BGH 16. Juli 2021
V ZR 119/20
BGB § 433 Abs. 1 S. 3

Äußerung über Grundstückseigenschaft in einem Exposé; Beeinflussung der Kaufentscheidung; maßgeblicher Zeitpunkt

letzte Aktualisierung: 5.11.2021
BGH, Urt. v. 16.7.2021 – V ZR 119/20

BGB § 433 Abs. 1 S. 3
Äußerung über Grundstückseigenschaft in einem Exposé; Beeinflussung der Kaufentscheidung;
maßgeblicher Zeitpunkt

a) Der Ausnahmefall des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB, wonach der Verkäufer für seine
unzutreffende öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache dann nicht haftet, wenn die
Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, liegt nur vor, wenn ein Einfluss der
öffentlichen Äußerung auf die Kaufentscheidung nachweislich ausgeschlossen ist.
b) Mit der „Kaufentscheidung“ im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB ist der Abschluss
des Kaufvertrags gemeint. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine öffentliche Äußerung des
Verkäufers über die Eigenschaft eines Grundstücks die Kaufentscheidung nicht beeinflussen
konnte, ist deshalb nicht der Zeitpunkt, zu dem der Käufer sich entschlossen hat, das Grundstück
zu erwerben, sondern der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten zu 1 aus
§§ 437, 441, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 u. Satz 3 BGB. Auf das Exposé könne ein
Schadensersatzanspruch nicht gestützt werden, weil das Grundstück den darin
gemachten Angaben entsprochen habe. Ob die Visualisierung eine öffentliche
Äußerung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB darstelle, könne dahinstehen.
Sie begründe jedenfalls deshalb keinen Sachmangel, weil sie den Kaufentschluss
nicht habe beeinflussen können. Die Käuferin sei im Zeitpunkt, zu dem
ihr die Visualisierung übersandt worden sei, bereits entschlossen gewesen, das
Grundstück zu erwerben. Das ergebe sich aus ihrer E-Mail vom 11. Oktober
2015. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss
bestehe ebenfalls nicht. Es könne offenbleiben, ob die Beklagte zu 1 bzw. Dritte
in ihrem Namen und Auftrag in dem Zeitraum vom 14. bis 23. Oktober 2015 bewusst
wahrheitswidrige Angaben über das Grundstück gemacht hätten. Eine
Täuschung wäre für den Vertragsschluss nicht kausal geworden, weil die
Kaufentscheidung bereits am 11. Oktober 2015 gefallen gewesen sei. Aus demselben
Grund sei ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 aus
§ 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB nicht gegeben.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen nimmt das Berufungsgericht
allerdings an, dass sich aus der Regelung in dem Kaufvertrag, wonach
der Käuferin bekannt sei, dass pro Gebäude (nur) vier Wohneinheiten genehmigungsfähig
seien, keine Beschaffenheitsvereinbarung ergibt.

2. Mit der gegebenen Begründung kann der Anspruch der Klägerin auf
Schadensersatz gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3, § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1,
§ 280 Abs. 1 und 3 BGB i.V.m. § 398 BGB gegen die Beklagte zu 1 jedoch nicht
verneint werden.

a) Nach § 434 Abs. 1 Satz 3 gehören zu der Sollbeschaffenheit auch die
Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers
erwarten darf, wozu auch Angaben in einem Exposé zählen (vgl. Senat, Urteil
vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 17 mwN; Beschluss
vom 10. Oktober 2019 - V ZR 4/19, NJW-RR 2020, 121 Rn. 14). Ob die sog.
Visualisierung, bei der es sich um eine bildliche Darstellung der Bebauungsmöglichkeit
für das gekaufte Grundstück handeln dürfte, ebenfalls eine öffentliche Äußerung
der Beklagten zu 1 im Sinne dieser Vorschrift darstellt, weil sie für einen
nicht von vorneherein fest bestimmten Personenkreis bestimmt war (vgl. BeckOK
BGB/Faust [1.5.2021], § 434 Rn. 84; MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 434
Rn. 28; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 434 Rn. 99), hat das Berufungsgericht
offengelassen und ist zugunsten der Klägerin zu unterstellen. Die
Käuferin konnte deshalb aus objektiver Sicht erwarten, dass sie das Kaufobjekt
entsprechend der Visualisierung sanieren konnte.

b) Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, die Haftung der Beklagten
zu 1 wegen des Inhalts der Visualisierung sei nach § 434 Abs. 1 Satz 3
Halbsatz 2 BGB deshalb ausgeschlossen, weil sie die Kaufentscheidung der
Käuferin nicht habe beeinflussen können.

aa) Nach § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB gehören Eigenschaften, die
der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers über bestimmte
Eigenschaften der Sache erwarten kann, allerdings nicht zu der Beschaffenheit
nach § 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen
konnte.

