Wichtiger Grund i. S. v. § 12 Abs. 2 WEG bei Veräußerung an UG (haftungsbeschränkt)
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 31.1.2017
LG Düsseldorf, Urt. v. 20.7.2016 - 25 S 179/15
WEG §§ 12 Abs. 2, 43
Wichtiger Grund i. S. v.
1. Nur in Ausnahmefällen kann die Verwalterzustimmung allein wegen der Rechtsform des
Erwerbers (hier: UG, haftungsbeschränkt) verweigert werden.
2. War jedoch deren alleiniger Geschäftsführer schon früher Wohnungseigentümer in derselben
Anlage und mit Wohngeldern in erheblicher Höhe rückständig, kann von einer finanziellen
Unzuverlässigkeit der Erwerberin auszugehen sein. Auf die Gesellschafterin der Erwerberin
kommt es dann nicht mehr entscheidend an.
Gründe
I.
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft D. in E. , deren
Verwalterin die Beigeladene ist. Der Kläger ist Sondereigentümer des im Aufteilungsplan
mit Nr. 14a bezeichneten Teileigentums.
Nach der Teilungserklärung bedarf die Veräußerung eines Wohnungs- bzw. Teileigentums
der Verwalterzustimmung.
Der Kläger veräußerte durch notariellen Kaufvertrag vom 17. Dezember 2014 seinen im
Grundbuch von E. Blatt 23108 verzeichneten 120/1.000 Miteigentumsanteil an dem
Grundstück Gemarkung F. verbunden mit dem Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken
dienenden Räumen im Erdgeschoss, im Aufteilungsplan mit Nr. 14a bezeichnet, zu einem
Kaufpreis von 18.000,00 Euro. Käuferin war die G. mit dem Sitz in H. . In IV.3. versichert
der Kläger als Verkäufer, dass keine Zahlungen an die Eigentümergemeinschaft
rückständig seien. Er erklärt ferner, dass ihm keine baulichen Maßnahmen bekannt seien,
die bereits durchgeführt seien oder unmittelbar bevorstehen und die zu Sonderumlagen
führen werden.
Alleinige Gesellschafterin der G. ist die I. gemäß der Liste der Gesellschafter vom 17.
Februar 2012. Am 16. Dezember 2011 wurde die I. in das Handelsregister bei dem
Amtsgericht H. eingetragen (HRB 23925). Am 21. März 2012 wurde die G. in das
Handelsregister bei dem Amtsgericht H. (HRB 24165) eingetragen. Alleiniger
Geschäftsführer beider Gesellschaften ist J. . Die Geschäftsanschrift beider
Gesellschaften ist: H. .
Die Beigeladene teilte dem Kläger mit Schreiben vom 08. Januar 2015 mit, dass sie eine
Zustimmung zu dem Kaufvertrag nicht erteilen könne, da es nicht zutreffend sei, dass der
Verkäufer mit Zahlungen an die Eigentümergemeinschaft nicht rückständig sei. Im
Gegenteil, der Kläger schulde der Wohnungseigentümergemeinschaft per 31. Dezember
2014 4.751,10 Euro. Der Kläger forderte erneut mit Schreiben vom 05. Februar 2015 die
Erteilung der Zustimmung. Die Beigeladene setzte dem Kläger eine Frist bis zum 18.
Februar 2015 zur Zahlung der Rückstände in Höhe von 4.896,10 Euro. Zudem führte die
Beigeladene aus, dass sie berechtigte Zweifel habe, dass der Käufer regelmäßig sein
Hausgeld zahlen werde. Die Käuferin sei bereits einmal Mitglied der
Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen und in dieser Zeit finanziell unzuverlässig.
Der Kläger erwiderte darauf mit Schreiben vom 12. Februar 2015, dass die Erwerberin zu
keinem Zeitpunkt Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen sei. Zu den
angesprochenen Rückständen habe er bereits mit Email vom 19. November 2014 Stellung
genommen.
Die Beigeladene lud mit Schreiben vom 20. Februar 2015 auf die Eigentümerversammlung
vom 09. März 2015. In dieser Eigentümerversammlung (Protokoll Blatt 52f GA) wurde
unter TOP 3 wie folgt beschlossen:
TOP 3: Beschlussfassung über die Zustimmung zum Verkauf der Einheit im
Erdgeschoss lt. Aufteilungsplan mit Nr. 14a bezeichnet.
Die Eigentümer sprechen ausführlich über den Beschlussantrag sowie über die damalige,
finanzielle Situation mit dem Eigentümer J. . Die Verwaltung bestätigt, dass seinerzeit eine
Sonderumlage in Höhe von 8.000,00 EUR beschlossen wurde, um die nicht gezahlten
Hausgelder der Einheit von Herrn J. zu refinanzieren. Weiterhin sprechen die Eigentümer
ausführlich über die Rechtsform der G. Insgesamt befürchten die Eigentümer erneut hohe
Hausgeldausfälle nach dem Verkauf durch Herrn K. an die G..
