BGH 14. Februar 2025
V ZR 128/23
WEG § 16 Abs. 2 S. 2

Kompetenz der Wohnungseigentümer zur Änderung des Verteilungsschlüssels durch Beschluss; Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung; Aufhebung von Privilegierungen beim Verteilungsmaßstab

letzte Aktualisierung: 7.3.2025
BGH, Urt. v. 14.2.2025 – V ZR 128/23

WEG § 16 Abs. 2 S. 2
Kompetenz der Wohnungseigentümer zur Änderung des Verteilungsschlüssels durch
Beschluss; Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung; Aufhebung von Privilegierungen
beim Verteilungsmaßstab

a) § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Änderung des
Verteilungsschlüssels für die Zuführung zu Rücklagen zu beschließen.
b) Die Formulierung „bestimmte Arten von Kosten“ in § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG hebt lediglich das
allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis hervor und begründet keine darüber
hinausgehenden Anforderungen.
c) Ein auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gefasster Beschluss, mit dem ein vereinbarter
Verteilungsmaßstab, der bestimmte Wohnungseigentümer privilegiert (hier: unterdimensionierte
Miteigentumsanteile der Gewerbeeinheiten), geändert wird, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung,
wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab (Fortführung von Senat,
Urteil vom 16. September 2011 – V ZR 3/11, NJW-RR 2011, 1646 Rn. 10).

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in ZMR 2023,
905 ff. veröffentlicht ist, sind die angefochtenen Beschlüsse nicht zu beanstanden.
Der Beschluss zu TOP 7 sei hinreichend bestimmt, weil sich die Kostenpositionen,
auf die sich die Änderung beziehe, den Gesamt- und Einzelhausgeldabrechnungen
für 2020, die einer weiteren Beschlussfassung in derselben Versammlung
zugrunde gelegen hätten, entnehmen ließen. Die Beschlusskompetenz
für die Abänderung des in der Teilungserklärung vereinbarten Verteilungsschlüssels
ergebe sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Es handele sich um eine
Änderung bestimmter Arten von Kosten und nicht um eine generelle Änderung
sämtlicher Kosten der Gemeinschaft.

Die Änderung des Verteilungsschlüssels benachteilige die Klägerinnen
auch nicht unbillig. Für die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bestehe
ein weiter Ermessensspielraum. Eine Erhöhung von Kostenpositionen sei zulässig,
wenn die bisherige Verteilung einzelne Wohnungseigentümer unbillig privilegiert
habe, während der neue Verteilungsschlüssel zu einer höheren Kostengerechtigkeit
führe. Dies sei hier der Fall. Für die bisherige Privilegierung der Gewerbeeinheiten
durch die unterschiedliche Berechnung der MEA sei kein sachlicher
Grund erkennbar. Ein solcher könne nicht darin gesehen werden, dass die
Gewerbeeinheiten sich zum Teil in separaten Gebäudeteilen befänden. Der von
den Klägerinnen vorgetragene Aspekt einer höheren oder geringfügigeren Abnutzung
sei nicht nachvollziehbar. Dass die Kostenverteilung vierzig Jahre lang
anders praktiziert worden sei, hindere die Beschlussfassung nicht.

II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht
geht zutreffend davon aus, dass die angefochtenen Beschlüsse
rechtmäßig sind.

1. Zu Recht - und auch von der Revision nicht beanstandet - hält das Berufungsgericht
den Beschluss zu TOP 7 für hinreichend bestimmt. Ein Beschluss
ist hinreichend bestimmt, wenn er - nach objektiver und nächstliegender Auslegung
- klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gelten soll (vgl.
Senat, Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, ZWE 2016, 268 Rn. 39 mwN).
Dass das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Beschlusses die Positionen,
auf die sich die Änderung des Verteilungsschlüssels bezieht, den Gesamtund
Einzelhausgeldabrechnungen für 2020 entnimmt, hält der insoweit uneingeschränkten
Nachprüfung durch den Senat (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom
20. September 2024 - V ZR 235/23, NJW 2024, 3296 Rn. 8) stand. Bei der Auslegung
von Eigentümerbeschlüssen können Umstände außerhalb des Beschlusstextes
herangezogen werden, wenn sie für jedermann ohne Weiteres erkennbar
sind (st. Rspr. vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 2024 - V ZR 132/23,
NJW 2024, 2039 Rn. 22 mwN). So liegt es hier, weil sich die Positionen ohne
Weiteres aus den Gesamt- und Einzelhausgeldabrechnungen für 2020 erschließen
und diese einem weiteren in derselben Versammlung gefassten Beschluss
zugrunde lagen.

