Gleichstellungszahlungen bei vorweggenommener Erbfolge
keine abgeschlossene Berufsausbildung, da sie sehr früh
heiratete und bereits mit 16 Jahren ihr erstes Kind bekam.
b) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein. Kreditvertrag mit Rücksicht auf die Vertragsfreiheit als Teil der Privatautonomie nicht allein deswegen als sittenwidrig und daher nichtig zu erachten, weil der
vermögenslose Darlehensnehmer die übernommenen Zahlungsverpflichtungen voraussichtlich nie oder nur unter besonders günstigen Bedingungen erfüllen kann (Urteile vom
28.2.1989 — IX ZR 130/88 =
III ZR 37/88 =
— IX ZR 124/88 =
171/88 =
=
Die zitierten Urteile, insbesondere die des IX. Zivilsenats,
sind im Schrifttum, aber auch von Instanzgerichten teilweise sehr heftig kritisiert worden (vgl. Reinicke/Tiedtke ZIP
1989, 613; Honsell
129; Wochner
Reifner
1671). Wie weit diese Kritik berechtigt ist, braucht hier nicht
umfassend geprüft und abschließend entschieden zu werden. Im vorliegenden Fall zumindest bejaht der erkennende
Senat die Voraussetzungen des
c) Bereits im Urteil des III.Zivilsenats vom 16.3.1989 a.a.O.
ist anerkannt worden, daß die finanzielle Überforderung des
Darlehensnehmers jedenfalls zusammen mit anderen Geschäftsumständen es rechtfertigen kann, einem Darlehensvertrag aufgrund einer Gesamtwürdigung die rechtliche
Wirksamkeit zu versagen. Die Privatautonomie ist ein Strukturelement der freiheitlichen Gesellschaftsordnung; in
ihrem Rahmen getroffene Regelungen hat der Staat grundsätzlich zu respektieren (BVerfG, Beschluß vom 7.2.1990 —
1 BvR 26/84 =
hat, sind Beschränkungen der Privatautonomie unentbehrlich, insbesondere wenn einer der Vertragsteile ein so starkes Übergewicht hat, daß er vertragliche Regelungen faktisch einseitig setzen kann. In solchen Fällen gestörter Vertragsparität ist der Richter zur Anwendung des
und anderer Generalklauseln, die als Übermaßverbote wirken, verpflichtet (BVerfG a. a. 0.). Dabei muß allerdings stets
beachtet werden, daß jede Begrenzung der Vertragsfreiheit
zum Schutze des einen Teils gleichzeitig in die Freiheit des
anderen eingreift; den konkurrierenden Rechtspositionen ist
ausgewogen Rechnung zu tragen (BVerfG a.a. 0.).
d) Insbesondere folgende Umstände rechtfertigen es hier,
die auf Verlangen der Klägerin zustande gekommenen Vereinbarungen über die Mithaftung der Beklagten gem. § 138
Abs. 1 BGB als nichtig zu bewerten:
aa) Die streitigen Kredite waren allein für den Gewerbebetrieb des Ehemanns bestimmt; der Ehemann hatte sich an
die Klägerin gewandt, weil er sein Pelzhandelsgeschäft erweitern wollte. Die Beklagte war an den unternehmerischen
Entscheidungen ihres Mannes nicht beteiligt; sie kümmerte
sich — wie dem Bankvertreter W. nach seiner Zeugenaussage bekannt war - überhaupt nicht um das Geschäft, sondern betreute nur den Haushalt und die Kinder. Mag der
Gewerbebetrieb letztlich auch dazu dienen, dem Ehemann
die Erfüllung seiner Familienunterhaltspflichten zu ermöglichen oder zu erleichtern, so flossen der Beklagten persönlich doch aus der Kreditgewährung keine unmittelbaren Vorteile zu.
