Tilgungsreihenfolge bei mehreren im Prozess zur Hilfsaufrechnung gestellten Gegenforderungen
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Dokumentnummer: 12zr123_07
letzte Aktualisierung: 11.2.2009
BGH, 19.11.2008 - XII ZR 123/07
BGB §§ 396, 366
Tilgungsreihenfolge bei mehreren im Prozess zur Hilfsaufrechnung gestellten Gegenforderungen
a) Zur materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Hilfsaufrechnung im Prozess.
b) Das sich aus
c) Die sich aus § 396 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
bei mehreren im Prozess zur Hilfsaufrechnung gestellten Gegenforderungen bestimmt sich
nach dem Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 123/07
Verkündet am:
19. November 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 396, 366
a) Zur materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Hilfsaufrechnung im Prozess.
b) Das sich aus
Aufrechnungsgegners gilt auch für den Fall, dass dem Aufrechnenden mehrere Gegenforderungen zustehen.
c) Die sich aus § 396 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
Gegenforderungen bestimmt sich nach dem Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
BGH, Urteil vom 19. November 2008 - XII ZR 123/07 - OLG Koblenz
LG Mainz
vom 19. November 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 10. August 2007 im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die Berufung wegen der Klageforderung in Höhe von 7.132,63 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien, deren Ehe am 29. November 1993 rechtskräftig geschieden worden ist, sind hälftige Miteigentümer eines Hauses in B., das seit der
Trennung (Anfang 1992) von der Beklagten (im folgenden: Ehefrau) allein bewohnt wird. Der Nutzungswert des Hauses beträgt nach dem zuletzt nicht mehr
angegriffenen Gutachten des Sachverständigen 930 € monatlich. Der Kläger
(im folgenden: Ehemann) beansprucht Nutzungsentschädigung für die Zeit vom
1. November 1998 bis 30. November 2005 in Höhe von (85 Monate x 930 € : 2
lassen. Diese Gegenforderungen belaufen sich auf 6.391,15 € (= 12.500 DM;
Vergütung für Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils) und auf 26.001,22 €
(Restforderung Zugewinnausgleich einschließlich Zinsen); der Ehemann macht
im Revisionsverfahren nur noch einen Betrag von 7.132,63 € nebst Zinsen geltend.
Gegenüber der ursprünglich in Höhe von 41.250 € klageweise geltend
gemachten Nutzungsentschädigung hat die Ehefrau hilfsweise die Aufrechnung
mit einem Verwendungsersatzanspruch aus Sanierungs- und Renovierungsarbeiten an dem Haus in Höhe von (38.884,51 € : 2 =) 19.442,25 €, mit einem
Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 1.250 € sowie mit einem beim Oberlandesgericht - Familiensenat - anhängigen Zugewinnausgleichsanspruch erklärt. Anschließend hat sie zusätzlich die Hilfsaufrechnung mit dem Vergütungsanspruch in Höhe von 6.391,15 € (= 12.500 DM) nebst Zinsen für die
Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils erklärt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Parteien stillschweigend eine unentgeltliche Nutzung
durch die Ehefrau vereinbart hätten.
In dem vom Ehemann eingeleiteten Berufungsverfahren hat die Ehefrau
sodann erklärt, „in erster Linie“ hilfsweise mit dem Vergütungsanspruch über
6.391,15 € (= 12.500 DM) aufrechnen zu wollen. Während des Berufungsverfahrens ist der Ehemann - in dem parallel geführten Zugewinnausgleichsverfahren - rechtskräftig zur Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von
237.369,82 € nebst 4 % Zinsen seit dem 29. November 1993 verurteilt worden.
Auf diese Zugewinnausgleichsforderung, die sich einschließlich der aufgelaufenen Zinsen auf insgesamt 358.427,42 € belief, hat der Ehemann am 1. August
2006 332.426,20 € bezahlt, so dass noch restlich 26.001,22 € nebst Zinsen auf
hat die Ehefrau sodann in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2007
Ehemann erbrachte Zahlung verminderten) Höhe von (358.427,42 € 332.426,20 € =) 26.001,22 € nebst 4 % Zinsen seit dem 1. August [wohl richtig:]
2006 aufrechnen zu wollen.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Ehemannes zurückgewiesen, weil dessen Anspruch auf Nutzungsentschädigung zwar in Höhe von
(85 Monate x 930 € : 2 =) 39.525 € entstanden, jedoch durch Aufrechnung mit
der Forderung aus der Übertragung des GmbH-Geschäftsanteils
von
6.391,15 € (= 12.500 DM) und dem (nicht nur in Höhe des nach teilweiser Zahlung verbleibenden Restbetrags, sondern) in voller Höhe zu berücksichtigenden
Anspruch auf Zugewinnausgleich erloschen sei.
Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Revision, mit
der er die Aufhebung des Berufungsurteils insoweit begehrt, als seine Klage
in Höhe von (39.525 € - 6.391,15 € - [358.427,42 € - 332.426,20 € =]
26.001,22 € =) 7.132,63 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Die Parteien
streiten nur noch über die Reihenfolge, in der die verschiedenen Gegenforderungen mit dem Nutzungsentschädigungsanspruch zu verrechnen sind. Der
Ehemann macht insoweit geltend, dass die Zugewinnausgleichsforderung im
Rahmen der Aufrechnung nur an letzter Stelle und hinsichtlich des noch nicht
bezahlten Restbetrags von (358.427,42 € - 332.426,60 € =) 26.001,22 € bei der
Aufrechnung hätte berücksichtigt werden dürfen.
Die Revision ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in
OLGR Koblenz 2007, 949 veröffentlicht ist, bestimmt sich, wenn eine Partei im
Prozess die Aufrechnung mit mehreren Forderungen erklärt, die Tilgungsreihenfolge nach dem Erklärungs- und Sachstand im Zeitpunkt der auf die Aufrechnungserklärung folgenden mündlichen Verhandlung (hier: erster Instanz);
spätere Änderungen - auch der Erklärung des Aufrechnenden - müssten wegen
der materiell-rechtlichen Wirkung der zuvor wirksam erklärten Aufrechnung unwirksam bleiben. Mit dieser Maßgabe sei für die Tilgungsreihenfolge vorrangig
die vom Aufrechnenden getroffene Bestimmung maßgebend (§ 396 Abs. 1
Satz 1 BGB). Fehle es an einer solchen Bestimmung, beurteile sich die Tilgungsreihenfolge nach § 396 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
Da die Ehefrau die Tilgungsreihenfolge in erster Instanz nicht bestimmt
habe, sei zur Aufrechnung vorrangig der Vergütungsanspruch aus der Übertragung des GmbH-Geschäftsanteils heranzuziehen, der - 1992 entstanden - der
älteste der zur Aufrechnung gestellten Ansprüche sei. Dieser Anspruch belaufe
sich auf 6.391,15 € (= 12.500 DM) nebst 4 % Zinsen und habe den Nutzungsentschädigungsanspruch des Ehemannes für die Zeit von November 1998 bis
März 2000 in vollem Umfang und für April 2000 in Höhe von 156,41 € zum Erlöschen gebracht. Der verbleibende Nutzungsentschädigungsanspruch sei durch
die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung der Ehefrau erloschen.
Diese Forderung sei mit der Rechtskraft der Scheidung am [richtig:] 29. November 1993 entstanden und - als die zweitälteste Forderung - vorrangig vor
dem Jahre 1993 gestützt werde; die Ehefrau habe jedoch nicht mitgeteilt, dass
die auf diese Reparaturen entfallenden Kosten vor dem [richtig:] 29. November
1993 fällig geworden seien. Die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung umfasse den gesamten der Ehefrau nach dem Sachstand in der mündlichen Verhandlung erster Instanz (21. Juli 2005) zustehenden (und bis dahin
durch keine Zahlung erfüllten) Zugewinnausgleichsanspruch, soweit er zur Verrechnung mit der Klagforderung benötigt werde. Der Umstand, dass dieser Zugewinnausgleichsanspruch - obschon durch die Aufrechnung im vorliegenden
Verfahren erster Instanz teilweise erloschen - der Ehefrau im parallelen Zugewinnausgleichsverfahren in vollem Umfang zuerkannt und vom Ehemann während des Berufungsverfahrens (im vorliegenden Rechtsstreit) weitgehend bezahlt worden sei, stehe nicht entgegen. Ob eine insoweit möglicherweise vorliegende Zuvielzahlung des Ehemannes nach
im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden könne, sei
hier nicht zu entscheiden.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Allerdings hat das Oberlandesgericht für die Reihenfolge, in der die
von der Ehefrau zur (Hilfs-)Aufrechnung gestellten Forderungen zum Erlöschen
der Klagforderung (
aa) Werden von einem Beklagten - wie hier von der Ehefrau - mehrere
