BGH 14. Februar 2020
V ZR 159/19
WEG § 10 Abs. 6

„Werdender Wohnungseigentümer“ bei Erwerb nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft

letzte Aktualisierung: 28.05.2020
BGH, Urt. v. 14.2.2020 – V ZR 159/19

WEG § 10 Abs. 6
„Werdender Wohnungseigentümer“ bei Erwerb nach Entstehung der
Wohnungseigentümergemeinschaft

a) Die Anwendung der Grundsätze über die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft setzt
nicht voraus, dass es sich bei dem Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer um einen
Bauträgervertrag handelt. Diese Grundsätze gelten vielmehr unabhängig davon, ob der
Erwerbsvertrag eine Errichtungs-, Herstellungs- oder Sanierungsverpflichtung umfasst, für jeden
Ersterwerb vom teilenden Eigentümer.

b) Werdender Wohnungseigentümer ist auch derjenige, der nach Entstehen der
Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne von dem teilenden Eigentümer
Wohnungseigentum erwirbt und durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Übergabe der
Wohnung eine gesicherte Rechtsposition erlangt. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob ein
solcher Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer während der eigentlichen Vermarktungsphase
oder erst längere Zeit nach deren Abschluss erfolgt (Fortführung von Senat, Urteil vom 11. Mai
2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 12).

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts entspricht der angefochtene
Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Er leide nicht an formellen Mängeln.
Die Erwerberin sei nicht zur Teilnahme an der Versammlung berechtigt gewesen;
ihr Ausschluss entspreche deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung. Zwar sei
anerkannt, dass ein sog. werdender Wohnungseigentümer wie ein Wohnungseigentümer
zu behandeln sei und demzufolge sein Stimmrecht in der Versammlung
ausüben könne. Die Erwerberin sei im Zeitpunkt der Eigentümerversammlung
aber keine werdende Wohnungseigentümerin gewesen. Sie habe den Erwerbsvertrag
erst nach Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft
durch Eintragung der ersten Käuferin in das Grundbuch geschlossen. Sie
sei deshalb wie ein Zweiterwerber zu behandeln, der seine Stellung als Wohnungseigentümer
erst mit der Eintragung im Grundbuch erlange. Der Bundesgerichtshof
habe das Rechtsinstitut des werdenden Wohnungseigentümers aus
Gründen der Gleichbehandlung zwar auf jene Ersterwerber ausgedehnt, die
den Erwerbsvertrag vor Entstehung des Verbandes abgeschlossen, die gesi-
cherte Erwerbsposition indessen erst nach Invollzugsetzung des Verbandes
erworben hätten. Die Frage, ob dies auch für einen Ersterwerber gelte, der sein
Wohnungseigentum erst nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft
vom teilenden Eigentümer erwerbe, habe der Bundesgerichtshof aber
offengelassen. Solche Erwerber seien als Zweiterwerber zu behandeln. Auf sie
könne das Wohnungseigentumsgesetz schon mangels Regelungslücke nicht
vorgelagert analog angewendet werden. Auch bereite die Abgrenzung solcher
Erwerber von Zweiterwerbern Schwierigkeiten, weil sich ein zeitlicher „Endtermin“
nicht sachgerecht bestimmen lasse.

II.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Auf die
Revision der Klägerin zu 1 ist der Beschluss für ungültig zu erklären.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzinteresse
gegeben. Eine Aufhebung des Beschlusses zu TOP 4 der Eigentümerversammlung
vom 6. November 2017 hat allerdings keine Auswirkungen
auf den Bestand des Aufhebungsvertrages. Mit der Aufhebung des Ermächtigungsbeschlusses
entfiele zwar rückwirkend die Vollmacht der zum Abschluss
des Vertrages ermächtigten Wohnungseigentümer; der abgeschlossene Vertrag
bliebe hiervon aber analog § 47 FamFG unberührt (vgl. dazu Senat, Urteil vom
5. Juli 2019 - V ZR 278/17, ZfIR 2020, 142). Das Rechtsschutzinteresse der
Klägerin zu 1 entfiele damit jedoch nur, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern
oder der Gemeinschaft ausnahmsweise keinen Nutzen mehr
bringen könnte. Diese Gewissheit besteht hier nicht. Denn ein bestandskräftiger
Beschluss schließt in etwaigen Folgeprozessen jedenfalls den Einwand aus, die
Beschlussfassung habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Nach
einer erfolgreichen Beschlussanfechtungsklage steht unter den Wohnungseigentümern
als Folge der Rechtskraft fest, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung entsprach. Das gilt insbesondere im Verhältnis zu der
Verwalterin (vgl. Senat, Urteile vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10, ZfIR 2011, 567
Rn. 16 und vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16, NJW 2018, 2550 Rn. 29).
2. Die Revision ist auch begründet. Der Beschluss der Wohnungseigentümer
zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 6. November 2017 ist für
ungültig zu erklären, weil die Erwerberin werdende Wohnungseigentümerin war
und von der Teilnahme an der Versammlung nicht ausgeschlossen werden
durfte.

a) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Nach
der Rechtsprechung des Senats erlangt derjenige, der von dem teilenden Eigentümer
Wohnungseigentum erwirbt, mit der Eintragung einer Auflassungsvormerkung
und der Übergabe der Wohnung (zu den Anforderungen an die
Übergabe: Senat, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 80/15, ZfIR 2016, 237
Rn. 13) eine besondere Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer.

Er ist während der Übergangsphase bis zu seiner Eintragung als Eigentümer in
vorgelagerter analoger Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes wie ein
Wohnungseigentümer zu behandeln und deshalb auch berechtigt, an der Eigentümerversammlung
teilzunehmen und abzustimmen. Diese Rechtsstellung
verliert ein werdender Wohnungseigentümer nicht dadurch, dass mit der Eintragung
des ersten Erwerbers in das Wohnungsgrundbuch die Wohnungseigentümergemeinschaft
im Rechtssinne entsteht. Damit wandelt sich die werdende
Wohnungseigentümergemeinschaft in eine Wohnungseigentümergemeinschaft
im Rechtssinne um. Diese setzt sich nun für eine Übergangszeit aus den
Volleigentümern und den übrigen Mitgliedern der früheren (beendeten) werdenden
Gemeinschaft zusammen (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008
- V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 16).

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt die Anwendung der
Grundsätze über die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft nicht voraus,
dass es sich bei dem Ersterwerb von dem teilenden Eigentümer um einen
Bauträgervertrag handelt. Diese Grundsätze gelten vielmehr unabhängig davon,
ob der Erwerbsvertrag eine Errichtungs-, Herstellungs- oder Sanierungsverpflichtung
umfasst, für jeden Ersterwerb vom teilenden Eigentümer. Der Senat
hat sie zwar in einem Fall entwickelt, dem der Erwerb einer Eigentumswohnung
aufgrund eines Bauträgervertrags zugrunde lag (vgl. den dem Beschluss
des Senats vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 zugrundeliegenden
Beschluss des OLG Stuttgart vom 16. Juli 2007 - 8 W 225/07, juris Rn. 2). Damit
soll aber nicht Besonderheiten des Bauträgervertrages Rechnung getragen
werden, sondern dem Umstand, dass Vorschriften für die von dem Wohnungseigentumsgesetz
nicht erfasste Gründungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft
fehlen (Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ
177, 53 Rn. 18). Das Wohnungseigentumsgesetz kennt keine „Vor-
Wohnungseigentümergemeinschaft“. Es sieht auch keine Regeln darüber vor,
wie die nach und nach hinzutretenden Erwerber, die nach der Übergabe die
Kosten und Lasten der erworbenen Einheiten zu tragen haben, an der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums beteiligt sind, dessen Miteigentümer
sie am Ende werden sollen. Dieses Problem stellt sich nicht nur in der Gründungsphase
von Wohnungseigentümergemeinschaften, bei denen das gemeinschaftliche
Gebäude erst errichtet oder im Wege von Ausbau und Sanierung
aus einem Bestandsbau entwickelt werden soll, sondern auch, wenn die Sondereinheiten
in einem erstmals in Wohnungseigentum aufgeteilten Bestandsge-
bäude ohne solche Verpflichtungen an Ersterwerber verkauft werden. Der Senat
hat die Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
deshalb, allerdings ohne auf die Frage näher einzugehen, auch auf solche Fälle
angewandt (vgl. Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219).

c) Die Rechtsstellung als werdender Wohnungseigentümer erlangt ein
Ersterwerber, anders als das Berufungsgericht und die Beklagten meinen, mit
der Eintragung einer Auflassungsvormerkung und der Übergabe der Sache unabhängig
davon, ob der Erwerbsvertrag vor oder nach der Eintragung des ersten
Erwerbers in das Grundbuch geschlossen wird.