bb) Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an einer Mithaftung der Beklagten ist nicht anzuerkennen. Eine Erfüllung der Darlehensnehmerverpflichtungen konnte sie nur
vom Ehemann erwarten, nicht von der Beklagten, die bei Vertragsschluß weder über eigenes Einkommen noch Vermögen. verfügte und aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse auch in überschaubarer Zukunft nicht wesentlich zur
Schuldtilgung würde beitragen können. Der Klägerin erwuchsen also, wenn sie trotzdem — ihrem Antragsformular
folgend, also gewohnheitsmäßig — die Forderung nach
einer persönlichen Mithaftung der Ehefrau erhob, daraus
kaum greifbare Vorteile. Das Ziel, eventuellen Vermögensverschiebungen vom Kreditnehmer auf den Ehepartner vorzubeugen (vgl. v. Rottenburg
Rechtfertigung für die ohne konkreten Anlaß regelmäßig
erhobene Forderung nach voller Mithaftung; gegen dolose
Vermögensverschiebungen bieten das Anfechtungsgesetz
und
cc) Die Klägerin konnte ihre trotzdem erhobene Forderung
nach einer Mitverpflichtung der Beklagten nur durchsetzen,
indem sie die Kreditgewährung an den Ehemann davon abhängig machte und diesen dadurch veranlaßte, seinen auf
der ehelichen Bindung beruhenden Einfluß auf die Beklagte
für die Durchsetzung der Forderung der Klägerin einzusetzen. Nach ihrer - bei der persönlichen Anhörung vor
dem Landgericht gegebenen — Schilderung gab die Beklagte ihre anfängliche Weigerung, den Kreditantrag vom
12.6.1984 mitzuunterschreiben, erst auf, nachdem ihr Ehemann ihr erklärt hatte, sie könne ihm mit ihrer Unterschrift
ihre Liebe beweisen.
Aufgrund einer Gesamtwürdigung aller gegebenen Umstände sind die Vereinbarungen, auf die das Berufungsgericht die ,Verurteilung der Beklagten gestützt hat, als
sittenwidrig zu bewerten. Es kann nicht hingenommen.werden, daß Banken die Gewährung von Krediten an verheiratete Kreditnehmer ohne konkreten rechtfertigenden Grund
auch dann von einer unbeschränkten persönlichen Mitverpflichtung seiner Ehefrau abhängig machen, wenn diese
nach ihren persönlichen Verhältnissen voraussichtlich nicht
in der Lage sein wird, sich von den übernommenen, sogar
nach einer Scheidung weiter bestehenden Belastungen
jemals aus eigener Kraft wieder zu befreien.
z.
1. Übereignen Eltern ihr Vermögen durch Übertragungsvertrag mit allen Kindern auf einige von ihnen zu ungleichen
Teilen, und wird den „zu gut" bedachten Kindern die
Zahlung von „Gleichstellungsgeldern" an die Eltern
auferlegt, dann sind dadurch, wenn nicht besondere
Umstände hinzukommen, sowohl die Eltern gegenüber
den „zu schlecht" bedachten Abkömmlingen als auch
die Geschwister untereinander gehalten, die vorgesehene Gleichstellung herbeizuführen.
2. Bei einem Übertragungsvertrag mit mehreren Zuwendungsempfängern mag eine Vertragsanpassung nach
den Grundsätzen vom Wegfall der Geschäftsgrundlage
bei späteren Wertsteigerungen oder nachträglichem
Wertverfall ausgeschlossen sein. Das gilt aber nicht für
Fälle, in denen es um einen anfänglichen Irrtum etwa
über Rechen- oder grobe Bewertungsfehler geht.
BGH, Urteil vom 30.1.1991 — IV ZR 299/89 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
MittBayNot 1991 Heft 3 111
Aus dem Tatbestand-.
Die Parteien sind Brüder. Sie streiten um eine Abfindung für den
Kläger.
