BGH 16. Juli 2021
V ZR 284/19
WEG §§ 1 Abs. 1 u. 3, 5 Abs. 4 S. 1, 9a Abs. 2, 10 Abs. 3 S. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 5

Prozessführungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; Unzulässigkeit der Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum durch Sondereigentümer ohne Änderungsvorbehalt

letzte Aktualisierung: 16.12.2021
BGH, Urt. v. 16.7.2021 – V ZR 284/19

WEG §§ 1 Abs. 1 u. 3, 5 Abs. 4 S. 1, 9a Abs. 2, 10 Abs. 3 S. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 5
Prozessführungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; Unzulässigkeit der
Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum durch Sondereigentümer ohne Änderungsvorbehalt

1. Verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einer vor dem 1. Dezember 2020
anhängigen Klage von einem Wohnungseigentümer Unterlassung einer gegen die
Gemeinschaftsordnung verstoßenden Nutzung (hier: Nutzung einer Teileigentumseinheit zu
Wohnzwecken), kommt es nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am
1. Dezember 2020 für die Prozessführungsbefugnis des Verbandes nicht mehr darauf an, ob ein
Vergemeinschaftungsbeschluss vorlag. Dies ist auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.
2. Ein Sondereigentümer kann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein Teileigentum nicht in
Wohnungseigentum umwandeln, es sei denn, in der Gemeinschaftsordnung ist ein entsprechender
Vorbehalt enthalten (sog. Änderungsvorbehalt).
3. Die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken ist bei typisierender Betrachtungsweise
jedenfalls dann nicht störender als die vorgesehene Nutzung und deshalb zulässig, wenn es an einer
einschränkenden Zweckbestimmung für das Teileigentum fehlt, die Teileigentumseinheit in einem
separaten Gebäude (mit getrennter Kostenregelung) gelegen ist und auch die übrigen
Sondereigentumseinheiten ausschließlich der Wohnnutzung dienen (Abgrenzung zu BGH, Urteil
vom 23. März 2018 – V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 9).

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen den Beklagten
gemäß § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG (aF) einen Anspruch auf Unterlassung der
Wohnnutzung. Sie habe diesen Anspruch, der grundsätzlich nur den einzelnen
Wohnungseigentümern zustehe, in der Eigentümerversammlung vom 6. Februar
2017 an sich gezogen und sei deshalb prozessführungsbefugt. Unabhängig da-
Beklagten in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.
In der Sache widerspreche die Nutzung zu Wohnzwecken der Teilungserklärung.
Die dortige Regelung in § 2 Nr. 9 sei eindeutig. Dies gelte sowohl für die
Bezeichnung als Teileigentum als auch für die Bezugnahme auf die Beschreibung
im Aufteilungsplan als Lagerraum. Da diese Angabe nicht nur in dem Aufteilungsplan
vorhanden sei, sondern von der Teilungserklärung aufgegriffen
werde, handele es um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Aus
den übrigen Passagen der Teilungserklärung ergebe sich nichts anderes, auch
wenn nicht verkannt werde, dass die beiden Gebäude 36 und 36a weitestgehend
in Nutzung und Kostenabrechnung zu trennen seien. Die Wohnnutzung sei auch
nicht deshalb ausnahmsweise zulässig, weil sie bei typisierender Betrachtungsweise
nicht mehr störe als die zulässige Nutzung. Da die Teilungserklärung die
Einheit des Beklagten als Teileigentum bezeichne, sei nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs bereits grundsätzlich Vorsicht geboten mit der Zulassung
von Wohnnutzung. Bei typisierender Betrachtungsweise sei diese nämlich
regelmäßig schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzung, weil eine
Wohnnutzung mit typischen Wohnimmissionen sowie einem anderen Gebrauch
des Gemeinschaftseigentums einhergehe und zu anderen Zeiten, nämlich rund
um die Uhr an jedem Tag, auch am Wochenende, erfolge. Hinzu komme die
Zweckbestimmung als Lagerraum; bei einer Wohnnutzung verursachten die Bewohner
mehr und andere Immissionen
habe auch einen Anspruch auf Rückbau des Überbaus gemeinschaftlicher Flächen,
weil der Hof nicht Teil des Gebäudes 36a sei und damit von der Regelung
in § 4 Ziff. XIX der Teilungserklärung (Gestattung baulicher Veränderungen) nicht
erfasst werde.

