LG Kiel 02. März 2023
6 O 249/22
BGB § 656a; WEG § 1 Abs. 2

Maklervertrag: Auslegung des Begriffs der Wohnung i. S. d. §§ 656a ff. BGB

letzte Aktualisierung: 4.10.2023
LG Kiel, Urt. v. 2.3.2023 – 6 O 249/22

BGB § 656a; WEG § 1 Abs. 2
Maklervertrag: Auslegung des Begriffs der Wohnung i. S. d. §§ 656a ff. BGB

Eine Wohnung i. S. d. §§ 656a ff. BGB liegt auch dann vor, wenn ein Zweifamilienhaus nach
Abschluss des Maklervertrags, aber vor dem Wirksamwerden des Kaufvertrags nach dem WEG in
Wohnungseigentum aufgeteilt wird.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.
Die Klage ist zulässig.

Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Kiel folgt aus § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG
aufgrund der die Summe von 5.000,00 € übersteigenden Klageforderung. Das Schleswig-
Holsteinische Oberlandesgericht hat das angerufene Gericht durch Beschluss auf Grundlage des
§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für örtlich zuständig bestimmt (Anlage K4, Az. Aktenzeichen 2 AR
17/22).

Die Klägerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 59 Var. 1 ZPO in
Verbindung mit § 13 Abs. 1 GmbHG parteifähig und gemäß § 51 Abs. 1 ZPO in Verbindung
mit § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG prozessfähig.

Die Beklagten sind einfache Streitgenossen gemäß § 59 Var. 1 ZPO (Thomas/Putzo/Hüßtege,
ZPO, 42. Auflage 2021, § 60 Rn. 2). Die Beklagten sind Gesamtschuldner gemäß § 421 S. 1
BGB, da sie eine Leistung in der Weise schulden, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken
verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Unabhängig
von der Ausgestaltung der jeweiligen Maklerverträge zwischen der Klägerin und den Beklagten
haben sich die Beklagten in § 12 S. 2 des Kaufvertrages verpflichtet, eine Courtage in Höhe von
29.750,00 € an die Klägerin zu zahlen. Eine hälftige Aufteilung der Courtage ergibt sich aus § 12
nicht. Eine andere Einordnung würde dem Vertragsaufbau widersprechen, da im Vertrag
ansonsten hinsichtlich der Rechte und Pflichten zwischen Käufer I und Käufer II differenziert
wird, vgl. § 2 Nr. 1 S. 2 des Kaufvertrages. Der zeitlich später geschlossene Kaufvertrag stellt die
Konkretisierung der Provisionsvereinbarung in den Maklerverträgen dar, sodass es unerheblich
ist, dass vorher noch keine Gesamtschuldnerhaftung vereinbart war. Die
Drittbegünstigungsabrede ist ein zulässiger Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB,
da der Makler das Recht erhält, den Maklerlohn in der vorgegebenen Höhe zu erhalten. Zudem
ist der notariell beurkundete Kaufvertrag und mithin die Maklerklausel auch formwirksam
gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB (BeckOKBGB/Janoschek, 63. Ed. 01.08.2022, § 328 Rn. 13).
Die subjektive Klagehäufung ist zulässig, da dieselbe Prozessart zulässig ist und kein
Verbindungsverbot besteht (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 42. Auflage 2021, § 60 Rn. 6). Der
Klägerin bleibt es gemäß § 260 ZPO analog unbenommen, mehrere Beklagte gemeinsam in
Anspruch zu nehmen.

II.
Die Klage ist unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner kein Anspruch auf den
Maklerlohn in Höhe von 29.750,00 € gemäß § 652 Abs. 1 S. 1, 2 BGB zu.

a) Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sowie der Beklagte zu 2) haben gemäß § 652 Abs. 1 S. 1
BGB jeweils einen Maklervertrag geschlossen mit der Provisionsvereinbarung, dass bei
Abschluss eines Kaufvertrages an die Klägerin eine Käuferprovision in Höhe von 2,975 %
(inklusive Mehrwertsteuer) des beurkundeten Kaufpreises zu entrichten ist (Anlagenkonvolut
B 2). In dem formwirksamen Kaufvertrag gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Kaufpreis in
Höhe von 1.040.000,00 € vereinbart worden.

b) Die Provisionsvereinbarung ist nicht sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB, da der Lohn
nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung steht, denn für die Vermittlung einer
Immobilie steht dem Makler üblicherweise eine Provision in Höhe von 3-5 % des Kaufpreises
zu (MüKoBGB/Althammer, 9. Auflage 2023, § 652 Rn. 72).

c) Die Frage der Einhaltung der Textform kann dahinstehen, da die Maklerverträge zumindest
nach § 656c Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam sind. Ein Maklervertrag ist danach unwirksam, wenn er
von § 656c Abs. 1 S. 1, 2 BGB abweicht.

