Notdienstpauschale für Hausmeister keine umlagefähige Betriebskosten
letzte Aktualisierung: 07.05.2020
BGH, Urt. v. 18.12.2019 – VIII ZR 62/19
BGB §§ 535, 556 Abs. 1 S. 2; BetrKV §§ 1 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 14; BVO 2 § 27 Abs. 1 Anl. 3 Nr. 14
Notdienstpauschale für Hausmeister keine umlagefähige Betriebskosten
Bei einer an den Hausmeister entrichteten Notdienstpauschale handelt es sich nicht um
umlagefähige Betriebskosten, sondern um vom Vermieter zu tragende Verwaltungskosten.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (LG Berlin, Urteil vom 30. Januar 2019 - 64 S
25/18, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei nicht berechtigt, die Notdienstpauschale auf die Beklagten
umzulegen. Diese Pauschale stelle keine Betriebskostenposition im Sinne
von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV dar. Denn sie betreffe Kosten, die dafür anfielen,
dass auch außerhalb der normalen Geschäftszeiten bei Schadensfällen, Havarien
oder ähnlichen Notfällen jemand erreichbar sei. Es handele sich dabei nicht um
eine dem Sicherheitsbereich zuzuordnende und deshalb umlagefähige Hausmeistertätigkeit.
Vielmehr betreffe die Notfallbereitschaft für die Entgegennahme von
Mängel-, Havarie-, Schadens- und Notfallmeldungen sowie für die darauffolgende
etwaige Veranlassung von Reparaturmaßnahmen Tätigkeiten im Zu-
sammenhang mit der Verwaltung des Gebäudes. Dafür spreche, dass während
der normalen Geschäftszeiten solche Meldungen üblicherweise gegenüber der
Hausverwaltung erfolgten und von dort die erforderlichen Maßnahmen veranlasst
würden. Für die rechtliche Qualifizierung der Kosten könne nicht von Bedeutung
sein, ob der Notfall sich außerhalb üblicher Geschäftszeiten ereigne
und der Hauseigentümer dafür einen Ansprechpartner bereithalte. Der Vermieter
wolle durch die Bereitstellung eines Ansprechpartners außerhalb der Öffnungszeiten
seiner Hausverwaltung vorrangig erreichen, dass von ihm fachlich
und kostenmäßig gebilligte Maßnahmen zum Schutz der Mietsache ergriffen
würden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist
daher zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung
der den Beklagten anteilig berechneten Notdienstpauschale verneint.
Bei diesen Kosten handelt es sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen
hat, nicht um umlagefähige Betriebskosten, sondern um vom Vermieter zu tragende
Verwaltungskosten.
1. Gemäß
zu tragen, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung
wirksam getroffen haben. Grundsätzlich genügt dafür - wie hier im Mietvertrag
enthalten - eine Verweisung auf die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung
(BV) oder auf die seit dem 1. Januar 2004 geltende Betriebskosten-
verordnung (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 202/06,
Rn. 19).
Betriebskosten sind - wie in Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV und ebenso in
§ 1 der ab 1. Januar 2004 geltenden Betriebskostenverordnung sowie in § 556
Abs. 1 Satz 2 BGB in der ab 1. Januar 2007 geltenden Fassung definiert - die
Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum an dem Grundstück oder
durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit,
der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks
laufend entstehen. Von den umlagefähigen Betriebskosten abzugrenzen
sind einerseits Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung sowie andererseits
Verwaltungskosten.
Die (nicht als Betriebskosten umlagefähigen) Aufwendungen für Instandsetzung
und Instandhaltung werden durch Reparatur und Wiederbeschaffung
verursacht und müssen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs
erbracht werden, um die durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinwirkung entstehenden
baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen
(§ 28 Abs. 1 II. BV; seit 1. Januar 2004: § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV). Instandsetzung
und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel an der Substanz der Immobilie
oder ihrer Teile (Senatsurteile vom 14. Februar 2007 - VIII ZR 123/06, NZM
2007, 282 Rn. 10, 14; vom 7. April 2004 - VIII ZR 167/03,
II 1 a). Bei den ebenfalls nicht auf den Mieter umlagefähigen Verwaltungskosten
handelt es sich um die Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen
Arbeitskräfte und Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, den Wert der
vom Vermieter persönlich geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen
oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten
für die Geschäftsführung (§ 26 Abs. 1 II. BV; seit 1. Januar 2004: § 1 Abs. 2 Nr.