II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin von
dem Beklagten nicht verlangen, die Wohnnutzung seiner Einheit zu unterlassen.

a) Anders als die Revision annimmt, ist die Klage allerdings zulässig. Insbesondere
fehlt es nicht an der Prozessführungsbefugnis der Klägerin, deren
Vorliegen der Senat gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO auch im Revisionsverfahren
von Amts wegen zu prüfen hat, weil es sich um eine das Verfahren betreffende
Voraussetzung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98,
NJW 2000, 738; Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 67/18, NJW 2019, 3065 Rn. 12).
aa) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Prozessführungsbefugnis
bejaht, weist allerdings Rechtsfehler auf.

(1) Richtig ist zwar, dass nach der bisherigen Rechtslage für Ansprüche
auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG aF wegen
Störungen des Gemeinschaftseigentums bzw. wegen einer Nutzung, die gegen
eine in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung enthaltene Zweckbestimmung
verstößt, eine sog. gekorene Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß
§ 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aF bestand. Er konnte die Geltendmachung
der Ansprüche durch Beschluss an sich ziehen (vgl. Senat, Urteil vom
10. Juli 2015 - V ZR 169/14, NZM 2015, 787 Rn. 5 und 18; Urteil vom
15. Dezember 2017 - V ZR 275/16, NZM 2018, 909 Rn. 8; Urteil vom 25. Oktober
2019 - V ZR 271/18, BGHZ 223, 305 Rn. 6). Eine solche Vergemeinschaftung
möglicher Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten dürfte sich aber - wie
die Revision zu Recht geltend macht - aus dem von dem Berufungsgericht in
seinem Hinweisbeschluss in Bezug genommenen Protokoll vom 6. Februar 2017
nicht ergeben.

(2) Die weitere Begründung des Berufungsgerichts in dem Zurückweisungsbeschluss,
da (gemeint: Prozessführungsbefugnis)
der Klägerin durch den Beklagten sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO
als verspätet zurückzuweisen, ist ebenfalls nicht tragfähig. Tatsachenvortrag zu
den von Amts wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen darf nicht unter Anwendung
von Präklusionsvorschriften unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH, Urteil
vom 10. Oktober 1985 - IX ZR 73/85, NJW-RR 1986, 157 f.).

bb) Die Frage, ob die Klägerin unter Anwendung des bisherigen Rechts
prozessführungsbefugt ist, kann aber im Ergebnis offenbleiben. Dies gilt auch für
die von der Klägerin erhobene Gegenrüge, eine Vergemeinschaftung ergebe sich
aus dem Protokoll vom 3. Juli 2018. Die Prozessführungsbefugnis und die Anspruchsberechtigung
der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband sind
nämlich durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober
2020 (BGBl. I 2020 S. 2187) mit Wirkung vom 1. Dezember 2020 neu geregelt
worden. Auf dieser Grundlage ist die Klägerin berechtigt, über das von ihr behauptete
(streitige) Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen.
Verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einer - wie hier - vor
dem 1. Dezember 2020 anhängigen Klage von einem Wohnungseigentümer Unterlassung
einer gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßenden Nutzung,
kommt es nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
am 1. Dezember 2020 für die Prozessführungsbefugnis des Verbandes nicht
mehr darauf an, ob ein Vergemeinschaftungsbeschluss vorlag. Dies ist auch im
Revisionsverfahren zu berücksichtigen.

(1) Die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Unterlassungsansprüche
aus § 1004 Abs. 1 BGB übt gemäß § 9a Abs. 2 WEG der Verband
aus, der deshalb nach neuem Recht schon kraft Gesetzes prozessführungsbefugt
ist (vgl. hierzu auch BT-Drs. 19/18791 S. 46; Senat, Urteil vom 7. Mai
2021 - V ZR 299/19, WuM 2021, 392 Rn. 6). Der Anspruch aus dem an die Stelle
von § 15 Abs. 3 WEG aF getretenen § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist nunmehr allein
dem Verband zugewiesen. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des
Gesetzes ( - im Unterschied
zu § 14 Abs. )
und aus dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Willen des
Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 19/18791 S. 52; Dötsch/Schultzky/Zschieschack,
WEG-Recht 2021, Kapitel 3 Rn. 127, Kapitel 4 Rn. 27; Lehmann-Richter/Wobst,
WEG-Reform 2020, Rn. 1395, 1492; a.A.; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 14
Rn. 12: nur Ausübungsbefugnis gemäß § 9a Abs. 2 WEG). Im Hinblick auf einen
Anspruch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG folgt die Prozessführungsbefugnis des
Verbands deshalb bereits aus dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass derjenige,
der behauptet, Inhaber eines bestimmten Rechts zu sein, prozessual die
Befugnis hat, dieses Recht im eigenen Namen einzuklagen (vgl. Senat, Urteil
vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18, NJW 2019, 3446 Rn. 8).

