OLG Düsseldorf 12. August 2020
3 Wx 125/20
GBO § 19; BGB §§ 133, 140; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1

Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines infolge Verschmelzung erloschenen Rechtsträgers

GBO § 19; BGB §§ 133, 140; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines infolge Verschmelzung erloschenen Rechtsträgers

Den auf die Eintragung einer Buchgrundschuld gerichteten Antrag hat das Grundbuchamt zurückzuweisen, wenn die in der Eintragungsbewilligung – wie auch in der Bestellung – als Gläubigerin der Grundschuld bezeichnete Gesellschaft zur Zeit der Abgabe dieser Erklärungen nicht mehr existierte (hier weil sie kurz zuvor infolge Verschmelzung erloschen und ihr Vermögen auf eine andere Gesellschaft übergegangen war) und weder eine Auslegung der Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO noch deren Umdeutung zu dem im Grundbuchrecht erforderlichen zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt, dass Gläubiger des Grundpfandrechts der übernehmende Rechtsträger (AG) sein solle.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.8.2020 – 3 Wx 125/20

Problem
Am 15.5.2020 wurde die Verschmelzung der „DB Privat- und Firmenkundenbank AG“ (um die es in der Entscheidung ersichtlich geht) auf die Deutsche Bank AG im Handelsregister eingetragen. Am 27.5.2020 bestellten die Beteiligten zugunsten der „DB Privat- und Firmenkundenbank AG“ eine Grundschuld. Am 29.5.2020 beantragte der Notar die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch. Das Grundbuchamt wies den Eintragungsantrag am 5.6.2020 mit der Begründung zurück, dass die Grundschuldgläubigerin nicht mehr existiere.

Entscheidung
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf kann die Eintragungsbewilligung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Grundschuldbestellung zugunsten der Rechtsnachfolgerin erfolgen sollte. Eine Auslegung von Grundbucherklärungen komme nur dann in Betracht, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Gesamtrechtsnachfolge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG führe zu keinem anderen Ergebnis. Es verstehe sich nicht von selbst, dass Finanzierungskunden einer Bank, wären sie sich bei der Bestellung bewusst gewesen, dass der von ihnen in Aussicht genommene Vertragspartner rechtlich nicht mehr existiere, den Vertragsschluss mit dem übernehmenden Rechtsträger gewünscht hätten. Ein entsprechender Wunsch stelle einen außerhalb der Bewilligung liegenden Umstand dar, der nicht für jedermann (und damit auch nicht für das Grundbuchamt) ohne Weiteres erkennbar sei. Dies gelte in besonderem Maße, weil der übernehmende Rechtsträger im vorliegenden Fall drei Zweigniederlassungen unterhalte, die Immobilienkredite vergäben. Es sei nicht auszuschließen, dass die Beteiligten die Grundschuld für eine dieser Zweigniederlassungen hätten bestellen wollen. Aus diesen Gründen komme auch keine Umdeutung in Betracht.

Anmerkung
Die Entscheidung wird viele Beteiligte betreffen, die – nimmt man die tatsächlich verwendeten Grundschuldbestellungsformulare beim Wort – kurz nach dem 15.5.2020 eine Grundschuld zugunsten der verschmolzenen Gläubigerin bestellt haben. Beim Versand der Grundschuldformulare durch die Gläubigerin kam es zu Überschneidungen mit der Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister.

Dem OLG Düsseldorf ist zuzugeben, dass sich der Übergang nicht aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG herleiten lässt. Denn die Grundschuld wurde nach dem Stichtag der Gesamtrechtsnachfolge (Eintragung in das Handelsregister) bestellt. Allerdings fragt sich, ob sich die Erklärung der Beteiligten analog § 140 BGB dahingehend umdeuten lässt, dass eine Bestellung zugunsten der Rechtsnachfolgerin gewünscht war. Die Eintragungsbewilligung ist als verfahrensrechtliche Erklärung auslegungsfähig und grundsätzlich auch der Umdeutung zugänglich. Jedoch unterliegen Auslegung und Umdeutung den Schranken des Grundbuchverfahrens, da Eintragungsunterlagen grundsätzlich in der Form des § 29 GBO vorliegen müssen (Demharter, GBO, 31. Auflage 2018, § 19 Rn. 28 u. 30). Ist aber eine Auslegung möglich, so ist das Grundbuchamt zu ihr verpflichtet (OLG Zweibrücken DNotZ 1997, 325, 326). Der Umdeutung sind im Grundbuchverfahren freilich enge Grenzen durch die grundbuchrechtlichen Verfahrensgrundsätze gesetzt (BayObLG MittBayNot 1990, 249, 250). Das BayObLG hat die Voraussetzungen für eine Umdeutung prägnant wie folgt zusammengefasst (DNotZ 1998, 295, 298):