Gegenforderungen hilfsweise zur Aufrechnung gestellt, so bestimmt sich die
Reihenfolge, in der diese Gegenforderungen zur Tilgung der Klagforderung hegrundsätzlich die Tilgungsreihenfolge maßgebend, die der Aufrechnende bestimmt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Aufrechnende
nicht gehindert, eine einmal erklärte Prozessaufrechnung zurückzunehmen
(Bundesgerichtshof Urteil vom 11. Oktober 1990 - I ZR 32/89 - NJW-RR 1991,
156, 157). Dies ist eine Folge des Umstandes, dass die im Prozess erklärte
Aufrechnung ein Verteidigungsmittel ist, das auch in seiner sachlich-rechtlichen
Auswirkung davon abhängig ist, dass die prozessuale Geltendmachung der
Aufrechnung wirksam wird. Dementsprechend ist es der aufrechnenden Prozesspartei auch nicht verwehrt, eine zurückgenommene Aufrechnung später
erneut zu erklären und nunmehr mit einem anderen Tilgungsrang zu versehen,
später nur die Bestimmung über die Tilgungsreihenfolge zu ändern oder eine
solche Bestimmung überhaupt erst nachträglich zu treffen. Eine solche Änderung oder nachträgliche Bestimmung der Tilgungsreihenfolge ist auch in der
Berufungsinstanz - abgesehen von den in den
Verspätungsfolgen - grundsätzlich möglich (vgl.
Oberlandesgericht will die aufrechnende Partei demgegenüber an der ersten
Aufrechnungserklärung festhalten, die sie im Verfahren vor dem Landgericht
abgegeben hat. Die dem zugrunde liegende Auffassung wird bereits der
Rechtsnatur einer Hilfsaufrechnung nicht gerecht, die nur für den Fall erklärt ist,
dass das Gericht die Klagforderung in seiner abschließenden Entscheidung für
begründet erachtet. Die Hilfsaufrechnung greift etwa dann nicht, wenn der Kläger seine Klage zurücknimmt.
Die beklagte Ehefrau konnte daher grundsätzlich noch im Berufungsverfahren bestimmen, dass in erster Linie ihr Anspruch auf Vergütung für die Überbb) Allerdings hat der Ehemann der von der Ehefrau in der mündlichen
Verhandlung vor dem Oberlandesgericht abgegebenen Erklärung, die Zugewinnausgleichsforderung im Rahmen der Hilfsaufrechnung hintanzustellen, unverzüglich - nämlich sofort in der mündlichen Verhandlung - widersprochen.
Nach
mehrerer zur Aufrechnung gestellter Forderungen, wenn der Aufrechnungsgegner der vom Aufrechnenden insoweit getroffenen Bestimmung unverzüglich widerspricht, nach
149, 120, 124). In der Literatur wird zwar zum Teil die Auffassung vertreten, das
dem Aufrechnungsgegner eingeräumte Widerspruchsrecht gelte nur für die Aufrechnung gegen mehrere Passivforderungen (Hauptforderungen des Aufrechnungsgegners), nicht aber auch für die Aufrechnung mit mehreren Aktivforderungen (Gegenforderungen des Aufrechnenden) (RGRK/Weber BGB § 396
Anm. 1; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. § 18 Rdn. 73; w.N.
bei Staudinger/Gursky BGB [2006] § 396 Rdn. 42). Diese Auffassung widerspricht indes nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Zweck des § 396
Abs. 1 Satz 2 BGB: Das Widerspruchsrecht des Aufrechnungsgegners (Gläubigers) gegen die vom Aufrechnenden (Schuldner) getroffene Auswahl seiner
aufzurechnenden Gegenforderungen erklärt sich aus dem Umstand, dass der
jetzige Aufrechnungsgegner (Gläubiger) bei schnellerem Handeln dem jetzt aufrechnenden Schuldner hätte zuvorkommen und dann die auf dessen Seite zu
verrechnende Forderung - vorbehaltlich der Korrektur durch § 396 Abs. 1 Satz 2
BGB - selbst hätte bestimmen können. Es erscheint sachgerecht, insoweit nicht
einer der beiden Parteien mit den sich aus der konkreten Wahl der zu verrechnenden Forderungen ergebenden Nachteile entscheiden zu lassen (Staudinger/Gursky BGB [2006] § 396 Rdn. 42; MünchKomm/Schlüter BGB 4. Aufl.
§ 396 Rdn. 2, jeweils m.w.N.).