(2) § 9a Abs. 2 und § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG sind hier anwendbar und auch
der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen, obwohl die Entscheidung des
Berufungsgerichts vor dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
ergangen ist.

(a) Ob infolge eines neuen Gesetzes geänderte Vorschriften auf schwebende
Verfahren anzuwenden und auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen
sind, richtet sich nach den in dem Gesetz enthaltenen Übergangsvorschriften.
Fehlt es an solchen Vorschriften, gelten die neuen Regelungen grundsätzlich
auch für bereits laufende Prozesse. Dies gilt sowohl für materiell-rechtliche Vorschriften
(vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, NJW 2009, 999
Rn. 12 zu § 62 Abs. 1 WEG aF mit Ausnahmen für die Beurteilung der Gültigkeit
vor dem Stichtag gefasster Beschlüsse) als auch für Änderungen des Prozessrechts
(vgl. zur Prozessführungsbefugnis BGH, Urteil vom 18. Oktober 1995
- I ZR 126/93, BGHZ 131, 90, 91; Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19,
zur Veröffentlichung bestimmt). Auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung
in der Tatsacheninstanz kommt es nur bezüglich des für die Beurteilung
der Prozessführungsbefugnis maßgeblichen Tatsachenstoffs an (vgl. Senat, Urteil
vom 14. Dezember 1959 - V ZR 197/58, BGHZ 31, 279, 283; BGH, Urteil vom
19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 219).

(b) Eine Übergangsvorschrift, wonach bei einer noch vor Inkrafttreten des
Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes erhobenen und auf § 1004
Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG aF gestützten Unterlassungsklage des Verbands
gegen einen Wohnungseigentümer § 9a Abs. 2 und § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG
keine Anwendung finden, enthält das Gesetz nicht. Dies folgt insbesondere nicht
Gericht eingegangenen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes
in ihrer bis dahin geltenden Fassung Weder
§ 9a Abs. 2 WEG noch § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG befinden sich im dritten Teil des
neuen Wohnungseigentümergesetzes. Anders als in den Fällen, in denen ein Eigentümer
einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend gemacht hat, für den
er nach neuem Recht nicht mehr prozessführungsbefugt ist (vgl. dazu Senat, Urteil
vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, WuM 2021, 392 Rn. 12 ff.), besteht in dem
hier zu beurteilenden - umgekehrten - Fall, dass der Verband (möglicherweise)
ohne einen nach altem Recht erforderlichen Vergemeinschaftungsbeschluss
Rechte aus § 1004 Abs. 1 BGB und § 15 Abs. 3 WEG aF geltend gemacht hat,
keine Veranlassung für eine Anwendung des Rechtsgedankens von § 48 Abs. 5
WEG. Denn das Fehlen einer Übergangsvorschrift wirkt sich nicht nachteilig auf
die prozessuale Stellung der klagenden Partei aus.

b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Unterlassungsklage
sei begründet.

aa) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
(1) Gemäß § 15 Abs. 3 WEG aF konnte jeder Wohnungseigentümer und
nach Vergemeinschaftung der Verband von den übrigen Wohnungseigentümern
einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen
Eigentums verlangen, der unter anderem den Vereinbarungen
entspricht. Nach dem nunmehr anwendbaren neuen Recht steht ein entsprechender
Anspruch (ausschließlich) dem Verband zu (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG).
Vereinbarungscharakter (§ 5 Abs. 4 Satz 1, § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG) kommt
insoweit auch der in der Teilungserklärung im weiteren Sinne (genauer: der Gemeinschaftsordnung,
vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 307/16, NJWRR
2018, 1227 Rn. 6) enthaltenen Bestimmung zu, ob es sich bei dem jeweiligen
Sondereigentum um Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 1 WEG) oder um Teileigentum
(§ 1 Abs. 3 WEG) handelt. Hiermit wird nämlich festgelegt, ob die Einheit zu
Wohnzwecken oder aber nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Nutzt ein
Eigentümer seine ihm als Teileigentum zugewiesene Einheit zu Wohnzwecken
oder umgekehrt eine ihm als Wohnungseigentum zugewiesene Einheit zu anderen
Zwecken, kann von ihm grundsätzlich Unterlassung dieser Nutzung verlangt
werden (vgl. Senat, Urteil vom 27. Oktober 2017 - V ZR 193/16, BGHZ 216, 333
Rn. 5 f. mwN).

