Kapitalerhöhung auf mindestens 25.000 € bei UG (haftungsbeschränkt) auch im Wege der Sacheinlage
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Dokumentnummer: 10972
letzte Aktualisierung: 23.5.2011
BGH, 19.4.2011 - II ZB 25/10
Kapitalerhöhung auf mindestens 25.000 € bei UG (haftungsbeschränkt) auch im Wege
der Sacheinlage
Das Sacheinlagenverbot nach
Mindestkapitals nach
Stammkapitals einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nicht.
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZB 25/10
vom
19. April 2011
in der Handelsregistersache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
Das Sacheinlagenverbot nach
des Mindestkapitals nach
BGH, Beschluss vom 19. April 2011 - II ZB 25/10 - OLG Hamburg
AG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den Richter Sunder
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin werden der Beschluss
des
Hanseatischen
Oberlandesgerichts
Hamburg,
11. Zivilsenat, vom 12. November 2010 und der Beschluss des
Amtsgerichts Hamburg - Registergericht - vom 17. August 2010
aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, über die Anmeldung der
Antragstellerin
vom
16. März
unter
Beachtung
der
Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Der Geschäftswert wird auf 24.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist im Handelsregister als Unternehmergesellschaft
(haftungsbeschränkt) mit einem Stammkapital von 500 € eingetragen. Ihr Alleingesellschafter beschloss am 16. März 2010 die Erhöhung des Stammkapitals um 24.500 €. Das erhöhte Kapital sollte durch Leistung einer Sacheinlage
in Form der Übertragung einer Beteiligung des Alleingesellschafters an einer
anderen Gesellschaft erbracht werden.
Das Registergericht hat die Eintragung der Kapitalerhöhung mit der Begründung abgelehnt, bei der Unternehmergesellschaft sei eine Sacheinlage unzulässig, solange die Gesellschaft nicht über ein Stammkapital in Höhe von
25.000 € verfüge.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen
wendet sich die Antragstellerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde.
II.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Das Sacheinlagenverbot in
GmbH erreiche oder übersteige. Nach dem Wortlaut des
sei der maßgebliche Zeitpunkt für den Wechsel der anzuwendenden Vorschriften ausdrücklich derjenige der wirksamen Kapitalerhöhung. Für die Wirksamkeit
der Kapitalerhöhung bedürfe es aber nicht nur der Beschlussfassung durch die
Gesellschafter, sondern auch der Eintragung in das Handelsregister. Die Eintragung könne allerdings erst erfolgen, wenn die Einlagen auf das neue
Stammkapital bewirkt worden seien; bis dahin werde die Unternehmergesellschaft mithin den Vorschriften des
III.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur
Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) das seit dem 1. September 2009 geltende
Verfahrensrecht anzuwenden, weil die das Verfahren einleitende Anmeldung
nach diesem Zeitpunkt beim Registergericht eingegangen ist. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den angefochtenen
Beschluss des Registergerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Eintragung der
Erhöhung des Stammkapitals auf 25.000 € durfte nicht unter Hinweis auf das
Sacheinlagenverbot nach
a) In Rechtsprechung und Lehre ist umstritten, ob auch bei einer den Betrag des Mindeststammkapitals der normalen GmbH in Höhe von 25.000 € (§ 5
Abs. 1 GmbHG) erreichenden Erhöhung des Stammkapitals einer Unternehmergesellschaft Sacheinlagen nach
aa) Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, das Sacheinlagenverbot nach
GmbHG, § 5a Rn. 49, 66; Spies, Unternehmergesellschaft [haftungsbeschränkt], 2010, S. 159 f.; wohl auch Leistikow, Das neue GmbH-Recht, 2009,
§ 4 Rn. 13).
