BGH 07. November 2024
V ZB 6/24
GBO §§ 22, 71 Abs. 2 S. 1; BeurkG § 44a Abs. 2

Fehlerhafte Beurkundung einer Briefgrundschuld anstelle einer Buchgrundschuld; offensichtliche Unrichtigkeit; Grundbuchberichtigung

letzte Aktualisierung: 9.1.2025
BGH, Beschl. v. 7.11.2024 – V ZB 6/24

GBO §§ 22, 71 Abs. 2 S. 1; BeurkG § 44a Abs. 2
Fehlerhafte Beurkundung einer Briefgrundschuld anstelle einer Buchgrundschuld;
offensichtliche Unrichtigkeit; Grundbuchberichtigung

Die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Grundbuchberichtigungsantrags, der auf die
ursprüngliche Unrichtigkeit einer unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs
stehenden Eintragung gestützt wird, ist gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig.

Gründe:

I.
Mit notarieller Urkunde vom 28. April 2023 bestellten die Beteiligten zu 1
und 2 zugunsten der Beteiligten zu 3 eine Gesamtgrundschuld mit Brief in Höhe
von 258.000 €. Die Gesamtgrundschuld (nachfolgend: Briefgrundschuld)
wurde am 9. Mai 2023 in das Grundbuch eingetragen und die Aushändigung des
Grundschuldbriefes veranlasst. Am 2. Juni 2023 erstellte der Notar einen Nach-
tragsvermerk, der wie folgt lautet: "Auf Seite 1 Absatz 1 Satz 1 der Niederschrift
habe ich (Gesamt-)Grundschuld mit Brief in (Gesamt-)Buchgrundschuld als of-
fensichtliche Unrichtigkeit gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG berichtigt."
Unter Beifügung der mit dem Nachtragsvermerk verbundenen Urkunde
vom 28. April 2023 hat der Notar sodann die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend
beantragt, dass es sich bei der eingetragenen Grundschuld um eine
Buchgrundschuld handele. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat den Antrag
zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
verfolgen die Beteiligten ihren Berichtigungsantrag weiter.

II.
Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung u.a. in FGPrax 2024, 56
veröffentlicht ist, hält die Beschwerde für zulässig, allerdings für unbegründet.
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 GBO
lägen nicht vor. Die Eintragung habe das Grundbuchamt auf der Grundlage der
ursprünglich eingereichten notariellen Urkunde vom 28. April 2023 zutreffend vorgenommen.
Darin hätten die Beteiligten die Eintragung einer Briefgrundschuld
vereinbart und bewilligt. Hiervon habe das Grundbuchamt bei Vornahme der Eintragung
auszugehen, und es sei nicht seine Aufgabe, zu ermitteln, ob die Bezeichnung
des Eintragungsgegenstandes dem wirklichen Willen der Beteiligten
entspreche. Daran ändere auch der Nachtragsvermerk des Notars gemäß § 44a
Abs. 2 BeurkG nichts. Zwar könne der Notar eine Urkunde nach dieser Vorschrift
zeitlich unbegrenzt berichtigen. Der Nachtragsvermerk stelle auch eine Urkunde
gemäß § 418 ZPO dar und genüge dem Grundbuchverfahren gemäß § 29 GBO.
Da aber aufgrund der ursprünglichen Urkunde eine seinerzeit richtige Eintragung
erfolgt und somit das Vertrauen in die Richtigkeit des Grundbuchs entstanden
sei, scheide eine Berichtigung des Grundbuchs allein aufgrund des Nachtragsvermerks
gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG aus. Zudem sei zweifelhaft, ob die Verwechslung
von beurkundeter Briefgrundschuld und gewollter Buchgrundschuld
eine nach § 44a Abs. 2 BeurkG berichtigungsfähige offensichtliche Unrichtigkeit
darstelle.

III.
Die Rechtsbeschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht
nach § 78 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3
GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässig. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde jedoch
keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil bereits die Beschwerde der Beteiligten
gegen die Ablehnung der Berichtigung des Grundbuchs unzulässig war.
1. Die Zulässigkeit der (Erst-)Beschwerde ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde
von Amts wegen zu prüfen. Ist die Beschwerde unzulässig, fehlt es an
der Sachentscheidungsvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren (vgl. Senat,
Beschluss vom 22. September 2016 - V ZB 70/16, juris Rn. 5; Beschluss vom
19. September 2024 - V ZB 29/23, WM 2024, 2063 Rn. 22).