(1) Dieser Ausnahmefall liegt vor, wenn die Äußerung für die Willensbildung
des Käufers nicht maßgeblich sein konnte; die Beweislast hierfür liegt bei
dem Verkäufer (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 215; BGH, Urteil vom 17. März 2010
- VIII ZR 253/08, NJW-RR 2010, 1329 Rn. 17). Der dem Verkäufer obliegende
Beweis ist schwieriger zu führen als derjenige bloß fehlender Kausalität (vgl.
MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl., § 434 Rn. 35; NK-BGB/Büdenbender, 4. Aufl.,
§ 434 Rn. 53; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 239; so auch Erman/Grunewald,
BGB, 16. genügt
fer, der eine öffentliche Äußerung des Verkäufers über eine bestimmte Eigenschaft
des Kaufgegenstands, über die eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht
zustande gekommen ist, seiner Kaufentscheidung zugrunde legt, muss - den Vorgaben
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie entsprechend (Art. 2 Abs. 2 Buchstabe
d der Richtlinie 1999/44/EG) - auf die inhaltliche Richtigkeit der öffentlichen
Äußerung vertrauen können (BT-Drucks. 14/6040 S. 214). Des Vertrauensschutzes
bedarf der Käufer nur dann nicht, wenn seine Kaufentscheidung nicht beeinflusst
wurde. Das bedeutet, dass ein Einfluss der öffentlichen Äußerung des Verkäufers
auf die Kaufentscheidung ausgeschlossen sein muss (OLG
Saarbrücken, OLGR 2007, 645, 646; jurisPK-BGB/Pammler, 9. Aufl., § 434
Rn. 137; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 434 Rn. 39). Der Ausnahmefall
des § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB, wonach der Verkäufer für seine unzutreffende
öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache dann nicht haftet,
wenn diese die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, liegt deshalb
nur vor, wenn ein Einfluss der öffentlichen Äußerung auf die Kaufentscheidung
nachweislich ausgeschlossen ist. Für die Beeinflussung der Kaufentscheidung
genügt es, dass der Käufer die öffentliche Äußerung in seine Abwägung für und
gegen den Kauf einbezogen hat (vgl. BeckOK BGB/Faust, [1.5.2021], § 434 Rn.
90; Grigoleit/Herresthal JZ 2003, 233, 239).

(2) Ob eine öffentliche Äußerung des Verkäufers die Kaufentscheidung
nicht beeinflussen konnte, unterliegt tatrichterlicher Würdigung und ist etwa dann
anzunehmen, wenn die öffentliche Äußerung bei Vertragsschluss noch nicht vorlag
(vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2010 - VIII ZR 253/08, NJW-RR 2010, 1329
Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. August 2008 - 1 U 238/07, juris Rn. 24)
oder sie zwar vorlag, der Käufer sie aber nicht kannte (vgl. OLG Stuttgart, Urteil
vom 6. September 2017 - 4 U 105/17, juris Rn. 63; Staudinger/Matusche-
Beckmann, BGB [2013], § 434 Rn. 112), oder wenn es dem Käufer bei dem Vertragsschluss
allein auf eine Beschaffenheit oder einen Verwendungszweck ankam,
für den die in der öffentlichen Äußerung behandelten Umstände ohne Bedeutung
waren (BeckOK BGB/Faust [1.5.2021], § 434 Rn. 90 mwN; Erman/
Grunewald, BGB, 16. Aufl., § 434 Rn. 29; jurisPK-BGB/Pammler, 9. Aufl.,
§ 434 Rn. 137; NK-BGB/Büdenbender, 4. Aufl., § 434 Rn. 53; MüKoBGB/Westermann,
8. Aufl., § 434 Rn. 35; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 233, 238; Haas, BB
2001, 1313, 1314; aA Oektker/Maultsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 4.
Aufl., § 2 Rn.73).

