Arglistiges Verschweigen eines Mangels; Haftungsausschluss
letzte Aktualisierung: 8.11.2019
BGH, Urt. v. 14.6.2019 – V ZR 73/18
Arglistiges Verschweigen eines Mangels; Haftungsausschluss
Die Angabe des fachkundigen Verkäufers, das Kaufobjekt fachgerecht bzw. nach den anerkannten
Vorschriften errichtet zu haben, erfolgt nicht schon dann ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue
hinein“, wenn er bei der Bauausführung unbewusst von einschlägigen DIN-Vorschriften
abgewichen ist.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger hätten gegen den Beklagten aus
§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3,
der Mangelbeseitigungskosten und weiteren Schadensersatz. Die Ausführungsmängel
der Drainage und der Abdichtung des Wohnhauses im Ganzen
seien als Sachmangel anzusehen. Auf den vereinbarten Haftungsausschluss
könne sich der Beklagte nicht berufen, weil er den Klägern diesen Mangel arglistig
verschwiegen habe.
Der Beklagte habe die in der Garage vorhandenen Feuchtigkeitserscheinungen
den Klägern damit erklärt, dass sich eine dort befestigte Bitumenbahn
ab und zu gelöst habe und neu habe befestigt werden müssen. Diese Angabe
reiche für eine Aufklärung über den vorhandenen Sachmangel nicht aus, da für
die Kläger nur ein Wasserfleck an der Garagenwand erkennbar, der Beklagte
aber aufgrund seiner beruflichen Qualifikation in der Lage gewesen sei, aus
diesem Symptom den Schluss auf das Vorhandensein des Mangels, nämlich
der mangelhaften Abdichtung des Baukörpers und der fehlenden bzw. nicht
fachgerecht ausgeführten vertikalen und horizontalen Drainage zu ziehen.
Zudem habe der Beklagte bei der Besichtigung angegeben, die Abdichtungsarbeiten
fachgerecht bzw. nach den anerkannten Vorschriften durchgeführt
und besondere Sorgfalt aufgewandt zu haben, weil er das Haus für seine
Familie gebaut habe. Insoweit hafte der Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt
des arglistigen Vorspiegelns bestimmter Eigenschaften oder der Abwesenheit
von Mängeln im Sinne von § 444 BGB. Denn offensichtlich habe der
Beklagte, wenn er bei der Errichtung des Hauses nicht bewusst von geltenden
DIN-Vorschriften abgewichen sei, sich hinsichtlich der anerkannten Regeln der
Technik nicht auf dem Laufenden gehalten und somit als Fachmann Angaben
ohne tatsächliche Anhaltspunkte „ins Blaue hinein“ gemacht.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht
gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch der Kläger gegen
den Beklagten aus § 437 Nr. 3,
auf Schadensersatz wegen der mangelhaften Drainage und Abdichtung des
Wohnhauses nicht bejahen.
1. a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen geht das Berufungsgericht
allerdings davon aus, dass das Wohngebäude einen Sachmangel
aufwies, weil die Drainage und die Abdichtung des Gebäudes gegen eindringende
Feuchtigkeit nicht nach den zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden DINVorschriften
ausgeführt wurden, im Ganzen nicht den anerkannten Regeln der
Technik entsprachen und nicht voll funktionstüchtig waren.
b) Richtig ist auch, dass der Beklagte den Klägern ungeachtet des vertraglich
vereinbarten Haftungsausschlusses wegen dieses Mangels nach § 444
BGB haftet, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat.
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist aber die Annahme des Berufungsgerichts,
der Beklagte habe die Kläger über die Mangelfreiheit der Drainage und
Abdichtung des Wohnhauses getäuscht.
a) Das gilt zunächst für die Annahme, die von dem Beklagten abgegebenen
Erklärungen zu der Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen in der Garage
rechtfertigten den Vorwurf der Arglist.