Das wesentliche Vermögen der Eltern der Parteien bestand zuletzt
aus drei Grundstücken in M., auf denen sie je einen Gewerbebetrieb
unterhielten, und zwar eine Konditorei mit Cafe, ein Lebensmittelgeschäft und eine Bäckerei. Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrugen die Eltern die Grundstücke nebst den dort betriebenen Geschäften auf drei ihrer vier Kinder. Der Beklagte erhielt das
Grundstück nebst Konditorei und Cafe, die Tochter Elisabeth das
Grundstück mit dem Lebensmittelgeschäft und der Sohn Theodor
dasjenige mit der Bäckerei. Gleichzeitig wurden zwei Bauplätze, die
die Eltern bereits früher zu je einem' /4-Miteigentumsanteil auf ihre
Kinder übertragen hatten, so umverteilt, daß der Kläger den einen
und Elisabeth den anderen Bauplatz zu Alleineigentum erhielten. Im
übrigen sollte der Kläger durch Geldzahlungen abgefunden werden.
Dementsprechend wurde in dem. zugrunde liegenden notariellen
Übergabevertrag zwischen den Eltern und ihren vier Kindern vom
3.12.1980 aufgrund Wertgutachtens des Sachverständigen H. vom
14.3.1980 vereinbart, daß der Beklagte 882.500 DM und Theodor
392.500 DM „jeweils als Übernahmepreis an die Übergeber" mit 8%
verzinslich zahlen sollten. Theodor kam seiner Verpflichtung nach;
die Eltern leiteten seine Zahlung. als „Gleichstellungsgeld" an Elisabeth weiter. Für den Kläger richteten die Eltern ein Baukonto ein,
über das er die für seinen Neubau auf dem ihm zugewiesenen Bauplatz erforderlichen Mittel erhalten sollte. Auf diesem Wege erhielt
der Kläger zunächst rund 131.000 DM. Als er im Oktober 1982 bei dem
Beklagten die noch offenen Beträge anforderte, war dieser in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Er behauptete, der ihm überlassene Betrieb erwirtschafte die geschuldeten Zahlungen nicht.
Darauf veranlaßte der Vater eine neue Bewertung des Grundstücks
des Beklagten zum 1.12.1982 und schloß mit diesem am 30.12.1982
einen notariellen Vertrag, durch den der mit dem Beklagten vereinbarte Übergabepreis auf 272.500 DM „berichtigt" und die Verzinsung
ab 2.1.1981 auf 5,5% ermäßigt wurde.
Der Kläger ist der Meinung, dieser Berichtigungsvertrag sei für ihn
nicht maßgebend. Alle Beteiligten hätten durch eine Gesamtvereinbarung das Ziel verfolgt, das elterliche Vermögen ohne steuerschädliche Wirkung vorwegzuverteilen. Nach zutreffender Bewertung habe
sich ein Nettobetrag von insgesamt 3.350.000 DM ergeben, von dem
auf jedes Kind rechnerisch 837.500 DM entfallen sei. Da der Beklagte
eine Zuwendung im Werte von 1.720.000 DM erhalten habe, habe er
882.500 DM Gleichstellungsgeld zahlen sollen, und zwar 837.500 DM
unmittelbar an den Kläger. Da er — über das Baukonto — aber insgesamt nur 297.937,50 DM erhalten habe, müsse der Beklagte den Differenzbetrag von 539.562,50 DM nebst 8% Zinsen noch an ihn zahlen.
Der hierauf gerichteten Klage haben Landgericht und Oberlandesgericht stattgegeben.
Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
1. Das Oberlandesgericht versteht die Absprachen der Beteiligten in Übereinstimmung mit dem Landgericht unter Würdigung der Vertragsumstände dahin, daß es sich um eine
Gesamtvereinbarung handele, durch die die Eltern der
Parteien ihr Vermögen im wesentlichen auf drei ihrer Kinder
übertragen und dem Kläger und der am Verfahren nicht
beteiligten Schwester Elisabeth Ansprüche auf entsprechende „Gleichstellungsgelder" verbindlich eingeräumt
haben....