Halbsatz 2 BGB der Abschluss des Kaufvertrags gemeint. Maßgeblich für die
Beurteilung, ob eine öffentliche Äußerung des Verkäufers über eine Eigenschaft
des Grundstücks die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, ist deshalb
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht der Zeitpunkt, zu dem der Käufer
sich entschlossen hat, das Grundstück zu erwerben, sondern der Zeitpunkt
der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags. Bei getrennten Urkunden
über Angebot und Annahme (§ 128 BGB) kommt es auf die notarielle
Beurkundung des bindenden Angebots des Käufers zum Erwerb des Grundbesitzes
an.

(1) Ist der Käufer zu dem Kauf entschlossen, der Kaufvertrag aber noch
nicht geschlossen, ist eine Kaufentscheidung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3
Halbsatz 2 BGB noch nicht gegeben. Im Rahmen der Privatautonomie hat nämlich
jede Partei bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem in Aussicht genommenen
Vertrag Abstand zu nehmen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2017
- V ZR 11/17, ZfIR 2018, 98 Rn. 5; BGH, Urteil vom 22. Februar 1989
- VIII ZR 4/88, ZIP 1989, 514, 515). Bis zum Abschluss des Kaufvertrags ist der
Käufer frei, den Vertrag zu schließen oder nicht.

(2) Das wird bei einem Grundstückserwerb besonders deutlich. Der
Grundstückskaufvertrag kommt erst mit der notariellen Beurkundung zustande
(§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB). Bis dahin sind die späteren Vertragsparteien nicht
gebunden und können von dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags noch
im Notartermin Abstand nehmen, ohne sich - von dem Ausnahmefall einer besonders
schwerwiegenden Treuepflichtverletzung abgesehen - schadensersatzpflichtig
zu machen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2017 - V ZR 11/17, ZfIR 2018,
98 Rn. 5 ff.; Urteil vom 9. November 2012 - V ZR 182/11, NJW 2013, 928 Rn. 8).
Das zeigt, dass der Käufer bis zu der notariellen Beurkundung des Vertrags durch
öffentliche Äußerungen des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache bei
seiner Entscheidung, den Kaufvertrag zu schließen oder nicht, beeinflusst werden
kann. Anders als das Berufungsgericht meint, waren deshalb auch Angaben
zur Bebaubarkeit des Grundstücks, die nach der E-Mail der Klägerin vom 11. Oktober
2015 gemacht wurden, geeignet, ihre Kaufentscheidung zu beeinflussen.

c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lässt sich auf der Grundlage
des Sachvortrags der Klägerin auch nicht ein Sachmangel aufgrund der im
Exposé gemachten Angaben verneinen (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB; zum Maklerexposé
vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2018 - V ZR 256/16, ZfIR 2018, 395
Rn. 10). Nach dem Inhalt des Exposés, wonach es sich um ein sanierungsfähiges
Objekt, bestehend aus zwei Mehrfamilienhäusern mit acht bezugsfreien
Wohneinheiten handele, konnte die Käuferin erwarten, dass eine Sanierung der
Mehrfamilienhäuser mit insgesamt acht Wohnungen möglich war. Sollten stattdessen,
wie die Klägerin geltend macht, nur Zweifamilienhäuser, also insgesamt
nur vier Wohneinheiten, genehmigungsfähig sein, entspricht die Kaufsache nicht
der Sollbeschaffenheit.

3. Ebenfalls rechtsfehlerhaft sind die Erwägungen des Berufungsgerichts,
mit denen es einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1 unter dem
Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2
und 3, § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 398 BGB) verneint.
Richtig ist zwar, dass ein solcher Anspruch - der neben der Haftung für
Sachmängel gegeben ist, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit
der Sache arglistig getäuscht hat (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009
- V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.) - voraussetzt, dass die Pflichtverletzung
des Verkäufers für den Kaufentschluss kausal war (vgl. Senat, Urteil vom 17. November
1978 - V ZR 210/74, WM 1979, 235, 236; anders im Rahmen von § 444
BGB, vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 13).
Mit Kaufentschluss unter dem Gesichtspunkt der Kausalität ist aber, anders als
das Berufungsgericht meint, ebenfalls der Vertragsschluss gemeint. Die Kausalität
muss zwischen der Pflichtverletzung und dem Vertragsschluss bestehen
(vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2016 - V ZR 168/15, BGHZ 211, 216 Rn. 8 f.).
Geht es, wie hier, um einen Grundstückskaufvertrag, kann eine Pflichtverletzung
des Verkäufers aus den oben genannten Gründen (vgl. Rn. 14 u. 15) bis zu der
notariellen Beurkundung des Kaufvertrags in der Weise kausal sein, dass sie den
Käufer darin hindert, von seiner (vorläufigen) Kaufentscheidung Abstand zu nehmen
und den Kaufvertrag nicht abzuschließen. Das Berufungsgericht durfte deshalb
nicht offenlassen, ob die Beklagte zu 1 bzw. deren Hilfspersonen vor Vertragsschluss
vorsätzlich falsche Angaben zu der Sanierungsmöglichkeit bzw. Bebaubarkeit
des Grundstücks gemacht haben.