aa) Arglist setzt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig
sieht - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zumindest Eventualvorsatz
voraus; leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen
nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11,
Rn. 24, 28; Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11,
Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 23/15,
Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt
oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet
und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei
Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen
hätte (Senat, Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11, aaO Rn. 12; Urteil
vom 22. April 2016 - V ZR 23/15, aaO). Bei Mängeln, die einer Besichtigung
zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, besteht grundsätzlich keine
Offenbarungspflicht; der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwar-
ten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt
selbst wahrnehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94,
Rn. 21; Urteil vom 19. Februar 2016 - V ZR 216/14,
Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16,
14. September 2018 - V ZR 165/17,
erkennbar sind indes solche Mängel, von denen bei einer Besichtigung
zwar Spuren zu erkennen sind, die aber keinen tragfähigen Rückschluss auf Art
und Umfang des Mangels erlauben. In diesen Fällen muss der Verkäufer gemäß
seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes Wissen nicht zurückhalten
(Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99,
Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11,
9. Februar 2018 - V ZR 274/16,
auf Grund eigener Sachkunde oder auf Grund eines von ihm eingeholten Gutachtens
Schlüsse auf den Mangel und seine Ursachen, die sich dem Käufer bei
einer Inaugenscheinnahme der Symptome nicht in gleicher Weise aufdrängen,
kann der Käufer erwarten, dass ein redlicher Verkäufer ihm diese Schlussfolgerungen
mitteilt (vgl. Senat, Urteil vom 7. Februar 2003 - V ZR 25/02, NJW-RR
2003, 772, 773).
bb) Nach diesen Maßstäben ist der von dem Berufungsgericht gezogene
Schluss, der Beklagte habe den Mangel an der Drainage und der Abdichtung
des Wohnhauses den Klägern arglistig verschwiegen, nicht gerechtfertigt.
(1) Das Berufungsgericht unterstellt als wahr, dass der Beklagte in der
Vergangenheit mehrfach nach dem Auftreten entsprechender Feuchtigkeitserscheinungen
im Bereich der Garage die dortige Bitumenschweißbahn neu angeklebt,
diese sich aber immer wieder nach einiger Zeit gelöst hat. Es unterstellt
weiter als wahr, dass nach diesen „Sanierungsmaßnahmen“ die Flecken jeweils
abgetrocknet sind. Gleichwohl meint das Berufungsgericht, es könne nicht an-
genommen werden, dass der Beklagte als Fachmann nicht erkannt habe, dass
schadensursächlich nicht die sich ständig lösende senkrechte Bitumenschweißbahn
habe sein können, sondern die Ursachen andere gewesen sein
müssten. Er habe „hinreichend Anlass“ gehabt, nicht nur am durchgreifenden
Erfolg der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen zu zweifeln, sondern auch
daran, die Schadensursache erkannt zu haben. Da die wiederholte Sanierung
im Ergebnis erfolglos geblieben sei, habe sich dem Beklagten als Fachmann
„aufdrängen“ müssen, dass die Mangelursache in einem anderen Bereich anzusiedeln
sei. Seine Maßnahmen stellten sich, was ihm nicht verborgen geblieben
sein könne, als „herumdoktern“ an den Symptomen, aber nicht als „kurieren“
der eigentlichen „Erkrankung“, d.h. der Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen
dar.
(2) Diese Begründung trägt die Annahme, der Beklagte habe arglistig
gehandelt, nicht. Entweder hat das Berufungsgericht den rechtlichen Maßstab
für die Annahme einer arglistigen Täuschung verkannt, indem es eine fahrlässige
Unkenntnis des Beklagten von den eigentlichen Ursachen der Feuchtigkeitserscheinungen
hat ausreichen lassen, oder es hat verfahrensfehlerhaft die
Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen ohne deren erneute Vernehmung
anders gewürdigt als das Landgericht.