(2) In der Nutzung einer Sondereigentumseinheit, die der für diese Einheit
Zweckbestimmung widerspricht,
liegt zugleich eine Verletzung des Eigentums der übrigen Sondereigentümer,
die grundsätzlich einen - nach neuem Recht gemäß § 9a Abs. 2 WEG
zwingend und nach bisherigem Recht nach einer Vergemeinschaftung von dem
Verband geltend zu machenden - Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1
BGB begründet (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, BGHZ
223, 305 Rn. 16 ff.).

bb) Das Berufungsgericht geht im Ergebnis auch zutreffend davon aus,
dass die Wohnnutzung des Beklagten der nach der Teilungserklärung gestatteten
Nutzung widerspricht. Nach § 2 Nr. 9 der Teilungserklärung vom 12. April
1973 handelt es sich bei der dem Beklagten gehörenden Einheit um Teileigentum,
so dass nur eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken zulässig ist (§ 1
Abs. 3 WEG). Entgegen der Auffassung der Revision ändert sich hieran nichts
dadurch, dass der Beklagte am 31. Mai 2017 eine Nutzungsänderung erklärt hat
und seit dem 12. Juli 2017 das Sondereigentum des Beklagten in dem Grundbuch
nicht mehr als Teileigentum, sondern als Wohnungseigentum ausgewiesen
ist. Ein Sondereigentümer kann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein
Teileigentum nicht in Wohnungseigentum umwandeln, es sei denn, in der Gemeinschaftsordnung
ist ein entsprechender Vorbehalt enthalten (sog. Änderungsvorbehalt).
Letzteres ist hier indessen nicht der Fall.

(1) Soll Teileigentum in Wohnungseigentum umgewandelt werden, erfordert
dies grundsätzlich eine Änderung der Gemeinschaftsordnung, die materiellrechtlich
im Wege der Vereinbarung aller Wohnungseigentümer erfolgt; grundbuchrechtlich
bedarf es einer Bewilligung nach §§ 19, 29 GBO (vgl. Senat, Beschluss
vom 4. Dezember 2014 - V ZB 7/13, NJW-RR 2015, 645 Rn. 12; vgl.
auch OLG München, NJW-RR 2014, 528, 529; ZMR 2017, 307; OLG Frankfurt,
ZWE 2015, 320 Rn. 15; Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl., § 1 Rn. 38;
BeckOGK/M. Müller, WEG [1.12.2020], § 1 Rn. 173 ff.; Riecke/Schmid, WEG,
5. Aufl., § 1 Rn. 43; BeckOK WEG/Kral [1.1.2021] § 7 Rn. 137 ff.; KEHE/Keller,
Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 3 Rn. 69). Zu einer Vereinbarung mit allen übrigen
Wohnungseigentümern über die Zulässigkeit der von dem Beklagten vorgenommenen
Nutzungsänderung ist es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
auch im Zusammenhang mit dem für erledigt erklärten einstweiligen Verfügungsverfahren
nicht gekommen.

(2) Ein Sondereigentümer kann allerdings ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer
sein Teileigentum in Wohnungseigentum umwandeln, wenn in der Gemeinschaftsordnung
ein entsprechender Vorbehalt enthalten ist (sog. Änderungsvorbehalt).
Grundsätzliche Bedenken gegen die Wirksamkeit eines solchen
Vorbehalts bestehen nicht. Wie oben ausgeführt (vgl. Rn. 19), ist die Zuordnung
zum Wohnungseigentum oder Teileigentum als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter
(§ 5 Abs. 4 Satz 1 WEG, § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG) zu qualifizieren.
Sie ist Bestandteil der Gemeinschaftsordnung, die ähnlich einer Satzung die
Grundlage für das Zusammenleben der Wohnungseigentümer bildet und damit
die Innenbeziehungen untereinander regelt. Anders etwa als bei der Umwandlung
von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum oder umgekehrt werden die
sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft, die einer Vereinbarung (vgl.
Senat, Urteil vom 22. März 2019 - V ZR 298/16, NJW 2019, 3716 Rn. 11 mwN)
und in der Folge auch einem Änderungsvorbehalt nicht zugänglich sind (vgl. Senat,
Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 322/02, NJW 2003, 2165, 2166), bei der
Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum nicht berührt (vgl. Senat,
Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 189/11, NJW-RR 2012, 1036 Rn. 9). Vor diesem
Hintergrund hat der Senat eine Regelung in einer Teilungserklärung, wonach der
jeweilige Eigentümer einer Teileigentumseinheit befugt war, die seiner Berechtigung
unterliegenden Dachgeschossbereiche auf eigene Kosten zu Wohnzwecken
auszubauen und die neu geschaffenen Räume von Teileigentum in Wohneigentum
umzuwandeln, sobald hierfür die behördlichen Genehmigungen vorliegen,
als wirksam erachtet (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 2013 - V ZR 88/12,
ZWE 2013, 131 Rn. 2, 4 und 9; vgl. auch OLG München, NJW-RR 2014, 528
529; Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl., § 1 Rn. 42; BeckOGK/M. Müller, WEG
[1.12.2020], § 1 Rn. 183 f.).