bb) Ein anderer Teil des Schrifttums, der mit der überwiegenden Meinung
zwar von einer zumindest entsprechenden Anwendung des Sacheinlagenverbots nach
für eine den Übergang zur normalen GmbH bewirkende Kapitalerhöhung (Füller
in Ensthaler/Füller/Schmidt, GmbHG, 2. Aufl., § 5a Rn. 10; Miras, Die neue Unternehmergesellschaft, 2. Aufl., Rn. 162 ff.; Miras in Michalski, GmbHG, 2. Aufl.,
§ 5a
Rn. 111;
Rieder
in
MünchKommGmbHG,
§ 5a
Rn. 42;
Roth
in
Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 5a Rn. 26; Schäfer in Henssler/Strohn,
Gesellschaftsrecht,
Westermann in Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 5a Rn. 18; Wicke, GmbHG, § 5a
Rn. 7; Berninger,
1485, 1491; Gasteyer,
821; Klose,
Meister,
DZWiR 2009, 492, 496 f.; Waldenberger/Sieber,
cc) Die Gegenansicht - der sich das Beschwerdegericht angeschlossen
hat - hält bei der Unternehmergesellschaft die Leistung von Sacheinlagen erst
ab dem Zeitpunkt der Eintragung eines die Mindestkapitalgrenze von 25.000 €
erreichenden Stammkapitals für zulässig, so dass die den Übergang zur normalen GmbH erreichende Kapitalerhöhung nicht durch Sacheinlagen bewirkt werden könne (OLG München,
Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 5a Rn. 33; Pfisterer in Saenger/Inhester, GmbHG,
§ 5a Rn. 26; Vogt in Beck´sches Handbuch der GmbH, 4. Aufl., § 18 Rn. 37 f.;
Wachter in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 2009,
Rn. 1.112; Bayer/Hoffmann/Lieder,
2007, 771, 779; Heckschen,
673, 676; Tamm,
b) Die Regelungen der
ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass das Sacheinlagenverbot für die
die Mindeststammkapitalgrenze nach
aa) Die Anwendung des
Gründung der Unternehmergesellschaft beschränkt. Eine solche Einschränkung
ergibt sich weder aus dem Wortlaut dieser Vorschrift noch aus ihrem systematischen Zusammenhang. Die Regelung in
dafür, dass das Sacheinlagenverbot grundsätzlich auch bei Kapitalerhöhungen
nach der Gründung der Unternehmergesellschaft gilt. Andernfalls wäre der
Verweis auf (den gesamten) Absatz 2 in Absatz 5 überflüssig (Meister,
BT-Drucks. 16/6140 S. 32).
bb) Nach § 5a Abs. 5 Halbsatz 1 GmbHG finden die Absätze 1 bis 4 jedoch keine Anwendung mehr, wenn die Unternehmergesellschaft ihr Stammkapital so erhöht, dass es den Betrag des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1
GmbHG erreicht oder übersteigt.
Dem Wortlaut dieser Vorschrift lässt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht entnehmen, dass die für die Unternehmergesellschaft
geltenden Sonderregelungen nach § 5a Abs. 1 bis 4 GmbHG erst dann nicht
mehr gelten sollen, wenn ein Stammkapital von mindestens 25.000 € bar eingezahlt und in das Handelsregister eingetragen worden ist. Die sprachliche Fassung („erreicht“) lässt vielmehr auch die Auslegung zu, dass die Sonderregeln
bereits für eine die Mindestkapitalgrenze erreichende Kapitalerhöhung nicht
mehr zur Anwendung gelangen sollen (Klose,
3687; Schreiber, DZWiR 2009, 492, 496 f.).
Auch der Umstand, dass nach
könne durch Sacheinlagen bewirkt werden. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu
nach
§5
Abs. 1
GmbHG
hat
(Regierungsentwurf
zum
MoMiG,
BTDrucks. 16/6140, S. 32). Weiter wird dort im Anschluss daran ausgeführt, dass
die Anwendbarkeit der Absätze 1 bis 4 entfalle, wenn die Gesellschaft genügend Eigenmittel habe, um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
durchzuführen, und sie diese durchführe oder eine Kapitalerhöhung durch Einlage der Gesellschafter durchgeführt und dadurch im Ergebnis das Mindeststammkapitalerfordernis des
Absätze 1 bis 4 solle nach der der Begründung des Regierungsentwurfs
zugrundeliegenden Vorstellung erst entfallen, wenn die Kapitalerhöhung auf das
Mindeststammkapital nach
dass das erhöhte Stammkapital auch eingetragen ist. Andererseits ist von der
Eintragung des erhöhten Stammkapitals nur beiläufig und auch nur im Zusammenhang mit der Pflicht zur Rücklage nach Absatz 3 die Rede, so dass nichts
dafür spricht, mit der Fassung des
Die Auslegung, dass das Sacheinlagenverbot bereits für die die Mindeststammkapitalgrenze nach
nicht mehr gilt, ist nach dem Sinn und Zweck von § 5a Abs. 2 Satz 2, Abs. 5
GmbHG geboten. Die Anwendung der Sonderregelung des Absatzes 2 Satz 2
auf die den Übergang zur normalen GmbH bewirkende Kapitalerhöhung würde
die Unternehmergesellschaft gegenüber der Neugründung einer normalen
GmbH, bei der Sacheinlagen geleistet werden dürfen (
deutlich in einer den Zielen der Neuregelung widersprechenden Weise
benachteiligen (Klose,
Schmidt, 2. Aufl., § 5a Rn. 9; Heinemann,
GmbH rechtfertigen diese Ungleichbehandlung nicht (so aber OLG München,
Rn. 33; Heckschen,
Gegen die Geltung des Sacheinlagenverbots für Kapitalerhöhungen auf
den Betrag von 25.000 € (oder mehr) spricht vor allem, dass der Übergang von
der Unternehmergesellschaft zur normalen GmbH in der Systematik des Gesetzes angelegt ist (Miras, Die neue Unternehmergesellschaft, 2. Aufl., Rn. 164c;
Miras in Michalski, GmbHG, 2. Aufl, § 5a Rn. 111; Joost,
Gasteyer,
Spies, Unternehmergesellschaft [haftungsbeschränkt], 2010, S. 212 ff.). Durch
die Pflicht zur Rücklagenbildung gem.
