Keine Vertretungsmacht aus Art. 233 § 10 EGBGB
letzte Aktualisierung: 29.7.2022
OLG Hamm, Beschl. v. 13.7.2021 – 15 W 438/20
EGBGB Art. 220 §10
Keine Vertretungsmacht aus
Keine analoge Anwendbarkeit von
zur gesamten Hand.
Gründe
Die vom Urkundsnotar ausdrücklich im Namen der Beteiligten eingelegte Beschwerde
gegen den Zurückweisungsbeschluss ist gemäß
Übrigen gemäß
In der Sache hat die Grundbuchbeschwerde teilweise Erfolg.
Eine Grundbuchbeschwerde gegen einen Zurückweisungsbeschluss ist nur dann in vollem
Umfang begründet, wenn das Grundbuchamt unter Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses zur Vornahme der beantragten Eintragung anzuweisen ist. Da jedoch
vorliegend für die beantragte Eigentumsumschreibung ein mit Rückwirkung behebbares
Eintragungshindernis besteht, erlässt der Senat, der im Verfahren der
Grundbuchbeschwerde an die Stelle des Grundbuchamtes tritt, unter Zurückweisung der
weitergehenden Beschwerde eine Zwischenverfügung gemäß
allgemein zu dieser Verfahrenskonstellation Budde in: Bauer/von Oefele, GBO, 4. Auflage,
§ 77 Rn. 22 und 23).
Der beantragten Eigentumsumschreibung steht entgegen, dass für die Beteiligte zu 1)
bzw. deren Mitglieder als Eigentümer des im vorstehenden Rubrum bezeichneten
Grundbesitzes bislang nicht wirksam die Auflassung erklärt worden ist. Die Beteiligte zu 3)
war bei der notariell beurkundeten Auflassungsverhandlung (UR-Nr. ##7/20) vom 3. Mai
2020 nicht bevollmächtigte Vertreterin der Beteiligten zu 1) und deren Mitglieder, sondern
handelte lediglich als Vertreterin ohne Vertretungsmacht. Dass der Vertreter der Stadt
angenommen hat, diese sei vertretungsbefugt, ist insoweit unerheblich (vgl. nur
Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Auflage, § 177 Rn.1).
Die Beteiligte zu 3) ist – wie das Grundbuchamt in dem angegriffenen Beschluss insoweit
zutreffend ausgeführt hat - nicht gesetzliche Vertreterin der Beteiligten zu 1) bzw. der
Mitglieder der Beteiligten zu 1).
Eine Vertretungsmacht ergibt sich nicht aus
weder direkt noch analog anwendbar.
Der Anwendungsbereich dieser anlässlich der Wiedervereinigung mit dem sechsten Teil
des EGBGB eingeführten Vorschrift ist vom Gesetzgeber ausdrücklich auf das Gebiet der
früheren DDR begrenzt worden. Bereits vor diesem Hintergrund besteht für eine analoge
Anwendung kein Raum. Der Gesetzgeber hat den Anwendungsbereich bewusst
beschränkt (vgl. auch BT-Drucks. 12/2480, S. 82 f.); eine planwidrige Regelungslücke liegt
nicht vor. Da die Rechtsgrundlage der Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft das
Eigentum an einem bestimmten Grundstück ist, lassen sich die aktuellen Mitglieder – wenn
auch nicht ohne Aufwand - zweifelsfrei und rechtssicher ermitteln (vgl. dazu nachfolgend).
Anders als bei den altrechtlichen Personenzusammenschlüssen, auf die sich Art. 233 § 10
EGBGB bezieht, lässt sich die Handlungsfähigkeit so herstellen, ohne dass die
Notwendigkeit für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters besteht.
Die Beteiligte zu 3) war auch nicht rechtsgeschäftlich zur Veräußerung und zum
Eigenerwerb des im vorstehenden Rubrum bezeichneten Grundbesitzes bevollmächtigt.
Das Eintragungshindernis kann durch nachträgliche Genehmigungserklärungen der
Mitglieder der Beteiligten zu 1) mit Rückwirkung, § 184 Abs.1 BGB, beseitigt werden. Im
Falle einer Genehmigung würde auch nicht mehr
Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn der Vertreter künstlich einen Dritten zwischen
ein Geschäft einschaltet, das er mit sich selbst abschließen will, um formal den
zu vermeiden (vgl. Maier-Reimer/Finkenauer in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020,
Rn. 20).
Die Genehmigungserklärungen bedürfen grundbuchverfahrensrechtlich der durch § 29
GBO vorgeschriebenen Form.