Beschlussantrag: Die Eigentümerversammlung erteilt die Zustimmung zum Verkauf der
Einheit im Erdgeschoss lt. Aufteilungsplan mit Nr. 14a bezeichnet durch Herrn K. an die
Firma G., Geschäftsführer Herr J. . Die Verwaltung wird angewiesen, die entsprechende
Zustimmung namens der Eigentümergemeinschaft notariell abzugeben.
Beschlussergebnis und Verkündung:
Ja-Stimmen: 0 Nein-Stimmen: 4 Enthaltungen: 5
MEA: 0,00 MEA: 309,00
Herr L. verkündet, dass der oben genannte Beschluss zu TOP 3 einstimmig abgelehnt
wurde.
Der Kläger hat diesen Beschluss rechtzeitig angefochten.
Der Kläger hat beantragt,
1.
den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 09.03.2015 zu TOP 3
(Beschlussfassung über die Zustimmung zum Verkauf der Einheit im Erdgeschoss laut
Aufteilungsplan mit Nr. 14a bezeichnet) für ungültig zu erklären;
2.
die Beklagten zu verpflichten, dem Verkauf des im Aufteilungsplan mit Nr. 14a
bezeichneten Teileigentums des Klägers auf dem Hausgrundstück D. in E. durch den
Kläger an die G. (haftungsbeschränkt), in H. , zuzustimmen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird im Übrigen gemäß
Das Amtsgericht hat durch das angegriffene Urteil die Klage abgewiesen. Es habe ein
wichtiger Grund im Sinne des
vorgelegen. Vor diesem Hintergrund bestehen vorliegend begründete Zweifel an der
künftigen Erfüllung des Lasten- und Finanzierungsaufkommens der
Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Erwerbsinteressentin, da deren alleiniger
Geschäftsführer selbst in der Vergangenheit Mitglied der
Wohnungseigentümergemeinschaft war und dabei Hausgelder in erheblichem Umfang
nicht bezahlte, so dass die übrigen Wohnungseigentümer in Form einer Sonderumlage
über 8.000,00 € dafür eingetreten sind. Durch dieses gemeinschaftsschädigende
Verhalten stellt sich der Geschäftsführer der Erwerbsinteressentin als unzumutbar für
diese dar, was auf die Person der Erwerbsinteressentin fortwirkt. Insofern ist es
sachgerecht, bei der Bewertung der persönlichen Zuverlässigkeit der Erwerbsinteressentin
als juristischer Person auf deren Geschäftsführer abzustellen, da dieser nach § 35 Abs. 1
Satz 1 GmbHG für die Gesellschaft handelt [so auch Lafontaine, in: Herberger/Martinek
/Rüßmann u. a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014,
im Gewerberecht anerkannt, dass für die Beurteilung dessen, ob eine juristische Person
künftig die ausreichende Gewähr für die ordnungsgemäße Erbringung ihrer Pflichten
bietet, auf die Zuverlässigkeit deren Vertretungsorgans abgestellt werden kann [vgl. nur
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof,
gerade deswegen, da die juristische Person selbst ausschließlich über ihre Organe zur
Willensbildung fähig ist.
Demgegenüber greift der Einwand des Klägers nicht durch, wenn er ein solches Abstellen
auf die Person des Geschäftsführers deswegen ablehnt, da die Gesellschafter
personenverschieden seien und diese entsprechende Weisungsbefugnis gegenüber dem
Geschäftsführer hätten. So stellt zwar die Prüfung und Überwachung der
Geschäftsführung eine Aufgabe der Gesellschafter nach
Gesellschafterversammlung fungiert aber lediglich als Kontrollorgan der Gesellschaft,
während der Geschäftsführer die täglichen Geschäfte selbstverantwortlich leitet. Gerade
für den vorliegenden Fall, in welchem der alleinige und einzelvertretungsberechtigte
Geschäftsführer der Erwerbsinteressentin wegen konkreter Vorkommnisse während seiner
eigenen Mitgliedschaft in der Wohnungseigentümergemeinschaft sich für diese als
unzumutbar darstellt, kann allein die abstrakte Möglichkeit der Ausübung von
Kontrollmaßnahmen durch Dritte das Fortwirken dieser Unzumutbarkeit gegenüber der
juristischen Person nicht entfallen lassen. Dies gilt v. a. angesichts des Gesetzeszwecks,
wonach ein Selbstschutz der Wohnungseigentümergemeinschaft gewährleistet sein soll.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 24. November 2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts
Remscheid den Beschluss der Eigentümerversammlung zu TOP 3 vom 09. März 2015 für
ungültig zu erklären und die Beklagten zu verpflichten, dem Verkauf des im
Aufteilungsplan mit Nr. 14a bezeichneten Teileigentums des Klägers auf dem
Hausgrundstück D. in E. durch den Kläger an die G. (haftungsbeschränkt), in H. ,
zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den
Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Die
Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des
Der Kläger rügt eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts, die als zutreffend unterstellt
rechtserheblich wäre. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liege ein wichtiger
Grund im Sinne des
III.
Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Ein wichtiger Grund im Sinne des
die Erfüllung der Lastenbeitrags- und Finanzierungsverpflichtungen (OLG Frankfurt,
Beschluss vom 25. Oktober 1982 – 20 W 209/82, Wohnungseigentümer 1983, 61;
BayObLG, Beschluss vom 29. Dezember 1983 – 2 Z 18/83; Wohnungseigentümer 1984,
60), wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der Erwerber die ihm gegenüber der
Gemeinschaft obliegenden finanziellen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen wird
(OLG Köln, Urteil vom 15. März 1996 – 19 U 139/95,
Für die Beurteilung, ob ein „wichtiger Grund“ im Sinne von
vorliegt, kommt es allein auf die Person des Erwerbers, insbesondere seine persönliche
und finanzielle Zuverlässigkeit, und die von ihm beabsichtigte Nutzung an; hieraus muss
sich eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die übrigen Miteigentümer ergeben
(Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. Januar 2008 – 5 Wx 49/07,
Wohnungseigentümer 2009, 55; OLG Frankfurt am Main,
Düsseldorf,
Zweibrücken,
Schutz der Eigentümergemeinschaft gegen das Eindringen unerwünschter Personen und
die damit einhergehende Kontrolle der Person des Erwerbers. Daher darf die
Verwalterzustimmung nicht wegen etwaiger Beitrags- und Wohngeldrückstände des
Veräußerers verweigert werden.
Ein solcher wichtiger Grund kann z. B. gegeben sein, wenn der Erwerber als bisheriger
Mieter der Eigentumswohnung mehrfach über Monate hinweg Mietrückstände hat
auflaufen lassen.
Zwar kann die Zustimmung nur in Ausnahmefällen allein wegen der Rechtsform der
Erwerberin verweigert werden.
Jedoch kann die Zustimmung wegen bekannter Schwierigkeiten mit der Zahlungsmoral
des Geschäftsführers der Erwerberin verweigert werden.
Die Beklagten haben substantiiert zu bisherigen Erfahrungen mit der Erfüllung von
Verbindlichkeiten des Geschäftsführers der Erwerberin J. , welcher in der Vergangenheit
Sondereigentümer der streitgegenständlichen Einheit gewesen ist, vorgetragen. J. war von
2005 bis 2009 Eigentümer der Sondereigentumseinheit Nr. 14. Danach war die K. GmbH
als Eigentümerin eingetragen und am 22. April 2013 wurde der Kläger als Eigentümer
eingetragen.
Seinerzeit sahen sich die Miteigentümer veranlasst, eine Sonderumlage in Höhe von
8.000,-- € zu beschließen, um nicht gezahlte Hausgelder der Einheit von Herrn J. zu
refinanzieren.
Handelt es sich bei dem Erwerber um eine juristische Person - wie vorliegend nach §§ 5a,
13 Abs. 1 GmbHG - ist u.a. maßgeblich, dass keine Tatsachen vorliegen, die die zur
Vertretung berechtigten Personen als unzuverlässig erscheinen lassen.
Die UG (haftungsbeschränkt) wird gemäß
Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dementsprechend ist die G.
auch bei der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages vom 17. Dezember 2014 durch
J. vertreten worden.
Der Geschäftsführer einer GmbH bzw. UG (haftungsbeschränkt) ist für die
ordnungsgemäße Leitung und Vertretung der Gesellschaft verantwortlich. Während dieser
Leitungs- und Vertretungstätigkeit obliegen ihm zahlreiche Pflichten.
Der Verweis auf die Gesellschafterin der G. – die I. – verfängt nicht, da J. auch alleiniger
Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist.
Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit – Nichtzahlung der fälligen Hausgelder, in
deren Folge eine Sonderumlage erforderlich wurde - konnten die Wohnungseigentümer
ihre Zustimmung verweigern. Die finanzielle Handlungsfähigkeit der
Eigentümergemeinschaft ist nur gewährleistet, wenn die einzelnen Wohnungseigentümer
ihre nach dem jeweiligen Wirtschaftsplan zu zahlenden Vorschüsse auf das Hausgeld
regelmäßig und vollständig leisten.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert,
Entscheidung, Urteil
Gericht:LG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:20.07.2016
Aktenzeichen:25 S 179/15
Rechtsgebiete:WEG
Normen in Titel:WEG §§ 12 Abs. 2, 43