Die Vorschrift ist gemäß Art. 229 § 53 EGBGB auf den Maklervertrag anzuwenden, da das
Rechtsverhältnis nach dem 23.12.2020 entstanden ist. Entscheidend ist nicht die Fälligkeit des
Maklerlohns, sondern der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Jauernig/Mansel, BGB, 18. Auflage
2021, Vorb. § 656a Rn. 3). Zudem genügt es für die Anwendbarkeit, wenn entweder der
Maklervertrag mit dem Verkäufer oder der Maklervertrag mit dem Käufer nach dem 23.12.2020
geschlossen wurde (vgl. LG Tübingen, Beschl. v. 07.07.2022 – 7 O 71/22, LSK 2022, 26669, zit.
n. beck-online; Fischer in: Erman BGB, 16. Auflage 2020, Vorb. § 656 a Rn. 12). Der
Maklervertrag mit dem Verkäufer wurde am 09.07.2020 geschlossen, unstreitig wurden die
Maklerverträge mit der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) erst nach dem 23.12.2020
geschlossen.

Die Verträge weichen von § 656c Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB ab. Lässt sich der Makler von beiden
Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn
versprechen, so kann dies nur in der Weise erfolgen, dass sich die Parteien in gleicher Höhe
verpflichten (§ 656c Abs. 1 S. 1 BGB). Vereinbart der Makler mit einer Partei des Kaufvertrags,
dass er für diese unentgeltlich tätig wird, kann er sich auch von der anderen Partei keinen
Maklerlohn versprechen lassen (§ 656c Abs. 1 S. 2 BGB). Der persönliche Anwendungsbereich
des § 656c BGB ist gemäß § 656b BGB eröffnet, da die Beklagten beim Kauf jeweils
Verbraucher gemäß § 13 BGB waren. Die Klägerin ist sowohl von dem Verkäufer als auch von
den Beklagten mit der Vermittlung der Immobilie beauftragt worden. Zudem hat sie jeweils mit
den Beklagten einen Maklerlohn in Höhe von 2,975 % vereinbart, nicht jedoch mit dem
Verkäufer. Die Maklerverträge verstoßen gegen § 656c Abs. 1 S. 2 BGB, da der Gegenstand der
Vermittlungstätigkeit jeweils eine Wohnung im Sinne von § 656c Abs. 1 S. 1 BGB war, und
damit gegen den Halbteilungsgrundsatz.

Unstreitig war die Immobilie bei Abschluss der Maklerverträge ein Zweifamilienhaus, jedoch
wurde der Kaufvertrag erst wirksam, als das Zweifamilienhaus im Rahmen des WEG in
Wohnungseigentum aufgeteilt war (Anlage K 2). Es besteht Uneinigkeit, nach welchem
Kriterium die Einordnung als Wohnung oder als Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB
vorgenommen wird. Die Rechtsprechung hat dies noch nicht entschieden.

aa) Nach den Gesetzesmaterialien ist eine Wohnung jede Zusammenfassung von Räumen, die
zu Wohnzwecken dient (BT-Drucks 19/15827 S. 18). Der Begriff Wohnung erfasst
Wohnungseigentum im Sinne des § 1 Abs. 2 WEG (BT-Drucks 19/15827 S. 18).

