BGH 23. Mai 2025
V ZR 39/24
WEG §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 1, 30 Abs. 3 S. 2, 44 Abs. 1 S. 2

Kostentragungspflicht des Teilerbbauberechtigten bei öffentlich-rechtlichen Pflichten

letzte Aktualisierung: 5.6.2025
BGH, Urt. v. 23.5.2025 – V ZR 39/24

WEG §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 1, 30 Abs. 3 S. 2, 44 Abs. 1 S. 2
Kostentragungspflicht des Teilerbbauberechtigten bei öffentlich-rechtlichen Pflichten

Zur Kostentragungspflicht eines Teilerbbauberechtigten für eine diesem öffentlich-rechtlich
obliegende Prüfung der Standsicherheit von tragenden Teilen des Gemeinschaftseigentums an
einem Bauwerk besonderer Art (überbauter Fernbahnhof).

Entscheidungsgründe:

A.
Das Berufungsgericht hält die Negativbeschlüsse für rechtmäßig. Die Beschlus-
santräge zu TOP 2.1 bis 2.3 seien nicht hinreichend bestimmt, weil die von den
Teilerbbauberechtigten jeweils zu leistenden Beträge weder konkret beziffert
noch anhand des genannten Verteilungsschlüssels ermittelbar seien. Die Be-
schlussanträge zu TOP 2.4 und 2.5 widersprächen ordnungsmäßiger Verwal-
tung, da es an einem zu deckenden Finanzbedarf der Beklagten fehle. Die Klä-
gerin habe die Tragwerksprüfungen durchführen lassen, obwohl die Beklagte für
derartige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum zuständig sei und daher über
die Ausführung hätte beschließen müssen. Ein Erstattungsanspruch der eigen-
mächtig handelnden Klägerin gegen die Beklagte scheide aus. Schließlich sei
auch nicht der Negativbeschluss zu TOP 2.6 für ungültig zu erklären. Der Beklag-
ten stehe hinsichtlich der Art und Weise der Finanzierung der Kosten für die zu-
künftigen Tragwerksprüfungen ein Ermessen zu, welches nicht auf Null reduziert
sei. Statt einer Entnahme aus der Erhaltungsrücklage und Erhebung einer Son-
derumlage sei es ebenso möglich, diese Kosten im Rahmen der aufzustellenden
Wirtschaftspläne zu kalkulieren oder ein Darlehen aufzunehmen.
Aus denselben Gründen komme auch eine Beschlussersetzung nicht in
Betracht. Soweit es für die angestrebte Beschlussfassung gleichberechtigte Al-
ternativen gebe, könne eine Beschlussfassung zur Wahrung des Selbstorgani-
sationsrechts der Teilerbbauberechtigten nicht durch das Gericht ersetzt werden.
Die Feststellungsanträge seien unzulässig, weil sie auf die abstrakte Auslegung
einer Kostenregelung der MBO abzielten und nicht auf die Feststellung eines
Rechtsverhältnisses.

B.
Im Ergebnis bleibt die Revision ohne Erfolg. Obwohl die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, ist durch streitiges Urteil zu ent-
scheiden. Zum einen hat die dem Rechtsstreit unbeanstandet beigetretene Streit-
helferin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung einen Revisionsantrag ge-
stellt (vgl. § 67 Satz 1 Halbs. 2 ZPO; BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR
194/09, NJW 2012, 852 Rn. 7). Zum anderen ist ohnehin durch Endurteil zu ent-
scheiden, weil sich die Revision als unbegründet erweist.

I. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann zu-
nächst der auf den Hauptantrag zu TOP 2.3 bezogene Beschlussersetzungsan-
trag nicht abgewiesen werden (Teil des Klageantrags zu 2). Er betrifft die Finan-
zierung der Kosten für die künftigen Tragwerksprüfungen. Die Klägerin möchte,
wie bereits in der Vergangenheit, auch künftig bis zum Jahr 2081 die Tragwerk-
sprüfungen nach der ZiE 2020 durchführen. Die Kosten soll die GdEB tragen. Auf
das Verhältnis der Teilerbbauberechtigten untereinander und zur GdEB sind ge-
mäß § 30 Abs. 3 Satz 2 WEG die Vorschriften über das Wohnungseigentum
(Teileigentum) entsprechend anwendbar.

