Kündigung eines DDR-Altmietvertrags über Wohnraum wegen Eigenbedarfs
letzte Aktualisierung: 30.1.2025
BGH, Urt. v. 13.11.2024 – VIII ZR 15/23
BGB § 573 Abs. 1 u. 2 Nr. 2; EGBGB Art. 232 § 2; ZGB (DDR) §§ 120, 122
Kündigung eines DDR-Altmietvertrags über Wohnraum wegen Eigenbedarfs
Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener DDR-Altmietvertrag über Wohnraum, der hinsichtlich
einer Beendigung des Mietverhältnisses auf die Vorschriften des Zivilgesetzbuchs der Deutschen
Demokratischen Republik (§§ 120 ff. ZGB) Bezug nimmt, kann seitens des Vermieters gegen den
Willen des Mieters wegen Eigenbedarfs seit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des Art. 232 § 2
EGBGB nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
Abs. 2 Nr. 2 BGB) gekündigt werden.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht (LG Berlin [Zivilkammer 67],
Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse
- im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagten der erstinstanzlich zuerkannte
Räumungs- und Herausgabeanspruch aus
Denn die Eigenbedarfskündigungen vom 31. Juli 2020 und vom 5. April 2022 hätten
das Mietverhältnis nicht beendet. Hierbei müsse nicht abschließend entschieden
werden, ob der vom Kläger behauptete Eigenbedarf gemäß § 573 Abs. 2
Nr. 2 BGB bestehe, weil die Kündigungserklärungen schon wegen der in Ziffer IX
des Mietvertrags enthaltenen Regelung die Kündigung des Mietverhältnisses
nicht rechtfertigten. Die vorbezeichnete vertragliche Regelung schließe zwar die
Geltendmachung von Eigenbedarf durch den Vermieter nicht vollständig aus. Sie
stelle aber, indem sie konkludent auf die §§ 120 ff. des Zivilgesetzbuchs (ZGB)
der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Bezug nehme, die Eigenbedarfskündigung
unter die in § 122 Abs. 1 ZGB angeordnete weitere Wirksamkeitsvoraussetzung,
dass die Wohnung von dem Vermieter "dringend" benötigt
werde.
Die Bestimmung des
der Geltung des ZGB wirksam getroffenen vertraglichen Regelung über die
Beendigung eines Mietverhältnisses nicht entgegen, sofern diese nicht gegen
zwingende Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verstoße. Ziffer IX des
vorliegenden Mietvertrags sei eine solche Vereinbarung mit Vorrang vor den Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Das ZGB habe zwar eine Kündigung
durch den Vermieter nicht ausdrücklich vorgesehen. Jedoch sei jedenfalls im Ergebnis
die Beendigung eines Mietverhältnisses gegen den Willen des Mieters
durch gerichtliche Aufhebung nach entsprechendem Verlangen des Vermieters
möglich und als Grund für die Aufhebung des Mietverhältnisses der Eigenbedarf
des Vermieters anerkannt gewesen. Auch wenn sich die jeweiligen Verfahren zur
Vertragsbeendigung - Kündigung durch den Vermieter mit gerichtlicher Überprüfung
einerseits, gerichtliche Aufhebung nach entsprechendem Verlangen des
Vermieters andererseits - unterschieden, ändere dies nichts daran, dass nach
der in Ziffer IX des Mietvertrags enthaltenen Regelung eine Beendigung des
Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs des Vermieters nur dann habe möglich
sein sollen, wenn dieser die Wohnung "dringend" benötige. Hierbei handele es
sich um eine auch nach dem Recht der DDR eigenständige und wirksame vertragliche
Regelung, selbst wenn sie sinngemäß dem Gesetzesinhalt der
§§ 120 ff. ZGB entsprochen habe.
Damit stehe im Streitfall die Beendigung des Mietverhältnisses wegen
Eigenbedarfs des Klägers gemäß
Ziffer IX des Mietvertrags unter der verschärften Kündigungsvoraussetzung,
dass der Kläger die Wohnung aus gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen
"dringend" benötigen müsse. An dieser Dringlichkeit fehle es jedoch. Die vom
Kläger dargelegten Belange - die bessere Ausstattung und Lage der Wohnung
und der mit Zukunfts- und Existenzängsten begründete Wunsch nach einer Entlastung
von der eigenen Mietzahlungspflicht - seien zwar grundsätzlich geeignet,
einen berechtigten Eigenbedarf zu begründen. Ein besonderer Ausnahmefall, in
dem er als Vermieter die Wohnung dringend benötige und die Interessen der
Beklagten zurückstehen müssten, liege jedoch nicht vor.