(3) Einen solchen Änderungsvorbehalt enthält die Teilungserklärung vom
12. April 1973 nicht. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt er sich insbesondere
nicht aus § 4 Ziff. XIX.

(a) Die in der Teilungserklärung enthaltene Gemeinschaftsordnung ist Bestandteil
der Grundbucheintragung. Ihre Auslegung unterliegt daher vollen Umfangs
der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut
und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der
Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer
bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden,
wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann
ohne weiteres erkennbar sind (Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19,
NJW-RR 2020, 959 Rn. 6 mwN).

(b) Nach dem Wortlaut berechtigt § 4 Ziff. XIX den Eigentümer des Teilei-
. -
Eine Ermächtigung, die Zuordnung als Teileigentum
in Wohnungseigentum zu ändern, enthält die Teilungserklärung nicht. Von
einer konkludenten Ermächtigung könnte nur ausgegangen werden, wenn das
dem Teileigentümer eingeräumte Ausbaurecht ausdrücklich auch den Ausbau zu
Wohnzwecken umfasste. Es ergäbe nämlich keinen (vernünftigen) Sinn und widerspräche
einer nächstliegenden Auslegung, wenn eine Klausel zwar zum Ausbau
zu einer Wohnung oder zum Ausbau eines Wohnhauses berechtigte, der
Rechtsinhaber aber für die Änderung der Teilungserklärung auf eine Vereinbarung
und damit auf die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer angewiesen
wäre (vgl. auch OLG München, NJW-RR 2014, 528, 529). Ein zur Umwandlung
von Teileigentum in Wohnungseigentum berechtigender Änderungsvorbehalt
ergibt sich bei nächstliegender Auslegung der Gemeinschaftsordnung aber
nicht bereits aus einem - wie hier - dem Teileigentümer eingeräumten Recht,
seine Einheit beliebig auszubauen. Vielmehr ist nächstliegend die Auslegung,
dass der Ausbau nur innerhalb der sich aus der Teilungserklärung mit der Zuordnung
als Teileigentum ergebenden
ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht in der Zusammenschau
mit den sonstigen Bestimmungen der Teilungserklärung. Dass es
sich bei den übrigen acht Einheiten der Anlage um Wohneinheiten handelt, besagt
als solches nichts dazu, ob die nach der Teilungserklärung als Teileigentum
bezeichnete Einheit in Wohnungseigentum umgewandelt werden kann. Auch der
Umstand, dass das Teileigentumsrecht - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
(vgl. nachfolgend unter Rn. 29) - nicht
stand kommt zwar Bedeutung für die Frage zu, ob die tatsächliche Nutzung mehr
stört als die nach der Teilungserklärung zulässige, berechtigt den Sondereigentümer
aber nicht, ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer die Zweckbestimmung
seiner Einheit zu ändern (vgl. OLG München, ZWE 2017, 307 Rn. 40).

cc) Zutreffend prüft das Berufungsgericht ferner, ob die Wohnnutzung ausnahmsweise
deshalb zulässig ist, weil sie nicht mehr stört als die zulässige Nutzung
des Teileigentums. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann
eine nach dem vereinbarten Zweck nicht gestattete Nutzung nicht untersagt werden,
wenn diese bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene
Nutzung (Senat, Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 203/18, NJW
2020, 1354 Rn. 10 mwN; Urteil vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, BGHZ 223,
305 Rn. 24 mwN). Diese Einschränkung des Unterlassungsanspruchs ist nach
den Grundsätzen einer ergänzenden Vertragsauslegung gerechtfertigt. Der hypothetische
Wille des teilenden Eigentümers geht bei einer Zweckbestimmung
grundsätzlich nicht dahin, den Wohnungs- und Teileigentümern eine bestimmte
Gestaltung ihres Privat- oder Berufslebens vorzugeben und das ihnen gemäß
Art. 14 GG i.V.m. § 13 WEG aF bzw. § 13, § 16 Abs. 1 WEG zustehende Recht
zur Nutzung ihres Eigentums über Gebühr einzuschränken. Vielmehr soll in erster
Linie das Maß der hinzunehmenden Störungen festgelegt werden. Solange
dieses Maß eingehalten wird, fehlt es in der Regel ebenso wie bei einer der
Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung an einem schutzwürdigen Abwehrinteresse
der anderen Wohnungseigentümer bzw. des Verbands (vgl. Senat,
Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 203/18, NJW 2020, 1354 Rn. 10).

dd) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen
für eine solche Einschränkung des Unterlassungsanspruchs verneint, ist aber
von Rechtsfehlern beeinflusst.