2. Zutreffend bejaht das Berufungsgericht auch die Kompetenz der Wohnungseigentümer,
sowohl die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels als
auch die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Zuführung zu der Erhaltungsrücklage
zu beschließen.

a) Die Beschlusskompetenz für die Abänderung des geltenden Verteilungsschlüssels
ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Diese Vorschrift begründet
die Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte
Arten von Kosten der GdWE eine von dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel
oder von einer Vereinbarung - und damit auch von einer in der Gemeinschaftsordnung
vereinbarten Kostenregelung - abweichende Verteilung zu beschließen.
b) Aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision
auch die Kompetenz, den Verteilungsschlüssel für die Zuführung zu der
Erhaltungsrücklage zu ändern.

aa) Ob § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eine derartige Kompetenz begründet, ist
allerdings umstritten.

(1) Zum Teil wird anknüpfend an die Rechtsprechung des Senats zu der
bis zum 30. November 2020 geltenden Vorschrift des § 16 Abs. 4 WEG aF (vgl.
Senat, Urteil vom 9. Juli 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654 Rn. 15; Urteil vom
1. April 2011 - V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 13) vertreten, dass sich aus
§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG keine Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels
für die Erhaltungsrücklage ergebe (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl., § 19
Rn. 149, § 23 Rn. 8 Stichwort Erhaltungsrücklage, anders aber § 16 Rn. 22;
BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.12.2024], § 19 Rn. 84; PWW/Elzer/Riecke,
BGB, 18. Aufl., § 19 WEG Rn. 41).

(2) Nach anderer Ansicht besteht nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz
der Wohnungseigentümer, über eine Änderung auch des Verteilungsschlüssels
für die Rücklagenbefüllung zu beschließen (vgl. BeckOK WEG/Elzer
[18.10.2024], § 19 Rn. 149; Sommer in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 19 WEG
Rn. 152; NK-BGB/Brücher/Schultzky, 5. Aufl., § 19 Rn. 20; SWK-WEG-R/Martini
[2024], Umlageschlüssel Rn. 72; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 19 Rn. 223;
jurisPK-BGB/Lafontaine, 10. Aufl., § 16 WEG Rn. 156.1; Riecke, MDR 2024, 82
Rn. 38; für eine entsprechende Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG LG
Frankfurt a.M., NJW-RR 2024, 286 Rn. 10 f.; Dötsch, IMR 2023, 2697).
bb) Richtig ist die letztgenannte Ansicht. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet
die Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Änderung des Verteilungsschlüssels
für die Zuführung zu Rücklagen zu beschließen.

(1) Nach § 16 Abs. 2 Satz
entumsanteile
zu tragen. Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer
eine von dieser oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung dieser Kosten
beschließen. Formal gesehen gehören Zahlungen, die auf eine Rücklage geleistet
werden, zwar nicht zu den Kosten der GdWE (vgl. LG Frankfurt a.M., NJWRR
2024, 286 Rn. 10; Drasdo, NJWauch
Zahlungen auf Rücklagen umfasst.

(a) Der in § 16 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelte gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel,
der eingreift, wenn eine Regelung nicht getroffen ist, gilt - ebenso
wie nach altem Recht (§ 16 Abs. 2 WEG aF, vgl. Senat, Urteil vom 17. April 2015
- V ZR 12/14, NZM 2015, 544 Rn. 16) - nach allgemeiner und zutreffender Meinung
auch für die Zuführung zu Rücklagen (vgl. nur Bärmann/Dötsch, WEG,
15. Aufl., § 19 Rn. 223; BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.12.2024], § 19 Rn. 84
mwN).