Gegen diese Auslegung bringt die Revision nichts Konkretes vor; sie hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, handelt es
sich um einen Fall der sogenannten „vorweggenommenen
Erbfolge". Diese Gestaltung ist in der Praxis seit langem
weit verbreitet, sie kommt im geltenden Recht vor allem in
der Höfeordnung (
BBauG vor. Im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde sie früher in
mehreren Vorschriften lediglich am Rande berührt (§§ 511,
1374 Abs.2 Satz 2, § 1477 Abs.2 Satz 2, § 1478 Abs.2 Nr.2
BGB). Inzwischen ist sie in
erwähnt. Sie findet auch im Schrifttum zunehmend Beachtung (Olzen, Die vorweggenommene Erbfolge, 1984; derselbe, Vorweggenommene Erbfolge in historischer Sicht,
1988; Eccher, Antizipierte Erbfolge, 1980). Unter ihr versteht
man die Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teiles davon) durch den (künftigen) Erblasser auf
einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger. Sie richtet sich im Grundsatz nicht nach
Erbrecht, sondern muß sich der Rechtsgeschäfte unter Lebenden bedienen. In diesem Rahmen bestehen für sie vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Die Ermittlung dessen,
was im Einzelfall vereinbart ist, obliegt weithin dem Tatrichter, der sich dabei der Mittel der Auslegung bedient. Diese
Aufgabe hat das Berufungsgericht, soweit es um die Frage
nach der Verbindlichkeit der zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen geht, rechtsfehlerfrei erfüllt.
Eltern, die ihre Kinder im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge gleich bedenken wollen, ihr Vermögen aber zu
ungleichen Wertanteilen auf einige ihrer Kinder übertragen
und den „zu gut" bedachten Kindern zugleich die Zahlung
von „Gleichstellungsgeldern" auferlegen, bringen in aller
Regel schon dadurch zum Ausdruck, daß die Gleichstellungsgelder für die nicht oder „zu schlecht" bedachten
Kinder bestimmt sind. Das gilt in noch erhöhtem Maße,
wenn das bei der Vermögensverteilung nicht (oder zu niedrig) berücksichtigte Kind an dem Übertragungsvertrag als
Vertragspartner beteiligt wird, wie das hier geschehen ist.
Es kann daher, wenn nicht besondere Umstände hinzukommen, davon ausgehen, daß' die den Gleichstellungsgeldern zugrunde gelegten Werte auch in seinem Interesse
festgelegt sind und daß es mit Hilfe dieser Gelder tatsächlich gleichgestellt wird. Dementsprechend waren sowohl die
Geschwister untereinander als auch die Eltern gegenüber
dem Kläger rechtlich, gehalten, die vorgesehene Gleichstellung auf der Grundlage der angenommenen Werte herbeizuführen.
2. Zu unterscheiden von der Festschreibung der Werte ist die
andere Frage, ob der Kläger berechtigt ist, das vereinbarte
Gleichstellungsgeld von dem Beklagten unmittelbar anzufordern.
Das Berufungsgericht legt -die Vereinbarung in Übereinstimmung mit dem Landgericht dahin aus, daß der Kläger
danach einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den
Beklagten haben soll. Die hiergegen gerichteten Angriffe
der Revision sind im Ergebnis unbegründet.
Es ist allerdings fragwürdig, ob § 3 des notariellen Übertragungsvertrages dahin ausgelegt werden darf, daß der
Beklagte die Gleichstellungsgelder unmittelbar an den
Kläger zu leisten hatte, obwohl es dort ausdrücklich heißt,
die Beträge seien „an die Übergeber als Gesamtgläubiger"
zu zahlen. Aber darauf kommt es im Ergebnis nicht an.