1 BetrKV).
2. Ausgehend von der danach zu treffenden Unterscheidung zwischen
Betriebskosten und Verwaltungskosten kommt es darauf an, ob die Notdienstpauschale
unter die im Streitfall allein in Betracht kommende Betriebskostenposition
"Kosten des Hauswarts" (Nr. 14 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV) fällt
oder ob sie den vom Vermieter selbst zu tragenden Verwaltungskosten zuzuordnen
ist.
a) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte wird überwiegend die Auffassung
vertreten, es handele sich dabei um umlagefähige Betriebskosten. Das
wird zum Teil damit begründet, dass die Stellung einer Notdienstbereitschaft im
Interesse des Mieters liege, weil sie in erster Linie - insbesondere in großen
Wohnanlagen - dazu diene, die vom Mieter eingebrachten Sachen vor Schäden
durch beispielsweise Strom- oder Heizungsausfall oder bei einem Wasserrohrbruch
zu bewahren (LG Köln,
einer Notdienstpauschale deswegen angenommen, weil die Erreichbarkeit
des Hausmeisters zur Störungsbeseitigung in Notfällen auch außerhalb
der (üblichen) Geschäftszeiten zu den dem Sicherheitsbereich angehörenden
Tätigkeiten eines Hausmeisters gehöre, deren Kosten grundsätzlich umlagefähig
seien (AG Hohenschönhausen, Urteil vom 31. März 2008 - 16 C 205/07,
juris Rn. 12 f.; AG Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2010 - 31 C 210/09, juris Rn.
20). Andere Instanzgerichte bejahen die Umlagefähigkeit von Bereitschaftskosten
ohne nähere Begründung (LG Leipzig, Urteil vom 9. März 2017 - 1 S
330/16, juris Rn. 21; LG Berlin, Urteil vom 4. Dezember 2006 - 67 S 223/06,
juris Rn. 27; ebenso in der Literatur Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und
Heizkostenrecht, 9. Aufl., A. Rn. 201; Erman/Lützenkirchen, BGB, 15. Aufl.,
§ 556 Rn. 90; BeckOGK-BGB/Drager, Stand 1. Oktober 2019, § 2 BetrKV Rn.
92; Schneider in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl.,
b) Nach anderer Ansicht, der sich auch das Berufungsgericht angeschlossen
hat, handelt es sich bei den Kosten für eine Notdienstbereitschaft um
Verwaltungskosten. Zur Begründung wird angeführt, die Bereithaltung für die
Entgegennahme von Mängel-, Havarie-, Schadens- und Notfallmeldungen und
die darauffolgende Veranlassung von Reparaturmaßnahmen seien Tätigkeiten
im Zusammenhang mit der Grundstücksverwaltung, was sich nicht zuletzt daran
zeige, dass solche Meldungen während der normalen Geschäftszeiten üblicherweise
an die Hausverwaltung gerichtet würden (AG Charlottenburg, NZM
2018, 747, 748; ebenso BeckOK-MietR/Pfeifer, Stand 1. September 2019,
c) Die zuletzt genannte Ansicht verdient den Vorzug.
aa) Zu den umlagefähigen Kosten für den Hauswart gehören die Vergütung,
die Sozialbeiträge sowie alle geldwerten Leistungen, die der Eigentümer
dem Hauswart für seine Arbeit gewährt, soweit diese nicht die Instandhaltung,
Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung
betrifft (Nr. 14 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV).
Als umlagefähige Kosten des Hauswarts kommen dabei zum einen Aufwendungen
für bestimmte Wartungs-, Reinigungs- und Pflegetätigkeiten in Betracht
(vgl. Nr. 14 Satz 2 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV; ab 1. Januar 2004:
§ 2 Nr. 14 Halbs. 2 BetrKV). Zum anderen sind diejenigen Kosten als Betriebskosten
anzusehen, die durch die (typische) Aufgabe eines Hauswarts verursacht
werden, in den allgemein zugänglichen Räumen und auf den allgemein
zugänglichen Flächen des Mietobjekts für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
Diese Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass es sich um jeweils ohne
konkreten Anlass ("routinemäßig") in bestimmten zeitlichen Intervallen im Si-
cherheitsinteresse durchzuführende Maßnahmen der Kontrolle und Überwachung
handelt.
Hierzu gehört etwa die Überwachung, dass Rettungs- oder Fluchtwege
nicht zugestellt sind, keine gefährlichen Gegenstände auf den Gemeinschaftsflächen
des Hauses gelagert werden, Außentüren ordnungsgemäß schließen
und bei Fehlen einer Türöffneranlage nachts verschlossen sind, Abflüsse im
Keller oder auf dem Grundstück freiliegen, die Beleuchtung von Gemeinschaftsflächen
ordnungsgemäß funktioniert, haustechnische Anlagen in ordnungsgemäßem
Zustand sind, Glasbereiche keine Schäden aufweisen, Handwerker im
Rahmen umlagefähiger Wartungs-, Reinigungs- oder Gartenpflegearbeiten eingewiesen
werden und der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des Vermieters