Im vorliegenden Fall lässt der unverzügliche Widerspruch des Ehemannes zwar die Bestimmung der Ehefrau, den Anspruch auf Vergütung für die
Übertragung des GmbH-Geschäftsanteils vorrangig zur Aufrechnung heranzuziehen, unberührt; denn über die vorrangige Aufrechnung dieses Anspruchs
besteht unter den Parteien Einigkeit. Der Widerspruch bewirkt jedoch gemäß
Abs. 2 BGB bestimmt.
b) Bei Zugrundelegung der in
nach Auffassung des Oberlandesgerichts der Zugewinnausgleichsanspruch der
Ehefrau - als die ältere Forderung - vor deren (angeblichen) Ansprüchen auf
Ersatz ihrer Verwendungen sowie auf Unterhalt zur Aufrechnung heranzuziehen. Das ist nicht frei von Rechtsirrtum.
aa) Das Oberlandesgericht verkennt, dass sich der Tilgungsvorrang zwischen mehreren zur Aufrechnung gestellten Forderungen in erster Linie nicht
nach deren Alter, sondern danach bemisst, welche Forderung dem Gläubiger
die geringere Sicherheit bietet. Gläubiger ist, wenn
wird diejenige Forderung zuerst zur Aufrechnung herangezogen, die für den mit
unsichersten ist.
Soweit - wie hier - für keine der Forderungen Bürgschaften oder dingliche
Sicherheiten bestehen und auch keine dieser Forderungen - etwa aufgrund einer Schuldnermehrheit - leichter durchsetzbar ist als die anderen, kommt der
Verjährbarkeit besonderes Gewicht zu: Eine früher verjährende Forderung stellt
für den aufrechnenden Gläubiger eine geringere Sicherheit dar (BGH Urteil vom
5. April 1965 - VIII ZR 10/64 -
Wenn mehrere Forderungen im Prozess zur Hilfsaufrechnung gestellt
werden, kann die Tilgungsreihenfolge ohnehin frühestens dann verlässlich bestimmt werden, wenn alle Forderungen geltend gemacht und nachträgliche Änderungen der Tilgungsreihenfolge ausgeschlossen sind. Das ist jedenfalls nicht
vor dem Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz
(hier: Berufungsinstanz) der Fall; denn erst in diesem Zeitpunkt steht verlässlich
fest, welche der Forderungen für den Aufrechnenden am unsichersten und für
den Aufrechnungsgegner am lästigsten ist. Deshalb beurteilt sich die von
zur Aufrechnung gestellten Forderungen nach dem Sachstand im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Unter Zugrundelegung dieses Zeitpunktes war hier die Zugewinnausgleichsforderung - als einziger titulierter Anspruch - unter den mehreren von der Ehefrau zur Aufrechnung
gestellten Forderungen für diese die sicherste; denn sie verjährt nach rechtskräftiger Titulierung erst in 30 Jahren (
Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Deshalb waren die Ansprüche auf Verwendungsersatz
und Unterhalt - für den Fall und im Umfang ihres Bestehens - vorrangig zur Aufrechnung heranzuziehen. Das Oberlandesgericht durfte folglich nicht das Bestehen und ggf. die Höhe dieser Ansprüche dahinstehen lassen und die Klagbb) Aber selbst wenn man - mit dem Oberlandesgericht und entgegen
Aufrechnung heranzuziehen.
Zwar ist die Annahme des Oberlandesgerichts, der Zugewinnausgleichsanspruch sei - unbeschadet seiner damals umstrittenen Höhe - bereits mit der
Rechtskraft der Scheidung der Parteien (am 29. November 2003) entstanden,
nicht zu beanstanden. Daraus lässt sich indes nicht - mit dem Oberlandesgericht - folgern, dass dieser Anspruch älter ist als der Verwendungsersatzanspruch, der zum Teil auf Reparaturarbeiten aus dem Jahre 1993 gestützt wird.
Aus dem Umstand, dass die Ehefrau zum genauen Entstehungsdatum dieses
Anspruchs nichts vorgetragen hat, lässt sich Gegenteiliges nicht herleiten; denn
die Ehefrau trifft keine Darlegungslast für das Alter der von ihr aufgerechneten
Ansprüche mit der Folge, dass bei einer Aufrechnung alle altersmäßig nicht genau fixierbaren Ansprüche nachrangig zu berücksichtigen wären.
