Eintragungsreihenfolge mehrerer Gesellschafterlisten
letzte Aktualisierung: 23.5.2019
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.3.2019 – 3 Wx 53/18
GmbHG §§ 16 Abs. 1 S. 1, 40 Abs. 2 S. 2;
Eintragungsreihenfolge mehrerer Gesellschafterlisten
1. Eine Registerbeschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Änderung der Reihenfolge
der Gesellschafterlisten ist statthaft.
2. Die vom Gesetz beabsichtigte nachvollziehbare Darstellung der Veränderungen des
Gesellschafterbestands macht es erforderlich, dass mehrere vom Notar an einem Tag eingereichte
Gesellschafterlisten chronologisch in den Registerordner eingestellt werden.
3. Das Registergericht hat deshalb durch geeignete Maßnahmen – ggf. durch Anbringen eines
Korrekturvermerks – sicherzustellen, dass die chronologische Reihenfolge der Gesellschafterlisten
im Dokumentenbaum des Registerordners zweifelsfrei erkennbar ist. (Leitsätze der DNotIRedaktion)
G r ü n d e :
I.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2018 übersandte der Beteiligte vier Gesellschafterlisten mit
der Bitte, diese in der folgenden Reihenfolge in das Registerportal einzustellen:
1. Liste 1 vom 5. Februar 2018
2. Liste 2 vom 6. Februar 2018
3. Liste 3 vom 6. Februar 2018
4. Liste 4 vom 7. Februar 2018.
Am 9. Februar 2018 nahm das Registergericht die Listen dergestalt in den Registerordner
auf, dass sie in folgender Reihenfolge im Dokumentenbaum erscheinen: Liste 1, Liste 4,
Liste 3, Liste 2. Die Listen sind wie folgt bezeichnet:
„Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum:
05.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum:
07.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum:
06.02.2018)
Liste der Gesellschafter – Aufnahme in den Registerordner am 09.02.2018 (Erstellt zum:
06.02.2018)“.
Die Listen selbst sind mit „Liste 1“, „Liste 2“ usw. überschrieben.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2018 beantragte der Beteiligte, die Listen entweder
chronologisch in das Registerportal einzustellen oder sie vollständig daraus zu entfernen,
so dass er sie erneut einreichen könne.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2018 wiederholte der Beteiligte seinen Antrag. Für den
Fall, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden sollte, bat er, sein Schreiben als
Beschwerde aufzufassen und die Angelegenheit dem Beschwerdegericht vorzulegen.
Mit Beschluss vom 7. März 2018 wies das Registergericht den Antrag des Beteiligten vom
23. Februar 2018 zurück, half seiner Beschwerde vom 28. Februar 2018 nicht ab und legte
die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vor. Es führte aus, der
durch
gleichzeitig eingereichter Listen in einer bestimmten Reihenfolge. Dies sei auch nicht
erforderlich, weil die Auskunft im Registerordner allein nach dem Tag der Aufnahme in den
Registerordner erteilt werde. Es bestehe kein Grund für die Annahme, dass unter
mehreren am selben Tag eingestellten Listen die im Dokumentenbaum des
Registerordners erstgenannte die aktuellste sei. Eine chronologische Einstellung der
Gesellschafterlisten sehe das Programm X, mit dem die Dokumente in den Registerordner
verschoben würden, nicht vor. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, wäre es
folgerichtig gewesen, im Dokumentenbaum auch das Datum der Gesellschafterliste
auszuweisen. Die Ermittlung der aktuellen Gesellschafterliste erfordere deshalb, dass bei
Vorhandensein mehrerer Listen sämtliche Dokumente geöffnet (und damit erworben)
werden müssten.
Der Beteiligte macht geltend, da die vom Notar gem.