(Frostschutz, Brandschutz, gefahrloser Zustand von Wohnflächen im Innen-
und Außenbereich) genügt ist. Im Ordnungsbereich zählt zu den Aufgaben
eines Hauswarts im Wesentlichen die Einhaltung der Hausordnung (Überwachung
der Treppenhausreinigung, des Winterdienstes, Einhaltung der Ruhezeiten
etc.; vgl. im Einzelnen etwa die Darstellung bei Langenberg/Zehelein, aaO,
A. Rn. 201 f. mwN; Wall, aaO Rn. 4416 mwN).
bb) Mit der hier berechneten Notdienstpauschale werden jedoch Tätigkeiten
abgegolten, die der Grundstücksverwaltung und nicht etwa dem vorstehend
beschriebenen Sicherheits- oder Ordnungsbereich zuzuordnen sind. Denn
es handelt sich nicht um eine Vergütung für eine allgemeine Kontroll- und
Überwachungstätigkeit, sondern um Aufwendungen für die als Verwaltungstätigkeiten
einzuordnende Entgegennahme von Störungsmeldungen und erforderlichenfalls
die Veranlassung von Reparaturmaßnahmen durch Dritte. Zutreffend
hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass die
Meldung solcher Störungsereignisse während der üblichen Geschäftszeiten
gegenüber der Hausverwaltung oder dem Vermieter selbst erfolgt, damit von
dort aus die erforderlichen Maßnahmen - in der Regel die Beauftragung einer
entsprechenden Fachfirma mit der Störungsbehebung - in die Wege geleitet
werden, und es sich insoweit nach allgemeiner Meinung um eine Verwaltungstätigkeit
handelt. Für die (kosten)rechtliche Einordnung einer bestimmten Tätigkeit
kann es aber nicht darauf ankommen, ob sie innerhalb oder außerhalb üblicher
Geschäftszeiten verrichtet wird beziehungsweise ob der Vermieter für
Meldungen außerhalb der Geschäftszeiten einen Notfalldienst einrichtet.
cc) Ohne Erfolg wendet die Revision demgegenüber ein, der Schwerpunkt
einer Notfallbereitschaft des Hausmeisters liege darin, für den Mieter und
seine in das Objekt eingebrachten Sachen - etwa bei einem Wasserrohrbruch
oder einem Stromausfall - Sicherheit zu gewährleisten, und dieses Interesse
des Mieters rechtfertige die Umlage der Notfallpauschale als Betriebskosten.
Damit verkennt die Revision die gesetzliche Definition der Betriebskosten, für
die es gerade nicht darauf ankommt, ob sie (auch) dem Interesse des Mieters
dienen; denn damit könnten letztlich - der gesetzlichen Regelung zuwider - die
meisten Verwaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen des Vermieters als Betriebskosten
angesehen werden.
dd) Unbegründet ist auch der weitere Einwand der Revision, eine die
Rufbereitschaft außerhalb üblicher Geschäftszeiten abgeltende Notdienstpauschale
sei regelmäßig auch in Wartungsverträgen für technische Einrichtungen
eines Mietobjekts (etwa Heizungsanlage, Aufzug, Klimaanlage oder Hauselektrik)
enthalten und in diesem Zusammenhang ersichtlich umlagefähig; ein sachlicher
Grund dafür, eine solche Pauschale bei einem Hausmeister anders zu
behandeln, sei aber nicht erkennbar.
Die Revision übersieht, dass die im Rahmen von Wartungsverträgen
vereinbarte Vergütung nicht ohne weiteres vollständig umlagefähig ist, sondern
auch hier danach zu differenzieren ist, ob und in welchem Umfang mit der vertraglichen
Vergütung Leistungen, die dem Betriebskostenkatalog der Anlage 3
zu § 27 Abs. 1 II. BV beziehungsweise der Betriebskostenverordnung unterliegen,
oder anderweitige Leistungen - etwa Reparaturen, die nicht (mehr) als Teil einer
Wartung betrachtet werden können - abgegolten werden (vgl. etwa
Callsen/Lützenkirchen in Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, 6. Aufl.,
L Rn. 536 f.).
Dabei nimmt die Einrichtung einer Notrufbereitschaft für einen Personenaufzug
insofern eine Sonderstellung ein, als Nr. 7 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1
II. BV (ab 1. Januar 2004: § 2 Nr. 7 BetrKV) unter anderem die Beaufsichtigung
und Überwachung der Anlage aufführt und für Aufzugsanlagen, die zu gewerblichen
oder wirtschaftlichen Zwecken Personen befördern, die Vorschriften der
Betriebssicherheitsverordnung gelten (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrSichV), wonach
der Betreiber einer Aufzugsanlage sicherstellen muss, dass auf Notrufe
aus einem Fahrkorb in angemessener Zeit reagiert wird und Befreiungsmaßnahmen
sachgerecht durchgeführt werden (Anhang 1 Nr. 4.1 BetrSichV). Da
dieses Ziel nur durch eine ständig besetzte Notrufbereitschaft zu erreichen ist,
wird die Umlagefähigkeit der entsprechenden Kosten bejaht (vgl. BR-Drucks.
568/03, S. 31; Langenberg/Zehelein, aaO, A. Rn. 93; Wall, aaO Rn. 3707). Diese
besonderen Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Entrichtung einer Notdienstpauschale
an den Hausmeister, die eine "allgemeine" Notdienstbereitschaft
für alle denkbaren Störungsfälle im Mietobjekt außerhalb üblicher Geschäftszeiten
abdeckt, ersichtlich nicht vor.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.12.2019
Aktenzeichen:VIII ZR 62/19
Rechtsgebiete:Miete
Erschienen in:NJW-RR 2020, 332-334
Normen in Titel:BGB §§ 535, 556 Abs. 1 S. 2; BetrKV §§ 1 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 14; BVO 2 § 27 Abs. 1 Anl. 3 Nr. 14