 209). Hinzu
kommt, daß (worauf vor allem K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 2.Aufl. §4 III. 2. S.61 hingewiesen hat) das geltende
Recht keine befriedigende Möglichkeit vorsieht, gegen alte
Mäntel, die in der Folge nachträglicher Einstellung des
Geschäftsbetriebes leer geworden sind, einzuschreiten.
Eine Löschung derartiger Gesellschaften ist nach §2
LöschG erst dann möglich, wenn sie vermögenslos geworden sind, d.h. ohne verwertbares Vermögen sind, nicht
aber solange überhaupt noch Vermögen, wenn auch möglicherweise weit unterhalb der Grund--oder (bei der GmbH)
Stamm-Kapitalziffer vorhanden ist. Trotzdem wird die Verwendung solcher Mäntel, wenn auch zumeist verbunden mit
der Forderung nach Wahrung der Kontrolle einer den gesetzlichen Mindestvorschriften entsprechenden Kapitalausstattung im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung„ im
Schrifttum heute überwiegend für zulässig erachtet (vgl.
Schotz/Emmerich a. a. O. § 3 Rdnr. 21, 22; Lutter/Hommefhoff
a. a. 0. § 3 Rdnr. 8; Roth a. a. O. § 3 Anm. 2.3.3 sowie Hachenburg/Ulmer a. a.0. § 3 Rdnr.37 mit zahlreichen weiteren
Nachweisen in FN 63; aus der Rechtsprechung s. OLG Karlsruhe DB 1978, 1219). Im Vergleich dazu erscheint die Gründung und spätere Verwendung einer zunächst inaktiven Vorratsgesellschaft eher weniger gefährlich, da ihre bei der
Gründung durch das Registergericht kontrollierte Kapitalausstattung zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung durch Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes regelmäßig
noch unversehrt, vermindert allenfalls um die Gründungskosten und geringfügige Steuern, vorhanden sein wird. Das
Bedenken, daß dadurch. ein Rechtsträger geschaffen wird,
dessen Funktion-sich zunächst in der regelmäßig minimalen
Tätigkeit der Verwaltung des in ihn eingebrachten Vermögens erschöpft, muß demgegenüber zurücktreten. Bei
dieser Sachlage ist die Annahme einer generellen Unzulässigkeit von Vorratsgründungen unter dem Gesichtspunkt
einer mißbräuchlichen Umgehung der gesetzlichen Kapitalaufbringungs- und Gründungsvorschriften bei Berücksichtigung des vernünftigerweise nicht zu leugnenden berechtigten wirtschaftlichen Bedürfnisses nach der Schaffung
solcher Gesellschaften sachlich nicht zu rechtfertigen.
b) Die Feststellung, daß Vorratsgründungen nicht schon
wegen einer zu besorgenden Umgehung der Kapitalaufbringungsvorschriften unwirksam sind, entbindet jedoch nicht
von der Einhaltung der für die betreffende Kapitalgesellschaft geltenden Gründungsvorschriften. Die Zulassung der
Gründung von Vorratsgesellschaften hat vielmehr zur unabdingbaren Voraussetzung, daß auch bei ihnen die gesetzlichen Gründungsvorschriften ohne Abstriche beachtet
werden. Zu den bei Gründung einer Aktiengesellschaft einzuhaltenden Anforderungen gehört auch die in § 23 Abs. 3
Nr.2 AktG vorgeschriebene Angabe des zutreffenden Unternehmensgegenstandes. Ist der in der Satzung bezeichnete
Unternehmensgegenstand fiktiv, weil die Gesellschaft in
Wahrheit zur Verwendung für einen späteren, zur Zeit ihrer
Anmeldung noch nicht feststehenden Zweck vorrätig gehalten werden soll und es deshalb an der ernsthaften Absicht
fehlt, den angegebenen Unternehmensgegenstand tatsächlich zu verwirklichen, d.h. mit der Gesellschaft eine ihrer
Satzung entsprechende Geschäftstätigkeit aufzunehmen,
so ist dieser Teil der Satzung und infolgedessen die gesamte
Satzung sowie die Gründung der Gesellschaft nichtig. Die
Gesellschaft darf, wenn das Registergericht die unzutreffende Angabe des Unternehmensgegenstandes bemerkt,
nicht eingetragen werden. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob die Nichtigkeit auf § 117 BGB oder § 134 BGB beruht, was voraussetzen würde, daß § 23 Abs.3 Nr.2 AktG zugleich als Verbot der Angabe eines in Wahrheit nicht gewollten Unternehmensgegenstandes zu verstehen wäre, oder ob