Auf der Basis des aktuellen Grundbuchinhalts ist für die genehmigenden Personen zudem
ein Nachweis der Zugehörigkeit zu der Eigentümergemeinschaft in
grundbuchverfahrensrechtlich beachtlicher Form vorzulegen. Denn die derzeitige
Eintragung der Eigentümer im Grundbuch – „Der jeweilige Eigentümer der Flurstücke
Gemarkung D Planblatt 00 Nr. 01, 02 und 03 zur gesamten Hand nach dem
Auseinandersetzungsplan“ - ist nicht mehr zutreffend.
Die „Flurstücke Gemarkung D Planblatt 00 Nr. 01, 02 und 03“ existieren als solche nicht
mehr. Die aktuelle Zugehörigkeit einer Person zur Eigentümer-Gesamthandsgemeinschaft
ergibt sich aus der Rechtsstellung als Eigentümer eines derjenigen Grundstücke, in deren
Flächen die Flächen der früheren „Flurstücke Gemarkung D Planblatt 00 Nr. 01, 02 und
03“ bis heute fortgeschrieben sind. Dies folgt aus der Rechtsnatur der
Rechtsgemeinschaft, wie sie aus einem Auseinandersetzungsplan hervorgegangen ist.
Diese Rechtsnatur ergibt sich aus dem Zweck der Verfahren. Danach sollte das Eigentum
der in gemeinschaftlicher Nutzung verbleibenden Grundstücke, der sogenannten
Zweckgrundstücke, den an der Auseinandersetzung Beteiligten zustehen, die – soweit
nicht anders bestimmt - eine deutschrechtliche Gemeinschaft zur gesamten Hand bilden
(vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 1973, Aktenzeichen 15 W 166/72,
Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. Februar 2020 ,
Aktenzeichen 12 Wx 60/19, juris). Um den Zweck der gemeinschaftlichen Nutzung weiter
erfüllen zu können, sollte das Miteigentum am Zweckgrundstück ungeteilt und rechtlich
untrennbar mit dem Eigentum der Stammgrundstücke verbunden bleiben. Das Anteilsrecht
stand damit den Eigentümern der Stammgrundstücke nicht persönlich zu, sondern war und
ist untrennbarer Bestandteil des Zweckgrundstückes und geht stets auf den jeweiligen
Eigentümer dieses Grundstückes über (vgl. Senat a.a.O.; Oberlandesgericht des Landes
Sachsen-Anhalt a.a.O.).
Die katastermäßigen Veränderungen der Stammgrundstücke sind allerdings bis heute bei
dem Zweckgrundstück – dem im vorstehenden Rubrum bezeichneten Grundbesitz – nicht
grundbuchmäßig erfasst. Es ist insoweit eine Richtigstellung der Eigentümereintragung
erforderlich, damit an Stelle der Eintragung „Flurstücke Gemarkung D Planblatt 00 Nr. 01,
02 und 03“ die Nachfolgegrundstücke mit ihrer heutigen katastermäßigen Bezeichnung
erfasst werden. Eine derartige Richtigstellung ist zwar vom Grundbuchamt von Amts
wegen durchzuführen (vgl. Demharter, GBO, 32. Auflage, § 22 Rn.22), wobei für eine
korrekte Eintragung der Eigentümergemeinschaft nicht die Namen der aktuellen
Eigentümer der heutigen Stammgrundstücke zu erfassen sind, sondern eine vollständige
und umfassende Auflistung der durch Fortschreibungen im Kataster an die Stelle der
ursprünglichen Stammgrundstücke getretenen aktuellen Grundstücke zu erfolgen hat. So
lange indes eine solche Richtigstellung der Eintragung des Eigentümers in Abteilung I des
Grundbuchs nicht erfolgt ist, müssen im Falle des Antrags auf Eigentumsumschreibung
aufgrund Auflassung die aktuellen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft die
Rechtsgrundlage ihrer Mitgliedschaft dem Grundbuchamt gegenüber in
grundbuchverfahrensrechtlich beachtlicher Form nachweisen. Sofern jedoch die
Richtigstellung durch das Grundbuchamt erfolgt ist, genügt der Verweis auf die Eintragung
als Eigentümer im Grundbuch eines der heutigen Stammgrundstücke.
Wegen des Teilerfolgs der Beschwerde ist eine Entscheidung über die Gerichtskosten des
Beschwerdeverfahrens entbehrlich (§ 25 Abs.1 GNotKG).
Die Voraussetzungen des § 78 Abs.2 S.1 GBO für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde
liegen nicht vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:13.07.2021
Aktenzeichen:15 W 438/20
Rechtsgebiete:
Altrechtliches Sachenrecht (EGBGB)
Immobilienrechtliches Sonderrecht der neuen Bundesländer
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
EGBGB Art. 220 § 10