(b) Regelt § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG aber den gesetzlichen Verteilungsschlüssel
für Kosten im engeren Sinne ebenso wie den gesetzlichen Schlüssel
für die Zuführung zu einer Rücklage, muss sich auch die in § 16 Abs. 2 Satz 2
WEG geregelte Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne oder bestimmte
Arten von Kosten eine von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG oder einer Vereinbarung
abweichende Verteilung zu beschließen, auf den Schlüssel für die Zuführung
zu einer Rücklage beziehen. Dafür, dass der Begriff der Kosten in § 16
Abs. 2 Satz 2 WEG anders gemeint sein sollte als in § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG,
bestehen keine Anhaltspunkte.

(2) Soweit die Gegenansicht auf die Entscheidungen des Senats zu § 16
Abs. 4 WEG aF verweist, verfängt dies nicht. Zwar hat der Senat entschieden,
dass nach dieser Vorschrift keine Kompetenz für die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels
zur Ansammlung einer Instandhaltungsrücklage bestand (Urteil
vom 9. Juli 2010 - V ZR 202/09, NJW 2010, 2654 Rn. 15; Urteil vom 1. April
2011 - V ZR 162/10, NJW 2011, 2202 Rn. 13). Grund hierfür war aber, dass
§ 16 Abs. 4 WEG aF eine abweichende Kostenverteilung nur für den Einzelfall
ermöglichte, während Rücklagen nicht nur für eine einzelne Maßnahme, sondern
für den zukünftigen - noch nicht konkret vorhersehbaren - Bedarf bestimmter
Maßnahmen gebildet werden. Diese Beschränkung auf den Einzelfall enthält
§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG indes nicht mehr (vgl. BT-Drs. 19/18791 S. 56), so dass
die Argumentation nicht auf die neue Rechtslage übertragbar ist.

c) Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass es sich
bei der beschlossenen Änderung der Kostenverteilung um eine abweichende
Verteilung für bestimmte Arten von Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG
handelt und nicht - wie die Klägerinnen meinen - um eine nicht von der Kompetenz
gedeckte generelle Änderung des Verteilungsschlüssels.

aa) Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer für
einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung
bestimmte Arten von
wohl dann gegeben, wenn er alle Kosten der GdWE betreffe, als auch dann,
here Spezifizierung Beschlussgegenstand sei (vgl. Staudinger/Lehmann-Richter,
BGB [2023], § 16 WEG Rn. 117; Fichtner in Müller/Fichtner, Praktische Fragen
des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 24 Rn. 39).

(2) Überwiegend wird hingegen vertreten, dass eine Beschlussfassung
über die Verteilung von bestimmten Arten von Kosten auch dann vorliege, wenn
die Kosten unter Oberbegriffen zusammengefasst würden und die Änderung eine
Vielzahl von Kosten zum Gegenstand habe; lediglich eine Beschlussfassung, die
sich pauschal auf sämtliche Kosten der GdWE beziehe, betreffe nicht bestimmte
Arten von Kosten und werde daher nicht von der Beschlusskompetenz des § 16
Abs. 2 Satz 2 WEG erfasst (vgl. BeckOK BGB/Hügel [1.11.2024], § 16 WEG
Rn. 17; BeckOK WEG/Bartholome [18.10.2024], § 16 Rn. 115; Bärmann/Becker,
WEG, 15. Aufl., § 16 Rn. 128 u. 130; BeckOGK/Falkner, WEG [1.12.2024], § 16
Rn. 180; Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl., § 16 Rn. 52; Erman/Grziwotz, BGB,
17. Aufl., § 16 WEG Rn. 14; Jennißen in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 16 Rn. 65;
ähnlich MüKoBGB/Scheller, 9. Aufl., § 16 WEG Rn. 39).

