Zinsen aus Sicherungsgrundschulden verjähren nach § 197 BGB
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Dokumentnummer: 11zr9099
letzte Aktualisierung: 9.November 1999
197 BGB. Die Verjährung ist nicht bis zum Eintritt des Sicherungsfalles gehemmt (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung, BGH ZIP
1993, 257 und BGH
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage
gegen die von der beklagten Raiffeisenbank aus drei vollstreckbaren
notariellen Urkunden betriebene Zwangsvollstreckung.
Am 23. Juli 1966, 17. Mai 1968 und 15. Januar 1970 bestellten
die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Ehemann für die
Kreissparkasse S. Grundschulden über 40.000 DM, 15.000 DM und
nochmals 15.000 DM, jeweils zuzüglich 10% am 15. Dezember eines
jeden Jahres fälliger Zinsen, an ihren in Si. und T. gelegenen Grundstücken, übernahmen die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Anlaß für die Grundschuldbestellungen
und Schuldversprechen waren Kredite, die die Gläubigerin dem Ehemann der Klägerin für seinen Geschäftsbetrieb gewährte. Der Betrieb
wurde im Jahre 1980 auf den Sohn der Klägerin übertragen und von ihm
in Form einer GmbH fortgeführt.
-2Im Februar 1989 räumte die Beklagte der GmbH Umschuldungsund andere Kredite über insgesamt 714.850 DM ein. Als Sicherheit
dienten u.a. die drei vorgenannten Grundschulden über insgesamt
70.000 DM. Die Klägerin und ihr Ehemann erklärten am 8. Februar 1989
die ”Abtretung” an die Beklagte, unterzeichneten am folgenden Tag eine
formularmäßige Zweckerklärung, nach der die Grundschulden zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Beklagten aus
der Geschäftsverbindung mit der GmbH dienen, und übernahmen die
persönliche Haftung. Am 17. Februar 1989 trat die Kreissparkasse S.
die Grundschulden nebst Zinsen seit dem Tage der Eintragung ins
Grundbuch an die Beklagte ab.
Die Beklagte stellte Kredite der GmbH in Höhe von rund
280.000 DM im September 1996 fällig, ließ die vollstreckbaren Urkunden der Klägerin zustellen und beantragte am 30. Dezember 1996 die
Zwangsversteigerung zweier belasteter Grundstücke.
Mit ihrer Vollstreckungsgegenklage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der persönlichen Haftungsübernahme, die Beschränkung der
dinglichen Haftung auf die Nominalbeträge der Grundschulden und die
Verjährung eines erheblichen Teils der Grundschuldzinsen geltend gemacht.
Das Landgericht hat nur die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Schuldversprechen für unzulässig erklärt und die Vollstreckungsgegenklage im übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision greift sie das Berufungsurteil
nur beschränkt an; sie begehrt lediglich, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1992 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Verjährungseinrede der Klägerin
ausgeführt: Der Anspruch der Beklagten auf Grundschuldzinsen sei
nicht verjährt. Die Verjährung des Anspruchs sei bis zum Eintritt des Sicherungsfalles im Herbst 1996 gehemmt gewesen.
finde auf Ansprüche aus Sicherungsgrundschulden entsprechende Anwendung.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Sie entspricht zwar der bisherigen Rechtsprechung des
IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluß vom 21. Januar
1993 - IX ZR 174/92,
1995 - IX ZR 179/94,
kann sich dieser Rechtsprechung, die Zustimmung (OLG Koblenz WM
1993, 1033, 1034 f.; LG Bückeburg
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 94 Rdn. 182; Palandt/Bassenge, BGB 58. Aufl. § 1193 Rdn. 3; Rauch/Zimmermann,
Grundschuld und Hypothek 2. Aufl. Rdn. 314; v. Feldmann WuB IV A.
