Kammergericht 04. Juli 2024
1 W 97/24
EGBGB Art. 229 § 21; BGB §§ 164 Abs. 1, 707; GBO §§ 22 Abs. 2, 32

Richtigstellung der Eintragung einer eGbR als Eigentümerin im Grundbuch; Vertreter des Vertreters; Vollmacht der Gesellschafter an den Notar

letzte Aktualisierung: 18.7.2024
KG, Beschl. v. 4.7.2024 – 1 W 97/24

EGBGB Art. 229 § 21; BGB §§ 164 Abs. 1, 707; GBO §§ 22 Abs. 2, 32
Richtigstellung der Eintragung einer eGbR als Eigentümerin im Grundbuch; Vertreter des
Vertreters; Vollmacht der Gesellschafter an den Notar

Einzelne (ebenso alle) Gesellschafter einer eGbR können Vollmacht, für sie in ihrer Eigenschaft als
Gesellschafter zu handeln und die Zustimmungserklärung nach Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 Hs. 2
EGBGB i. V. m. § 22 Abs. 2 GBO als Untervertreter für die Gesellschaft abzugeben, bereits vor
Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister erteilen. Gibt der so Bevollmächtigte die
Zustimmungserklärung nach der Registereintragung ab, ist die Vertretungsberechtigung der
Vollmachtgeber für den Zeitpunkt der Erklärungsabgabe gemäß § 32 GBO nachzuweisen.

Gründe

I.
In Abt. I sind die Beteiligten zu 1) und 2) als Gesellschafter bürgerlichen Rechts gebucht.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 30. Januar 2024 (UR-Nr. 71/2024 des Notars …)
meldeten sie unter I. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit sich als Gesellschaftern und dem
Namen X… eGbR zur Eintragung in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts Charlottenburg
an. Zur Kennzeichnung teilten sie informatorisch mit, es handele sich um diejenige Gesellschaft,
die als Eigentümerin in dem im Beschlusseingang genannten Grundbuch eingetragen sei. Unter
II. erklärten die Beteiligten zu 1) und 2) gegenüber dem Grundbuchamt, sämtliche mitwirkenden
Gesellschafter seien in diesem Grundbuch als Gesellschafter der dort eingetragenen Gesellschaft
bürgerlichen Rechts vermerkt. Sie bewilligten gemäß Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 EGBGB, die
Bezeichnung des Eigentümers dahin richtigzustellen, dass die unter I. angemeldete eGbR
eingetragen werde. Die X… eGbR, vertreten durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter
nach Maßgabe der in Abschnitt I enthaltenen Anmeldung, stimme der Richtigstellung gemäß
Art. 229 § 21 Abs. 3 S. 2 ltz. Hs. EGBGB, § 22 Abs. 2 GBO zu und beantrage diese. Unter III.
heißt es, zur Bestätigung der Identität und zur grundbuchmäßigen Bezeichnung der
eingetragenen eGbR gemäß § 47 Abs. 2 GBO werde u.a. der beglaubigende Notar (im Wege der
Eigenurkunde), befreit von § 181 BGB und mit Wirkung über den Tod hinaus, durch alle
Beteiligten bevollmächtigt. Der Notar werde beauftragt, nach Eintragung der X… eGbR im
Gesellschaftsregister den Vollzug der Richtigstellung im Grundbuch zu betreiben.

Am 5. Februar 2024 wurde die Beteiligte zu 3) in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts
Charlottenburg - GsR … - mit dem Namen X… eGbR und den Beteiligten zu 1) und 2) als
Gesellschaftern eingetragen.

Mit unterschriebener und gesiegelter Eigenurkunde vom 14. Februar 2024 erklärte Notar …
unter Bezugnahme auf die Vollmacht in Abschnitt III der UR-Nr. 71/2024, er bestätige, dass
die dort unter I. zum Gesellschaftsregister angemeldete Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der
zwischenzeitlich im Gesellschaftsregister des Amtsgerichts Charlottenburg - GsR … -
eingetragenen X… eGbR identisch sei. Die in Abschnitt II enthaltene
Richtigstellungsbewilligung beziehe sich demnach auf diese eGbR. Ihre Eintragung an der in
Abschnitt II genannten Blattstelle anstelle der dort bisher verlautbarten GbR werde daher
bewilligt und beantragt.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2024 hat der Notar unter Vorlage der genannten Urkunden die
Grundbuchberichtigung in Abt. I beantragt. Mit der angefochtenen Zwischenverfügung hat das
Grundbuchamt beanstandet, es fehle die Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3), die erst
nach deren Eintragung in das Gesellschaftsregister abgegeben werden könne. Für die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts könne mangels Vertretungsnachweis zuvor auch keine
Vollmacht erteilt werden.

II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht
gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst. Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht
nicht.