gedachte Form der GmbH durch Thesaurierung innerhalb einiger Jahre eine
höhere Eigenkapitalausstattung erreicht (BT-Drucks. 16/6140, S. 31 f.). Die
Rücklage kann grundsätzlich - und soll ersichtlich auch in erster Linie - zur Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden (§ 5a
Abs. 3 Satz 2 Nr. 1,
normale GmbH übergehen. Dieser Zielrichtung widerspräche es, diesen Übergang ohne sachlichen Grund zu erschweren.
Sachliche Gründe gegen eine Erhöhung des Stammkapitals der Unternehmergesellschaft auf einen Betrag von 25.000 € durch Leistung von Sacheinlagen bestehen nicht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts besteht nicht die Gefahr, dass die Gesellschafter allein mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss unabhängig von der tatsächlichen Erbringung der Einlage die
für die Unternehmergesellschaft geltenden Beschränkungen in Wegfall bringen
könnten. Die Zulässigkeit der Erhöhung des Stammkapitals der Unternehmergesellschaft auf das Mindeststammkapital der normalen GmbH (§ 5 Abs. 1
GmbHG) im Wege der Sacheinlage ändert nichts daran, dass der Übergang zur
vollwertigen GmbH erst mit der - von der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (
Handelsregister bewirkt wird (Miras, Die neue Unternehmergesellschaft,
2. Aufl., Rn. 170). Dies hat zur Folge, dass bis dahin die Sonderregeln für die
Unternehmergesellschaft (§ 5a Abs. 1 bis 4 GmbHG) im Übrigen weiter gelten.
Soweit das Sacheinlagenverbot auch der Verfahrensvereinfachung dient,
betrifft dies nur das Gründungsstadium der Unternehmergesellschaft, in dem
die Notwendigkeit einer Sacheinlage nicht besteht, weil die Gründer das in voller
Höhe
bar
einzuzahlende
Stammkapital
frei
wählen
können
(BTDrucks. 16/6140, S. 32). Der Gesichtspunkt der Verfahrensvereinfachung greift
beim Übergang zur normalen GmbH im Wege der Kapitalerhöhung dagegen
nicht mehr, wie sich auch daraus ersehen lässt, dass nach der Gründung der
Unternehmergesellschaft gem.
nach
III.
Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben (
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die für die Eintragung der angemeldeten Kapitalerhöhung maßgeblichen Tatsachen bislang nicht festgestellt
sind. Da diese Feststellung zweckmäßigerweise durch das Registergericht erfolgt, ist die Sache an dieses zurückzuverweisen (
Bergmann
Strohn
Reichart
Caliebe
Sunder
Vorinstanzen:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:19.04.2011
Aktenzeichen:II ZB 25/10
Rechtsgebiete:GmbH
Erschienen in:
DNotI-Report 2011, 86
MittBayNot 2011, 413-414
RNotZ 2011, 442
ZNotP 2011, 275-277
DNotZ 2011, 705-708
FGPrax 2011, 191-192
NJW 2011, 1881-1883
Rpfleger 2011, 515-517
GmbHG § 5a