Kostentragungsregelung für Mehrfachparker
letzte Aktualisierung: 9.8.2019
BGH, Urt. v. 22.3.2019 – V ZR 145/18
WEG §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 1 u. 5 Nr. 2
Kostentragungsregelung für Mehrfachparker
1. Eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die abweichend von
ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung von Sondernutzungsflächen auf die
Sondernutzungsberechtigten verlagert, gilt grundsätzlich nicht für Mehrfachparker, da sie zu einer
zwischen Sondernutzungsberechtigten und Gemeinschaft geteilten Verantwortung für die
Instandhaltung und Instandsetzung der Bauteile des Mehrfachparkers führen würde.
2. Es kann sich jedoch aus der Struktur der Gemeinschaftsordnung ergeben, dass für
Mehrfachparker keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Instandhaltung- und
Instandsetzungspflicht, sondern lediglich eine abweichende Kostenregelung vorgesehen werden
sollte, sofern etwa eine weitere Regelung vorsieht, dass die Kosten der Unterhaltung des
Mehrfachparkers vom jeweiligen Eigentümer getragen werden. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Jahresabrechnung für das Jahr 2016
verstoße gegen die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Kostentragungspflicht
und widerspreche somit ordnungsmäßiger Verwaltung, soweit die Kosten
für die Reparatur der Hebebühnen jeweils nach Kopfanteilen auf die Sondernutzungsberechtigten
der Stellplätze in den Mehrfachparkern umgelegt worden
seien. Die Gemeinschaftsordnung enthalte in den §§ 7 und 13 eine von
und Instandsetzung der in Gemeinschaftseigentum stehenden Mehrfachparker.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GO habe der jeweilige Sondernutzungsberechtigte ei-
nes Mehrfachparkers allein die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten zu
tragen, die für seine jeweilige Aufstellfläche anfallen, d.h. für die jeweiligen
Plattformprofile, die kurzen Querverstrebungen in der Mitte der Aufstellfläche
und das darüber befindliche Blech. Die für alle übrigen Teile entstehenden Instandhaltungs-
und Instandsetzungskosten, also etwa für die Umrandung der
Plattformprofile, die Trägerkonstruktion oder den Motor, seien hingegen von
den Sondernutzungsberechtigten des jeweiligen Mehrfachparkers anteilig zu
tragen, da sie § 13 Abs. 2 Satz 4 GO unterfielen.
II.
Die Revision hat Erfolg. Der Beschluss der Wohnungseigentümer über
die Genehmigung der Jahresabrechnung für das Jahr 2016 ist hinsichtlich der
Umlage der Kosten für die Reparatur der Hebebühnen der Doppel- und Vierfachparker
nicht zu beanstanden. Die Umlage dieser Kosten auf die jeweiligen
Sondernutzungsberechtigten nach Köpfen entspricht der Kostentragungsregelung
der Gemeinschaftsordnung.
1. Die Gemeinschaftsordnung ist Bestandteil der Grundbucheintragung,
ihre Auslegung unterliegt daher vollen Umfangs der Nachprüfung durch das
Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener
Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie
auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände
außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den
besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar
sind (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 20. November 2015 - V ZR 284/14,
1309 Rn. 14). Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung
der Aufgaben, Kompetenzen und Kosten klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung
hervorgehen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2017
- V ZR 102/16,
- V ZR 184/16, aaO).
2. Nach diesem Maßstab kann dem Berufungsgericht schon nicht in der
Auffassung gefolgt werden, auf die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung
der Mehrfachparker in der Tiefgarage der Anlage seien die Regelungen in
§ 7 Abs. 2 Satz 2 und § 13 Abs. 2 Satz 4 GO nebeneinander anzuwenden. Es
gilt vielmehr allein die Regelung in § 13 Abs. 2 Satz 4 GO; die Regelung in § 7
Abs. 2 Satz 2 GO betrifft Sondernutzungsrechte an Stellplätzen in Mehrfachparkern
nicht.
a) Nach dem Wortsinn der Vorschriften könnten zu den in § 7 Abs. 2
Satz 2 GO genannten, einem Sondernutzungsrecht unterliegenden „Flächen“
auch einzelnen Wohnungseigentümern zugewiesene Sondernutzungsrechte an
Stellplätzen in Mehrfachparkern gehören. Bei der gebotenen nächstliegenden
Auslegung spricht die Gemeinschaftsordnung in § 7 Abs. 2 Satz 2 aber nur die
in § 1 Abs. 4 der Teilungserklärung an einzelne Wohnungseigentümer vergebenen
Sondernutzungsrechte an Terrassen und Gartenflächen, nicht jedoch die
Stellplätze auf den Mehrfachparkern an.
aa) Dies ergibt sich aus dem erkennbaren Zweck der Regelung. § 7
Abs. 2 Satz 2 GO bestimmt eine Ausnahme von der gesetzlichen Aufgabenverteilung
in
und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gemeinschaftliche
Aufgabe aller Wohnungseigentümer ist. Diese Aufgabe soll für
„Räumlichkeiten bzw. Flächen“, an denen Sondernutzungsrechte bestehen, auf
die Wohnungseigentümer verlagert werden, deren Sondereigentum Sondernutzungsrechte
zugeordnet sind. Diese sollen allein für die Instandhaltung und Instandsetzung
verantwortlich sein, d.h. sie sollen sich selbst und allein darum
kümmern, dass die zur Instandhaltung und Instandsetzung erforderlichen Maßnahmen
veranlasst werden, und - selbstverständlich - auch die Kosten dafür
tragen.
bb) Dieses Ziel lässt sich bei Mehrfachparkern ganz offensichtlich nicht
erreichen. Erfasste die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 GO auch die einem Sondernutzungsrecht
unterliegenden Stellplätze auf Mehrfachparkern, führte das
nämlich zu einer geteilten Verantwortung für die Instandhaltung und Instandsetzung.
