Einbringung eines Unternehmens im Wege gemischter Sacheinlage; Wertgutachten als Nachweis
letzte Aktualisierung: 4.11.2020
OLG Suttgart, Beschl. v. 9.3.2020 – 8 W 295/19
Einbringung eines Unternehmens im Wege gemischter Sacheinlage; Wertgutachten als Nachweis
1. Das Registergericht muss die Kapitalaufbringung auch bei einer Kapitalerhöhung prüfen. Diese
Prüfungspflicht erstreckt sich auf als Sacheinlage eingebrachte Unternehmen. Die
prüfungsrelevanten Unterlagen des eingebrachten Unternehmens sind daher zum Register
einzureichen.
2. Das Registergericht kann nicht verlangen, dass der Antragsteller ein Gutachten eines
unabhängigen Wirtschaftsprüfers vorlegt, dass das übergehende Vermögen den gewährten
Geschäftsanteil und den zusätzlich gewährten Darlehensanspruch deckt.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
Die gemäß
hat in der Sache Erfolg, soweit nicht gerügte Eintragungshindernisse in der Zwischenzeit
behoben worden sind.
1.
Die Schreiben des Registergerichts vom 12.06.,19.06. und 22.07.2019 sind als eine einheitliche
Zwischenverfügung im Sinne von § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG auszulegen. Sie sind zwar nicht
als eine solche überschrieben, ihrem Inhalt nach stellen sie sich jedoch als Zwischenverfügung
dar, weil das Registergericht ersichtlich mit dem Schreiben vom 19.06.2019 die von ihm für
gegeben erachteten Eintragungshindernisse als solche konkret benannt und mit den beiden
weiteren Schreiben hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des ersten Schriftstücks von seiner
Sichtweise Abstand genommen und im Übrigen seine Rechtsauffassung begründet hat. Zudem
wurde in dem letzten der drei Schreiben eine Rechtsmittelbelehrung erteilt und so auf die
Anfechtbarkeit hingewiesen.
Richtigerweise handelt es sich um eine einheitliche Zwischenverfügung, die lediglich äußerlich in
Form von drei Schreiben in Erscheinung tritt.
2.
Die Zwischenverfügung ist entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht schon aus formalen
Gründen aufzuheben. Der Senat vermag sich der Entscheidung des OLG Düsseldorf
dahingehend, dass eine Fristsetzung gemäß § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG wirksam nur in Form
eines Beschlusses nach § 38 FamFG unter Einhaltung aller für eine Endentscheidung
vorgesehenen Formalien erfolgen kann, nicht anzuschließen. Zu folgen ist vielmehr den
zutreffenden Ausführungen in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom
26.04.2019 - 11 W 59/18 (Wx) (JURIS Tz 12):
§ 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG sieht die Form des Beschlusses ausschließlich für solche
Entscheidungen an, die den Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigen, was im Falle
einer Zwischenverfügung gerade nicht der Fall ist. Für Registersachen kann nach § 38 Abs. 1
Satz 2 FamFG Abweichendes bestimmt werden, allerdings hat der Gesetzgeber mit § 382 Abs.
4 FamFG - im Gegensatz zur Regelung in
Fristsetzung durch Beschluss zu erfolgen hat, noch hat er konkret auf § 38 FamFG in
irgendeiner Form Bezug genommen. Statt dessen hat er mit
schlicht angeordnet, dass die Fristsetzung mit einer Beschwerde angefochten werden kann und
so ein an sich nicht gegebenes Rechtsmittel geschaffen.
3.
Nachdem das Registergericht ausweislich seines Schreibens vom 19.06.2019 an den
Anforderungen der Ziffern 1 und 2 des Ausgangsschreibens vom 12.06.2019 nicht mehr festhält
und der Antragsteller mit Schreiben des Notars … vom 26.08.2019 eine Versicherung des
Antragstellers des Inhalts, dass die Verbindlichkeiten des Einzelkaufmanns sein Vermögen nicht
übersteigen, vorgelegt hat, wodurch die Anforderung in Ziffer 4 des Schreibens vom 12.06.2019
erfüllt worden ist, ist im Beschwerdeverfahren nur noch über die Anforderung in Ziffer 3 jenes
Schreibens zu entscheiden. Im Übrigen ist die Zwischenverfügung als erledigt anzusehen.
4.