1. Die Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG ist be-
gründet, wenn der klagende Wohnungseigentümer (bzw. hier der klagende Teil-
erbbauberechtigte) einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entspre-
chenden Beschluss hat, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Ver-
waltung entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2024 - V ZR 244/22, NZM
2024, 241 Rn. 8). Hat der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch auf
eine Beschlussfassung und verbleibt den Wohnungseigentümern bei der Aus-
wahl der zu treffenden Maßnahmen - wie dies regelmäßig etwa bei der Instand-
haltung des Gemeinschaftseigentums der Fall ist (vgl. Senat, Urteil vom
14. Juni 2019 - V ZR 254/17, BGHZ 222, 187 Rn. 15) - ein Gestaltungsspielraum,
wird bei der Beschlussersetzungsklage das den Wohnungseigentümern zu-
stehende Ermessen durch das Gericht ausgeübt. Eine Beschlussersetzungs-
klage ist deshalb, anders als die Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines
Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), nicht nur dann begründet, wenn das
Ermessen der Wohnungseigentümer in dem Sinne auf Null reduziert ist, dass nur
ein Beschluss mit dem in dem Klageantrag konkret formulierten Inhalt ordnungs-
mäßiger Verwaltung entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2022
- V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 9; Urteil vom 23. Juni 2023 - V ZR 158/22, NZM
2023, 724 Rn. 21).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme des Berufungsgerichts, be-
reits aus den Ausführungen in dem Berufungsurteil zu der Erfolglosigkeit der An-
fechtungsklage ergebe sich, dass die Klägerin die erstrebte Beschlussersetzung
nicht verlangen könne, unzutreffend.

a) Das gilt zunächst, soweit das Berufungsgericht auf die Unbestimmtheit
des Beschlussantrags verweist. Unter der Geltung des § 21 Abs. 8 WEG aF war
anerkannt, dass es für die Bestimmtheit eines Beschlussersetzungsantrags - an-
ders als nach der allgemeinen Vorschrift des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - ausrei-
chend ist, wenn das Rechtsschutzziel hinreichend deutlich wird (vgl. Senat, Urteil
vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW 2013, 2271 Rn. 23; Urteil vom 8. Ap-
ril 2016 - V ZR 191/15, NJW 2017, 64 Rn. 7). Für das neue Recht gilt nichts An-
deres. Gemessen daran ist der Beschlussersetzungsantrag zu TOP 2.3 hinrei-
chend bestimmt, weil er das Rechtsschutzziel angibt. Die Klägerin will die Finan-
zierung der von dem EBA angeordneten und künftig durchzuführenden Prüfung
der Stahlstützen durch eine in die Erhaltungsrücklage zu zahlende Sonderum-
lage und die Verteilung der Sonderumlage auf die beiden Teilerbbauberechtigen
nach dem Verteilungsschlüssel der Anlage B 3.1 Nr. 13 und Nr. 14 der MBO
erreichen.