Einfamilienhaus ist jedes Gebäude, das in erster Linie den Wohnzwecken der Mitglieder eines
einzelnen Haushalts dient (BT-Drucks 19/15827 S. 18). Danach liegt kein Mehrfamilienhaus
vor, sofern Wohnungseigentum besteht. Dies entspräche auch der Verwendung der Begriffe im
Bewertungsgesetz gemäß § 249 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 BewG. Das Zweifamilienhaus wurde
vor dem Wirksamwerden des Kaufvertrages in zwei selbständige Wohnungen im Sinne des
WEG geteilt, da nach § 3 Abs. 1 WEG Sondereigentum vertraglich eingeräumt und damit
Wohnungseigentum gemäß § 2 Alt. 1 WEG begründet worden ist. Beim Kauf mehrerer
Wohnungen ist § 656a BGB nicht anwendbar (Palandt/Sprau, 80. Auflage 2021, § 656 a Rn. 2).
Keiner der Beklagten hat mehrere Wohnungen erworben, da die Beklagte zu 1) die Wohnung
Nr. 2 und der Beklagte zu 2) die Wohnung Nr. 1 gekauft hat.

Sowohl die Begriffserläuterung zu Wohnung als auch zum Einfamilienhaus umfasst die Worte
„zu Wohnzecken dient“ (BT-Drucks 19/15827 S. 18). Daraus könnte abgeleitet werden, dass
der vorhandene Zustand wesentlich ist. Allerdings wird auch auf den Wohnzweck der Mitglieder
abgestellt, welches eine subjektive Betrachtungsweise begünstigen würde. Allein aus den
Begriffserläuterungen kann nicht abgeleitet werden, zu welchem Zeitpunkt die konkrete
Gestaltung als Wohnung vorliegen muss.

bb) Teilweise wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass auf das subjektive Kriterium
des Erwerbszwecks abzustellen sei (Fischer, NJW 2020, 3553 (3554), Rn. 6). Als Beispiel wird
aufgeführt, dass es sich bei einem bislang als Zweifamilienhaus dienenden Gebäude um ein
Einfamilienhaus handelt, wenn es erworben wird, um es als Einfamilienhaus zu nutzen (Fischer,
NJW 2020, 3553 (3554), Rn. 6). Wenn der nachgewiesene oder vermittelte Hauptvertrag
sogleich die Errichtung eines Einfamilienhauses oder den Umbau des vorhandenen Gebäudes in
ein Einfamilienhaus zum Gegenstand hat, ist der Anwendungsbereich des § 656a BGB eröffnet
(BeckOKBGB/Kneller, 63. Ed. 01.08.2022, § 656a Rn. 3). Dies sollte erst recht gelten, wenn die
Wirksamkeit des Kaufvertrages von der Aufteilung eines Mehrfamilienhauses in
Wohnungseigentum abhängt. Dem Normtelos widerspricht die Berücksichtigung eines
subjektiven Kriteriums, die Intention des Käufers im Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie,
nicht (MüKoBGB/Althammer, 9. Auflage 2023, § 656a Rn. 8). Der abweichende
Nutzungswunsch muss für den Makler erkennbar hervortreten (MüKoBGB/Althammer, 9.
Auflage 2023, § 656a Rn. 8). Sofern nur auf die Verkehrsanschauung oder die aktuelle Nutzung
abgestellt wird, wird normzweckwidrig die kinderreiche Familie benachteiligt (Fischer in:
Ermann BGB, 16. Auflage 2020, Vorb. § 656 a Rn. 10). Der Anwendungsbereich ist hingegen
nicht eröffnet, wenn ein Ehepaar ein Zweifamilienhaus erwirbt und das Haus nicht nur für sich,
sondern auch den Großeltern als (separate) Wohnung dienen soll, denn in diesem Fall dient es
nicht nur einem Haushalt (BT-Drucks. 19/15827, S. 18; Wistokat, NZM 2021, 585 (595) zit. n.
beck-online).

Nach dieser Ansicht liegt jeweils eine Wohnung im Sinne des § 656c BGB vor. Im Zeitpunkt
des Kaufvertrages wollten die Beklagten jeweils an einer Wohnung des Hauses
Wohnungseigentum erwerben, da sie im Kaufvertrag als Käufer I für Wohnung Nr. 2 und
Käufer II für Wohnung Nr. 1 betitelt sind (Anlage K 2). Dem Kaufvertrag liegen zwei
Kaufgegenstände zugrunde. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass er
erst nach Aufteilung des Zweifamilienhauses Wirksamkeit erlangt. Selbst bei Abschluss des
Maklervertrages bestand mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits diese Intention, da die Beklagten
die Klägerin getrennt sowie an unterschiedlichen Tagen kontaktiert haben.