Die Revision übersieht nämlich, daß der Kläger aufgrund
des Übertragungsvertrages einen eigenen Anspruch gegen
den Beklagten auf Herbeiführung der damit allseits bezweckten Gleichstellung der Geschwister auf der Grundlage
der angenommenen Werte hat. Dieser Anspruch konnte
auch durch die Aufhebung des Anspruchs der Eltern auf
Zahlung des Übergabepreises an sie in dem Berichtigungsvertrag vom 30.12.1982 nicht beseitigt werden.
MittBayNot 1991 Heft 3
bleiben.
Die spätere Gemeinschuldnerin verkaufte im. April 1986 eine ihrer
Eigentumswohnungen an die vom Beklagten beherrschte und als
Geschäftsführer vertretene „M:`-Vermögensverwaltungs- und Geschäftsbesorgungs GmbH (M.). In Anrechnung auf den Kaufpreis
übernahm M. den auf die Eigentumswohnung entfallenden Anteil
eines Grundschulddarlehens, das die C.AG der späteren Gemeinschuldnerin gewährt hatte. Zu dessen Ablösung nahm der Beklagte
nach anderweitiger Tilgung eines Teilbetrages wegen des Restes bei
R. ein Grundschulddarlehen über 100.000 DM auf. Die Darlehensvaluta wurde auf seine Anweisung an die C. AG überwiesen. Diese
trat daraufhin vereinbarungsgemäß einen Teilbetrag von 100.000 DM
aus ihrer Grundschuld an R. ab und bewilligte die alsbald durchgeführte Löschung der Restgrundschuld.
Das Berufungsgericht ist im Anschluß an Coing (NJW 1967,
1777) der Auffassung, bei der vorweggenommenen Erbfolge
sei für eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über
den Wegfall der Geschäftsgrundlage regelmäßig kein Raum.
Dieser Auffassung vermag sich der Senat in dieser Allgemeinheit nicht anzuschließen (vgl. auch Olzen, Die vorweggenommene Erbfolge S. 214-218). Es ist allerdings richtig,
daß die Beteiligten bei einem Übertragungsvertrag mit
mehreren Zuwendungsempfängern regelmäßig erbrechtsähnliche Wirkungen insofern anstreben, als die zugewendeten Vermögensstücke mit der Übertragung, ähnlich wie im
Erbrecht, gänzlich in den Risikobereich des betreffenden
Empfängers fallen sollen. Das dürfte regelmäßig zur Folge
haben, daß spätere Wertsteigerungen oder ein Wertverfall
auf die vertragsrechtliche oder erbrechtliche Rechtsstellung
der beteiligten Übernehmer keinen Einfluß haben können.
Insofern mag insbesondere eine Anpassung nach den
Grundsätzen vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgeschlossen sein. Nicht von vornherein ausgeschlossen sind
dagegen die Fälle, in denen es um einen anfänglichen Irrtum
über die Geschäftsgrundlage geht, wie etwa bei einem
offensichtlichen Rechen- oder einem groben Bewertungsfehler, wie er hier in Betracht kommen könnte.
Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht wird die bisher unterbliebene Prüfung
insoweit nachzuholen haben. Dabei wird besonders zu
berücksichtigen sein, daß Grundstücksbewertungen mit
gewissen Unsicherheiten behaftet sind, und daß eine Vertragsanpassung hier allenfalls bei einer ungewöhnlichen,
aus dem Rahmen fallenden Differenz infolge anfänglicher
Fehlbewertung in Betracht kommen kann. Weiter wird zu
beachten sein, daß eine etwa notwendige Vertragsanpassung die Einbeziehung der Interessen aller vier Geschwister
erforderlich machen kann.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt
des Berufungsgerichts. Es hat mit Recht angenommen, daß
die Gemeinschuldnerin durch Abtretung der R. deren fällige
Darlehensforderung in Höhe von 108.900 DM gegen den
Beklagten erworben hat (
Grundschuld hat, wovon auch die Revision ausgeht, nicht
zum Erlöschen der gesicherten Darlehensforderung geführt
(st. Rspr. des BGH, vgl.