Das ergibt sich bereits aus dem Sinn des beiden Parteien in § 396 Abs. 1
BGB eingeräumten Bestimmungs- bzw. Widerspruchsrechts: Die im Fall des
Widerspruchs nach § 396 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
Schuldner - wie hier die Ehefrau - mit mehreren Forderungen gegen die Klagforderung aufrechnet oder der klagende Gläubiger - hier der Ehemann - die Aufrechnung gegen eine von mehreren Gegenforderungen des beklagten Schuldners erklärt. Vielmehr ist, wenn das Rangverhältnis der mehreren zur AufrechBGB ungewiss ist, von der dort zuletzt genannten Beurteilungsvariante auszugehen und eine verhältnismäßige Verrechnung vorzunehmen (Staudinger/
Gursky BGB [2006] § 396 Rdn. 17).
c) Losgelöst von der richtigen Reihenfolge, in welcher der Zugewinnausgleichs-, Verwendungsersatz- und Unterhaltsanspruch zu berücksichtigen waren, hätte die Klagforderung zudem durch die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung ohnehin nur dann vollständig erlöschen können und die
Klage im vollen Umfang abgewiesen werden dürfen, wenn die Ehefrau die Zugewinnausgleichsforderung in einer Höhe aufgerechnet hätte, die der Höhe der
Klagforderung - vermindert um die bereits aufgerechnete Vergütungsforderung
(für die Übertragung des GmbH-Anteils) nebst Zinsen - entsprochen hätte. Das
ist indes nicht der Fall.
aa) Durch die Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch nebst Zinsen
ist - nach den nicht zu beanstandenden Berechnungen des Oberlandesgerichts - der mit der Klage geltend gemachte Nutzungsentschädigungsanspruch
für die Zeit von November 1998 bis einschließlich März 2000 in vollem Umfang
und für April 2000 in Höhe von 156,41 € erloschen. Es verbleibt mithin ein Nutzungsentschädigungsanspruch für April 2000 in Höhe von (465 € - 156,41 € =)
308,59 € sowie für die Zeit von Mai 2000 bis einschließlich November 2005 in
Höhe von (67 Monate x 930 € = 62.310 € : 2 =) 31.155 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.
Dieser Anspruch ist durch Aufrechnung mit dem Zugewinnausgleichsanspruch nicht in vollem Umfang erloschen. Denn die Ehefrau hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Berufungsinstanz ausdrücklich erklärt,
mit der Zugewinnausgleichsforderung nur noch wegen eines Betrags von
Datum der Zahlung des Ehemannes) aufrechnen zu wollen. Diese Erklärung
war auch wirksam. Richtig ist zwar, dass die Ehefrau die Zugewinnausgleichsforderung in erster Instanz in voller Höhe zur (Hilfs-)Aufrechnung gestellt hatte.
Dies hindert - wie dargelegt - die Ehefrau jedoch nicht, die Aufrechnung im Berufungsverfahren zurückzunehmen oder - wie hier geschehen - nach Rang und
Höhe einzuschränken.
bb) Im Übrigen hätte die Ehefrau mit der Zugewinnausgleichsforderung
ohnehin nur dann in einem weitergehenden Umfang als geschehen aufrechnen
können, wenn und soweit diese Forderung im Zeitpunkt ihrer Aufrechnungserklärung vor dem Oberlandesgericht noch in voller Höhe (von 358.427,42 € einschließlich Zinsen) bestanden hätte. Das wäre indes nur dann der Fall gewesen, wenn diese Forderung nicht bereits zuvor - nämlich durch die am 1. August
2006 erfolgte Zahlung des Ehemannes (in Höhe von 332.426,20 €) - weitgehend getilgt worden wäre.
Eine solche Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung ist nicht - wie
das Oberlandesgericht meint - bereits deshalb (teilweise) fehlgeschlagen, weil
die Ehefrau bereits in erster Instanz die Aufrechnung mit dieser Forderung erklärt und diese damit in Höhe der restlichen Klagforderung zum Erlöschen gebracht habe. Da das Landgericht den Klaganspruch als von vornherein nicht
gegeben erachtet hat, ist die von der beklagten Ehefrau hilfsweise erklärte Prozessaufrechnung nicht zum Tragen gekommen; sie ist deshalb auch materiellrechtlich nicht wirksam geworden und hat den Bestand der Zugewinnausgleichsforderung nicht berührt mit der Folge, dass diese Forderung (jedenfalls
zunächst) weiterhin durch Zahlung getilgt werden konnte.