(a) Sollte das Berufungsgericht gemeint haben, dass es für die Annahme
einer arglistigen Täuschung der Kläger durch den Beklagten ausreicht, wenn
dieser hinreichenden Anlass hatte, an dem Erfolg seiner Sanierungsbemühungen
zu zweifeln und sich ihm aufdrängen musste, dass die eigentliche Ursache
der Feuchtigkeitserscheinungen eine andere war, wäre dies nach den genannten
Maßstäben unzutreffend. Hiermit wäre nur eine fahrlässige Unkenntnis des
Beklagten von dem offenbarungspflichtigen Mangel belegt, nicht aber der für
die Arglist vorausgesetzte Eventualvorsatz. Nach der Rechtsprechung des Senats
genügt es nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflich-
tiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz
abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis
ersetzt würde (Urteil vom 12. April 2013 - V ZR 266/11, NJW 2013,
2182 Rn. 12 ff.; Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01,
990). Selbst ein bewusstes Sichverschließen reicht für die Annahme der Arglist
nicht aus, erforderlich ist die Kenntnis der den Mangel begründenden Umstände
zumindest in der Form des Eventualvorsatzes. Diese Kenntnis muss festgestellt
werden; sie kann nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden (Senat,
Urteil vom 22. April 2016 - V ZR 23/15,
(b) Sollte das Berufungsgericht dem Beklagten hingegen nicht geglaubt
haben, dass er die fehlerhafte Verklebung der Bitumenablaufrinne als Ursache
des Wasserflecks angesehen und nicht den Schluss auf eine andere, tiefergehende
Ursache gezogen hat, wäre der Schluss auf ein arglistiges Handeln zwar
möglich. Zu dieser Einschätzung durfte das Berufungsgericht aber - wie die Revision
zutreffend geltend macht - nicht kommen, ohne die in erster Instanz vernommenen
Zeugen H. und G. erneut zu vernehmen.
(aa) Nach
und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten
Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte
Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen
Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Hieraus
folgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Berufungsgericht
insbesondere die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen
nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen muss, wenn es deren Aussagen
anders würdigen will als die Vorinstanz (vgl. Senat, Urteile vom 12. März
2004 - V ZR 257/03,
- V ZR 147/12,
2011 - III ZR 165/11,
(bb) Danach hätte das Berufungsgericht die Zeugin H. erneut
vernehmen müssen, wenn es von einer Kenntnis des Beklagten von der Funktionsuntüchtigkeit
der Abdichtung des Wohnhauses ausgehen wollte.
Das Landgericht hat die Arglist des Beklagten für nicht bewiesen erachtet,
weil es der Angabe der Zeugin H. , der Ehefrau des Beklagten, Glauben
geschenkt hat, der Feuchtigkeitsfleck sei jeweils abgetrocknet bzw. zurückgegangen,
wenn der Beklagte im Bereich der Stufe und der Bitumenbahn „wieder
etwas festgemacht“ habe und über andere Ursachen sei nicht gesprochen
worden.
Das Berufungsgericht würdigt die Aussage der Zeugin H. zwar
vordergründig wie das Landgericht, weil es als wahr unterstellt, dass die Feuchtigkeitsflecken
in der Garage nach den Sanierungsmaßnahmen des Beklagten
jeweils abgetrocknet sind. Bei einer Wahrunterstellung darf die Behauptung der
Partei aber nicht nur vordergründig als wahr unterstellt werden, sondern muss
so übernommen werden, wie sie aufgestellt wurde (vgl. etwa BGH, Beschluss
vom 10. April 2018 - VIII ZR 223/17,
das Berufungsgericht nicht getan. Seine Annahme, der Beklagte habe erkannt,
dass schadensursächlich für den Wasserfleck nicht die sich lösende Bitumenbahn,
sondern die mangelhafte Abdichtung des Gebäudes insgesamt sei, ließe
sich mit der Aussage der Zeugin nämlich nur vereinbaren, wenn der Beklagte
den von ihm erkannten Mangel seiner Frau verschwiegen haben sollte. Das hat
das Berufungsgericht seiner Würdigung aber nicht zugrunde gelegt.
(cc) Das Berufungsgericht hätte auch den Zeugen G. erneut hören
müssen.