Es trifft zwar zu, dass die Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 3), die gemäß Art. 229 § 21
Abs. 3 S. 2 Hs. 2, S. 3 EGBGB i.V.m. § 22 Abs. 2 GBO für die beantragte Richtigstellung
erforderlich ist, erst nach ihrer Eintragung in das Gesellschaftsregister erklärt werden kann.
Denn vor diesem Zeitpunkt ist nicht gemäß § 32 GBO nachzuweisen, wer berechtigt ist, die im
Grundbuch einzutragende Gesellschaft (gemäß § 720 BGB organschaftlich als Gesellschafter)
bei Abgabe der Erklärung zu vertreten. Die Eintragung der Gesellschafter in das
Gesellschaftsregister wirkt nicht auf einen Zeitpunkt vor der Eintragung am 5. Februar 2024
zurück (vgl. Bolkart, MittBayNot 2021, 319, 328; Senat, FGPrax 2015, 10 zum Handelsregister;
Beschluss vom 8. März 2011 - 1 W 99/10 - juris Rn. 10 zur Vermutung des § 899a S. 1 BGB).
Mit der Bewilligungserklärung vom 14. Februar 2024 liegt jedoch eine nachträglich erklärte
Zustimmung der Beteiligten zu 3) vor. Die Zustimmung nach § 22 Abs. 2 GBO ist als rein
verfahrensrechtliche Erklärung in der Bewilligung enthalten (oder auch dem Antrag in der Form
des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO). Notar … gibt die Erklärungen in seiner Eigenurkunde nach den
erkennbaren Umständen gemäß § 164 Abs. 1 BGB sowohl im Namen der Beteiligten zu 1) und
2) als auch im Namen der Beteiligten zu 3) ab. Auch Letzteres ist von der ihm erteilten
Vollmacht (§ 167 Abs. 1 BGB) gedeckt.

Für eine durch Rechtsgeschäft zu erteilende Vertretungsmacht bestehen bei einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die rechtsfähige Gesellschaft (§ 705
Abs. 2 BGB), organschaftlich vertreten durch ihre Gesellschafter, kann selbst eine Vollmacht
erteilen (a.A. BGH, DNotZ 2011, 361, 363; s. aber BGH, Beschluss vom 12. Mai 2011 - V ZB
263/10 - juris Rn. 12, 18; Grüneberg/Retzlaff, BGB, 83. Aufl., § 720 Rn. 11 m.w.N.). Das hat
zur Folge, dass bloße Änderungen im Gesellschafterbestand u.ä. keine Auswirkungen auf die
Vertretungsmacht des Bevollmächtigten haben, der die Gesellschaft unmittelbar vertritt. Damit
eine solche Vollmacht im Grundbuchverfahren Verwendung finden kann, muss gemäß § 32
GBO nachgewiesen sein, dass die für die Gesellschaft handelnden Gesellschafter im Zeitpunkt
der Vollmachtserteilung vertretungsberechtigt waren.

Oder einzelne (ebenso alle) Gesellschafter können Vollmacht erteilen, sie in ihrer Eigenschaft
als Gesellschafter zu vertreten, bei der Abgabe von Erklärungen im Namen der Gesellschaft also
als Untervertreter des organschaftlich vertretungsbefugten Gesellschafters dessen
Vertretungsmacht auszuüben (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Mai 2011, a.a.O., Rn. 17 ff.;
Beschluss vom 29. Sept. 2011 - V ZB 1/11 - juris Rn. 11 zum GmbH-Geschäftsführer; Senat,
MittBayNot 2017, 368). Das hat zur Folge, dass der Bevollmächtigte nur dann für die
Gesellschaft handeln kann, wenn der ihn Ermächtigende bei Abgabe der Willenserklärung (noch
oder schon) vertretungsbefugter Gesellschafter ist, die Erklärung also auch selbst mit Wirkung
für und gegen die Gesellschaft abgeben könnte. Die Vollmacht, den Vollmachtgeber als
Gesellschafter zu vertreten, kann auch schon vor Gründung der Gesellschaft oder ihrer
Eintragung in das Gesellschaftsregister erteilt werden (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 47 Rn.
30b m.w.N.).

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben den Notar unter III. der UR-Nr. 71/2024 auch
bevollmächtigt, sie bei der Richtigstellung des Grundbuchs in ihrer Eigenschaft als
Gesellschafter einer (beliebigen) Gesellschaft zu vertreten, die im Gesellschaftsregister mit den
unter I. angemeldeten Angaben eingetragen ist. Das ist für die Beteiligte zu 3) der Fall; sämtliche
Eintragungen im Register des Amtsgerichts Charlottenburg - GsR … - stimmen mit den
Angaben nach § 707 Abs. 2 Nrn 1 - 3 BGB überein. Den Bestimmungen (die dem Muster 17
von Krauß, notar 2023, 339, 353 folgen) ist hinreichend zu entnehmen, dass der Notar
ermächtigt und beauftragt ist, alle noch erforderlichen Erklärungen abzugeben, um die
Richtigstellung zu bewirken. In der Vollmacht, die Identität zu bestätigen, liegt auch die
Befugnis, die (zunächst unvollständige) Bewilligungs- und Zustimmungserklärung in
Übereinstimmung mit der Bestätigung zu wiederholen.

Die Befugnis der Beteiligten zu 1) und 2), die Beteiligte zu 3) am 14. Februar 2024 zu vertreten,
ist gemäß § 32 GBO nachgewiesen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

04.07.2024

Aktenzeichen:

1 W 97/24

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft

Normen in Titel:

EGBGB Art. 229 § 21; BGB §§ 164 Abs. 1, 707; GBO §§ 22 Abs. 2, 32