sie unmittelbar aus § 23 Abs.3 Nr.2 AktG wegen Nichterfüllung einer der gesetzlichen Gründungsbestimmungen folgt.
§ 23 Abs.3 Nr.2 AktG ist jedenfalls keine rein formale Ordnungsvorschrift, die lediglich die vorsorgliche Angabe
irgendeines, wenn auch möglicherweise in Wahrheit gar
nicht beabsichtigten, bei Bedarf jederzeit austauschbaren
Unternehmensgegenstandes verlangt. Die Bezeichnung des
wirklich und ernsthaft gewollten Gegenstandes des Unternehmens ist vielmehr unabdingbare Voraussetzung für die
wirksame Gründung der Gesellschaft. Können oder wollen
ihn die Gründer nicht benennen, so fehlt es mit den bereits
genannten Folgen an der Erfüllung eines vom Gesetz zwingend vorgeschriebenen Erfordernisses für eine wirksame
Gesellschaftsgründung.
c) Dies gilt nicht nur dann, wenn die Aufnahme des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes nach aller
Wahrscheinlichkeit für überhaupt keinen zukünftigen Zeitpunkt geplant ist. Von einer Vorratsgründung mit unzutreffender Angabe des Unternehmensgegenstandes ist grundsätzlich vielmehr auch dann auszugehen, wenn die Gründer
nur vorerst nicht die Absicht haben, einen dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand entsprechenden Geschäftsbetrieb innerhalb, eines absehbaren Zeitraums zu
verwirklichen, wobei die üblichen Anlauf- und Vorlaufzeiten
außer Betracht zu bleibenhaben (für die Gleichbehandlung
beider Fälle ausdrücklich KK /Kraft a. a.O. Rdnr. 56, 57;
Scholz/Emmerich a. a. O. § 3 Rdnr.18; Lutter/Hommethoff
a. a. O. §3 Rdnrn.7, 8; Hueck in: Baumbach/Hueck, GmbHG
15. Aufl. § 3 Rdnr. 13; Meyer-Landrut a. a. 0. § 3 Rdnr. 15; Kantak, Mantelgründung und Mantelverwendung bei der GmbH,
1989 S. 65; a. A. anscheinend Barz in: Groß.Komm. a. a. 0.
§ 23 Anm. 13). Diese Gleichstellung der Gesellschaft, die
ihren Unternehmensgegenstand erst nach Ablauf eines bei
Eintragung der Gesellschaft noch nicht absehbaren Zeitraums aufnehmen soll, mit derjenigen, bei der die Aufnahme
eines entsprechenden Geschäftsbetriebs aus der Sicht der
Anmeldung überhaupt offenbleibt, ist bereits aus Gründen
der Praktikabilität unumgänglich. Ohne sie fehlte es an
einem brauchbaren Abgrenzungskriterium für die Prüfung
durch das Registergericht, da die Behauptung der Anmelder,
die Gesellschaft solle zu einem unabsehbaren späteren Zeitpunkt einmal als rechtlicher Rahmen für einen ihrer Satzung
entsprechenden Geschäftsbetrieb dienen, gerade bei entsprechend weitgefaßten Unternehmensgegenständen so
gut wie niemals mit einer die Ablehnung der Eintragung
rechtfertigenden Sicherheit widerlegbar sein wird. Die
Gleichstellung ist aber auch von der Sache her geboten.
Eine Gesellschaft, die von ihren Gründern nicht mit dem Ziel
errichtet wird, den in ihrer Satzung genannten Geschäftsbetrieb umgehend, d. h. innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, zu verwirklichen, die vielmehr zunächst auf unabsehbare Zeitdauer stilliegen soll, um erst in einem späteren ungewissen Zeitpunkt als Mantel für den Betrieb eines ihrer
MittBayNot 1992 Heft 5
Sache auf Vorrat und nicht zum Betrieb eines konkreten,Geschäfts gegründet. Der Umstand, daß sie später irgendwann
einmal aus ihrer Reservestellung heraustreten und den
angegebenen Geschäftsgegenstand tatsächlich verwirklichen soll, kann nicht ausreichen, ihr den Charakter einer
Vorratsgründung zu nehmen. Unternehmensgegenstand
einer derartigen Gesellschaft ist für die vorerst nicht absehbare Dauer ihrer Bereithaltung für eine spätere konkrete Verwendung nicht die in ihrer Satzung bezeichnete Tätigkeit,
sondern allein die Verwaltung und Erhaltung des eigenen
