Gemischte Schenkung im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung
letzte Aktualisierung: 17.09.2020
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.2.2020 – 7 K 3078/18
ErbStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1
Gemischte Schenkung im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung
1. Übernimmt bei einer Teilerbauseinandersetzung ein Miterbe eine Immobilie und der andere
Miterbe ein landwirtschaftliches Hofgut, das er kurz nach der Teilerbauseinandersetzung veräußert,
so liegt eine gemischte Schenkung zwischen den Miterben vor, wenn der auf Basis des
Liquidationswerts festgestellte Grundbesitzwert des Hofguts den festgestellten Grundbesitzwert für
die Immobilie um mehr als das Doppelte übersteigt und den Erben zum Zeitpunkt der
Teilerbauseinandersetzung der erhebliche Wertunterschied auch bewusst und bekannt war.
2. Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung durch bloßen Abzug der
Gegenleistung vom Grundbesitzwert des zugewendeten Grundbesitzes zu ermitteln. Soweit dies im
Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Wert und dem
gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen.
3. Besteht bei einer gemischten Schenkung eine auffallende Diskrepanz zwischen Leistung und
Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass dem Zuwendenden der
Wertunterschied bekannt und bewusst war. Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig bei einer
Diskrepanz von 20 bis 25 % angenommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid vom 30. Juli 2018 und die Einspruchsentscheidung vom 24.
Oktober 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) unterliegt der Schenkungsteuer jede freigebige Zuwendung
unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. In objektiver Hinsicht ist erforderlich, dass die
Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. In
subjektiver Hinsicht ist es notwendig, dass die Bereicherung freigebig zugewandt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juli 2013
II R 37/11, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 242, 158, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2013, 934, m.w.N.).
Schenkungsteuerrechtlich wird nicht nur die reine, sondern auch eine gemischte freigebige Zuwendung erfasst. Eine solche ist dann
gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben
Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige
Leistungen aufteilen lässt. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes der freigebigen Zuwendung reicht bei Unausgewogenheit gegenseitiger
Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis
des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 13. September 2017 II R 54/15,
2018, 292). Besteht bei einer gemischten Schenkung eine auffallende, über ein geringes Maß deutlich hinausgehende Diskrepanz zwischen
Leistung und Gegenleistung, begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass die Zuwendung im Umfang der Bereicherung unentgeltlich
war, d.h. dass dem Zuwendenden der Wertunterschied bekannt und bewusst war (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2011
X ZR 45/10, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 2012, 605, Rz. 19, m.w.N.). Ein solches Missverhältnis wird regelmäßig angenommen,
wenn die tatsächliche Gegenleistung die sonst übliche angemessene Gegenleistung um 20 bis 25 % unterschreitet (Geck in Kapp/Ebeling,
82. Lieferung 11.2019,
Der Beklagte ist im vorliegenden Fall zu Recht von einer gemischt-freigebigen Zuwendung ausgegangen. Für die Ermittlung der
Schenkungsteuer sind die gemäß
maßgebend. Sowohl der Wert für das Anwesen Y Str. x in Z als auch der Wert für das Hofgut wurden gesondert festgestellt und sind für den
Schenkungsteuerbescheid nach § 182 Abs. 1 S. 1 Abgabenordnung bindend. Der Wert für das Grundstück in Z wurde auf den maßgeblichen
Stichtag der Teilerbauseinandersetzung mit 886.536 EUR festgestellt. Da das Hofgut von Frau EL veräußert wurde, tritt gemäß § 162 Abs. 3
Bewertungsgesetz (BewG) der Liquidationswert i.H.v. 2.092.884 EUR mit Wirkung für die Vergangenheit an die Stelle des bisherigen Wertes.
Damit führte die Hingabe des Hofgutes durch DF zweifelsfrei objektiv zu einer Bereicherung seiner Tochter EL. Nach Auffassung des Senats
ist bei einer solch gravierenden Differenz der festgestellten Werte auch der subjektive Tatbestand zu bejahen. Die Erben wussten zum
Zeitpunkt der Teilerbauseinandersetzung um das Werteungleichgewicht zwischen dem Grundstück in Z und dem Hofgut in X. Während sie
bei ersterem nach den ihnen damals vorliegenden belastbaren Informationen von einem festgestellten Wert von 570.000 EUR ausgehen
mussten, war ihnen bezüglich des Hofgutes klar, dass dieses kurze Zeit danach für über 3 Mio EUR verkauft würde. Da für das Grundstück in
Z ein höherer Wert zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen wurde, konnte die Klägerin weder den objektiven noch den subjektiven
Tatbestand einer Schenkung entkräften. Soweit die Klägerseite vorträgt, dass die Bewertung des Hofguts mit dem Liquidationswert
verfassungswidrig sei, wäre dies im dortigen Feststellungsverfahren zu prüfen. Gemäß § 42 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 351 Abs.
2 AO findet sie damit im vorliegenden Verfahren, das den Schenkungsteuerbescheid als Folgebescheid betrifft, kein Gehör.
Der Beklagte hat die Schenkungsteuer zutreffend errechnet. Die von der Klägerin eingeforderte Berechnungsweise ist durch die
Rechtsentwicklung überholt. Den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Beschluss vom 7. November
2006 1 BvL 10/02 (
an dessen gemeinem Wert (
Dementsprechend ist der Wert der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung durch bloßen Abzug der Gegenleistung vom
Grundbesitzwert des zugewandten Grundbesitzes zu ermitteln. Es reicht aus, dass durch die Bewertungsmethoden alle
Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden (vgl. BVerfG-Beschluss in
a.a.O.). Soweit dies im Einzelfall einen Unterschied zwischen dem nach dem BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies
aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen. Das gilt auch für Ermittlung der Bereicherung bei einer gemischten
Schenkung (BFH-Beschluss vom 05. Juli 2018 II B 122/17, BStBl II 2018, 660).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von
IV. Der Antrag nach
ohne Erfolg. Im Vorverfahren angefallene Gebühren und Auslagen sind nur dann erstattungsfähig, wenn der Erstattungsberechtigte die
Kosten des gerichtlichen Verfahrens nicht zu tragen hat (BFH-Beschluss vom 13. Juli 2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874). Vorliegend hat
aber die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Entscheidung, Urteil
Gericht:FG Stuttgart
Erscheinungsdatum:12.02.2020
Aktenzeichen:7 K 3078/18
Rechtsgebiete:Erbschafts- und Schenkungsteuer
Normen in Titel:ErbStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1