b) Auch soweit das Berufungsgericht ergänzend die für die Abweisung der
auf den Negativbeschluss zu TOP 2.6 bezogenen Anfechtungsklage (künftige
Kosten nach „Miteigentumsanteilen“) gegebene Begründung heranzieht, trägt
dies die Abweisung des zu TOP 2.3 gestellten Beschlussersetzungsantrags
nicht. Handelte es sich nämlich, wovon das Berufungsgericht jedenfalls bei die-
sem Antrag offenbar ausgeht, bei den Kosten der von dem EBA angeordneten
Tragwerksprüfung um solche, die die GdEB tragen müsste, könnte die Beschlus-
sersetzung nicht deshalb abgelehnt werden, weil die künftigen Prüfmaßnahmen
im Rahmen des Wirtschaftsplans über Vorschüsse (§ 28 Abs. 1 WEG) oder durch
Aufnahme eines Darlehens finanziert werden könnten. Besondere oder unvor-
hergesehene Ausgaben werden üblicherweise durch Sonderumlagen gedeckt,
die neben dem Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr beschlossen werden können
und nicht in diesen integriert werden müssen (vgl. Senat, Urteil vom
19. Juli 2024 - V ZR 139/23, NJW 2024, 3157 Rn. 36). Die Sonderumlage kann
auch als Zahlung zu der Erhaltungsrücklage beschlossen werden (vgl. LG Karls-
ruhe, ZWE 2025, 92 Rn. 6; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 19 Rn. 222).
Wenn also ein zwingender besonderer Finanzbedarf bestünde, könnte ein Woh-
nungseigentümer bzw. ein Teilerbbauberechtigter die Erhebung einer Sonderum-
lage durch Beschlussersetzung erzwingen. Dass auch eine Kreditaufnahme er-
folgen könnte, steht dem normalerweise nicht entgegen, weil die Sonderumlage
das übliche Finanzierungsinstrument darstellt. Kommt wegen besonderer Um-
stände des Einzelfalls (auch) eine Kreditaufnahme ernsthaft in Betracht, ist das
allein jedenfalls kein Grund für eine Klageabweisung; vielmehr müsste das Ge-
richt dann einen Grundlagenbeschluss dahingehend ersetzen, dass der Finanz-
bedarf entweder durch Erhebung einer Sonderumlage oder durch Kreditauf-
nahme gedeckt werden muss.

II. Die Abweisung des hinsichtlich TOP 2.3 gestellten Beschlusserset-
zungsantrags erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

1. Zutreffend ist allerdings, dass das Stahltragwerk im gemeinschaftlichen
Eigentum steht. Es ist als konstruktiver Bestandteil für den Bestand und die
Sicherheit des aufgrund des Erbbaurechts errichtete Gebäudekomplexes im
Sinne von § 5 Abs. 2 WEG erforderlich und somit nicht sondereigentumsfähig.
Das Tragwerk stützt die Platte, auf der das Gebäude als Überbauung des Fern-
bahnhofs errichtet ist.

2. Richtig ist weiter, dass die Reparatur und Sanierung des gemeinschaft-
lichen Eigentums Aufgabe der Gemeinschaft wäre, also von der GdEB durchge-
führt und den Regelungen der MBO entsprechend von den Teilerbbauberechtig-
ten bezahlt werden müsste (§ 16 Abs. 2, § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 WEG). Das
stellt die Streithelferin auch nicht in Abrede, wie ihr Prozessbevollmächtigter in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat. Um die Behebung
von (im Zuge der Standsicherheitsprüfungen festgestellten) Sicherheitsmängeln
an den Achsen geht es aber nicht, sondern (lediglich) um die vorgelagerte Über-
prüfung der Standsicherheit des Stahltragwerks.

3. Die von der Klägerin erstrebte Beschlussersetzung zu TOP 2.3 kommt
jedoch aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Sie ist nämlich nicht darauf gerich-
tet, dass die GdEB Maßnahmen in Gestalt der Überprüfungen der Achsen gemäß
der ZiE 2020 durchführt, die dann von den Teilerbbauberechtigten finanziert wer-
den müssen. Die Klägerin will vielmehr erreichen, dass die GdEB für solche Prüf-
maßnahmen zahlt, die die Klägerin ihrerseits in Erfüllung eigener öffentlich-recht-
lichen Pflichten durchführt. Die Prüfmaßnahmen sollen aus der Erhaltungsrück-
lage finanziert werden, die zu diesem Zweck von den Teilerbbauberechtigten auf-
gefüllt werden sollen. Eine solche Verfahrensweise sieht das Wohnungseigen-
tumsgesetz nicht vor.

a) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Durchfüh-
rung von Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum, die die ordnungsmäßige Ver-
waltung erfordert, obliegt gemäß § 18 Abs. 1 WEG allein der Gemeinschaft.
Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe (vgl. Senat, Urteil
vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, BGHZ 239, 1 Rn. 11; Urteil vom 5. Juli 2024
- V ZR 34/24, BGHZ 241, 98 Rn. 5). Die Wohnungseigentümer (bzw. hier die
Teilerbbauberechtigten) trifft dagegen die Pflicht, die Kosten der Gemeinschaft
zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG). Sie müssen die Aufbringung der für die ordnungs-
mäßige Verwaltung erforderlichen Mittel sicherstellen (vgl. Senat, Urteil vom
8. Juli 2011 - V ZR 176/10, NJW 2011, 2958 Rn. 8; Urteil vom 17. Oktober 2014
- V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 17).

b) Die Klägerin erfüllt mit den Standsicherheitsprüfungen eigene Pflichten
und kann die damit verbundenen Kosten nicht auf die GdEB abwälzen.

aa) Ohne Erfolg verweist die Revision auf die Inanspruchnahme eines
Wohnungseigentümers durch Abgabenbescheid bei landesgesetzlich angeord-
neter gesamtschuldnerischer Haftung der Wohnungseigentümer als Miteigentü-
mer des Grundstücks. Weil die Erfüllung einer solchen Abgabenschuld eine ge-
meinschaftsbezogene Pflicht im Sinne des § 9a Abs. 2 WEG darstellt, ist im In-
nenverhältnis die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, den als
Gesamtschuldner in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer freizustellen.
Erfüllt der Wohnungseigentümer die Abgabenforderung aus eigenen Mitteln,
steht ihm deshalb gegen die Gemeinschaft ein Erstattungsanspruch zu (zu § 10
Abs. 6 Satz 3 WEG aF Senat, Urteil vom 14. Februar 2014 - V ZR 100/13, NJW
2014, 1093 Rn. 11 ff.).

bb) Mit einer öffentlich-rechtlichen Abgabenlast lassen sich die Prüfpflich-
ten der Klägerin nach der ZiE 2020 aber schon im Ansatz nicht vergleichen, weil
es sich nicht um eine gesamtschuldnerisch zu tragende Last der Teilerbbaube-
rechtigten handelt. Vielmehr richtet sich die Anordnung durch das EBA nur an die
Klägerin und nicht an die Streithelferin und auch nicht an die beklagte GdEB.

(1) Dem EBA obliegt nach § 3 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 Bundeseisenbahnver-
kehrsverwaltungsgesetz (BEVVG) die Bauaufsicht für Betriebsanlagen der Ei-
senbahnen des Bundes. Nach § 5 Abs. 1, Abs. 1a Nr. 1, Abs. 1e Abs. 2 Allge-
meines Eisenbahngesetz (AEG) ist das EBA zudem für die Eisenbahnaufsicht
zuständig und befugt, die Einhaltung dieses Gesetzes sowie der darauf beruhen-
den Rechtsverordnungen zu überwachen. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AEG müssen
Eisenbahninfrastrukturen und Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den An-
forderungen der öffentlichen Sicherheit an den Bau und an den Betrieb genügen.
Nach § 4 Abs. 3 AEG sind Eisenbahnen und die Halter von Eisenbahnfahrzeugen
verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und die Eisenbahninfrastruktur sicher
zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Die Ausgestaltung der Si-
cherungspflichten ist in der auf der Grundlage von § 26 AEG erlassenen Eisen-
bahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) geregelt. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EBO
müssen Bahnanlagen und Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den Anforde-
rungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforderungen gelten nach
§ 2 Abs. 1 Satz 2 EBO als erfüllt, wenn die Bahnanlagen und Fahrzeuge den
Vorschriften der EBO und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften ent-
hält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Dazu gehören, wovon die
Klägerin und die Streithelferin übereinstimmend ausgehen, u.a. die DB-RiL
804.8001 i.V.m. DB-RiL 804.8003 und DB-RiL 804.8004 betreffend die Inspek-
tion von Ingenieurbauwerken. Durch eine „Zustimmung im Einzelfall“ (ZiE) kann
- wie hier - von diesen anerkannten Regeln der Technik beim Brandschutz abge-
wichen werden (vgl. Pietrzyk, UPR 2015, 470, 473).