Gesellschafterlisten auf dessen Antrag aufgenommen würden, müsse er auch die
Befugnis haben, beim Einreichen mehrerer Listen die Reihenfolge ihrer Aufnahme in den
Registerordner zu bestimmen. Das ergebe sich auch daraus, dass gem. § 40 Abs. 2 S. 2
GmbHG der Notar, der eine neue Gesellschafterliste einreiche, stets an die zuletzt im
Handelsregister aufgenommene Liste anknüpfen müsse. Dies dürfte die Liste sein, die in
der Benutzeransicht als letzte erscheine. Den weiteren im Registerordner vermerkten
Angaben („erstellt zum“, „erstellt am“, „eingegangen am“, „Aufnahme in den
Registerordner am“) messe das Gesetz keine Relevanz bei. Die Auffassung des
Registergerichts, gleichzeitig eingereichte Listen in beliebiger Reihenfolge aufnehmen zu
können, führe auch praktisch zu untragbaren Ergebnissen. Da es keine Verpflichtung
geben dürfte, mehrere an einem Tag eingereichte Listen in einem separaten
Registerordner einzustellen, müsste man nach der Handhabung des Registergerichts stets
alle im Registerordner veröffentlichte Listen daraufhin durchsehen, ob sich nicht an
irgendeiner Stelle noch eine Gesellschafterliste jüngeren Datums verberge. Zweck des §
40 Abs. 2 S. 2 GmbHG sei aber, die Gesellschafterlisten kontinuierlich fortzuschreiben, um
einen transparenten und nachvollziehbaren Überblick über die Veränderungen der
Gesellschafterverhältnisse zu geben. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn die Listen
antragswidrig beliebig gemischt werden könnten. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gelte im
Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils nur derjenige, wer als
solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen sei.
Hiermit sei die zuletzt aufgenommene Liste gemeint, denn die Legitimationswirkung einer
Liste dauere immer nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine andere, aktualisierte
Gesellschafterliste im Handelsregister aufgenommen werde. Auch die Möglichkeit des
gutgläubigen Erwerbs gem. § 16 Abs. 3 GmbHG knüpfe an die zuletzt im Handelsregister
aufgenommene Liste an. Gegen diese materiell-rechtlichen Erfordernisse müsse der
Umstand zurücktreten, dass das Programm X eine chronologische Einstellung der Listen
nicht vorsehe. Lasse dieses Programm eine den gesetzlichen Anforderungen
entsprechende Eintragung nicht zu, müsse der Rechtspfleger von der Verwendung des
Programms absehen und auf andere Weise eine den gesetzlichen Anforderungen
entsprechende Eintragung herbeiführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.
II.
Die gemäß
Nachlassgericht erklärten Nichtabhilfe gemäß § 68 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. FamFG dem Senat
zur Entscheidung angefallen.
Ob der Beteiligte im Wege der Beschwerde dagegen vorgehen kann, dass das
Registergericht die Gesellschafterlisten in einer anderen als der von ihm vorgegebenen
Reihenfolge in den Registerordner eingestellt hat, erscheint allerdings zweifelhaft.
Die Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner des Handelsregisters stellt
keine Handelsregistereintragung i.S.d. § 395 FamFG dar. Aufgabe des Registergerichts ist
es lediglich, die Listen zu verwahren und für den Abruf bereit zu halten (KG NZG 2016,
987; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 40 Rn. 75).
Die Löschung einer in das Handelsregister aufgenommenen Liste sieht das Gesetz
ebenso wenig vor (KG
in den Registerordner eingestellter Listen.
Eine Fassungsbeschwerde i.S.d. § 17 HRV kommt ebenfalls nicht in Betracht,weil sich
diese nur gegen eine Eintragung richten könnte (vgl. hierzu Krafka/Kühn, Registerrecht,
10. Auflage 2017, Rn. 2442 ff.). Mangels Eintragung ist auch eine Umdeutung des
Begehrens des Beschwerdeführers in eine Anregung auf Einleitung eines
Amtslöschungsverfahrens (vgl. KG
möglich.