(1) Für die Prüfung, ob die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtung
mehr stört als die in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene, ist im Ausgangspunkt
maßgeblich, welche Nutzung der Einheit nach der Gemeinschaftsordnung
zulässig ist. Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich § 2 Nr. 9
der Teilungserklärung nicht entnehmen, dass die Einheit des Beklagten nur als
Lagerraum genutzt werden darf. Seine Auslegung, die der Senat vollumfänglich
überprüfen kann (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19, NJW-RR
2020, 959 Rn. 6 mwN), lässt unberücksichtigt, dass eine Teilungserklärung, bei
der zumindest unklar ist, ob sie eine Zweckbestimmung enthält, im Zweifel keine
Einschränkung vorgibt (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 2019 - V ZR 330/17, NJW-
RR 2019, 519 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts geht aus
der Teilungserklärung nicht mit der erforderlichen Klarheit hervor, dass die Teileigentumseinheit
des Beklagten ausschließlich als Lagerraum genutzt werden
darf. Hiergegen spricht insbesondere die nach § 4 Ziff. XIX dem Inhaber des
räumte Ausbauberechtigung. Diese geht zwar einerseits nicht so weit, dass auch
der Umbau zu Wohnzwecken umfasst wäre. Andererseits würde das Ausbaurecht
aber weitgehend leerlaufen, wenn die Einheit nach einer baulichen Veränderung
weiterhin die Eigenschaft eines Lagerraums aufweisen müsste und nur in
diesem eingeschränkten Umfang genutzt werden könnte. Eine solche Auslegung
liegt nicht nahe. Gegen sie spricht auch, dass sich unter § 3 Ziff. IV der Teilungserklärung
eigenständige Gebrauchsregelungen für die Wohnungseigentumseinheiten
finden, während es an gesonderten Gebrauchsregelungen für die Teileigentumseinheit
fehlt. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des
Umstands, dass ein Grundstück mit bereits bestehenden Gebäuden aufgeteilt
stehen, dass lediglich auf die zur Zeit der Aufteilung ausgeübte Nutzung Bezug
genommen wird, um zu verdeutlichen, welche Räume zu welcher Einheit gehören
(vgl. Senat, Urteil vom 8. März 2019 - V ZR 330/17, NJW-RR 2019, 519
Rn. 20; Urteil vom 27. Oktober 2017 - V ZR 193/16, BGHZ 216, 333 Rn. 29).
Folglich ist in der Einheit des Beklagten jede Nutzung möglich, die in einer Teileigentumseinheit
zulässigerweise ausgeübt werden kann. Bei der Vergleichsbetrachtung,
ob die Nutzung der Einheit des Beklagten als Wohnung mehr stört als
die nach der Teilungserklärung vorgesehene, ist daher entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts nicht nur von einem Lagerraum auszugehen, vielmehr
sind alle gewerblichen Nutzungen einzubeziehen, zu denen sich die Einheit eignet
und nach der Teilungserklärung ausgebaut werden darf.

(2) Anders als es in dem Berufungsurteil anklingt, ist die Wohnnutzung im
Vergleich zu einer gewerblichen Nutzung bei typisierender Betrachtung auch
nicht regelmäßig als störender anzusehen. Dies folgt insbesondere nicht aus der
Entscheidung des Senats vom 23. März 2018 zu einem sog. Ärztehaus (V ZR
307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 9). Dort bestand die Anlage ausschließlich aus
Teileigentumseinheiten. In einem solchen Fall haben die Eigentümer ein berechtigtes
Interesse daran, dass der durch die Teilungserklärung vorgegebene professionelle
Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die
durch eine in der Teilungserklärung nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen
werden können, von vornherein zu vermeiden. Die Nutzung einer Teileigentumseinheit
zu Wohnzwecken in einem nur beruflichen und gewerblichen
Zwecken dienenden Gebäude stört deshalb bei typisierender Betrachtung regelmäßig
mehr als die vorgesehene Nutzung (vgl. Senat, aaO Rn. 9).