(2) Nach diesen Grundsätzen konkretisiert die ZiE 2020 die die Klägerin
treffenden öffentlich-rechtlichen Pflichten zur Inspektion des Stahltragwerks ge-
genüber dem EBA. Es handelt sich um auf den Bahnbetrieb bezogene und der
Klägerin als Bahnbetreiberin obliegende Prüfpflichten. Dementsprechend ist die
ZiE 2020 nur an die Klägerin adressiert und nicht an die GdEB, die an dem Ver-
waltungsverfahren mit dem EBA auch nicht beteiligt war.

(3) Besteht die Gefahr, dass die Klägerin ihre - durch die ZiE 2020 konkre-
tisierte - Pflicht nach § 4 AEG i.V.m. § 2 Abs. 1 EBO verletzt, ist das EBA berech-
tigt, die für die Gewährleistung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebs erforderli-
chen Maßnahmen zu treffen (§ 5a Abs. 1 und 2 AEG; dazu BVerwG, NVwZ 2020,
397 Rn. 18). Möglich wären danach beispielsweise Anordnungen, die den Eisen-
bahnbetrieb einschränken oder untersagen (vgl. VG Frankfurt a.M., BeckRS
2020, 45283 Rn. 21). Gegenüber der GdEB hat das EBA dagegen keinerlei Wei-
sungs- und Eingriffsbefugnisse; sie kann insbesondere nicht die Nutzung des von
der Streithelferin genutzten Bürogebäudes einschränken oder untersagen. Die-
sem fehlt die Eisenbahnbetriebsbezogenheit, d.h. die Verkehrsfunktion und der
räumliche Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb (vgl. BVerwGE 102, 269,
274). Das Gebäude liegt oberhalb des Fernbahnhofs und ist nicht dem Bahnver-
kehr, sondern dem Allgemeinverkehr zugeordnet. Die Kompetenz zum Einschrei-
ten hätte deshalb nur das Bauordnungsamt, das für nicht eisenbahnbetriebsbe-
zogene Nutzungen zuständig ist (zur Abgrenzung OVG Münster, BauR 1999,
383, 384; OVG Schleswig, BeckRS 2017, 137139 Rn. 22 ff. mwN). Das Bauord-
nungsamt hat die Prüfmaßnahmen aber nicht angeordnet. Deshalb hat die Klä-
gerin nicht, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang meint, eigen-
mächtig Aufgaben der GdEB ausgeführt, sondern ist als Bahnbetreiberin im ei-
genen Interesse und in Erfüllung eigener öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig ge-
worden und will dies auch künftig tun. Auf die von dem Prozessbevollmächtigten
der Klägerin in dem - nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einge-
reichten - Schriftsatz vom 7. April 2025 angestellten Erwägungen zu einem Er-
satzanspruch des eigenmächtig handelnden Wohnungseigentümers (vgl. Senat,
Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 254/17, BGHZ 222, 187 Rn. 13 ff.) kommt es
somit nicht an.