aa) Der Senat hat bislang ausdrücklich nur entschieden, dass werdender
Wohnungseigentümer auch ein Ersterwerber ist, der den Erwerbsvertrag vor
der Eintragung des ersten Ersterwerbers in das Grundbuch geschlossen und
die gesicherte Rechtsstellung erst danach erlangt hat. Er hat aber schon in dieser
Entscheidung zu erkennen gegeben, dass er eine zeitliche Begrenzung für
die Anwendung der Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
auf die Ersterwerber nicht generell, sondern nur für den Fall erwäge,
dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber
gleichzustellen sein könnte (Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11,
BGHZ 193, 219 Rn. 12). Eine Differenzierung zwischen den Ersterwerbern vom
teilenden Eigentümer in Abhängigkeit nach dem Zeitpunkt der Eintragung des
ersten Ersterwerbers in das Grundbuch hat der Senat dagegen von Anfang an
verworfen (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53
Rn. 19 f.).

bb) Richtigerweise ist werdender Wohnungseigentümer auch derjenige,
der nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne von
dem teilenden Eigentümer Wohnungseigentum erwirbt und durch Eintragung
einer Auflassungsvormerkung und Übergabe der Wohnung eine gesicherte
Rechtsposition erlangt. Das Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft
führt nämlich nicht dazu, dass die Regelungslücke entfällt, die Voraussetzung
für eine vorgelagerte entsprechende Anwendung der Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes
auf die werdenden Wohnungseigentümer ist.

(1) Das wird allerdings teilweise anders gesehen. Mit dem Entstehen der
Wohnungseigentümergemeinschaft seien die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes
über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums anwendbar.
Damit entfielen die in dem Fehlen solcher Vorschriften zu sehende Regelungslücke
und das Bedürfnis für eine vorgelagerte analoge Anwendung der
Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes über die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne.
Wer nach diesem Zeitpunkt den Erwerbsvertrag schließe, sei als Zweiterwerber
zu behandeln (Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 5. Aufl., § 10 Rn. 57;
Drabek, ZWE 2015, 198, 199 f.). Diese Sichtweise kann nicht überzeugen.
(2) Die Regelungslücke, die nach der Rechtsprechung des Senats mit
einer vorgelagerten analogen Anwendung der genannten Vorschriften des
Wohnungseigentumsgesetzes zu schließen ist, besteht zwar auch in dem Umstand,
dass bei der Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum durch
den teilenden Eigentümer eines Grundstücks nach § 8 WEG selbst nach Eintragung
der Aufteilung in das Grundbuch zunächst keine Wohnungseigentümergemeinschaft
entsteht. Sie setzt nämlich als Personengemeinschaft nach
geltendem Recht mindestens zwei Mitglieder und damit jedenfalls die Eintragung
eines weiteren Wohnungseigentümers in das Grundbuch voraus. Die entscheidende
Lücke besteht aber darin, dass die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes
dem „Demokratisierungsinteresse“ der Erwerber mit gesicherter
Rechtsposition nicht Rechnung tragen. Die Wohnanlage muss schon ab
Bezugsfertigkeit und Übergabe der verkauften Wohnungen bewirtschaftet und
verwaltet werden, was sinnvollerweise nicht allein dem Veräußerer überlassen
bleiben, sondern unter Mitwirkung der künftigen Eigentümer nach den Regeln
erfolgen sollte, deren Geltung die Beteiligten ohnehin anstreben (Senat, Beschluss
vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 12 a.E., 20).

(3) Diese Lücke schließt sich mit der Eintragung des ersten Erwerbers in
das Grundbuch nicht. Zwar entsteht dann die Wohnungseigentümergemeinschaft
im Rechtssinne. Deren Entstehen trägt aber dem „Demokratisierungsinteresse“
der Erwerber mit gesicherter Rechtsposition nicht Rechnung. Die übrigen
Erwerber könnten im Gegensatz zu dem neu eingetragenen Erwerber nach
wie vor mangels Eintragung in das Grundbuch und Erlangung der formellen
Stellung als Wohnungseigentümer nicht, wie aber geboten, aus eigenem Recht
an der Bewirtschaftung und Verwaltung der Wohnanlage mitwirken (Senat, Beschluss
vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 Rn. 19 f. und Urteil vom
11. Mai 2012 - V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 10). Diese Lücke schließt sich
regelmäßig erst mit der Eintragung des letzten werdenden Wohnungseigentümers
in das Grundbuch (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11,
aaO Rn. 10; AG München, ZMR 2015, 631, 632; Bärmann/Suilmann, WEG,
14. Aufl., § 10 Rn. 18 a.E.).