(3) Eine dritte
jurisPK-BGB/Lafontaine, 10. Aufl., § 16 WEG Rn. 221).
bb) Der Senat hält die zuletzt genannte Ansicht für zutreffend. Die Formu-
16 Abs. 2 Satz 2 WEG hebt lediglich
das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis (vgl. hierzu
Senat, Urteil vom 11. Oktober 2024 - V ZR 261/23, juris Rn. 37 mwN) hervor und
begründet keine darüber hinausgehenden Anforderungen.

(1) Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG besteht die Kompezu
beschließen. Der Formulierung lässt sich nicht entnehmen, dass hiermit mehr
als die Bestimmbarkeit der Kosten, die von der Änderung betroffen sind, gemeint
ist. Insbesondere ergibt sich nicht, dass eine Beschlussfassung nur dann möglich
sein soll, wenn di
die Art der Kosten näher bezeichnet ist.
grundsatz zu sehen. Durch die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG sollen die
Wohnungseigentümer einfacher als bisher über eine nach den Umständen des
Einzelfalles angemessene Kostenverteilung entscheiden können (vgl. BT-Drs.
19/18791 S. 56). Diesem Anliegen des Gesetzgebers und der angestrebten
Rechtssicherheit liefe es zuwider, wenn die Beschlusskompetenz davon abhinge,
einzelne Kostenarten über deren Bestimmbarkeit hinaus näher zu spezifizieren,
oder wenn eine Beschlussfassung, die ausnahmslos alle Betriebskosten betrifft,
nicht möglich wäre.

(3) Die in der Gesetzesbegründung zu § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG enthaltene
Formulierung, wonach eine generelle Veränderung des allgemeinen Verteilungs-
schlüssels unzulässig sei (BT-Drs. 19/18791 S. 56), erfordert keine andere Beurteilung.
Welche Bedeutung diese Aussage haben soll, ist unklar (vgl. jurisPKBGB/
Lafontaine, 10. Aufl., § 16 WEG Rn. 221). Unterschiede bei der Kostenverteilung
ergeben sich ohnehin schon daraus, dass im Hinblick auf Heizkosten nur
eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung ordnungsmäßiger
Verwaltung entspricht (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom
10. Februar 2023 - V ZR 246/21, NJW 2023, 2190 Rn. 20). Jedenfalls hat diese
Passage aus der Gesetzesbegründung im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden.
3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich die Annahme
des Berufungsgerichts, der Beschluss zu TOP 7 über die Änderung des Verteilungsschlüssels
benachteilige die Klägerinnen nicht ungerechtfertigt und entspreche
daher ordnungsmäßiger Verwaltung.

a) Den Wohnungseigentümern ist - wie das Berufungsgericht zutreffend
ausführt - bei Änderungen des Umlageschlüssels aufgrund des Selbstorganisationsrechts
der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der
Beschluss über eine Kostenverteilung muss, wie dies grundsätzlich in § 19 Abs. 1
WEG zum Ausdruck gebracht wird und für alle Beschlüsse der GdWE gilt, lediglich
ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen (vgl. Senat, Urteil vom 16. September
2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 38). Beschließen die Wohnungseigentümer
für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der GdWE eine
Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie jeden Maßstab wählen, der den
Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen
ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner
führt (vgl. Senat, Urteil vom 22. März 2024 - V ZR 87/23, NJW-RR 2024,
762 Rn. 11; Urteil vom 22. März 2024 - V ZR 81/23, NJW 2024, 1587 Rn. 14).

b) Das Berufungsgericht geht ohne Rechtsfehler davon aus, dass die Änderung
des Verteilungsschlüssels keine ungerechtfertigte Benachteiligung der
Teileigentümerinnen der Gewerbeeinheiten darstellt.

aa) Ein auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gefasster Beschluss,
mit dem ein vereinbarter Verteilungsmaßstab, der bestimmte Wohnungseigentümer
privilegiert, geändert wird, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung,
wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab.
Unter dieser Voraussetzung stellt es keine ungerechtfertigte Benachteiligung der
zuvor Privilegierten dar, wenn von dem vereinbarten Maßstab abgewichen wird.
Dies hat der Senat für die Änderung einer Kostenverteilung von Betriebskosten
nach § 16 Abs. 3 WEG aF in einer ähnlichen Fallkonstellation bereits entschieden
(vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2011 - V ZR 3/11, NJW-RR 2011,
1646 Rn. 10). Nichts anderes gilt für die nunmehr eröffnete Möglichkeit der Änderung
des Verteilungsschlüssels für einzelne und bestimmte Arten von Kosten
nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG.