Schließlich sei das streitgegenständliche Mietverhältnis nicht gemäß
höchstrichterlich geklärt sei, sei vorliegend ihr Anwendungsbereich nicht
eröffnet. Zwar könne auch ein - wie im Streitfall - auf unbestimmte Zeit geschlossener
Mietvertrag hierunter fallen. Dies gelte nach dem Wortlaut sowie dem Sinn
und Zweck der eng auszulegenden Vorschrift jedoch nur in Fällen des vollständigen
Ausschlusses des Kündigungsrechts einer Partei. Das Recht des Klägers
zur Kündigung des Mietverhältnisses sei aber nicht vollständig ausgeschlossen,
sondern lediglich hinsichtlich einzelner Kündigungsgründe beschränkt und erschwert
worden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers auf
Räumung und Herausgabe der von den Beklagten gemieteten Wohnung (§ 546
Abs. 1,
nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft zu hohe Anforderungen
an das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Klägers an der Beendigung
des Mietverhältnisses (
hat, die Wirksamkeit einer von diesem erklärten Eigenbedarfskündigung
erfordere wegen der Regelung in Ziffer IX Buchst. c des Mietvertrags vom
10. Juli 1990 über die Anforderungen gemäß
dass der Kläger die Wohnung "dringend" für sich benötige.
1. Gemäß
Verträgen, die - wie hier - vor dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen
Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland geschlossen worden
sind (im Folgenden auch: Altmietverträge), von diesem Zeitpunkt an nach den
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
a) Mit dieser Bestimmung sollten - entsprechend dem allgemeinen
Rechtsgrundsatz, dass bei Rechtsänderungen das neue Recht auf laufende
Dauerschuldverhältnisse mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden ist - bestehende
Mietverträge zur Herstellung und Bewahrung der Rechtseinheit in den Regelungsbereich
des Bürgerlichen Gesetzbuchs übergeleitet werden (vgl.
BT-Drucks. 11/7817, S. 38). Demnach sind bei solchen Verträgen, wie der Senat
bereits entschieden hat, für die nachfolgend zum Wirksamwerden des Beitritts
am 3. Oktober 1990 entstandenen Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien
die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs heranzuziehen, während die vor
dem Beitritt abgeschlossenen Sachverhalte nach dem damals in der DDR geltenden
Recht zu beurteilen sind (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2007
- VIII ZR 387/04,
2022 - VIII ZR 38/20,
b) Nach diesem Maßstab ist die Wirksamkeit der im Juli 2020 und im
April 2022 vom Kläger erklärten ordentlichen Kündigungen des Wohnraummietvertrags
vom 10. Juli 1990 unter Heranziehung (allein) der mietrechtlichen Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
damit das Vorliegen des vom Kläger geltend gemachten Eigenbedarfs anhand
der Vorschrift des
2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist das Recht des
Klägers zur Kündigung wegen Eigenbedarfs dabei nicht im Hinblick auf die in
Ziffer IX Buchst. c des Mietvertrags getroffene Regelung unter die weitere
- vormals in § 122 Abs. 1 Satz 1 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen
Republik vom 19. Juni 1975 (DDR-GBl. I S. 465; im Folgenden: ZGB)
enthaltene - Wirksamkeitsvoraussetzung gestellt, dass der Kläger die Wohnung
"aus gesellschaftlich gerechtfertigten Gründen ´dringend´ benötigt". Denn das
Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass der (bundesdeutsche) Gesetzgeber
im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Beitritts für das Gebiet der
DDR die Befugnis des Vermieters zur Beendigung eines bestehenden Wohnraummietvertrags
gegen den Willen des Mieters durch die spezielle gesetzliche
Vorschrift in
Fortgeltung der hiervon abweichenden Regelung in Ziffer IX Buchst. c
des Mietvertrags entgegensteht. Das gilt selbst dann, wenn diese Regelung nicht
lediglich deklaratorischen Charakter - für den vieles spricht - hat, sondern als eigenständige
vertragliche Bestimmung anzusehen wäre.
a) Der Gesetzgeber wollte mit dem Wirksamwerden des Beitritts und der
damit gemäß
31. August 1990 (BGBl. II S. 885, 889) verbundenen Geltungserstreckung des
Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes die im Beitrittsgebiet
bestehenden Mietverträge in das bundesdeutsche Mietrecht der
überleiten. Zu diesem Zweck ordnete er in
Fassung ausdrücklich an, dass für solche Altmietverträge ab diesem
Zeitpunkt die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften gelten sollen.