Das Landgericht hat die Kenntnis des Beklagten von der Mangelhaftigkeit
der Abdichtung des Hauses auch deswegen für nicht nachgewiesen erachtet,
weil der Zeuge G. , von Beruf Sachverständiger, angegeben hat, er
habe es für nachvollziehbar gehalten, dass Ursache der Feuchtigkeitsstelle der
Abschluss der begehbaren Flachdachgarage war und dass sich die Problematik
der Feuchtigkeitsbildung im Bereich der Bitumenablaufrinne bewegt. Das Berufungsgericht
durfte die Einschätzung des Zeugen nicht mit der Begründung für
unerheblich erklären, diesem seien die mehrfachen Sanierungsversuche des
Beklagten nicht bekannt gewesen, ohne den Zeugen dazu zu befragen, ob er in
Kenntnis der erfolglosen Sanierungsversuche zu einer anderen Einschätzung
der Ursache für die Feuchtigkeit gekommen wäre.
(3) Die Arglist des Beklagten kann schließlich nicht damit begründet werden,
dieser habe die Kläger jedenfalls über die „mehrfach durchgeführten Sanierungsmaßnahmen“
aufklären müssen, also darüber, dass er die Bitumenbahn
mehrfach neu verklebt hat, die Feuchtigkeit aber jeweils nach einiger Zeit
wieder aufgetreten ist. Wenn der Beklagte nämlich - was nach dem zuvor Gesagten
für die Revisionsinstanz zu unterstellen ist - davon ausgegangen ist,
dass die Feuchtigkeitserscheinungen auf die mangelhafte Verklebung der Bitumenbahn
zurückzuführen waren und jeweils nach erneutem Verkleben abtrockneten,
bestand für ihn subjektiv kein Anlass, die Kläger auf die mögliche Untauglichkeit
seiner Sanierungsbemühungen hinzuweisen.
b) Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, der
Beklagte habe auch deswegen arglistig im Sinne von § 444 BGB gehandelt,
weil er den Klägern gegenüber vorsätzlich falsche Angaben über die Einhaltung
der einschlägigen DIN-Vorschriften bei der Erstellung der Drainage und Abdichtung
des Wohnhauses gemacht habe.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,
dass der Verkäufer verpflichtet ist, Fragen des Käufers richtig und vollständig zu
beantworten (Senat, Urteil vom 20. September 1996 - V ZR 173/95, NJW-RR
1997, 144, 155; Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08,
Rn. 25; Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11,
der Umstand, dass Fragen - hier die nach der Ursache der Feuchtigkeitsflecken
- falsch beantwortet wurden, begründet jedoch noch nicht den Vorwurf der
Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich
grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder
selbst auf Leichtfertigkeit beruhen (Senat, Urteil vom 12. Januar 2001
- V ZR 322/99, BGH-Report, 2001, 362, 363; Urteil vom 16. März 2012
- V ZR 18/11,
Fragen des Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage - „ins Blaue
hinein“ - macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet; wer so antwortet, handelt
grundsätzlich bedingt vorsätzlich (Senat, Urteil vom 26. September 1997
- V ZR 29/96,
BGHReport 2001, 362, 363; Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZfIR 2012,
463 Rn. 28).
bb) Nach diesen Maßstäben kann nicht davon ausgegangen werden, der
Beklagte habe vorsätzlich falsche Angaben über die Einhaltung der einschlägigen
DIN-Vorschriften bei der Erstellung der Drainage und Abdichtung des
Wohnhauses gemacht.
(1) Das Berufungsgericht begründet die Arglist des Beklagten damit, er
habe sich, wenn er nicht bewusst von den einschlägigen DIN-Vorschriften abgewichen
sei, über diese vor der Bauausführung jedenfalls nicht hinreichend
informiert, so dass seine Angabe ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“
erfolgt sei. Von einem Fachmann wie dem Beklagten könne man die Einhaltung
bestimmter Qualitätsstandards erwarten, er müsse die jeweils aktuell
geltenden Regeln seines Fachs kennen und anwenden und eben dies habe der
Beklagte auch erklärt.