Vermögens. Sie kann deshalb nur dann wirksam mit dem Anspruch auf Eintragung in das Handelsregister errichtet
werden, wenn ihr Charakter als Vorrats- oder Mantelgründung offengelegt wird. Dies kann insbesondere dadurch
geschehen, daß in ihrer Satzung als Unternehmensgegenstand die Verwaltung der ihr zugeführten Einlagen oder des
eigenen Vermögens als vorerst tatsächlich ausgeübter und
deshalb auch allein zutreffender Gegenstand ihrer Tätigkeit
angegeben wird (für die Zulässigkeit einer solchen offenen
Vorratsgründung mit entsprechender Bezeichnung des
Unternehmensgegenstands im Anschluß vor allem an
Priester a. a. O. S. 2298 f. auch KK/Kraft a. a. O. § 23 Rdnr. 57;
Hachenburg/Ulmer a. a. O. § 3 Rdnr. 33; K. Schmidt a. a. O.
S. 62; Lutter/Hommelhoff a. a. O. § 3 Rdnr. 7; Rowedder/Rittner a. a. O. § 3 Rdnr. 16). Durch eine solche Offenlegung wird
zugleich die Erkennbarkeit einer späteren Mantelverwendung verbessert und damit bei der wirtschaftlichen Neugründung eine registergerichtliche Kontrolle der Mindestkapitalaufbringung, über deren rechtliche Ausgestaltung im
einzelnen an dieser Stelle nicht abschließend zu befinden
ist, ermöglicht (vgl. auch Priester a. a. 0. S. 2299).
3. Das Registergericht und das Landgericht als Beschwerdegericht haben sich in den Gründen ihrer Entscheidungen für
überzeugt erklärt, daß die Beschwerdeführerin eine Vorratsgründung sei, bei der jedenfalls in absehbarer Zeit die Aufnahme einer ihrer Satzung entsprechenden Geschäftstätigkeit nicht geplant sei. Das Landgericht hat sich jedoch, wie
bereits das vorlegende Oberlandesgericht in seinem Vorlagebeschluß feststellt, nicht ausdrücklich mit dem Vortrag
der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, die Gesellschaft werde treuhänderisch im Auftrage bestimmter Mandanten gegründet, die nach ihrer Eintragung umgehend
eine dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand entsprechende Geschäftstätigkeit aufnehmen wollten. Wenn
dieser Vortrag den Tatsachen entspricht und der namhaft
gemachte — anscheinend ebenfalls von der selben Personengruppe wie die Beschwerdeführerin gegründeten — Auftraggeber nicht nur im Hinblick auf die ablehnende Einstellung der Vorinstanzen und der beteiligten Industrie- und
Handelskammer vorgeschoben ist, wäre die Eintragung der
Beschwerdeführerin nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer unzulässigen Vorratsgründung abzulehnen.
Die Sache ist deshalb, damit das Registergericht die notwendigen ergänzenden Feststellungen treffen und sich eine
Überzeugung hinsichtlich der tatsächlich mit der Gründung
der Gesellschaft verbundenen Absichten bilden kann, unter
Aufhebung der Vorentscheidung an das Registergericht
zurückzuverweisen.
MittBayNot 1992 Heft 5
15. GmbHG §§ 19 Abs. 1, 24 (Treugeber hat für Kapitalaufbringung wie GmbH-Gesellschafter einzustehen)
Wer zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sich eines Strohmannes bedient, ist auch hinsichtlich
der aus § 19 GmbHG und § 24 GmbHG folgenden Verpflichtungen zur Aufbringung des Stammkapitals wie ein Gesellschafter zu behandeln.
BGH, Urteil vom 13.4.1992 — II ZR 225/91 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der im Jahre
1988 in Konkurs gefallenen B. GmbH (Gemeinschuldnerin). Die Gemeinschuldnerin wurde 1983 gegründet. Von ihrem Stammkapital in
Höhe von nominell 50.000,— DM übernahmen der Kaufmann BI. eine
Einlage von 1.000,— DM und der Steuerberater Sch. von 49.000,—
DM. In einem zeitgleich mit der Gründung der Gemeinschuldnerin geschlossenen Treuhandvertrag vereinbarten die Gesellschafter, daß
Sch. seine Gesellschaftsanteile treuhänderisch für BI. halte (§ 1),.
sich seine Tätigkeit aus diesem Vertrag darauf erstrecke, sämtliche
Rechte aus den. Geschäftsanteilen formell zu halten und die förmlichen Handlungen in der Gesellschaft, „wie z. B. Feststellung der