b) Diese Überleitung sollte allerdings sozialverträglich gestaltet werden
(vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39 [im Zusammenhang mit verschiedenen Kündigungstatbeständen]),
weshalb der Gesetzgeber für eine Übergangszeit - unter
anderem auf einer umfassenden Interessenabwägung beruhende - besondere
Schutzvorschriften für das Beitrittsgebiet als erforderlich ansah (vgl. auch
BT-Drucks. 12/2758, S. 5). Deshalb hat er in weiteren - später mehrfach geänderten
und erst mit Wirkung zum 1. Mai 2004 vollständig entfallenen - Absätzen
des
getroffen, welche die nach den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs für den Vermieter bestehenden Möglichkeiten
zur ordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses für diese Übergangszeit
modifizierten.
aa) So war nach
Einigungsvertrags - bis zu dessen Aufhebung durch das Gesetz vom 31. März
2004 mit Wirkung zum 1. Mai 2004 (BGBl. I S. 478) - eine Verwertungskündigung
durch den Vermieter nach
BGB) gänzlich ausgeschlossen. Begründet wurde dieser Ausschluss damit, dass
ein entsprechender Kündigungstatbestand im ZGB nicht enthalten gewesen sei
und seine Einführung weder zur Herstellung der Rechtseinheit noch aus wohnungswirtschaftlichen
oder rechtspolitischen Gründen geboten erscheine
(BT-Drucks. 11/7817, S. 38).
bb) Die Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1
BGB aF (jetzt
EGBGB in der Fassung des Einigungsvertrags für eine mehrjährige Übergangszeit
(Wartefrist) - zunächst bis zum 31. Dezember 1992, nach der Verlängerung
durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2117) schließlich bis zum
31. Dezember 1995 - grundsätzlich ausgeschlossen. Durch diese ausdrücklich
als Schutzvorschrift gegen Eigenbedarfskündigungen bezeichnete Bestimmung
(vgl. BT-Drucks. 12/3254, S. 10, 20; 12/3605, S. 1) sollte vermieden werden,
dass das Beitrittsgebiet "unmittelbar nach dem Wirksamwerden des Einigungsvertrags
von einer Welle von Eigenbedarfskündigungen überrollt wird"
(vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39; 12/2758, S. 5; 12/3254, S. 19 f.). Den Mietern in
den östlichen Bundesländern sollte es durch die Wartefrist ermöglicht werden,
sich mit dem Inhalt und besonders mit den Schutzvorschriften des sozialen Mietrechts
so vertraut zu machen, dass das soziale Mietrecht seine Schutzwirkungen
im gleichen Maße wie in den westlichen Bundesländern entfalten kann
(vgl. BT-Drucks. 12/3254, S. 20). Die allgemeinen Vorschriften des sozialen Mietrechts
nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sollten dort zudem erst dann zur Anwendung
kommen, wenn die Wohnraumversorgung zumindest nicht mehr wesentlich
hinter der in den alten Bundesländern zurückbleibt
(vgl. BT-Drucks. 12/2758, S. 5).
Gleichwohl hielt der Gesetzgeber einen vollständigen Ausschluss des
Kündigungsrechts des Vermieters wegen Eigenbedarfs auch während der Wartefrist
nicht für gerechtfertigt. Deshalb sollte der Ausschluss nicht gelten, wenn er
für den Vermieter angesichts seines Wohnbedarfs und seiner sonstigen berech-
tigten Interessen eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der Interessen
des Mieters nicht zu rechtfertigen wäre (Art. 232 § 2 Abs. 3 Satz 2
EGBGB in der Fassung des Einigungsvertrags; Art. 232 § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3
EGBGB in der Fassung vom 21. Dezember 1992). In diesen Fällen sollte der
Vermieter nicht bis zum Ablauf der Wartefrist mit einer Eigenbedarfskündigung
warten müssen (vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39; 12/3254, S. 21). Die zur Durchbrechung
des Kündigungsausschlusses führenden Gründe sollten in entsprechender
Anwendung des
wenn sie im Kündigungsschreiben angegeben sind (vgl. BT-Drucks. 12/3254,
S. 21).
Einen Härtefall in diesem Sinne sah der Gesetzgeber in erster Linie dann
als gegeben an, wenn der Vermieter einen erheblich dringenderen Wohnungsbedarf
als der Mieter hatte (vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39). Hierdurch sollten
- während der Übergangszeit - zugleich diejenigen Fälle abgedeckt werden, in
denen der Vermieter schon nach dem bisherigen Recht der DDR - gemeint sind
die Vorschriften der § 120 Abs. 1 Satz 2, § 122 ZGB - aus Eigenbedarf eine Auflösung
des Mietverhältnisses hätte verlangen können. Begründet wurde dies damit,
dass die Möglichkeiten des Eigentümers zur Auflösung eines Mietverhältnisses
durch das neue Recht nicht verschlechtert werden sollten
(vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39).