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen gelangt das Berufungsgericht zu
dem Ergebnis, dass der alte Verteilungsschlüssel die Teileigentümerinnen der
Gewerbeeinheiten unbillig privilegiert habe, weil die Gewerbeeinheiten gemessen
an der Fläche nur mit etwa einem Viertel an den Kosten für Abgaben, Betriebskosten
und Erhaltung beteiligt gewesen seien und für diese Privilegierung
kein sachlicher Grund bestanden habe. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe entgegen
§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände
berücksichtigt, bleibt ohne Erfolg.

(1) Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den
Kern des Vortrags der Klägerinnen verkannt, dass wesentliche Bereiche des Gemeinschaftseigentums
- namentlich der Haupteingang zu den Wohnungen, das
Treppenhaus und die dort zugänglichen Kellerräume sowie der Aufzug - durch
die Teileigentumseinheiten nicht genutzt würden, so dass eine verhältnismäßig
geringe Belastung mit den diese Bereiche betreffenden Erhaltungs- und Betriebskosten
sachlich gerechtfertigt sei, verfängt dies nicht. Kosten für den Aufzug werden
ohnehin nicht von dem geänderten Verteilungsschlüssel umfasst. Auch im
Übrigen greift dieser Einwand bereits im Ansatz nicht durch. Bedeutung könnte
ihm zwar zukommen, wenn bislang eine den Gebrauchsmöglichkeiten entsprechende
Trennung der Kosten nach Gebäuden oder Gebäudeteilen vereinbart gewesen
wäre (vgl. dazu Senat, Urteil vom 14. Februar 2025 - V ZR 236/23
Rn. 21 ff., zur Veröffentlichung bestimmt). So war es hier aber gerade nicht, denn
die Kostenverteilung erfolgte nach Miteigentumsanteilen. Die unterdimensionierten
Miteigentumsanteile der Gewerbeeinheiten führten - selbst wenn man zugunsten
der Klägerinnen unterstellt, dass insoweit trennbare Kosten vorlagen -
dazu, dass die Gewerbeeinheiten im Verhältnis nicht nur weniger von den die
Wohnungen betreffenden Kosten trugen, sondern auch von den die Gewerbeeinheiten
betreffenden Kosten, während die Wohneinheiten an sämtlichen Kosten
überproportional beteiligt wurden. Insoweit geht das Berufungsgericht zutreffend
davon aus, dass dieses Argument für die Kosten der Erhaltung und auch für
sonstige Kosten nicht von tragender Bedeutung sein kann.

(2) Auch mit der Rüge, das Berufungsgericht setze sich nicht mit dem Vortrag
der Klägerinnen dazu auseinander, dass aufgrund der gewerblichen Nutzung
ein höherer Verschleiß und Abnutzungsgrad am Bodenbelag und an den
Toiletten vorläge und Wände und Innentüren in kürzeren Abständen gestrichen
werden müssten, dringt die Revision nicht durch. Das Argument der höheren Abnutzung
hat schon deswegen keine rechtliche Relevanz, weil die von den Klägerinnen
benannten Bereiche, die der vermehrten Abnutzung unterliegen sollen,
allein das Sondereigentum betreffen, die angegriffene Kostenverteilung sich aber
auf das Gemeinschaftseigentum bezieht.

4. Da der neue Verteilungsmaßstab demnach nicht zu beanstanden ist, ist
die Klage auch im Hinblick auf den Beschluss zu TOP 9 rechtsfehlerfrei abgewiesen
worden.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

14.02.2025

Aktenzeichen:

V ZR 128/23

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG § 16 Abs. 2 S. 2