Jahresabschlüsse, Beschlußfassung über die Gewinnverteilung,
Abberufung und Bestellung von Geschäftsführern, Änderungen des
Gesellschaftsvertrages, Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen" nach Weisung der Beklagten solange vorzunehmen, bis die
Verbindlichkeiten des Herrn BI. gegenüber der Beklagten beglichen
seien (§ 2). Zugleich wurde Sch. unwiderruflich angewiesen, mit den
Gewinnen der Gemeinschuldnerin die Steuerschulden von Bl. sowie
dessen Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten zu tilgen (§ 3). Die
Kündigung des Vertrages sollte nur mit Zustimmung der Beklagten
erfolgen dürfen (§ 6 Abs. 5). Sch. erhielt Anspruch auf Kostenersatz
und Vergütung (§ 5).
Geschäftsgegenstand der Beklagten ist der Anlagenbau. Aus Geschäften mit dem nichteuropäischen Ausland mußte sie zum Teil als
Bezahlung Bettwäsche hereinnehmen. Für den Vertrieb dieser Kompensationsware bediente sie sich bis 1983 eines kleinen einzelkaufmännischen Unternehmens, das von Frau BI., der Mutter des Gesellschafters der Gemeinschuldnerin, geführt wurde. Anfang der 80er
Jahre hatte die Beklagte aus diesen Geschäften gegen die Firma BI.
uneinbringliche Forderungen in Millionenhöhe. Der Kläger beziffert
sie mit rund 28 Mio. DM. Bis 1983 erhöhten sich diese Forderungen
um weitere ca. 2,8 Mio. DM. Bei Gründung der Gemeinschuldnerin,
die mit der Beklagten Geschäfte gleicher Art abwickelte, erhielt die
Gemeinschuldnerin von der Beklagten über Sch. ein Darlehen in entsprechender Höhe, das sie weisungsgem. an die Firma BI. weiterleitete, die damit ihre Verbindlichkeiten bei der Beklagten beglich. In
einem vom Kläger vorgelegten Protokoll einer Besprechung, die am
12. April 1985 im Hause der Beklagten unter Teilnahme von Sch. und
einer Reihe leitender Mitarbeiter der Beklagten stattfand, heißt es
u. a., das Gespräch habe mit der Erkenntnis geendet, daß man sich
zur Zeit keinen Eklat leisten könne; das gemeinsame Ziel sei, per
30. September 1985 „zumindest ein sauberes Buchwerk" zu haben.
Ferner werde einvernehmlich festgelegt, daß die Gemeinschuldnerin
selbständig akquiriere, so daß im Markt keinerlei Verbindung
zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin hergestellt werden könne;
Sch. werde beauftragt, dafür Sorge zu tragen, daß einige innerbetriebliche Abläufe bei der Gemeinschuldnerin besser funktionierten.
Nach dem Vortrag des Klägers ist das Stammkapital der- Gemeinschuldnerin entgegen den bei Anmeldung der Gesellschaft abgegebenen Versicherungen zu keinem Zeitpunkt eingezahlt worden. Ihre
Gesellschafter seien schon 1983 nicht in der Lage gewesen, das
Stammkapital aufzubringen; inzwischen seien sie zahlungsunfähig.
Sie seien in Wahrheit auch nur formell Gesellschafter der Gemeinschuldnerin gewesen. Die Gründung der Gemeinschuldnerin sei ausschließlich auf Betreiben und für Rechnung der Beklagten erfolgt.
Zweck ihrer Gründung sei es gewesen, eine Auffanggesellschaft für
die dem Unternehmensgegenstand der Beklagten fremden Textilgeschäfte zu schaffen, um das unangenehme Aufsehen einschließlich eventueller Haftungsfolgen für die Beklagte zu vermeiden, das in
der Öffentlichkeit und der eigenen Konzernspitze entstanden wäre,
wenn durch einen Millionenkonkurs des kleinen einzelkaufrrtännischen Unternehmens BI. das Ausmaß der von der Beklagten betriebenen Geschäfte mit Kompensationsware und die Höhe der dabei
erwirtschafteten Verluste bekannt geworden wären. Aus diesem
Grunde habe die Beklagte die Altforderungen gegen die Firma BI.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

15.03.1992

Aktenzeichen:

II ZB 17/91

Erschienen in:

MittBayNot 1992, 339-343

Normen in Titel:

FGG § 20 Abs. 2; AktG 1965 §§ 36 Abs. 1, 23 Abs. 3 Nr. 2