Für die Instandhaltung und Instandsetzung von Bauteilen des Mehrfachparkers,
die sich dem einzelnen Stellplatz zuordnen lassen, wäre der Wohnungseigentümer
verantwortlich, dessen Wohnungseigentum das Sondernutzungsrecht
an dem Stellplatz zugeordnet ist. Im Übrigen, also etwa für tragende
Teile, den Motor usw., bliebe es hingegen bei der Instandhaltungs- und Instandsetzungsverantwortung
der Gemeinschaft. Schon die Abgrenzung der den
einzelnen Stellplätzen zuzuordnenden Bauteile von den übrigen Bauteilen bereitet
erhebliche Schwierigkeiten, weil Mehrfachparker in sich geschlossene
Einheiten bilden, deren Bauteile aufeinander abgestimmt sind und in ihrer Gesamtheit
für das bestimmungsgemäße Funktionieren der Anlage benötigt werden.
Zudem müssten die einzelnen Sondernutzungsberechtigten für die ihnen
zugeordneten Bauteile jeweils gesonderte Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufträge
erteilen oder ihre Auftragserteilung jeweils mit der Auftragsvergabe
durch die Gemeinschaft koordinieren. Dass und aus welchem Grund
§ 7 Abs. 2 Satz 2 GO statt der augenscheinlich angestrebten Entlastung bei der
Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ausgerechnet bei den Mehrfachparkern
in der Tiefgarage mit einer geteilten Instandhaltungs- und Instand-
setzungsverantwortung eine besonders komplizierte Regelung vorsehen soll,
erschließt sich nicht und entspricht nicht der nächstliegenden Auslegung dieser
Vorschrift.
b) Zudem trifft § 13 Abs. 2 Satz 4 GO ersichtlich für die Verteilung der für
die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums anfallenden
Kosten eine Sonderregelung hinsichtlich der Kosten für die Instandhaltung
und Instandsetzung von Mehrfachparkern. Diese Sonderregelung ginge als
speziellere der allgemeinen Regelung in § 7 Abs. 2 GO, die Mehrfachparker
nicht ausdrücklich erwähnt - und nach dem zuvor Gesagten nicht erfasst -,
ohnehin vor. Auch der Umstand, dass die Kostenregelung für Mehrfachparker in
§ 13 Abs. 2 Satz 4 GO keinerlei Einschränkungen enthält, die bei der Anwendung
von § 7 Abs. 2 GO auch auf Sondernutzungsrechte an Stellplätzen in diesen
Anlagen aber zu erwarten gewesen wären, spricht dafür, dass die letztgenannte
Regelung für Mehrfachparker nicht gelten soll. Bei nächstliegender Auslegung
ergibt sich daher schon aus der Struktur der Gemeinschaftsordnung,
dass für Mehrfachparker keine von der gesetzlichen Regelung abweichende
Instandhaltung- und Instandsetzungspflicht, sondern „nur“ eine abweichende
Kostenregelung vorgesehen werden sollte.
3. Nach der Regelung in § 13 Abs. 2 Satz 4 GO sind „die“ Kosten der
Unterhaltung der einzelnen Doppel- bzw. Vierfachparker in der Tiefgarage von
den jeweiligen „Eigentümern“ eines Doppel- bzw. Vierfachparkers zu tragen. Mit
„Eigentümern“ sind ersichtlich die Wohnungseigentümer gemeint, deren Sondereigentum
Sondernutzungsrechte an Stellplätzen in den Doppel- und Vierfachparkern
zugeordnet ist. Die Regelung differenziert nicht nach Bauteilen.
Vielmehr sollen alle Kosten der Unterhaltung von den Wohnungseigentümern
getragen werden, denen Sondernutzungsrechte an den Stellplätzen auf den
jeweiligen Mehrfachparkern zugeordnet sind. Das Berufungsgericht geht insoweit
zutreffend davon aus, dass der Begriff der Unterhaltung in dieser Regelung
als Oberbegriff für die Instandhaltung und Instandsetzung verwendet wird und
somit auch die Kosten der Reparatur erfasst, um die es hier geht. Diese Kosten
sind folglich in der Jahresabrechnung 2016 zu Recht auf die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten
an den Stellplätzen in den Mehrfachparkern nach
Köpfen umgelegt worden.
III.
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Klägerin weitere
Beschlussmängelgründe nicht geltend gemacht hat und der Rechtsstreit somit
zur Endentscheidung reif ist (
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:22.03.2019
Aktenzeichen:V ZR 145/18
Rechtsgebiete:
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
ZNotP 2020, 33-35
ZWE 2019, 311-312
ZWE 2019, 322-324
WEG §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 1 u. 5 Nr. 2