(4) Hierbei macht es keinen Unterschied, ob ein solcher Ersterwerb von
dem teilenden Eigentümer während der eigentlichen Vermarktungsphase oder
erst längere Zeit nach deren Abschluss erfolgt. Der Senat hat zwar erwogen,
die Anwendung der Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
auf die Ersterwerber in dem Sonderfall einzuschränken, dass der teilende
Eigentümer nach längerer Vorratshaltung Wohnungen verkauft. Dem lag die
Überlegung zugrunde, dass die längere Vorratshaltung durch den teilenden Eigentümer
als Ersterwerb durch den teilenden Eigentümer zu bewerten und
dementsprechend ein anschließender Erwerb als Zweiterwerb anzusehen sein
könnte, auf den die Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
nicht anzuwenden sind (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2012
- V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn. 12). Der Senat entscheidet sich nunmehr
aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit gegen eine solche Einschränkung.
Sie würde kaum sicher vorzunehmende Abgrenzungen erfordern. Insbesondere
erlaubte eine Vermietung keinen sicheren Rückschluss auf eine Beendigung
der Erwerbsbemühungen.

c) Der rechtsfehlerhafte Ausschluss der Erwerberin schlägt auf die nachfolgend
gefassten Beschlüsse durch. Zwar scheidet eine Ungültigerklärung in
der Regel aus, wenn - wozu hier Feststellungen fehlen - feststeht, dass sich der
Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat. Anders
verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden Verstößen, die dazu führen, dass
das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Mitgliedes in gravierender Weise
unterlaufen wird. Ein solcher Fall wird nicht schon angenommen werden können,
wenn ein Wohnungseigentümer unbeabsichtigt - etwa, weil seine Einladung
auf dem Postweg verlorengegangen ist - an der Eigentümerversammlung
nicht teilnehmen oder nicht vertreten sein kann. Anders liegt es aber, wenn -
wie hier - ein Wohnungseigentümer, der schon an mehreren Eigentümerversammlungen
teilgenommen hat, zum Mitglied des Beirats gewählt worden ist
und zur anstehenden Eigentümerversammlung erschienen ist, bei unveränder-
ter Sachlage von der Teilnahme ausgeschlossen wird. Eine solche Maßnahme
stellt einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte
dar, bei dem es nicht darauf ankommt, ob die gefassten Beschlüsse
auch bei einer Mitwirkung des (ausgeschlossenen) Mitgliedes die erforderliche
Mehrheit gefunden hätten (vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom
10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, ZfIR 2011, 321 Rn. 10 und Beschluss vom
7. Juli 2016 - V ZB 15/14, ZfIR 2016, 846 Rn. 17). Es ist deshalb unerheblich,
dass der Beschluss mit einer großen Mehrheit zustande gekommen ist. Aus
dem gleichen Grund kommt es auch nicht darauf an, ob die auf einen solchen
Eingriff gestützte Beschlussmängelklage (auch) von dem ausgeschlossenen
Wohnungseigentümer oder - wie hier - von anderen Wohnungseigentümern
erhoben wird.

III.

1. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.
Die Sache ist zur Endentscheidung reif. Der Beschluss der Wohnungseigentümer
zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 6. November 2017 ist
unter entsprechender Abänderung des Urteils des Amtsgerichts schon deswegen
für ungültig zu erklären, weil die Erwerberin zu Unrecht von der Teilnahme
an der Versammlung ausgeschlossen worden ist. Auf die weiteren Rügen, nämlich
ob der Geschäftsführer der Käuferin auch in seiner Eigenschaft als Mitglied
des Verwaltungsbeirats aus eigenem Recht an der Eigentümerversammlung
teilnehmen durfte und ob der Beschluss in der Sache ordnungsmäßiger Verwaltung
entsprach, und auf die Frage, ob die Zulassung der Revision diese Rüge
umfasste, kommt es nicht an.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

14.02.2020

Aktenzeichen:

V ZR 159/19

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

RNotZ 2020, 330-334
BWNotZ 2020, 276-279
NJW-RR 2020, 840-842

Normen in Titel:

WEG § 10 Abs. 6