Zur Versicherung des GmbH-Geschäftsführers zu Bestellungshindernissen
letzte Aktualisierung: 03.12.2021
OLG Hamm, Beschl. v. 19.5.2021 – 27 W 31/21
GmbHG §§ 6 Abs. 2, 8 Abs. 3; FamFG §§ 63 Abs. 1 u. 3, 382 Abs. 4 S. 1
Zur Versicherung des GmbH-Geschäftsführers zu Bestellungshindernissen
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die vom Geschäftsführer einer GmbH abzugebenden
Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG in Verbindung mit
Gründe:
I.
Der Beteiligte ist der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft, die
der Verfahrensbevollmächtigte am 9. Februar 2021 zur Eintragung im Handelsregister
angemeldet hat. Gegenstand des Unternehmens ist der Erwerb, die Veräußerung und
Verwaltung von Immobilien. Neben dem Gesellschaftsvertrag und der Gesellschafterliste
ist der Anmeldung eine Versicherung des Beteiligten vom 2. Februar 2021 beigefügt, in der
er unter Ziff. 2 Buchstabe c) wie folgt heißt:
„Dem unterzeichnenden Geschäftsführer ist bekannt, dass Geschäftsführer einer GmbH
gem. § 6 Abs. 2 nicht sein kann, […] wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich
begangener Straftaten des Unterlassens der Stellung eines Antrags auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung), nach §§ 283 bis 283d StGB
(Insolvenzstraftaten), wegen falscher Angaben nach
unrichtigen Darstellung nach § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PublG oder
zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nach
StGB (Computerbetrug), § 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264a StGB
(Kapitalanlagebetrug), §§ 265b bis e StGB (Kreditbetrug, Sportwettbetrug, Manipulation
von berufssportlichen Wettbewerben, besonders schwere Fälle des Sportwettbetrugs und
der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben), § 266 StGB (Untreue) oder § 266a
StGB (Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Nichtabführung von
Sozialversicherungsbeiträgen) verurteilt worden ist (
Das Bestellungshindernis gem. Buchst. c) besteht auf die Dauer von fünf Jahren seit der
Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf
behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Die in der vorgehenden
Buchst. c) genannten Bestellungshindernisse gelten bei einer Verurteilung wegen einer
vergleichbaren Tat im Ausland entsprechend (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG).
Nach Belehrung über die Strafbarkeit falscher Angaben versichert der unterzeichnende
Geschäftsführer, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung als
Geschäftsführer nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG
entgegenstehen, insbesondere dass ihm zur Zeit weder durch gerichtliches Urteil noch
eine vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung des Berufs,
Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweigs untersagt ist.“
Mit Schreiben vom 17. Februar 2021 teilte das Amtsgericht mit, dass der Anmeldung noch
nicht entsprochen werden könne. In der Anmeldung fehle die nach § 8 Abs. 3 Satz 1
GmbHG notwendige Versicherung des Geschäftsführers hinsichtlich der Straftaten des
Katalogs des
Gericht in einem weiteren Schreiben vom 25. Februar 2021 zur Erläuterung mit, dass in
der Versicherungserklärung selbst die einzelnen Straftatbestände nicht erwähnt worden
seien. Sie seien zwar im ersten Absatz von Ziffer 2 Buchstabe c) aufgeführt; dies reiche
jedoch für eine substanziierte Versicherung der Beteiligten nicht aus. Es fehle auch an
einer hinreichend konkretisierten Erklärung mit dem Inhalt, dass der Beteiligte noch nie –
weder im In- noch im Ausland – wegen einer Straftat verurteilt worden sei. Auf dieser
Grundlage könne der Anmeldung weiterhin nicht entsprochen werden.
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021 stellt sich der Beteiligte auf den Standpunkt, in der
mit der Anmeldung vorgelegten Erklärung vom 2. Februar 2021 alle erforderlichen
Angaben und Versicherungen abgegeben zu haben, die für seine Bestellung als
Geschäftsführer erforderlich seien. Seit über zehn Jahren würden Gesellschaften aufgrund
inhaltsgleicher Erklärungen ihrer designierten Geschäftsführer im Handelsregister
eingetragen. Die im letzten Absatz der Versicherungserklärung vom 2. Februar 2021
enthaltene Formulierung sei nach seiner Kenntnis bislang noch nie von einem
Registergericht beanstandet worden, und zwar weder bei der Ersteintragung einer GmbH
noch einer Neubestellung eines Geschäftsführers.