„Eine Umdeutung ist bei Grundbucherklärungen, anders als bei Grundbucheintragungen, unter gewissen engen Voraussetzungen möglich […]. Sie kommt dann in Betracht, wenn die Auslegung zu keinem Ergebnis führt, wenn aber eine ihrem Wortlaut nach nicht eintragungsfähige Grundbucherklärung objektiv und nach dem mit ihr Gewollten den Erfordernissen eines eintragungsfähigen Rechts entspricht, und sofern dies aufgrund der Eintragungsunterlagen vom Grundbuchamt abschließend gewürdigt werden kann […].“

Die Möglichkeit einer solchen abschließenden Würdigung bleibt eine Tatfrage, die in einer Entscheidungsanmerkung nicht beantwortet werden kann (zu den dogmatischen Grundlagen ausf. Gutachten DNotI-Report 1998, 177). Man sollte jedoch bedenken, dass der mutmaßliche Wille der Beteiligten (deren Darlehensvertrag häufig womöglich bereits gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG übergegangen ist) in aller Regel auf Bestellung einer wirksamen Grundschuld gerichtet sein dürfte. Voraussetzung der Umdeutung gem. § 140 BGB ist (auch) im Grundbuchverfahren, dass die unwirksame Erklärung den Erfordernissen einer anderen wirksamen Erklärung entspricht, deren ersatzweise Geltung dem subjektiven hypothetischen Parteiwillen entsprechen muss (OLG Hamm FGPrax 2014, 238, 239). Die Anforderungen an die Feststellung des hypothetischen Parteiwillens sollten auch im Grundbuchverfahren nicht überspannt werden.

Fehl geht jedenfalls das Argument, es sei nicht ersichtlich, für welche Zweigniederlassung gehandelt werden solle. Eine Zweigniederlassung ist selbst nicht rechtsfähig (vgl. statt aller Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl. 2020, § 13 Rn. 4) und damit weder Vertragspartner noch Grundschuldgläubigerin. Die dahinterstehende juristische Person kann lediglich unter der Firma der Zweigniederlassung im Grundbuch eingetragen werden. Der Berechtigte ist sowohl unter der Firma der Hauptniederlassung als auch unter der Firma der Zweigniederlassung korrekt bezeichnet (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 243). Für die Beteiligten dürfte die Frage der Eintragung unter der Firma einer Zweigniederlassung ohne Belang sein. Die Beteiligten sind auch nicht verpflichtet, in der Eintragungsbewilligung die Zweigniederlassung anzugeben (Meikel/Schneider, GBV, 11. Aufl. 2019, § 15 Rn. 43). Dann sollte auch eine theoretisch mögliche Eintragung unter einer Zweigniederlassung nicht die Umdeutung hindern, solange sich nur der hypothetische Parteiwille ermitteln lässt, dass Grundschuldgläubigerin der übernehmende Rechtsträger – vorliegend also die Deutsche Bank AG – werden sollte. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte dem OLG Düsseldorf anschließen.

Klar dürfte die Rechtslage hingegen sein, wenn die Eintragungsbewilligung bereits vor Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister wirksam geworden ist. In diesem Fall bindet die Eintragungsbewilligung auch den Rechtsnachfolger (Schöner/Stöber, Rn. 107c).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

12.08.2020

Aktenzeichen:

3 Wx 125/20

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht
Umwandlungsrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 141-142

Normen in Titel:

GBO § 19; BGB §§ 133, 140; UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1