(3) Anders kann es sich aber verhalten, wenn die Anlage - wie hier - im
Übrigen nur aus Wohnungen besteht. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz
des Inhalts, dass die Wohnnutzung die intensivste Form des Gebrauchs einer
Sondereigentumseinheit sei (in diesem Sinne wohl BayObLG, WM 1992, 704;
WuM 1994, 222; vgl. auch BeckOGK/Falkner [1.12.2020], § 14 Rn. 75; wie hier
LG Berlin, ZMR 2019, 530 Rn. 13). Vielmehr kann eine Nutzung zu anderen als
Wohnzwecken genauso störend oder störender als eine Wohnnutzung sein. Insbesondere
muss die Nutzung einer Teileigentumseinheit bei typisierender Betrachtung
nicht zwingend als auf die üblichen Geschäfts- oder Bürozeiten beschränkt
anzusehen sein, sondern kann - baurechtliche Zulässigkeit vorausgesetzt
- außerhalb dieser Zeiten und auch am Wochenende erfolgen, wie es etwa
bei einer Gaststätte, einem Beherbergungsbetrieb, einem Call-Center, einem SBWaschsalon,
einem Sportstudio oder sog. Co-Working Spaces nicht untypisch
ist. Zugleich werden der Publikumsverkehr und die Geruchs- und Lärmimmissionen
bei einigen der genannten Nutzungen typischerweise nicht geringer sein als
bei einer Wohnnutzung.

(4) Diese Beispiele zeigen, dass abstrakte Aussagen, wann eine Wohnnutzung
an Stelle einer Nutzung zu sonstigen Zwecken typischerweise mehr stört
und deshalb von den übrigen Wohnungseigentümern hinzunehmen ist, nicht
möglich sind. Erforderlich ist stets der Vergleich der mit der erlaubten und der
tatsächlichen Nutzung in der konkreten Anlage typischerweise verbundenen Störungen
(vgl. LG München I, ZMR 2016, 989 Rn. 37, 39; LG Berlin, ZMR 2019,
530 Rn. 11; LG Frankfurt a. M., ZMR 2019, 530 Rn. 11, 14; Bärmann/Suilmann,
WEG, 14. Aufl., § 15 Rn. 31). Um eine Vergleichsbetrachtung zu ermöglichen,
hat der Tatrichter den Gebrauch nach dessen Art und den damit verbundenen
Folgen (z.B. die zu erwartende Besucherfrequenz und Besucherstruktur) zu konkretisieren
und zu den örtlichen Gegebenheiten (Umfeld, Lage der Räume im
Gebäude, Nutzungszweck der übrigen Einheiten) und den zeitlichen Verhältnissen
(z.B. Öffnungszeiten) in Bezug zu setzen (LG Berlin, ZMR 2019, 530 Rn. 11).
Da es auf die konkrete Anlage ankommt, dürfen solche Nutzungen der Teileigentumseinheit,
die öffentlich-rechtlich ausgeschlossen sind, als Vergleichsmaßstab
bei der Bestimmung der zulässigen Nutzung nicht herangezogen werden. Störender
ist die Wohnnutzung jedenfalls dann, wenn der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
im Vergleich zu einer Nutzung als Teileigentum höhere Kosten
entstehen oder die Gefahr der erheblich intensiveren Nutzung von Gemeinschaftsflächen
besteht (vgl. LG München I, ZMR 2016, 989 Rn. 39 f.).

c) Die Verurteilung des Beklagten, die Wohnnutzung zu unterlassen, kann
deshalb keinen Bestand haben; die Berufungsentscheidung ist insoweit gemäß
§ 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf,
kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies hat die
Abweisung der Unterlassungsklage zur Folge, da die Wohnnutzung des Beklagten
bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die durch die Gemeinschaftsordnung
zugelassene Nutzung.

aa) Nach der in der Gemeinschaftsordnung nicht weiter eingeschränkten
Zweckbestimmung ist der Beklagte grundsätzlich zu jeder Nutzung berechtigt,
die in einer Teileigentumseinheit zulässig ist. Hierzu gehören auch solche Nutzungen,
die rund um die Uhr, also auch am Wochenende oder aber nachts ausgeübt
werden, wie dies beispielsweise bei einem Call-Center oder SB-Waschsalon
der Fall sein kann. Selbst wenn die Wohnungseigentumsanlage in einem reinen
Wohngebiet liegen sollte, wovon mangels gegenteiliger Feststellungen des
Berufungsgerichts zu Gunsten der Klägerin auszugehen ist, wären jedenfalls
kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes (z.B. eine Pension) unter bestimmten
Voraussetzungen zulässig (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Vergleicht man
die Wohnnutzung durch den Beklagten mit einer solcher Nutzung und den hiermit
üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer,
ist sie bei typisierender Betrachtungsweise insbesondere unter Berücksichtigung
der gewöhnlicherweise zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen,
der Besucherfrequenz und der Nutzungszeiten nicht als störender anzusehen
(vgl. auch LG München I, ZMR 2016, 989; LG Berlin, ZMR 2019, 530; LG
Frankfurt a.M., ZWE 2019, 279; im Ausgangspunkt auch BayObLG, NZM 2005,
263; enger noch BayObLG WuM 1994, 222).