Anders liegen die Dinge allenfalls hinsichtlich der von der Ehefrau in der
Berufungsinstanz erneut erklärten Hilfsaufrechnung. Die Ehefrau hat die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung bereits in ihrer Berufungserwiderung vom 3. Januar 2006 wiederholt; der Ehemann hat auf die Zugewinnausgleichsforderung erst am 1. August 2006 gezahlt. Wäre die Aufrechnung der
Ehefrau mit der Zugewinnausgleichsforderung bereits im Zeitpunkt der erneuten
Aufrechnungserklärung (hier: mit der Berufungserwiderung) wirksam geworden,
wäre die Zugewinnausgleichsforderung damit im Umfang der Aufrechnung erloschen und die - spätere - Zahlung des Ehemannes teilweise auf eine Nichtschuld erfolgt. Ob eine in der Berufungsinstanz wiederholte Aufrechnungserklärung gegen die Klagforderung schon im Erklärungszeitpunkt (wenn auch unter
der Bedingung, dass die Aufrechnung später zum Tragen kommt) wirksam wird
oder ob für ihr Wirksamwerden - ebenso wie für die Voraussetzungen des § 396
Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist, ist indes zweifelhaft. Folgt man der ersten Auffassung (Wirksamwerden der Prozessaufrechnung im Erklärungszeitpunkt), wäre - wie vom Oberlandesgericht
erkannt - die Klagforderung bereits aufgrund der Aufrechnung mit der (bis dahin
nicht erfüllten) Zugewinnausgleichsforderung in vollem Umfang erloschen. Folgt
man der zweiten Auffassung (Wirksamwerden der im Berufungsrechtszug erklärten Prozessaufrechnung erst mit dem Schluss der mündlichen Verhandlung
vor dem Berufungsgericht), konnte die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung die Klagforderung nur noch in Höhe von (358.427,42 € 332.426,20 € =) 26.001,22 € zum Erlöschen bringen; denn in Höhe von
332.426,20 € war die Zugewinnausgleichsforderung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnung bereits getilgt. Dem Ehemann stünde nur noch
eine Nutzugsentschädigung in Höhe von (39.525 € - 8.061,41 € [6.391,15 €
Vergütung für Überlassung des GmbH-Anteils + Zinsen] - 26.001,22 € [Auf3. Das Berufungsurteil kann nach allem im Umfang der Anfechtung nicht
bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, da das Oberlandesgericht zu den vorrangig zur Aufrechnung gestellten Forderungen auf Verwendungsersatz und Unterhalt keine Feststellungen
getroffen hat. Auch wenn die Ehefrau die Aufrechnung wirksam auf den nach
der Zahlung des Ehemannes auf die Zugewinnausgleichsforderung verbleibenden Restbetrag von 26.001,22 € beschränkt hat und die Klagforderung schon
aus diesem Grunde teilweise - nämlich in Höhe von (39.525 € - 8.061,41 €
[6.391,15 € Vergütung für Überlassung des GmbH-Anteils + Zinsen] 26.001,22 € [Aufrechnung Zugewinnsausgleich] =) 5.462,37 € - begründet wäre, so wäre der Zugriff auf die zur Aufrechnung gestellte Zugewinnausgleichsforderung zunächst gleichwohl verwehrt. Denn nicht nur die beklagte Ehefrau,
sondern auch der klagende Ehemann als Revisionsführer können verlangen,
dass über die vorrangig zur Aufrechnung stehenden Forderungen auf Verwendungsersatz und Unterhalt eine rechtskräftige - aus der Sicht des Ehemannes:
die Unbegründetheit dieser Ansprüche feststellende - Entscheidung ergeht, bevor die nachrangig zur Aufrechnung stehende Zugewinnausgleichsforderung
herangezogen wird. Mit Rücksicht auf die auf den Betrag von 7.132,63 € beschränkte Anfechtung kann das Berufungsurteil jedoch nur in entsprechendem
Umfang aufgehoben werden.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Klagforderung ist aufgrund der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Oberlan32.392,37 € durch die Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch und mit dem
Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 26.001,22 € erloschen. Es bleibt
zu prüfen, ob der verbliebene Teil der Klagforderung in Höhe von 7.132,63 €
durch die Aufrechnung mit Verwendungsersatzanspruch und Unterhaltsanspruch erloschen ist.
Hahne
Weber-Monecke
Dose
Wagenitz
Klinkhammer
Vorinstanzen:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.11.2008
Aktenzeichen:XII ZR 123/07
Rechtsgebiete:Allgemeines Schuldrecht
Erschienen in:
BGHZ 179, 1-13
NJW 2009, 1071-1074
BGB §§ 396, 366