(4) Aus der gegenseitigen Treuepflicht der Teilerbbauberechtigten unter-
einander ergibt sich allerdings die Pflicht der Streithelferin, der Klägerin die
Durchführung der von dem EBA angeordneten Prüfungen zu ermöglichen. Zwi-
schen den Mitgliedern einer GdWE/GdEB besteht nämlich ein gesetzliches
Schuldverhältnis, durch das die Verhaltenspflichten des § 14 WEG begründet
werden, aus dem aber auch darüber hinausgehende Treue- und Rücksichtnah-
mepflichten im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB folgen können (vgl. Senat, Urteil vom
8. Juli 2022 - V ZR 207/21, NZM 2022, 806 Rn. 15 mwN; Urteil vom 25. Oktober
2024 - V ZR 17/24, NJW-RR 2025 Rn. 13). Vor diesem Hintergrund kann das von
der Klägerin geschilderte Verhalten der Streithelferin, die ihr völlig „freie Hand“
gelassen habe, nur so verstanden werden, dass die Streithelferin - der bestehen-
den Treuepflicht entsprechend - die Durchführung der Prüfmaßnahmen durch die
Klägerin und die damit verbundenen Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum dul-
det. Die Treuepflicht der Wohnungseigentümer bzw. der Teilerbbauberechtigten
untereinander reicht entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Kläge-
rin in dem Schriftsatz vom 7. April 2025 vertretenen Auffassung aber nicht über
solche Duldungspflichten hinaus. Sie begründet keine von den Regelungen des
Wohnungseigentumsgesetzes abweichenden Kostentragungspflichten; insbe-
sondere führt die Treuepflicht nicht dazu, dass die Kosten einer einem Woh-
nungseigentümer bzw. Teilerbbauberechtigten öffentlich-rechtlich obliegenden
Maßnahme gemeinschaftlich getragen werden müssten.

c) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, auch unabhängig von den Vor-
gaben des EBA sei die Überprüfung der Achsen für die GdEB, wie in der
ZiE 2020 angeordnet, zwingend geboten.

aa) Insoweit argumentiert die Klägerin wie folgt: Die Bauwerksprüfungen
entsprängen allgemeinen bauaufsichtlichen Notwendigkeiten, wie sie etwa auch
aus der DIN 1076 ganz allgemein für Ingenieurbauwerke wie Brücken und Stütz-
bauwerke folgten. Das Tragbauwerk (sog. Fischbauch), auf dem das Gebäude
lagere, sei ein Ingenieurbauwerk in Form eines Stützbauwerks im Sinne der
DIN 1076. Die Anordnungen der Bauwerksprüfung seien demnach nicht auf den
Bahnbetrieb bzw. den Zugverkehr auf den Gleisen und den Passagierverkehr auf
den Bahnsteigen und deren Zuwegungen zurückzuführen, sondern auf die Kon-
struktion des Gesamtgebäudes auf einem im Gemeinschaftseigentum stehenden
Ingenieurbauwerk. Selbst wenn also unterhalb dieser Konstruktion eine andere
Nutzung als ein Bahnbetrieb erfolgte, wäre eine Bauwerksprüfung nötig und bau-
rechtlich vorgeschrieben, um die Standsicherheit des Gesamtgebäudes/Gemein-
schaftseigentums dauerhaft sicherzustellen. Da auch die DIN 1076 „Ingenieur-
bauwerke im Zuge von Straßen und Wegen- Überwachung und Prüfung“ regel-
mäßige Prüfpflichten vorsehe und danach das gesamte Tragwerk unter Entfer-
nung der Brandschutzverkleidung an den Achsen zu prüfen wäre, entstünde ein
erheblicher größerer Aufwand als nach der ZiE 2020.

bb) Das verhilft der Revision nicht zum Erfolg.

(1) Allerdings gehört zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinne von
§ 19 Abs. 1, 2 WEG auch die Erfüllung der auf das gemeinschaftliche Eigentum
bezogenen Verkehrssicherungspflichten (vgl. Senat, Urteil vom 13. Dezem-
ber 2019 - V ZR 43/19, ZfIR 2020, 433 Rn. 14; Urteil vom 9. März 2012 - V ZR
161/11, MDR 2012, 701 Rn. 12). Umfasst sind ferner Maßnahmen, die die Ein-
haltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften sicherstellen (vgl. Senat, Urteil vom
23. Juni 2017 - V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 Rn. 8) oder die allgemein Gefahren
für andere Wohnungseigentümer, Dritte oder das Gemeinschaftseigentum ver-
hindern und eine Haftung der GdWE bzw. der GdEB abwenden sollen (vgl.
Senat, Urteil vom 15. Oktober 2021 - V ZR 225/20, NJW 2022, 326 Rn. 16). Stün-
den die Standsicherheit und der Brandschutz des Gesamtgebäudes in Frage,
wirkte sich das auf die zweckentsprechende und in der Teilungsordnung vorge-
sehene Nutzung des Gesamtgebäudes aus. Dafür käme es im Grundsatz, wie
die Revision zutreffend anmerkt, nicht darauf an, welcher Bereich des Gemein-
schaftseigentums betroffen und welche Behörde zum Einschreiten befugt wäre.