Diese Eingabe hat das Amtsgericht als Beschwerde gegen seine Zwischenverfügungen
vom 17. und 25. Februar 2021 gewertet und half dieser mit Beschluss vom 26. März 2021
nicht ab. Für die vom Beteiligten als Geschäftsführer abzugebende Versicherung genüge
die Wiedergabe des Gesetzestextes von
Es sei vielmehr erforderlich, dass der Beteiligte in Bezug auf konkret genannte
Strafvorschriften bekenne, dass er wegen ihrer nicht verurteilt sei. Alternativ stehe es ihm
offen, sich pauschal dahingehend zu erklären, weder im In- noch im Ausland jemals wegen
einer Straftat verurteilt worden zu sein. Diesen Weg habe er jedoch nicht beschritten, da er
eine entsprechende Erklärung nicht abgegeben habe.
II.
Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts vom 20. Januar 2021 hat
Erfolg.
1.
Sie ist nach §§ 375 Nr. 6, 382 Abs. 4 S. 2, 402 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 FamFG statthaft
und auch im Übrigen zulässig. Die Schreiben vom 17. und 25. Februar enthalten in der
Gesamtschau eine Zwischenverfügung i. S. v. § 382 Abs. 4 S. 1 FamFG, mit der das
Amtsgericht zum Ausdruck gebracht hat, dass seiner Auffassung nach der Eintragung ein
behebbares Hindernis entgegensteht, da die Versicherung des Beteiligten vom 2. Februar
2021 nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
GmbHG genüge.
Ob bereits in dem Schreiben des Beteiligten vom 26. Februar 2021 die Einlegung einer
Beschwerde i. S. v. § 63 Abs. 1 FamFG gesehen werden kann, wie es das Amtsgericht
getan hat, muss der Senat nicht entscheiden, denn der Beteiligte hat spätestens durch
seine Stellungnahme im Beschwerdeverfahren seinen Willen zur Einlegung eines
Rechtmittels gegen die Zwischenverfügung vom 17./ 25. Februar 2021 hinreichend
deutlich zum Ausdruck gebracht. Dass die Beschwerdefrist von einem Monat zu diesem
Zeitpunkt bereits abgelaufen war, kann ihm nicht entgegen gehalten werden, da das
Amtsgericht sein Schreiben vom 26. Februar 2021 als Beschwerde ausgelegt hat und die
Beschwerdefrist frühestens mit Zugang des Schreibens vom 17. Februar 2021 zu laufen
begonnen hat (§ 63 Abs. 3 S. 1 FamFG).
2.
Die Beschwerde ist auch begründet, da der vom Amtsgericht in der Zwischenverfügung
vom 17./ 25. Februar 2021 angegebene Grund die Ablehnung der Eintragung nicht trägt.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts genügt die Versicherung des Beteiligten in
Ziffer 2 Buchstabe c) seiner Erklärung vom 2. Februar 2021 den Anforderungen des § 8
Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GmbHG.
a) Dass der Geschäftsführer die in § 8 Abs. 3 GmbHG vorgesehenen Versicherungen
abzugeben hat, dient dem Zweck, das Anmeldungs- und Prüfverfahren für das
Registergericht zu erleichtern. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass das Gericht zur
Überprüfung der Umstände, die gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 GmbHG einer Bestellung
entgegenstehen, selbst Auskunft aus dem Zentralregister einholen muss. Die Versicherung
hat den Zweck, dem Registergericht auf einfache und schnelle Art diejenigen
Informationen zu vermitteln, die es sich ansonsten – unter erhöhtem Verwaltungsaufwand
– durch Auskunftsersuchen selbst verschaffen müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai
2010 – II ZB 5/10,
8/1347, S. 34). Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks hat der Bundesgerichtshof der
Auffassung, dass sämtliche Straftatbestände, die ein Bestellungshindernis bilden können,
im Einzelnen aufgeführt werden müssen, eine klare Absage erteilt und die Erklärung für
ausreichend befunden, dass der Geschäftsführer noch nie, weder im In- noch im Ausland
wegen einer Straftat verurteilt worden sei (a. a. O., Rn. 10).