4. Aus denselben Gründen halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht
den auf § 826, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 398 BGB
gestützten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 verneint, rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Die Kausalität eventuell in der Zeit vom 14. bis
23. Oktober 2015 vorsätzlich falsch gemachter Angaben des Beklagten zu 2 über
die Möglichkeit, die Gebäude mit je vier Wohnungen zu sanieren, kann nicht deshalb
verneint werden, weil der Käufer zu diesem Zeitpunkt bereits den Entschluss
getroffen hatte, das Grundstück zu erwerben.

5. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 561 ZPO). Die bei der Käuferin durch das Exposé und die Visualisierung geweckte
Vorstellung, im Rahmen der Sanierung jeweils vier Wohneinheiten schaffen
und das Dachgeschoss ausbauen zu können, hat die Beklagte zu 1 nicht
dadurch wieder beseitigt, dass sie der Käuferin mitgeteilt hat, das Kaufobjekt sei
entmietet und ohne Heizung und die Baugenehmigung sei abgelaufen. Wusste
die Beklagte zu 1 - was die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen und wozu
das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - aufgrund der Mitteilung
des Bezirksamts, dass das Objekt nicht (mehr) entsprechend der Visualisierung
bzw. den Angaben im Exposé bebaut werden durfte, war sie verpflichtet, die Käuferin
darauf hinzuweisen.

III.
Die Revision hat somit Erfolg. Das Berufungsurteil war im tenorierten Umfang
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif,
weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist daher zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Das Berufungsgericht wird dem Vortrag der Klägerin zu der baurechtlichen
Unzulässigkeit des Umbaus des Kaufobjekts entsprechend den Angaben in
dem Exposé und der Visualisierung sowie zu der Arglist der Beklagten zu 1 und
dem Vorsatz des Beklagten zu 2 nachzugehen haben. Eine Kenntnis des Beklagten
zu 2 müsste sich die Beklagte zu 1 zurechnen lassen, wenn er deren Verhandlungsführer
gewesen ist (§ 166 BGB analog; vgl. Senat, Urteil vom
7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Auf den in dem Kaufvertrag
vereinbarten allgemeinen Haftungsausschluss, der auch die nach den öffentlichen
Äußerungen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB zu
erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks erfasst (vgl. Senat, Urteil vom
22. April 2016 - V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 12, 18; Urteil vom 25. Januar
2019 - V ZR 38/18, NJW 2019, 2380 Rn. 21 mwN), kann die Beklagte zu 1
sich nur dann mit Erfolg berufen, wenn sie nicht arglistig gehandelt hat (§ 444
BGB). Andernfalls kommt auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens
bei Vertragsschluss in Betracht (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009
- V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.).

2. Waren die Angaben über die Sanierungsfähigkeit der Kaufsache in dem
Exposé bzw. in der sog. Visualisierung, sollte es sich bei letzterer um eine öffentliche
Äußerung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB handeln, unzutreffend,
haftet die Beklage zu 1 auch bei Arglist dann nicht, wenn ausgeschlossen ist,
dass die Angaben Einfluss auf die Kaufentscheidung der Käuferin haben konnten
(§ 434 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB). Das hätte die Beklagte zu 1 darzulegen
und zu beweisen. Entsprechendes gilt für eine Haftung wegen Verschuldens bei
Vertragsschluss aufgrund der nach Darstellung der Klägerin unterbliebenen Aufklärung
über die Mitteilungen des Bauamts bzw. vorsätzlich wahrheitswidriger
Äußerungen seitens der Verkäuferin.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

16.07.2021

Aktenzeichen:

V ZR 119/20

Rechtsgebiete:

Unternehmenskauf
Allgemeines Schuldrecht
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Kaufvertrag
Beurkundungserfordernis
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB § 433 Abs. 1 S. 3