cc) In der Literatur wird auch vertreten, dass die Einordnung allein anhand objektiver Kriterien
bei Abschuss des Maklervertrages mit dem Verkäufer erfolgen soll (Wistokat, NZM 2021, 905
(907)). Dies würde Rechtssicherheit gewährleisten (Wistokat, NZM 2021, 585 (595)). Ansonsten
wäre es dem Makler erst nach Beginn der Vermarktung einer Immobilie aus der ex-post-Sicht im
konkreten Einzelfall möglich, zu ermitteln, ob das Rechtsgeschäft von den Vorschriften der
§§ 656a BGB ff. erfasst wird (Wistokat, NZM 2021, 905 (907)). Um die Unwirksamkeit des
Vertrages und damit einhergehend den Verlust seiner Provision zu verhindern, müsste er die
Voraussetzungen der §§ 656a BGB ff. auch bei Verträgen über die Vermittlung von
Mehrfamilienhäusern oder mehreren Wohneinheiten „im Paket“ einhalten (Wistokat, NZM
2021, 905 (907)). Der Anwendungsbereich ist bei Zweifamilienhäusern eröffnet, wenn es sich
bei den beiden Wohneinheiten um Wohnungseigentum im Sinne von § 1 Abs. 2 WEG handelt
und, dem Wortlaut der §§ 656c, 656d BGB entsprechend, lediglich eine Einheit des
Zweifamilienhauses Gegenstand des Kaufvertrages ist (Wistokat, NZM 2021, 905 (907) zit. n.
beck-online). Das Wohnungseigentum lag erst nach und nicht bei Abschluss des
Maklervertrages vor, sodass § 656c BGB nicht anwendbar wäre.

Zum Zeitpunkt des Beginns der Vermarktung könnte dem Makler der Nutzungswille des
Kunden noch nicht bekannt sein. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Kunde je nach
Marktsituation ein Ein- oder Zweifamilienhaus kaufen möchte. Allerdings ist es auch üblich,
dass der Kunde den Makler für ein bestimmtes Objekt beauftragt. Auch in diesem Fall besteht
die Möglichkeit, dass der Makler bei Abschluss des Maklervertrages den konkreten
Erwerbszweck noch nicht kennt. Die Anwendung des subjektiven Kriteriums birgt die Gefahr,
dass der Makler in seiner Doppeltätigkeit nicht mehr neutral wäre und Käufer bevorzugen
würde, die das Objekt weder als Wohnung noch als Einfamilienhaus nutzen wollen.
Die Anwendung des objektiven Kriteriums zu einem späteren Zeitpunkt als den Vertragsschluss
mit dem Verkäufer würde der nach dieser Ansicht bestehenden Schutzbedürftigkeit des Maklers
nicht genügen.

Unberücksichtigt bleibt bei dieser Ansicht, dass eine Immobilie – wie in dem konkreten
Sachverhalt – im Laufe der Zeit vor Abschluss des Kaufvertrages verändert werden kann. Die
Erfolgswahrscheinlichkeit des Immobilienverkaufs ist abhängig von vielen Faktoren,
insbesondere Lage, Zustand sowie Kaufpreis. Zwischen der Beauftragung eines Maklers und
dem Abschluss des Kaufvertrages können mehrere Monate bis Jahre liegen. Wenn eine
Veränderung in der Zeit vorgenommen wird, z.B. weil der Verkauf von Wohnungseigentum
anstatt eines Mehrfamilienhauses schneller abgeschlossen erscheint, könnten die Vorschriften
der §§ 656a ff. BGB bei einem Maklervertrag mit dem Verkäufer über ein Mehrfamilienhaus,
jedoch dem Kaufvertrag über Wohnungseigentum umgangen werden. Dies wäre eine
Gesetzeslücke, die zu einer geringeren Anwendbarkeit der Vorschriften führt und auch der
Intention des Gesetzgebers widerspricht (s. nachfolgend dd)).

dd) Der Gesetzgeber wollte bei Schaffung der Norm die Zwangslage des Käufers
berücksichtigen. Aufgrund der Marktgegebenheiten befinden sich Kaufinteressenten in einer
faktischen Zwangslage, sodass sie sich veranlasst sehen, die vollständigen Maklerkosten zu
übernehmen (BT-Drucks 19/15827 S. 11 f.). Ein Wohnhaus, welches an eine Vielzahl von
Personen vermietet ist, ist nicht von der Vorschrift erfasst, da nicht von einer vergleichbaren
Zwangslage ausgegangen werden kann (BT-Drucks 19/15827 S. 18). Unschädlich ist jedoch eine
weitere Wohnung von untergeordneter Bedeutung (BT-Drucks 19/15827 S. 18).