(2) Die die Beklagte danach möglicherweise treffenden Pflichten sind je-
doch nicht identisch mit denjenigen, die die Klägerin als Bahnhofsbetreiberin tref-
fen.

(a) Soweit es um die Beseitigung von gravierenden Mängeln der Bausub-
stanz des Gemeinschaftseigentums geht, entspricht zwar nur eine den allgemein
anerkannten Stand der Technik sowie die Regeln der Baukunst beachtende
Sanierung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Da DIN-Nor-
men die Vermutung in sich tragen, dass sie den Stand der allgemein anerkannten
Regeln der Technik wiedergeben, sind solche Sanierungen grundsätzlich DIN-
gerecht auszuführen (näher Senat, Urteil vom 24. Mai 2013 - V ZR 182/12, NJW
2013, 2271 Rn. 25 f. mwN). Dies betrifft aber nur die Maßnahme selbst; daraus
folgt keine bloße Kostentragungspflicht der GdEB. Selbst wenn das Ermessen
der GdEB hinsichtlich der Prüfmaßnahme auf Null reduziert wäre, folgte daraus
(nur) ein Anspruch der Teilerbbauberechtigten gegen die GdEB auf eine DIN-
gerechte Prüfung des Gemeinschaftseigentums. Insoweit ist schon nicht ersicht-
lich, warum eine solche Prüfung genau denselben Inhalt haben sollte wie von
dem EBA angeordnet. Das Wohnungseigentumsgesetz kennt schlichte Zah-
lungspflichten der Gemeinschaft ohne Einflussnahme auf die zugrundeliegende
Maßnahme nicht. Unabhängig davon bliebe die Klägerin gegenüber dem EBA
öffentlich-rechtlich zur Durchführung der Tragwerksprüfung gemäß der ZiE 2020
verpflichtet.

(b) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Hessische Bau-
ordnung verhalte sich in §§ 12, 14 HBO zu Fragen der Standsicherheit und des
Brandschutzes von Gebäuden. Sind durch die GdEB öffentlich-rechtliche Vor-
schriften der Hessischen Bauordnung nicht beachtet worden und droht ein mate-
riell baurechtswidriger Zustand, ist zwar auch ein Einschreiten des Magistrats der
Stadt Frankfurt als Bauaufsichtsbehörde nach § 53 Abs. 2 Nr. 19, 20 HBO gegen
die Beklagte möglich. Dazu ist es aber bislang nicht gekommen. Zudem regeln
die Vorschriften der §§ 12, 14 HBO nicht im Einzelnen, ob und ggf. welche Prüf-
pflichten die GdEB hinsichtlich des Strahltragwerks treffen.

d) Die Prüfung der Achsen nach der ZiE 2020 ist entgegen der Ansicht der
Revision auch nicht deshalb Gemeinschaftsaufgabe, weil die Teilungserklärung
den Bahnbetrieb vorsieht und insoweit ein einheitliches Bauwerks- und Nut-
zungskonzept besteht.

aa) Ohne Erfolg verweist die Revision darauf, dass das Stahltragwerk die
Überbauung des Bahnhofs und damit die Nutzung des „Gemeinschaftseigentums
Allgemein“ erst ermögliche. Das Bauwerks- und Nutzungskonzept alleine genügt
nicht, um die der Klägerin als Bahnhofsbetreiberin obliegenden Pflichten als sol-
che der Beklagten anzusehen. Andernfalls würden im Ergebnis die Befugnisse
des EBA erweitert und der GdEB auf dem Umweg über die Klägerin Pflichten
auferlegt, obwohl die GdEB weder Bahnhofsbetreiberin noch Adressatin der
eisenbahnbehördlichen Anordnung ist (vgl. Rn. 22).