Zudem sollte es als Härte anzusehen sein und dem Vermieter die Möglichkeit
der Eigenbedarfskündigung unter den - gegenüber der Regelung nach
§ 122 Abs. 1 Satz 1 ZGB ("wenn der Vermieter aus gesellschaftlich gerechtfertigten
Gründen die Wohnung dringend benötigt") geringeren - Voraussetzungen
der Vorschrift des
eingeräumt werden, wenn ihm die Räume zu DDR-Zeiten durch nicht zu rechtfertigende
Zwangsmaßnahmen oder andere Fälle des Machtmissbrauchs staatlicher
Stellen und früherer Parteiorganisationen entzogen worden waren
(BT-Drucks. 11/7817, S. 39; 12/3254, S. 20) oder wenn der Mieter bei Abschluss
des Mietvertrags im Sinne des Vermögensgesetzes unredlich gewesen war
(vgl. BT-Drucks. 12/3254, S. 20). Mit der Erstreckung der Härteklausel des
diese - seit der Neufassung durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I
S. 2117) in
- Fälle wollte der Gesetzgeber zugunsten des Vermieters einen Beitrag
zur Bereinigung von DDR-Unrecht leisten (vgl. BT-Drucks. 12/3605, S. 2, 6 iVm
BT-Drucks. 12/3254, S. 10, 20 f. [zur Neufassung von
mit Gesetz zur Verlängerung der Wartefristen für Eigenbedarfskündigungen
in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet vom 21. Dezember
1992, BGBl. I S. 2117]).
cc) Ferner wurde das - nach
berechtigten Interesse des Vermieters abhängige - Recht des Vermieters zur
erleichterten Kündigung von Mietverhältnissen über von ihm selbst bewohnte
Wohngebäude mit nicht mehr als zwei beziehungsweise drei Wohnungen gemäß
Ende 1992 - an die Voraussetzung geknüpft, dass ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses
wegen seines Wohn- oder Instandsetzungsbedarfs oder sonstiger
Interessen nicht zugemutet werden könne. Als sonstiges Interesse wurde dabei
vom Gesetzgeber auch der vernünftige Wunsch des Vermieters, die Mieterwohnung
selbst oder durch Angehörige zu bewohnen, angesehen, wobei er hinsichtlich
der Berücksichtigungsfähigkeit dieser Gründe auf die in § 564b Abs. 3
BGB aF (jetzt
(vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 39).
dd) Schließlich wurden auch die für die Kündigung eines Mietverhältnisses
über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke durch
den Vermieter geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum
Zwecke der sozialverträglicheren Gestaltung des Übergangs in das neue Recht
modifiziert, indem für eine Übergangszeit die gesetzliche Kündigungsfrist verlängert
(
des Mieters eine Härteklausel eingeführt wurde (Art. 232 § 2 Abs. 5 - 6
EGBGB in der vorbezeichneten Fassung).
ee) In der Gesamtschau dieser Vorschriften und der vom Gesetzgeber
hierzu angestellten Erwägungen ergibt sich, dass die in
speziellen Bestimmungen in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften
der
gesetzliche Regelung der Befugnis von Vermietern zur Beendigung
bestehender Altmietverträge gegen den Willen der Mieter im Beitrittsgebiet darstellen
sollten. Der Gesetzgeber hat - wie die Gesetzesmaterialien zeigen -
sowohl die insoweit maßgeblichen mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs als auch die nach den Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs der
DDR für den Vermieter bestehenden Möglichkeiten einer Aufhebung des Mietverhältnisses
unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen in den Blick
genommen sowie die sich insoweit aus der mit der Überleitung der Altmietverhältnisse
in das neue Rechtssystem und dem damit verbundenen Anpassungsbedarf
ergebenden Belastungen für beide Mietvertragsparteien einer als sozialverträglich
und verfassungsrechtlich geboten angesehenen (Gesamt-)Regelung
zuführen wollen (vgl. etwa BT-Drucks. 11/7817, S. 38 f.; 12/2758, S. 1 und 5;
12/3254, S. 11 f., 19 ff.). Damit hat der Gesetzgeber auch dem von den Revisionsbeklagten
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hervorgehobenen
Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes Rechnung getragen.
c) Mit dieser Regelungssystematik sowie mit dem sich aus den Gesetzesmaterialien
ergebenden Sinn und Zweck der gesetzlichen (Übergangs-)Bestimmungen
wäre es nicht vereinbar, wäre gleich- oder sogar vorrangig zu diesen
eine aus der Zeit vor dem Beitritt stammende, in einem Altmietvertrag enthaltene
Regelung der Parteien zur Beendigungsbefugnis des Vermieters maßgeblich,
welche - wie vorliegend Ziffer IX Buchst. c des Mietvertrags nach dem Verständnis
des Berufungsgerichts - demgegenüber auf die Vorschriften des Zivilgesetzbuchs
der DDR und deren abweichenden Regelungsgehalt abstellt.