Statthaft ist aber eine Beschwerde des Beteiligten gegen die förmliche Zurückweisung
seines Antrags vom 23. bzw. 28. Febr. 2018 auf Änderung der Reihenfolge bzw. Löschung
der eingestellten Listen durch das Registergericht im Beschluss vom 7. März 2018. Dass
der Beteiligte im Wege der Beschwerde auch gegen diese Entscheidung des
Registergerichts vorgehen will, ergibt sich aus seiner ergänzenden Begründung im
Schriftsatz vom 19. März 2018.
Zwar hat das Registergericht insoweit bislang noch nicht über eine Abhilfe ent-schieden.
Es erübrigt sich aber, die Akten zur Entscheidung über die Abhilfe an das Registergericht
zurückzusenden, weil es nach dem bisherigen Verfahrensgang ausgeschlossen erscheint,
dass das Registergericht dabei eine andere Entscheidung treffen würde.
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten folgt nicht alleine aus
Danach steht die Beschwerde, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann
und der Antrag zurückgewiesen worden ist, allein dem Antragsteller zu. In Fällen des § 59
Abs. 2 FamFG müssen aber auch immer die Voraussetzungen des
erfüllt sein BGH,
Das ist hier der Fall.
Grundsätzlich kann der Notar durch eine Entscheidung des Registergerichts im
Zusammenhang mit der Einreichung einer Gesellschafterliste in eigenen Rechten verletzt
sein,
eingereichte Gesellschafterliste zurückweist. In diesem Fall macht es ihm die Erfüllung
seiner Amtspflicht i.S.d.
stünde der Notar weiterhin in der Amtspflicht, eine (korrigierte) Gesellschafterliste
einzureichen (vgl. BGH
2017, § 40 Rn. 79).
Ändert das Registergericht die vom Notar vorgegebene Reihenfolge gleichzeitig
eingereichter Gesellschafterlisten, so beeinträchtigt dies den Notar in seinen eigenen
Rechten, wenn es zu seiner aus
zu sorgen, dass gleichzeitig eingereichte Gesellschafterlisten in chronologischer
Reihenfolge in den Registerordner eingestellt werden. Dabei handelt es sich um eine
doppelrelevante Tatsache, die für die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde zunächst im
Sinne des Beteiligten als Beschwerdeführers zu entscheiden ist.
In der Sache hat die Beschwerde ebenfalls Erfolg.
Ziel des
Entwicklung zu vermitteln. Dabei soll gewährleistet werden, dass die Entwicklung
sämtlicher Veränderungen ausgehend von der Liste der Gründungsgesellschafter
lückenlos nachvollzogen werden kann. Dem entspricht es, dass gem. § 9 Abs. 1 S. 2 HRV
die zum Handelsregister einzureichenden Dokumente in der zeitlichen Reihenfolge ihres
Eingangs und nach der Art des jeweiligen Dokuments abrufbar zu halten sind. Werden
mehrere Gesellschafterlisten am gleichen Tag eingereicht, ist § 9 Abs. 1 S. 2 HRV in dem
Sinne auszulegen, dass die Listen in chronologischer Reihenfolge inden Registerordner
einzustellen sind. Dies gilt umso mehr, wenn die Reihenfolge – wie hier – von dem
einreichenden Notar vorgegeben wird.
Dieses Verständnis des § 9 Abs. 1 S. 2 HRV ergibt sich aus Folgendem:
Haben seit dem Einreichen der letzten Liste – wie hier – mehrere Veränderungen
stattgefunden, ist für jede dieser Veränderungen eine neue Liste einzureichen. Das gilt
auch bei unmittelbarer zeitlicher Abfolge der Veränderungen. Aus den im Registerordner
veröffentlichten Gesellschafterlisten muss sich lückenlos nachvollziehen lassen, wie sich
der einzelne Geschäftsanteil entwickelt hat und woher er stammt (Heidinger, in:
Münchener Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2019, § 40 Rn. 310 ff.; OLG Köln FGPrax
2013, 272). Zudem hat der Notar beim Einreichen einer geänderten Gesellschafterliste
grundsätzlich an die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste anzuknüpfen, § 40
Abs. 2 S. 2 GmbHG.