13. Bearb. Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rdn. 56 f.; RGRK-Joswig, BGB
12. Aufl. § 1192 Rdn. 5; Nobbe, Neue höchstrichterliche Rechtsprechung zum Bankrecht 6. Aufl. Rdn. 1332, 1333; Hök
646 f.; Clemente
folgende Recht des Sicherungsgebers, bis zum Eintritt der Fälligkeit der
gesicherten Forderung die Leistung aus der jederzeit fälligen Grundschuld zu verweigern (BGH, Urteil vom 29. März 1985 - V ZR 188/83,
nach
Der XI. Zivilsenat hat deshalb mit Beschluß vom 26. Januar 1999
(XI ZR 90/98,
IX. Zivilsenat angefragt, ob er an seiner Rechtsauffassung festhalte,
daß die Verjährung von Zinsen aus einer Sicherungsgrundschuld gehemmt sei, solange der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Der
IX. Zivilsenat hat mit Beschluß vom 15. April 1999 (XI ZR 90/98, WM
1999, 1165 f.) geantwortet, er messe den vom erkennenden Senat dargelegten Argumenten zwar kein deutliches Übergewicht zu, halte an
seiner bisherigen Rechtsauffassung aber nicht fest, um der vom
XI. Zivilsenat angestrebten Rechtsfortbildung nicht im Wege zu stehen.
Damit ist für den erkennenden Senat der Weg frei, die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu ändern.
2. Diese Änderung hält der XI. Zivilsenat aus folgenden Gründen
für notwendig: Die (entsprechende) Anwendung des
entspricht weder der Intention des Gesetzgebers (a) noch dem Sinn und
Zweck der Sicherungsabrede (b) und ist im Vergleich zur Verjährung
des Anspruchs auf rückständige Zinsen aus isolierten Grundschulden
und aus Hypotheken systemwidrig (c). Eine Beschränkung der Verjährungshemmung auf den Teil der Zinsen einer Sicherungsgrundschuld,
der die Zinsen aus der gesicherten Schuld übersteigt, ist nicht möglich
(d).
a) Die bisherige Rechtsprechung führt dazu, daß Ansprüche auf
Zinsen aus Sicherungsgrundschulden bis zum Eintritt der Fälligkeit der
gesicherten Forderung nicht verjähren, sondern sich der Sicherungsumfang der Grundschuld Jahr für Jahr um die Grundschuldzinsen erhöht.
Da heute regelmäßig Grundschuldzinsen von 15% jährlich und mehr
vereinbart werden, verdoppelt sich der Sicherungsumfang der Grundschuld in weniger als sieben Jahren. Dieses unablässige Anschwellen
des Sicherungsumfangs der Grundschuld durch Zinsen widerspricht der
Intention des Gesetzgebers.
Durch die Bestimmung des
rückständiger Leistungen vermieden (Motive I S. 305) und ein übermäßiges, möglicherweise existenzbedrohendes Anwachsen von Schulden
durch auflaufende Zinsen verhindert werden (vgl.
103, 160, 169). Dieselbe Erwägung liegt auch der Vorschrift des § 218
Abs. 2 BGB, daß titulierte Ansprüche auf künftig fällig werdende Zinsen
nach
sich der Schuldner auf die Verjährung von schuldrechtlichen Ansprüchen auf rückständige Zinsen auch dann berufen kann, wenn dafür eine
Hypothek oder eine Grundschuld bestellt ist (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR 180/92,
nicht Rechnung, sondern bewirkt das Gegenteil dessen, was der Gesetzgeber gewollt hat.
