Zum Umfang einer Auflassungsvollmacht
5. BGB §§ 133, 164 ff., 925; GBO-§ 20 (Zum Umfang einerAuflassungsvollmacht)
1. Zur Auslegung von Grundbucherklärungen; Überprüfung
der Auslegung der Tatsacheninstanzen durch das Rechtsbeschwerdegericht.
2. Bestimmung des Umfangs einer Auflassungsvollmacht
durch Bezugnahme auf einen Lageplan.
BayObLG, Beschluß vom 5.12.1984 — BReg. 2 Z 73/84 — mitAus dem Tatbestand:
Im vorliegenden Verfahren geht es darum, ob eine Auflassungserklärung, die die Beteiligte zu 1 a) durch ihren Geschäftsführer namens
der Beteiligten zu 2) abgegeben hat, vom Umfang der Vollmacht gedeckt ist.
1. Den Beteiligten zu 1) gehörte ein Grundstück. Sie beabsichtigten,
auf ihm im sog. „Bauherrenmodell" ein Hotelgebäude zu errichten.
Die Beteiligten zu 2) traten der Bauherrengemeinschaft bei. Zu notarieller Urkunde vom 14.11.1980 nahmen sie das Angebot eines Treuhandvertrags an. In diesem wird das Bauvorhaben wie folgt beschrieben: es sei eine Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz
vorgesehen; die Beteiligten zu 2) beabsichtigten, den 7,600/1000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an dem mit Nr.
326 bezeichneten Appartement und dem Tiefgaragenstellplatz Nr.
326 — beides wie in einer der Urkunde beigefügten Lageskizze ausgewiesen — zu erwerben. In Abschnitt 3 der Urkunde erteilten sie
u.a. den Herren K. und L. (Geschäftsführern der Beteiligten zu 1 a)
und 1 b).) umfassende Einzelvollmachten unter Befreiung von den Beschränkungen des
„Der Bevollmächtigte kann die Vollmacht jedoch nur im Rahmen
der sich aus dieser Urkunde ergebenden Beschränkungen ausüben,...
Die Erteilung von Untervollmachten ist zulässig und kann insbesondere der P. GmbH' . , . erteilt werden.
Auch insoweit wird eine Befreiung von den Beschränkungen des
Im einzelnen ist der Bevollmächtigte zur Vornahme aller Rechtshandlungen im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen berechtigt:
1.Grundstücksanteil
Der Bevollmächtigte ist einmal berechtigt, für den Bauherrn von
dem genannten Baugrundstück einen Miteigentumsanteil zu
7,60011000 zum Kaufpreis von DM 21 280 zu erwerben, den Bauherrn im Rahmen des Kaufvertrags und überhaupt in Ansehung
des Baugrundstückes umfassend zu vertreten, soweit eine Vertretung gesetzlich überhaupt zulässig ist, insbesondere die Auflassung zu vereinbaren sowie an dem erworbenen Miteigentumsanteil am Baugrundstück vor und nach der Verbindung mit Sondereigentum Grundpfandrechte jeder Art samt Zinsen und Nebenrechten zu bestellen, .. .
2. WEG-Aufteilung
Der Bevollmächtigte ist weiterhin ermächtigt, das Baugrundstück entweder nach § 8 oder nach § 3 jeweils des Wohnungseigentumsgesetzes aufzuteilen und eine Gemeinschaftsordnung
zu erlassen. Die Festlegung der Gemeinschaftsordnung liegt im
billigen Ermessen des Bevollmächtigten.
Bei der Aufteilung ist festzulegen bzw. zu vereinbaren, daß dem
heute Erschienenen das Sondereigentum zuzuordnen ist, das in
der Anlage der heutigen Urkunde festgehalten ist.
Der Bevollmächtigte ist weiterhin ermächtigt, die genannte Aufteilungsurkunde samt Gemeinschaftsordnung abzuändern, sofern die Sondereigentumseinheit des Bauherrn hiervon unberührt
bleibt."
