LG Frankfurt 15. April 2021
2-13 S 87/20
WEG § 24 Abs. 1

Keine Nichtigkeit der Beschlussfassung nach Ladung durch nicht ermächtigten Eigentümer

letzte Aktualisierung: 3.11.2021
LG Frankfurt, Beschl. v. 15.4.2021 – 2-13 S 87/20

WEG § 24 Abs. 1
Keine Nichtigkeit der Beschlussfassung nach Ladung durch nicht ermächtigten
Eigentümer

1. Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, zu der ein nicht ermächtigter Eigentümer
eingeladen hat, sind nicht nichtig.
2. Alleine auf die nicht innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgte Protokollversendung kann ein
Wiedereinsetzungsantrag nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Kläger muss sich vielmehr um
Einsicht in die Beschluss-Sammlung oder des Protokolls bemühen.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um einen Beschluss einer Eigentümerversammlung vom 10.10.2019
über die Verwalterbestellung des Beklagten zu 4. Zu der Versammlung hatte der Beklagte zu
4 eingeladen. An der Versammlung nahmen alle Wohnungseigentümer teil, oder ließen sich
vertreten, für die Kläger nahm deren Prozessbevollmächtigter teil. Die Anfechtungsklage
ging am 26.11.2019 beim Amtsgericht ein.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und den auf die erst am 15.11.2019 erfolge Pro-
tokollübersendung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gestützten Wiedereinsetzungsantrag
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, die ihre erstinstanzlichen
Anträge weiterverfolgen.

II.
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich
keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert
sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.

Die Kammer hat bereits auf Folgendes hingewiesen:

„Das Amtsgericht hat die Klage zutreffend und mit überzeugender Begründung abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die Ausführungen des Amtsgerichts
Bezug genommen werden.

Der Beschluss ist nicht nichtig. Die Kläger können die Nichtigkeit der Beschlüsse nicht darauf
stützen, dass lediglich ein Eigentümer die Einladung zu der Eigentümerversammlung ausgesprochen
hat.

Denn ein Beschluss, der gegen die Zuständigkeitsregelungen des § 24 Abs. 1 bis 3 WEG aF
verstößt, ist lediglich anfechtbar, jedoch nicht nichtig, (vgl. nur Jennißen, 6. Aufl. § 24 WEG
Rn 33a m.w.N.). Nur dann, wenn ein unbeteiligter Dritte zu einer Eigentümerversammlung
einlädt, sind die dann gefassten Beschlüsse nichtig. Wird die Versammlung hingegen durch
einen hierzu nicht ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen, liegt eine wirksame Eigentümerversammlung
vor, die allerdings an einem Einladungsmangel leidet (vgl. Niedenführ,
13. Aufl. § 24 WEG Rn 6 mwN, Bärmann, 14. Aufl. § 24 WEG Rn 28). Eine Nichtigkeit
der in dieser Versammlung geschlossenen Beschlüsse ist nicht gegeben, da die Regelungen
über die Einberufung nach § 24 Abs. 1 und 3 WEG abdingbar sind (jüngst BGH, Urteil vom
20.11.2020 – V ZR 196/19).

Hinzu kommt, dass die Kläger selbst auf der Versammlung vertreten waren, bereits dies
lässt im Regelfall die Kausalität eines Ladungsmangels bei einer Anfechtung entfallen.
...
Die Anfechtungsfrist ist aber nicht eingehalten. Zu Recht und mit zutreffender Argumentation
hat das Amtsgericht Wiedereinsetzung verweigert.

Entgegen der Auffassung der Berufung kam es auf die Übersendung des Protokolls nicht an.
Vorliegend waren die Eigentümer auf der Versammlung vertreten und wussten daher, welche
Beschlüsse gefasst worden sind, denn maßgeblich ist nicht der Wortlaut des Protokolls, sondern
der Beschlussverkündung. Zudem käme es ohnehin nicht auf die Protokollversendung
an, sondern auf die Eintragung der Beschlüsse in die Beschluss-Sammlung und allenfalls die
Erstellung des Protokolls. Selbst wenn also der Vertreter der Kläger auf der Versammlung
nicht mitbekommen hätte, welche Beschlüsse gefasst worden sind, hätten die Kläger sich
um Einsicht in die Beschluss-Sammlung oder des Protokolls bemühen müssen (vgl. nur Hügel/
Elzer, 3. Aufl., § 45 Rz. 56 mwN). Da sie dies nicht getan haben, liegen die Voraussetzungen
einer Wiedereinsetzung nicht vor. Soweit die Berufung sich darauf bezieht, dass
Rechtsmittelfristen in der ZPO erst ab Zustellung der Urteile laufen, so ist dies richtig, liegt
aber darin begründet, dass Urteile zuzustellen sind (§ 317 ZPO) und der Gesetzgeber hieran
die Rechtsmittelfristen geknüpft hat. Das Protokoll einer Eigentümerversammlung ist aber
ohne entsprechende Regelung bereits nicht einmal zu übersenden (vgl. nur Jennißen/
Schultzky, § 24 Rz. 149a); zuzustellen ohnehin nicht, auch an die Übersendung von Gerichtsprotokollen
sind Rechtsmittelfristen nicht geknüpft. ...“

An dieser Auffassung hält die Kammer nach nochmaliger Prüfung fest.
Nach alledem ist daher die Berufung zurückzuweisen. Gründe die Revision zuzulassen, liegen
nicht vor. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Frankfurt

Erscheinungsdatum:

15.04.2021

Aktenzeichen:

2-13 S 87/20

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

WEG § 24 Abs. 1