[=
3. BGB §§ 404, 11911; KO § 17 (Konkludente Abtretung der
Grundschuld-Rückgewähransprüche)
2. Das Berufungsgericht hat jedoch die Einrede des Beklagten, zur Tilgung seiner Darlehensschuld nur Zug um Zug
gegen Rückgewähr der Grundschuld verpflichtet gewesen
zu sein, unberücksichtigt gelassen. Das rügt die Revision
mit Recht. Es hat deshalb nicht erkannt, daß der Kläger
die Darlehensforderung nicht durchsetzen kann.
1. Ein Grundstückskaufvertrag, nach dessen Inhalt der
Erwerber ein dem Verkäufer von dritter Seite gewährtes
Grundschulddarlehen in Anrechnung auf den Kaufpreis
übernimmt, enthält grundsätzlich die stillschweigende
Abtretung des — durch die Tilgung des Darlehens
bedingten — Rückgewähranspruchs hinsichtlich der
Grundschuld an den Erwerber.
2. Der Erwerber kann in diesem Fall dem Sicherungsnehmer entgegenhalten, daß er zur Tilgung der gesicherten
Forderung nur gegen Rückgewähr der Grundschuld ver•
pflichtet ist. Diese Einrede kann er auch dem Konkursverwalter über das Vermögen des Verkäufers entgegen.
halten, der die Erfüllung des Kaufvertrages nach
abgelehnt hat und nunmehr die ihm nach Ablösung der
Grundschuld aus der Masse vom Sicherungsnehmer
abgetretene Darlehensforderung geltend macht.
BGH, Urteil vom 5.2.1991 — XI ZR 45/90 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Vorsitzender Richter am BGH
Aus dem Tatbestand.
Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der E. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht der R. R. Hypothekenbank AG (R.) auf Rückzahlung eines
Grundschulddarlehens in Anspruch.
MittBayNot 1991 Heft 3
Nach Ablehnung der Erfüllung des Wohnungskaufvertrages gern.
genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach
lastenfreier Veräußerung der Eigentumswohnung an einen Dritten,
Ablösung der Grundschuld durch den Kläger und Abtretung der fällig
gestellten Darlehensforderung durch R. in Höhe von 108.900 DM an
die Gemeinschuldnerin hat der Kläger im Wege der Anschlußberufung die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich Zinsen begehrt. Der Beklagte hat geltend gemacht, aufgrund
der mit R. getroffenen Sicherungsabrede sei er zur Tilgung seiner
Darlehensschuld nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der gelöschten
Grundschuld verpflichtet. Das Berufungsgericht hat der geänderten
Klage mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs entsprochen.
Die Revision des Beklagten führte zur Abweisung der Klage
a) Nach
gegen Rückgewähr der Grundschuld zahlen müssen. Das
folgt aus der Sicherungsabrede, die der Beklagte nach Feststellung des Berufungsgerichts mit R. getroffen hat. Er hat
die Absicherung ihrer Darlehensforderung durch eine
Grundschuld über 100.000 DM an der von M. gekauften
Eigentumswohnung versprochen und die Abtretung eines
entsprechenden Grundschuldteilbetrages durch die C.AG
an R. veranlaßt. Damit hat er als Sicherungsgeber einen —
durch die Tilgung der Darlehensforderung aufschiebend bedingten, — Anspruch auf Rückgewähr dieser Grundschuld
gegen R. erlangt (st. Rspr. des BGH, vgl.
[=
107187,
Daß er weder Eigentümer der belasteten -Wohnung noch
Inhaber der Grundschuld jemals war, ist entgegen der
Ansicht des Klägers ohne Belang. Sicherungsgeber, also
Partner der Sicherungsabrede, kann auch ein persönlicher
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:29.01.1991
Aktenzeichen:IV ZR 299/89
Erschienen in:
MittBayNot 1991, 111-113
MittRhNotK 1991, 253-254
BGB §§ 305, 1922, 242