(2) Damit verkennt das Berufungsgericht den Maßstab für das Vorliegen
einer arglistigen Täuschung im Sinne von § 444 BGB. Die von ihm herangezogenen
Grundsätze entstammen dem Werkvertragsrecht und betreffen die Frage,
unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer den in der Mangelhaftigkeit
des Werkes liegenden Pflichtverstoß zu vertreten und somit nach den
hat der Unternehmer insoweit nach allgemeinen Regeln gemäß § 280 Abs. 1
Satz 2,
3. November 2004 - VIII ZR 344/03,
Staudinger/Peters/Jacoby, BGB [2014], § 634 Rn. 127;
BeckOGK/Kober, BGB [1.3.2019], § 636 Rn. 179). In diesem Rahmen kommt
es daher darauf an, welche Sorgfaltsanforderungen an die Fachplaner und die
ausführenden Betriebe zu stellen sind, namentlich ob von ihnen die Kenntnis
und Einhaltung bestimmter DIN-Vorschriften und der daraus für das konkrete
Werk abzuleitenden Anforderungen erwartet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom
3. November 2004 - VIII ZR 344/03,
Diese Maßstäbe lassen sich auf die Feststellung einer arglistigen Täuschung
im Sinne von § 444 BGB nicht übertragen, weil der Verkäufer insoweit
nur für vorsätzliche Falschangaben haftet. Macht der Verkäufer auf Fragen des
Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“, setzt
die Annahme bedingten Vorsatzes voraus, dass der Verkäufer mit der Unrichtigkeit
seiner Angaben rechnet. Der Beklagte müsste folglich bei der Abgabe
seiner Erklärung damit gerechnet haben, dass er bei der Errichtung des Wohnhauses
von den anerkannten Regeln der Technik oder den einschlägigen Vorschriften
abgewichen ist. Hiervon kann nicht allein deshalb ausgegangen werden,
weil die Abdichtung des Wohnhauses nicht den einschlägigen DINVorschriften
entspricht und der Beklagte diese als Fachmann grundsätzlich zu
kennen hatte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass dem Beklagten nicht be-
wusst war, die einschlägigen DIN-Vorschriften bei der Errichtung des Wohnhauses
für sich und seine Familie nicht vollumfänglich gekannt und in jeder
Hinsicht beachtet zu haben. Ein solches unbewusstes Abweichen von einschlägigen
Vorschriften reicht für die Feststellung einer arglistigen Täuschung im
Rahmen eines Kaufvertrages indes nicht aus. Die Angabe des fachkundigen
Verkäufers, das Kaufobjekt fachgerecht bzw. nach den anerkannten Vorschriften
errichtet zu haben, erfolgt nicht schon dann ohne tatsächliche Grundlage
„ins Blaue hinein“, wenn er bei der Bauausführung unbewusst von einschlägigen
DIN-Vorschriften abgewichen ist.
III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben.
Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif und daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3
ZPO).
1. Dieses wird unter Berücksichtigung der dargestellten Maßstäbe erneut
darüber zu befinden haben, ob der Beklagte die Kläger über das Nichtvorliegen
von Mängeln an der Drainage und Abdichtung des Wohnhauses arglistig getäuscht
hat. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass das Berufungsgericht,
was die Revision zutreffend geltend macht, bislang keine Feststellungen dazu
getroffen hat, dass die vor Vertragsschluss in der Garage aufgetretenen Feuchtigkeitserscheinungen
auf die unsachgemäße Drainage und Abdichtung des
Wohnhauses zurückzuführen waren und nicht etwa auf eine unsachgemäße
Befestigung der offenbar als Ablaufrinne ausgestalteten Bitumenbahn an dem
begehbaren Flachdach der Garage. Sollte sich die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen
nicht (mehr) feststellen lassen, bedürfte es besonderer Begründung,
weshalb der Beklagte aus den wiederkehrenden Feuchtigkeitserschei-
nungen in der Garage auf eine mangelhafte Abdichtung des Hauses geschlossen
haben soll.
2. Sollte das Berufungsgericht danach ein arglistiges Handeln des Beklagten
annehmen, gibt ihm die Zurückverweisung Gelegenheit, sich auch mit
Rügen auseinanderzusetzen, die die Revision hinsichtlich der Feststellungen zu
der Frage der Kenntnis der Kläger von den Mängeln nach
hat.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:14.06.2019
Aktenzeichen:V ZR 73/18
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Kaufvertrag
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Bauträgervertrag und Werkvertrag
ZNotP 2020, 74-77
MittBayNot 2020, 122
BGB § 444