Demzufolge sind seit dem Wirksamwerden des Beitritts die vom Gesetzgeber
mit
des Vermieters zwingend anzuwenden und hiervon abweichende
vertragliche Regelungen in DDR-Altmietverträgen unwirksam (geworden).
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich nichts anderes
aus der Senatsrechtsprechung zum Fortbestand (formular-)vertraglich vereinbarter
Kündigungsfristen nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom
19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149). Gemäß
die Vorschrift des
den gesetzlich bestimmten Fristen für die ordentliche Kündigung (§ 573c Abs. 1
bis 3 BGB) abweichende vertragliche Vereinbarungen unwirksam sind, nicht anzuwenden,
wenn die Vereinbarung vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes
am 1. September 2001 erfolgt ist.
Der Gesetzgeber hat somit in der das Mietrechtsreformgesetz betreffenden
Übergangsvorschrift - anders als in der Regelung zur Überleitung bestehender
DDR-Mietverträge in das bundesdeutsche Mietrecht nach Art. 232 § 2
EGBGB - selbst zum Ausdruck gebracht, dass nach dem bisherigen Recht wirksam
vereinbarte Kündigungsfristen aus Gründen des Vertrauensschutzes und
der Rechtssicherheit vorrangig gegenüber der gesetzlichen Neuregelung sein
sollen und deshalb auch künftig wirksam bleiben (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 75
und 77 [zur Entwurfsregelung in § 3 Abs. 9]; siehe auch Senatsurteile vom
18. Juni 2003 - VIII ZR 240/02,
solcher Vereinbarungen"]; vom 6. April 2005 - VIII ZR 155/04,
Die vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsentscheidungen haben
sich dementsprechend mit der Frage befasst, ob die in einem (Formular-)Vertrag
sinngemäß erfolgte Wiedergabe der früheren gesetzlichen Regelung zur Länge
der Kündigungsfristen (hier gemäß
vertragliche Vereinbarung anzusehen ist (vgl. Senatsurteile vom 18. Juni
2003 - VIII ZR 240/02, aaO S. 182 ff.; vom 10. März 2004 - VIII ZR 34/03,
später aufgenommene Übergangsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) die zuvor getroffene Übergangsregelung
zum Mietrechtsreformgesetz für Dauerschuldverhältnisse mit
Wirkung ab dem 1. Januar 2003 (
Senatsurteile vom 6. April 2005 - VIII ZR 155/04, aaO; vom 7. Februar 2007
- VIII ZR 145/06,
auch keine Wertungsmaßstäbe für die hier entscheidungserhebliche
Frage nach der (vertraglich geregelten) Befugnis des Vermieters zur Beendigung
eines Altmietvertrags wegen Eigenbedarfs nach Wirksamwerden des Beitritts
entnehmen, die sich allein nach der speziellen Übergangsregelung in Art. 232 § 2
EGBGB bestimmt.
3. Da sich nach Vorstehendem die Befugnis des Klägers zur ordentlichen
Kündigung des Mietvertrags der Parteien ohne Einschränkungen nach den allgemeinen
mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt
und das Vorliegen des vom Kläger geltend gemachten Kündigungsgrunds deshalb
allein anhand der Vorschrift des
kommt es auf die vom Berufungsgericht zudem erörterte (Folge-)Frage nicht an,
ob auch ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Wohnraummietvertrag in entsprechender
Anwendung von
das Kündigungsrecht für eine Partei vertraglich vollständig - und nicht nur teilweise
- ausgeschlossen ist (offen gelassen im Senatsbeschluss vom 8. Mai 2018
- VIII ZR 200/17,
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist
daher aufzuheben (
Feststellungen bedarf, nicht entscheidungsreif und daher zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:13.11.2024
Aktenzeichen:VIII ZR 15/23
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Miete
Erbrechtliches Sonderrecht der neuen Bundesländer
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 573 Abs. 1 u. 2 Nr. 2; EGBGB Art. 232 § 2; ZGB (DDR) §§ 120, 122