Soweit das Registergericht vom Antragsteller die Beibringung eines Gutachtens eines
unabhängigen Wirtschaftsprüfers zum Nachweis dafür, dass das übergehende Vermögen den
gewährten Geschäftsanteil zuzüglich des zusätzlich gewährten Darlehensanspruchs deckt,
verlangt, hat die Beschwerde in der Sache Erfolg.
Im Ausgangspunkt zutreffend und vom Beschwerdeführer auch nicht beanstandet stellt das
Registergericht fest, dass es wegen § 55 Abs. 1 UmwG, 57a, 9c GmbHG gehalten ist, die
Kapitalerbringung auch im Falle einer Kapitalerhöhung zu prüfen, und dass die Prüfungspflicht
sich auch auf ein als Sacheinlage einzubringendes Unternehmen erstreckt, weshalb die für die
Prüfung erforderlichen Unterlagen auch zum Register jenes Unternehmens einzureichen sind.
Hieraus folgt jedoch nicht, dass zwingend die Vorlage eines Gutachtens eines unabhängigen
Wirtschaftsprüfers erforderlich wäre.
a)
Die Amtsermittlungspflicht hat dem Spannungsverhältnis, welches zwischen dem Gebot
hinreichender Sachverhaltsaufklärung im Einzelfall einerseits und dem Eintragungsanspruch der
Beteiligten und ihrem Interesse an einer zügigen und kostengünstigen Eintragung andererseits
besteht, Rechnung zu tragen (Wicke in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 3. Auflage 2018, §
9c GmbHG Rn 12). Hieraus folgt, dass jedenfalls kostenträchtige Unterlagen wie Gutachten eines
Wirtschaftsprüfers nicht generell verlangt werden dürfen, sondern nur dann, wenn konkrete
Umstände des Einzelfalls die Vorlage gebieten, so z.B. wenn eingereichte Unterlagen unklar, in
sich widersprüchlich oder lückenhaft sind oder sonstige konkrete Anhaltspunkte für eine
Fehlerhaftigkeit des vorgetragenen Sachverhalts benannt werden können (Wicke aaO Rn 12, 13).
Zur Ermittlung der Werthaltigkeit genügt daher in aller Regel die Schlussbilanz des übertragenden
Unternehmens, vgl. v. Hinden in: beck-online Großkommentar, Stand 01.01.2020,
Rn 48; Westerburg in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz,
8. Auflage 2018,
2017,
Rahmen seiner Amtsermittlung in Anlehnung an die Vorschriften zur Gründung einer GmbH die
Vorlage eines Sachgründungsberichts verlangt hätte, OLG Stuttgart vom 19.01.1982
- 8 W 295/81 -.
Der Antragsteller hat vorliegend die Schlussbilanz des übertragenden Unternehmens vorgelegt.
Dass sich aus ihr besondere Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Angaben des
Antragstellers ergäben, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Registergericht nicht als
Begründung für die Auflage der Einreichung eines Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers angeführt.
b)
Die Vorlage eines Gutachtens kann auch nicht mit der Begründung gefordert werden, dass die
konkrete Höhe des nach § 3 des Ausgliederungsvertrages gutzubringenden Darlehens nicht
vermerkt und nicht bekannt ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 19.01.1982 u.a. auch
ausgeführt, dass und warum bei einer Kapitalerhöhung mit gemischter Sacheinlage zu fordern ist,
dass auch die dem Einleger gewährte Gegenleistung, also nicht nur der Betrag der Stammeinlage,
auf die sich die Sacheinlage bezieht, sondern auch der dem Einleger in Form eines
Darlehensanspruchs zu vergütende Teil in den für die Eintragung notwendigen Formalien
festzuhalten ist, wobei es ausreichen kann, dass der Schätzwert zum durch die §§ 9 Abs. 1, 9c
Satz 2, 56 Abs. 2, 57a GmbHG festgelegten Zeitpunkt angegeben wird. Diese Angaben sind im
Gesellschaftsvertrag bzw. den sonstigen für die Anmeldung der Kapitalerhöhung notwendigen
förmlichen Urkunden zu vermerken, so dass das vom Registergericht vorliegend geforderte
Gutachten insoweit weder erforderlich noch ausreichend ist.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Stuttgart
Erscheinungsdatum:09.03.2020
Aktenzeichen:8 W 295/19
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BWNotZ 2020, 333-334
Normen in Titel:UmwG § 55; GmbHG §§ 9c, 57a; FamFG §§ 38, 382