Die Zwangslage soll immer dann bestehen, wenn es um den Erwerb einer Wohnung oder eines
Einfamilienhauses geht. Da Gewerberäume oder ein Wohnhaus, welches an eine Vielzahl von
Personen vermietet ist, nicht erfasst sind, könnte generell davon ausgegangen werden, dass der
Erwerb eines Eigenheims, nicht eines Investitionsobjektes, als schützenswert erachtet wird.
Wenn der Käufer von Anfang an seine Wünsche klar definiert oder das Mehrfamilienhaus noch
vor Kaufvertragsschluss für den Erwerb als Wohnung geändert wird, ist auch dieser Käufer
schützenswert. Es wäre unbillig, diesen Käufer von der Anwendbarkeit der Norm
auszuschließen. Insbesondere wird nicht ein Unternehmer finanziell begünstigt, welcher durch
den Kauf und der Vermietung von Immobilien Gewinne erzielt, da vermietete Wohnhäuser
sowie mehrere Wohnungen bereits nicht erfasst sind.

Die Begriffe Wohnung und Einfamilienhaus des § 656a BGB sind nicht anders auszulegen als
im Rahmen von § 656c BGB für Verbraucher. Es ist aus der Systematik sowie den
Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich, dass über die Unwirksamkeit hinaus noch ein weiterer
Schutz des Verbrauchers im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich anzunehmen ist.
ee) Die besseren Gründe sprechen im Ergebnis dafür, auf den Erwerbszweck im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses abzustellen. Der eindeutige Wortlaut der §§ 656 a, 656 c Abs. 1 S. 1 BGB
enthält die Verwendung „Kaufvertrag[s] über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus“. Daraus
herleitend ist für die Bestimmung des Kaufobjekts als Wohnung der Inhalt des Kaufvertrags,
nicht der Maklerverträge entscheidend.

Hinsichtlich der Auslegung des Wortlauts des § 656 a BGB sind auch verbraucherschützende
Argumente einzubeziehen. Zwar kommt § 656 a BGB im Umkehrschluss aus § 656b BGB kein
verbraucherschützender Inhalt zu. Allerdings wurde der gesamte Untertitel 4 durch das Gesetz
über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen
und Einfamilienhäuser in das BGB eingefügt, dem eindeutig ein verbraucherschützender Zweck
zugrunde liegt. Im Sinne der systematischen Auslegung, nach der Rechtsbegriffe auch im
Kontext ihres jeweiligen Gesetzesabschnitts zu betrachten sind, ist der Begriff der Wohnung
und des Einfamilienhauses im gesamten Untertitel einheitlich auszulegen, da der Gesetzgeber
die Begriffe innerhalb des Untertitels einheitlich ohne sonstige sprachliche Konkretisierungen
verwendet.

Der Gesetzgeber intendiert mit dem Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der
Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser eindeutig, die
Marktstellung der Verbraucher auf dem Immobilienmarkt für Wohnungen und
Einfamilienhäuser zu stärken (BT-Drs. 19/18827, passim). Diese durch die
Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers vorweggenommene Bewertung muss ebenso
Einfluss auf die Auslegung der durch das Gesetz eingefügten Normen nehmen. Der
größtmögliche Verbraucherschutz – und mithin auch die größtmögliche Entfaltung des Telos
der Norm – wird erreicht, wenn sich die Bestimmung des Objektes nach dem Erwerbszweck
richtet (so auch der überwiegende Teil der Literatur: Althammer, in: MüKo-BGB, 9. Aufl. 2023,
§ 656a Rn. 8; Fischer, NJW 2020, 3553 (3554); Schmidt, NZM 2021, 289 (292); Fischer, in:
Erman (Hrsg.), BGB-Kommentar, Vorbemerkung vor § 656 a Rn. 10; Kneller, in: Haus/Poseck
(Hrsg.), BeckOK BGB, 64. Edition, Stand: 01.11.2022, § 656a Rn. 3). Dies führt dazu, dass auch
ein bislang als Zweifamilien- oder Mehrfamilienhaus dienendes Gebäude den sachlichen
Anwendungsbereich der §§ 656 a – 656 d BGB eröffnen kann, wenn es erworben wird, „um es
als Einfamilienhaus zu nutzen“ (Fischer, NJW 2020, 3553 (3554)). Gleiches gilt „beim Erwerb
mehrerer Eigentumswohnungen, um diese zu einer Wohnungseinheit zusammenzufügen“
(Fischer, NJW 2020, 3553 (3554)).