bb) Der von der Revision herangezogene Vergleich mit der gemeinschaft-
lichen Pflicht zur Beseitigung von konstruktionsbedingten Gefährdungen bei
Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen trägt ebenfalls nicht. An Kreuzungen
von Eisenbahnen und Straßen besteht zwar ein Gemeinschaftsrechtsverhältnis,
an dem gemäß § 1 Abs. 6 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) sowohl das Unter-
nehmen, welches die Baulast des Schienenweges der kreuzenden Eisenbahn
trägt, als auch der Träger der Baulast der kreuzenden Straße beteiligt sind. Lie-
gen die Voraussetzungen für Kreuzungsänderungen gemäß § 3 EKrG vor, be-
steht eine gemeinsame Kreuzungsbaulast. Aus ihr folgt eine gemeinschaftliche
Pflicht zur Beseitigung von kreuzungsbedingten Gefährdungen (näher dazu
BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 294/05, NJW-RR 2007, 457 Rn. 10;
BVerwGE 116, 312, 316). § 3 EKrG normiert eine eigenständige kreuzungsrecht-
liche Baulast, für die es in anderen Bereichen keine Entsprechung gibt (vgl.
BVerwG, VkBl. 1992, 460, 462). Anders als in den Fällen des § 3 EKrG geht es
hier aber nicht um die Beseitigung einer kreuzungsbedingten Gefährdung. Die
die Klägerin als Bahnhofsbetreiberin treffende öffentlich-rechtliche Prüfpflicht ge-
genüber dem EBA und die die Beklagte treffende Pflicht gegenüber der Bauauf-
sichtsbehörde bestehen nebeneinander und betreffen unterschiedliche Pflichten-
kreise. Eine originäre Verpflichtung der GdEB, sich an den Kosten der auf den
Bahnbetrieb bezogenen Prüfpflichten zu beteiligen, besteht nicht.

e) Es lässt sich zwar nicht von der Hand weisen, dass es sich bei dem
aufgrund des Erbbaurechts errichteten Gebäude um einen Gebäudekomplex
handelt, dessen besondere Bauart und besondere Nutzung kostspielige Stand-
sicherheitsprüfungen verursacht, von denen letztlich, worauf die Revision zutref-
fend hinweist, auch die Streithelferin und die GdEB profitieren. Das ändert aber
nichts daran, dass die Prüfmaßnahmen nach der ZiE 2020 allein auf den Bahn-
betrieb der Klägerin bezogen sind und den damit verbundenen spezifischen Ge-
fahren entgegenwirken sollen. Eine Zahlungspflicht der GdEB für die von dem
EBA allein gegenüber der Klägerin angeordneten und von dieser durchzuführen-
den öffentlich-rechtlichen Tragwerksprüfung lässt sich im System des Woh-
nungseigentumsrechts nicht begründen.

III. Infolgedessen hält auch die Abweisung der auf die Vergangenheit und
Gegenwart bezogenen Beschlussersetzungsanträge der Klägerin zu TOP 2.1,
2.2, 2.4 und 2.5 sowie des auf die Zukunft bezogenen Beschlussersetzungsan-
trags zu TOP 2.6 (Teil der Klageanträge zu 2 und Klageantrag zu 3) der Nach-
prüfung stand, weil das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen
Finanzbedarf der GdEB verneint. Ein Erstattungsanspruch für die Vergangenheit
bestünde schon deshalb nicht, weil die Klägerin eigene Pflichten erfüllt hat (vgl.
Rn. 23). Gleichermaßen sind die Beschlussanfechtungsanträge (Klageantrag
zu 1) ebenso wie die Feststellungsanträge (Klageanträge zu 4 und 5), die auf
dasselbe Rechtsschutzziel wie die Beschlussersetzungsanträge zu TOP 2.3 und
TOP 2.6 gerichtet sind, jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Halbsatz 1
ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

23.05.2025

Aktenzeichen:

V ZR 39/24

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht
Öffentliches Baurecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 1, 30 Abs. 3 S. 2, 44 Abs. 1 S. 2