2. Die Beschwerde der Beteiligten war, anders als das Beschwerdegericht
meint, unzulässig.

a) Die Zulässigkeit einer Beschwerde bemisst sich auch dann nach § 71
Abs. 2 Satz 1 GBO, wenn sie nicht direkt gegen eine Eintragung, sondern gegen
die Zurückweisung eines auf eine ursprüngliche Unrichtigkeit der Eintragung ge-
stützten Berichtigungsantrags gerichtet ist. Denn in beiden Fällen soll das Beschwerdegericht
die Vornahme der Eintragung in das Grundbuch überprüfen,
was nur in den Grenzen des § 71 Abs. 2 GBO zulässig ist (vgl. Senat, Beschluss
vom 7. Dezember 2017 - V ZB 59/17, NZM 2018, 759 Rn. 6 f.). Nach § 71 Abs. 2
Satz 1 GBO ist die Beschwerde gegen eine Eintragung, die unter dem Schutz
des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs steht, grundsätzlich unzulässig (vgl.
Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 22/74, BGHZ 64, 194, 198 mwN).
Sie ist nur beschränkt, nämlich mit dem Ziel zulässig, dass das Grundbuchamt
angewiesen wird, nach § 53 GBO einen Widerspruch gegen die Unrichtigkeit des
Grundbuchs einzutragen (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GBO). Das gilt auch dann, wenn die
ursprüngliche Unrichtigkeit des Grundbuchs auf neue Tatsachen oder später bekannt
gewordene Beweismittel gestützt wird (vgl. Bauer/Schaub/Sellner, GBO, 5.
Aufl., § 71 Rn. 68 mwN; Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, 12. Aufl., § 71 Rn. 77;
KEHE/Sternal, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 71 GBO Rn. 39).

b) So ist es hier.

aa) Die Beteiligten wenden sich gegen die Zurückweisung eines Antrags
auf Berichtigung einer ursprünglichen Unrichtigkeit gemäß § 22 GBO. Sie stützen
den Berichtigungsantrag und die gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichtete
Beschwerde darauf, dass die Beurkundung der Grundschuldbestellung
durch den Notar fehlerhaft gewesen sei, weil statt der Briefgrundschuld eine
Buchgrundschuld hätte bestellt werden sollen. Sie verlangen aber weder die
Löschung der eingetragenen Briefgrundschuld noch die (Neu-)Eintragung einer
Buchgrundschuld und auch nicht den nachträglichen Ausschluss des Grundschuldbriefs
(§ 1116 Abs. 2, § 1192 Abs. 1 BGB). Sie sind vielmehr der Auffassung,
dass durch die notarielle Berichtigung der Urkunde vom 28. April 2023 gemäß
§ 44a Abs. 2 BeurkG das Grundbuch rückwirkend unrichtig und deshalb zu
berichtigen sei. Mit diesem Rechtsschutzziel ist die Beschwerde gemäß § 71
Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig. Die Eintragung der Briefgrundschuld unterliegt
nach §§ 892, 1155, 1192 Abs. 1 BGB nämlich dem öffentlichen Glauben. Der
Umstand, dass der Notar die Urkunde, die Grundlage für die Eintragung war,
nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG berichtigt hat, führt nicht zur Zulässigkeit der
Beschwerde. Der Berichtigung mag zwar rückwirkende Kraft zukommen (vgl.
BeckOGK/Regler, BeurkG [1.9.2024], § 44a Rn. 41 f.; Grziwotz/Sauer/Heinemann,
BeurkG, 4. Aufl., § 44a Rn. 38; Winnen in Bremkamp/Kindler/Winnen, BeurkG,
§ 44a Rn. 48). Gleichwohl ist die Beschwerde gegen die Zurückweisung
eines Grundbuchberichtigungsantrags, der - wie hier - auf die ursprüngliche Unrichtigkeit
einer unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs
stehenden Eintragung gestützt wird, aus den bereits genannten Gründen (oben
Rn. 7) gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig.

bb) Die Beschwerdebeschränkung des § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO gilt nicht
erst dann, wenn im Einzelfall ein gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat oder
droht, sondern schon dann, wenn eine bloß abstrakte Möglichkeit gutgläubigen
Erwerbs besteht. Sie greift nur dann ausnahmsweise nicht ein, wenn eine
Rechtsänderung durch gutgläubigen Erwerb nach dem konkreten Inhalt des
Grundbuchs rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. zum Ganzen Beschluss vom
7. Dezember 2017 - V ZB 59/17, NZM 2018, 759 Rn. 9 mwN). Ein solcher Ausnahmefall
liegt hier nicht vor.

IV.
1. Da das Beschwerdegericht die Beschwerde als zulässig behandelt und
in der Sache beschieden hat, ist die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen,
dass die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird (vgl. Senat,
Beschluss vom 3. Februar 2005 - V ZB 44/04, BGHZ 162, 137, 139; Beschluss
vom 26. Februar 2015 - V ZB 86/13, FGPrax 2015, 150 Rn. 5; Beschluss vom
24. März 2022 - V ZB 60/21, BGHZ 233, 145 Rn. 6).
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs.1 GNotKG). Die
Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

07.11.2024

Aktenzeichen:

V ZB 6/24

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte

Normen in Titel:

GBO §§ 22, 71 Abs. 2 S. 1; BeurkG § 44a Abs. 2