Unerheblich ist der subjektive Nutzungswille, sofern er keinen Niederschlag in dem Kaufvertrag
gefunden hat. Dadurch wird auch Rechtssicherheit gewährleistet. Veränderungen an der
Immobilie im Zeitraum zwischen Abschluss des Maklervertrags und des Kaufvertrags sind
erfasst. Die Anwendung eines anderen Kriteriums für die Bestimmung aus Billigkeitsaspekten
bedarf es nicht.

Diese Ansicht führt auch zu keiner unbilligen Härte für den Makler. Soweit die Klägerin
vorbringt, ihr könne zu keinem Zeitpunkt der Erwerbszweck der Käufer bekannt sein, ist dies
zurückzuweisen. Die Änderung der Rechtslage nimmt die Makler gerade in die Pflicht, „ihre
Geschäftspraktiken der neuen Rechtslage anzupassen“ (BT-Drs. 19/15827, S. 20). Hierfür
wurde den Maklern eine halbjährige Übergangsfrist eingeräumt. Es war seit Erlass des Gesetzes
über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen
und Einfamilienhäuser am 12.06.2020 insoweit zu erwarten, dass das
Vertragsabschlussverfahren dergestalt angepasst wurde, dass der Erwerbs- und Nutzungszweck
der Käufer vor Annahme des auf das Immobilien-Inserat (invitatio ad offerendum seitens des
Maklers) abgegebene Vertragsangebot (§ 145 BGB) der Käufer abgefragt wird. Soweit dies nicht
geschehen ist, geht dies entsprechend des Telos des Gesetzes zu Lasten der Makler.

Der Kaufvertrag ist vorliegend als Kaufvertrag über Wohnungseigentumsrechte betitelt und
wurde erst wirksam, als die Aufteilung des Zweifamilienhauses in Wohnungseigentum
vorgenommen war. Zudem erwarben die Beklagten jeweils eine Wohnung als ein Kaufobjekt.
Im Übrigen war der Klägerin im konkreten Fall bei Abschluss der Maklerverträge mit den
Beklagten deren Erwerbszweck bekannt. Die Klägerin führt insoweit selbst aus, dass ihr bekannt
gewesen ist, dass die Beklagten „ein Zweifamilienhaus zur gemeinsamen Nutzung“ suchten,
„wobei jedes der Paare einen Teil bewohnen“ wollte (Klageschrift, S. 3). Da es sich vorliegend
vor Umbau um ein ungeteiltes Zweifamilienhaus handelte, war der Klägerin ausreichend
ersichtlich, dass Umbauarbeiten erforderlich waren und dass diese Umbauarbeiten einen
Sachverhalt begründen, die den sachlichen Anwendungsbereich der §§ 656 a – 656 d BGB
eröffnen.

ff) Durch den klaren Wortlaut und die Intention des Gesetzgebers kann es dahinstehen,
inwiefern in diesem konkreten Fall die Schutzbedürftigkeit der Klägerin entfällt, weil sie in der
Widerrufsbelehrung angegeben hat, dass sie ebenfalls mit dem Verkäufer eine
Provisionsvereinbarung abgeschlossen habe (Anlagenkonvolut B 2).

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, denn wenn der
Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 1 BGB unwirksam ist, dann steht der Schutzzweck dieser
Norm einem bereicherungsrechtlichen Anspruch aus Leistungskondiktion in Höhe des
geforderten Maklerlohns entgegen (MüKoBGB/Althammer, 9. Auflage 2023, § 652 Rn. 89).

III.
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Kiel

Erscheinungsdatum:

02.03.2023

Aktenzeichen:

6 O 249/22

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Maklervertrag
Allgemeines Schuldrecht
AGB, Verbraucherschutz
GmbH
Beurkundungserfordernis
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 656a; WEG § 1 Abs. 2