b) Gegen die (entsprechende) Anwendung des
sprechen weiter in besonderem Maße der Sinn und Zweck der Sicherungsabrede und die sich aus ihr ergebende Einrede des mangelnden
Sicherungsfalles. Durch den Sicherungsvertrag soll die dinglich nicht
beschränkte Rechtsmacht des Grundschuldgläubigers schuldrechtlich
im Verhältnis der Parteien auf das Maß begrenzt werden, das sich aus
dem Kausalverhältnis ergibt (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1993 - XI ZR
180/92,
Sicherungsnehmer und schützt den Sicherungsgeber vor einer jederzeitigen unkontrollierten Inanspruchnahme aus der Grundschuld. Die Funktion der Sicherungsabrede, den Sicherungsgeber zu schützen und ihn
besser zu stellen, als er bei einer isolierten Grundschuld stünde, wird
durch die (entsprechende) Anwendung des
Verjährung des Anspruchs auf rückständige Grundschuldzinsen angeht,
in ihr Gegenteil verkehrt (Blaschczok WuB I F 3. - 6.93).
c) Die (entsprechende) Anwendung des
überdies zu dem systemwidrigen Ergebnis, daß der Sicherungsgeber
und Grundschuldbesteller, was die Verjährung dinglicher Zinsen angeht,
schlechter gestellt wird als bei einer isolierten Grundschuld oder bei einer Hypothek. Bei beiden greift
auf Zinsen aus isolierten Grundschulden und aus Hypotheken verjähren
nach
BGB weder ausgeschlossen noch erschwert werden kann. Einen sachlichen Grund, Ansprüche auf rückständige Zinsen aus Sicherungsgrundschulden verjährungsrechtlich anders zu behandeln, gibt es nicht.
Dem kann, anders als die Beklagte meint, nicht entgegengehalten
werden,
die auf die gesicherte Forderung zu entrichtenden Zinsen nicht bezahle.
Schuldrechtliche Ansprüche auf rückständige Zinsen verjähren, wie
dargelegt, nach
Hypothek oder eine Grundschuld bestellt ist (
d) Die Hemmung der Verjährung der Grundschuldzinsen läßt sich
entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht auf den Teil der Zinsen
beschränken, der die Zinsen der gesicherten Schuld übersteigt. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sichern die ausbedungenen Grundschuldzinsen nicht nur die Darlehenszinsen, sondern
auch die Hauptforderung (BGH, Urteil vom 13. Mai 1982 - III ZR 164/80,
1992, 1497, 1500; BGH, Beschluß vom 21. Januar 1993 - IX ZR 174/92,
dahin,
daß
die
Grundschuldzinsen
nur
die
Forderungszinsen sichern, ist nicht möglich. Es fehlt schon an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke in der Sicherungsabrede. Nach deren
Wortlaut dient die gesamte Grundschuld einschließlich der ausbedungenen Zinsen der Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche
der Beklagten. Überdies ist für die Annahme eines übereinstimmenden
(hypothetischen) Vertragswillens der Parteien, die Grundschuldzinsen
sicherten nur die geschuldeten Darlehenszinsen, angesichts des gezeigten Verhaltens der Beklagten kein Raum. Die Beklagte betreibt die
Zwangsversteigerung gerade auch in Bezug auf die aufgelaufenen
Grundschuldzinsen, um die gesicherte Hauptforderung durchzusetzen.
3. Da die Verjährung von Zinsen aus einer Sicherungsgrundschuld danach nicht bis zum Eintritt des Sicherungsfalles gehemmt ist,
war die vierjährige Verjährungsfrist des
1991 oder früher fällig gewordenen Grundschuldzinsen bei Unterbrechung der Verjährung nach
Zwangsversteigerungsantrags am 30. Dezember 1996 bereits abgelaufen (
III.
Auf die Revision der Klägerin war das Berufungsurteil daher teilweise aufzuheben (
der Beklagten hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1992 fällig gewordenen
Grundschuldzinsen für unzulässig zu erklären.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:28.09.1999
Aktenzeichen:XI ZR 90/98
Erschienen in:
DNotI-Report 1999, 186
MittBayNot 1999, 558-559
BGHZ 142, 332-337
DNotZ 2000, 59-62
NJW 1999, 3705-3707
NotBZ 1999, 251-252
Rpfleger 2000, 60-61
ZNotP 1999, 475-477
BGB § 197, 202, 1191