Legt man den Gesetzeswortlaut zu Grunde und geht davon aus, dass der Notar eine
Reihenfolge der Eintragung nicht vorgeben kann, müsste der Notar bei mehreren
Veränderungen die einzelnen Listen an verschiedenen Tagen nacheinander einreichen,
um mit der jeweils folgenden Liste an die zuletzt im Registerordner aufgenommene Liste
anknüpfen zu können. Dieses Vorgehen stünde in Widerspruch zu der Pflicht des Notars,
eine geänderte Liste jeweils unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung zum
Handelsregister einzureichen,
Sinne einer zugleich zeitnahen als auch transparenten und übersichtlichen Darstellung der
Veränderungen im Registerordner lösen, indem der Notar beim Einreichen mehrerer Listen
an einem Tag die Reihenfolge vorgibt, in welcher die Listen in das Register aufzunehmen
seien (vgl. LG München I
Hasselmann,
Registergericht beim Einstellen der Listen in den Registerordner nicht willkürlich von der
vom Notar vorgegebenen Reihenfolge abweichen darf. Die vom Gesetz beabsichtigte
nachvollziehbare Darstellung der Veränderungen gebietet es daher, dass die vom Notar
eingereichten Gesellschafterlisten chronologisch in den Registerordner eingestellt werden.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die chronologische Reihenfolge jedenfalls
teilweise anhand des abrufbaren Erstellungsdatums der Listen und – bei gleichem
Erstellungsdatum – vollständig beim (kostenpflichtigen) Öffnen der einzelnen Dokumente
nachvollzogen werden kann. Denn jedenfalls birgt das Einstellen der Listen in beliebiger
Reihenfolge die Gefahr, dass es beim Einsehen in den Registerordner zu Irrtümern bzw.
Verwechslungen kommt, die im Hinblick auf den Gutglaubensschutz gem. § 16 Abs. 1 S. 1
GmbHG und die Pflicht des Notars, beim Einstellen weiterer Listen an die jeweils zuletzt
eingestellte Liste anzuknüpfen (
Betroffenen nach sich ziehen können. Das gilt insbesondere bei komplizierten und
umfangreichen Veränderungen, wie sie bei großen Gesellschaften und im Rahmen von
Konzernstrukturen vorkommen können.
Nachdem das Registergericht die vom Beteiligten eingereichten Gesellschafterlisten
abweichend von der angegebenen Reihenfolge in den Registerordner eingestellt hat,
bedarf es nunmehr einer Korrektur, die die Chronologie der Veränderungen abbildet. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass – wie oben ausgeführt – eine Löschung bereits eingestellter
Gesellschafterlisten im Registerordner zur Fehlerkorrektur vom Gesetzgeber nicht
vorgesehen ist. Das Registergericht hat deshalb durch andere geeignete Maßnahmen –
etwa durch Anbringen eines Korrekturvermerks – sicherzustellen, dass die chronologische
Reihenfolge der Gesellschafterlisten im Dokumentenbaum des Registerordners
zweifelsfrei erkennbar ist.
Dem stünde nicht entgegen, wenn bei der verwendeten Software X eine solche Korrektur
derzeit nicht vorgesehen wäre. Denn die Software hat sich an den gesetzlichen
Anforderungen zu orientieren, nicht umgekehrt. Lässt das Datenverarbeitungsprogramm
eine gesetzlich gebotene Darstellung nicht zu, muss ggfs. auf seine Verwendung oder eine
Anpassung der Software veranlasst werden (vgl. OLG Köln
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:18.03.2019
Aktenzeichen:3 Wx 53/18
Rechtsgebiete:
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
RNotZ 2019, 345-349
NJW-RR 2019, 861-862
GmbHG §§ 16 Abs. 1 S. 1, 40 Abs. 2 S. 2; HRV § 9 Abs. 1 S. 2