b) Ob aus dieser Entscheidung herzuleiten ist, dass die Versicherung nach § 8 Abs. 3 Satz
1 GmbHG sich auf die Wiedergabe des Gesetzestexts bzw. die Bezugnahme auf die
Vorschriften der § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 GmbHG beschränken darf (so OLG
Stuttgart, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – 8 W 241/11,
a.A. OLG Schleswig, Beschluss vom 3. Juni 2014 – 2 W 36/14,
Rn. 21 m. w. N.), muss der Senat nicht entscheiden. Denn anders als in der vom
Amtsgericht in seinem Beschluss vom 26. März 2021 zitierten, vorgenannten
Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig erschöpft sich die Erklärung unter Ziffer 2
Buchstabe c) der Urkunde vom 2. Februar 2021 nicht in der bloßen Wiedergabe des
Gesetzeswortlauts, sondern es sind die einzelnen Straftatbestände in dessen ersten
Absatz ausdrücklich und über den Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3
Buchstaben a) bis e) hinaus sogar noch die amtlichen Bezeichnungen der jeweiligen
Delikte, z.B. Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben nach
einzige Unterschied zum Gesetzestext besteht darin, dass die Gesetze nicht mit vollem
Titel, sondern ihren jeweiligen amtlichen Abkürzungen zitiert worden sind, z.B. AktG statt
Aktiengesetz. Darin liegt allerdings keine relevante Abweichung, die die Erklärung unrichtig
oder unvollständig macht, da es sich dabei um gängige Abkürzungen handelt, die
jedenfalls im Rechts- und Geschäftsverkehr erfahrenen Person bekannt sein dürften. Mag
man dies etwa für das Kürzel „PublG“ für das Publizitätsgesetz anders sehen, ergibt sich
daraus gleichfalls kein Grund zur Beanstandung der Versicherung. Denn zu
berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Erklärende gemäß § 8 Abs. 3 Satz
1 GmbHG über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht vom Notar
belehrt worden ist, was er wiederum zu versichern hat (vgl. bereits BGH, a. a. O., Rn. 12).
Schließlich erscheint dem Senat auch die der angefochtenen Entscheidung
zugrundeliegende Annahme nicht sachgerecht, den ersten Absatz der Erklärung unter
Ziffer 2 Buchstabe c) vom dritten zu trennen bzw. den dritten Absatz, der die eigentliche
Versicherungserklärung im Sinne von
betrachten. Durch die Erwähnung von
als auch im dritten Absatz wird die gedankliche Verknüpfung der Versicherung mit den im
Einzelnen genannten Straftatbeständen hinreichend deutlich. Ein darüber hinausgehendes
Erfordernis, dass die einzelnen Delikte in der Versicherung selbst (nochmals) aufgeführt
sein müssen, ist dem Gesetz unter Berücksichtigung des vom Bundesgerichtshof in dem
unter a) zitierten Beschluss dargelegten Zwecks der Norm nicht zu entnehmen. Im Übrigen
müsste das Amtsgericht diese formale Betrachtungsweise konsequenterweise auch
gegenüber den Anforderungen des § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG hinsichtlich der Angaben zur
Dauer des Bestellungshindernisses und der Berücksichtigung von Auslandstaten
anwenden, was es erkennbar nicht getan hat, indem es lediglich auf den Straftatenkatalog
des
III.
Die angefochtenen Zwischenverfügungen vom 17. und 25. Februar 2021 waren daher
aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, die Eintragung nicht aus den dort
genannten Gründen abzulehnen (§ 69 Abs. 1 Sätze 1und 4 FamFG).
Von einer Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht der Senat ab, da das
Rechtsmittel erfolgreich war und kein Grund dafür ersichtlich ist, den Beteiligten oder
seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Kosten zu belasten (vgl. Weber, in: BeckOK
FamFG, 38. Edition, Stand: 01.04.2021, § 84 Rn. 18 m. w. N.). Demnach besteht auch
kein Anlass für eine Wertfestsetzung nach §§ 35 ff. GNotKG.
Oberlandesgericht Hamm, 27 W 31/21 https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2021/27_W_31_21_Besch...
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Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:19.05.2021
Aktenzeichen:27 W 31/21
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
Kostenrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG §§ 6 Abs. 2, 8 Abs. 3; FamFG §§ 63 Abs. 1 u. 3, 382 Abs. 4 S. 1