bb) Etwas anderes ergibt sich nicht im Hinblick auf höhere Kosten, die der
Gemeinschaft bei einer Wohnnutzung im Vergleich zu einer Nutzung als Teileigentum
möglicherweise entstehen könnten. Wie insbesondere § 4 Ziff. XVIII der
Teilungserklärung zeigt, sollen die Inhaber der Wohnungseigentumsrechte und
der Inhaber des Teileigentumsrechts weitgehend getrennt behandelt werden.
Dies gilt nicht nur für die Gebrauchs- und Nutzungsrechte, sondern auch in Bezug
auf die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums
und die sonstigen unterscheidbaren Verwaltungskosten.

cc) Es liegen auch keine sonstigen Umstände vor, die gegen eine Zulässigkeit
der Wohnnutzung sprechen. Anders als in dem von dem Berufungsgericht
in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 23. März 2018 (V ZR 307/16,
NJW-RR 2018, 1227 Rn. 9) dient das Gebäude hier nicht ausschließlich - und
auch nicht teilweise, wie dies beispielsweise bei einem gemischt genutzten Gebäude
mit einer Ladenzeile im Erdgeschoss und Wohnungen im Obergeschoss
der Fall ist - beruflichen und gewerblichen Zwecken. Vielmehr handelt es sich bei
sämtlichen übrigen Einheiten um Wohnungseigentumseinheiten. Wird bei einer
solchen Anlage die einzig vorgesehene Teileigentumseinheit ebenfalls zu Wohnzwecken
genutzt, können Unzuträglichkeiten, die mit einer gemischten Nutzung
verbunden sind, nicht auftreten. Darüber hinaus befindet sich die Teileigentumseinheit
in einem gesonderten Gebäude, so dass die Gefahr der erheblich intensiveren
Nutzung von Gemeinschaftsflächen nicht besteht.

dd) Wie der Beklagte seine Einheit konkret nutzt, ob er also ein eher leiser
oder lauter Mitbewohner ist, ist für die Vergleichsbetrachtung demgegenüber unerheblich,
da es um die Auslegung einer im Grundbuch eingetragenen Erklärung
geht, die eine generalisierende Betrachtungsweise gebietet (vgl. Senat, Urteil
vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, BGHZ 223, 305 Rn. 26; LG Berlin, ZMR
2019, 530 Rn. 16; LG Frankfurt a.M., ZMR 2019, 714 Rn. 16). Dies schließt allerdings
Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 1 BGB wegen einzelner
störender Handlungsweisen des Wohnungseigentümers nicht aus (vgl. Senat,
Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 203/18, NJW 2020, 1354 Rn. 33).

ee) Danach ist die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken
bei typisierender Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht störender als die vorgesehene
Nutzung und deshalb zulässig, wenn es - wie hier - an einer einschränkenden
Zweckbestimmung für das Teileigentum fehlt, die Teileigentumseinheit in
einem separaten Gebäude (mit getrennter Kostenregelung) gelegen ist und auch
die übrigen Sondereigentumseinheiten ausschließlich der Wohnnutzung dienen.

2. Keinen Bestand haben kann die Berufungsentscheidung auch insoweit,
als das Berufungsgericht die Verurteilung des Beklagten zu dem Rückbau der
Terrasse bestätigt hat (Klageantrag zu 3).

a) Wie die Revision zu Recht geltend macht, fehlt es dem von der Klägerin
insoweit gestellten Antrag (derzeit) an der erforderlichen Bestimmtheit i.S.d.
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Bereich, den der Beklagte beseitigen soll, wird nicht
hinreichend präzisiert. Welcher Teil der Terrasse gemeint ist, lässt sich aus der
bloßen
Diese Umschreibung ist deshalb untauglich, weil es
Boden - auch die Fläche, auf der die Sondereigentumseinheit des Beklagten
steht - im Miteigentum sämtlicher Wohnungseigentümer. Eine - grundsätzlich
ausreichende - Skizze mit den örtlichen Verhältnissen ist dem von dem Berufungsgericht
bestätigten Teilurteil des Amtsgerichts nicht beigefügt.

b) Da der Klägerin Gelegenheit gegeben werden muss, ihren derzeit unzulässigen
Antrag zu präzisieren, ist die Sache insoweit nicht entscheidungsreif.
Die Sache ist deshalb hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zum Rückbau
der Terrasse an das Berufungsgericht zur Verhandlung und neuen Entscheidung
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

16.07.2021

Aktenzeichen:

V ZR 284/19

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 1 Abs. 1 u. 3, 5 Abs. 4 S. 1, 9a Abs. 2, 10 Abs. 3 S. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1, 48 Abs. 5