Zu notarieller Urkunde vom 16.12.1980 verkauften die Beteiligten zu 1)
an die Beteiligten zu 2) an dem Vertragsgrundstück den Miteigentumsanteil zu 7,600/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an dem
mit Nr. 326 bezeichneten Appartement nebst Tiefgaragenplatz
Nr. 326. Die Beteiligten zu 2) wurden dabei durch Herrn K. aufgrund
der am 14.11.1980 erteilten Vollmacht vertreten. In der Urkunde ist bestimmt:
„Der Erwerber bevollmächtigt-hiermit unter Befreiung von den
Beschränkungen des
1. für ihn alle zum Vollzug dieses Vertrages im Grundbuch etwa
erforderlichen oder zweckdienlichen Erklärungen vorzunehmen,
namentlich die Auflassung zu vereinbaren; ..."
Zu notarieller Urkunde vom 11.2.1981 wurde das Grundstück gemäß
7,600/1000 „verbunden mit dem Sondereigentum an dem im dritten
Obergeschoß gelegenen Hotelappartement ... mit einer Nutzfläche
von ca. 30,37 qm, und der mit derselben Nummer versehenen Tiefgarage im Kellergeschoß des Hauses und im Aufteilungsplan mit
Nr. 326 bezeichnet" gebildet. Das Grundbuchamt legte die Teileigentumsgrundbücher an und trug die Beteiligten zu 1) als Eigentümer
ein.
Zu Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 27.2.1981 erklärten die Beteiligten die Auflassung. In der Urkunde wird als „Sachstand" wiedergegeben, daß die Beteiligten zu 1) „mit Kaufvertrag des
Notars ... vom 16.12.1980 ... den Miteigentumsanteil zu 7,600/1000
an dem mit Nr. 326 bezeichneten Appartement ..." an die Beteiligten
zu 2) verkauft hätten. Die Vertragsteile erklärten sodann die Einigung
„über den vereinbarten Eigentumsübergang in dem in der Vorurkunde
vereinbarten Erwerbsverhältnis". Die Beteiligte zu 1 a) handelte hierbei „aufgrund der in der Vorurkunde erteilten Vollmacht" zugleich für
die Beteiligten zu 2).
2. Der Verfahrensbevollmächtigte hat die Auflassungsurkunde dem
Grundbuchamt „mit dem Antrag gemäß
Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag mit Zwischenverfügung beanstandet: Die von den Beteiligten zu 2) erteilte Vollmacht sei
dahin beschränkt worden, daß ihnen bei der Teilung das in der Anlage
zur Urkunde vom 14.11.1980 bezeichnete Sondereigentum zuzuordnen
sei. Aus dem Gesamtzusammenhang der Bevollmächtigten im Rahmen eines Treuhandvertrags folge, daß die Auf lassungsvollmacht nur
in bezug auf ein Sondereigentum erteilt worden sei, das sich aus der
Anlage ergebe. Das darin bezeichnete Sondereigentum an dem Appartement Nr. 326 sei mit dem im Grundbuch vorgetragenen Sondereigentum der Größe nach nicht identisch. Zur behaupteten Vollmacht
sei deshalb eine „Bestätigung" der Beteiligten zu 2) in Form, des § 29
GBO beizubringen.
Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluß vom 3.7.1984 zurückgewiesen. Die Beteiligten haben weitere
Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen: ~
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1....
2. Die Entscheidung des Landgerichts kann nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, daß die von den Beteiligten zu 2) erteilte Vollmacht sich nur auf den Erwerb eines
Miteigentumsanteils, nicht aber eines Wohnungseigentums
bezieht. Die namens der Beteiligten zu 2) abgegebene Auflassungserklärung ist aber aus einem anderen Grund von
dem Umfang der erteilten Vollmacht nicht gedeckt: Das im
Aufteilungsplan dargestellte Sondereigentum Nr. 326, auf
das sich die Auflassungserklärung vom 27.2.1981 bezieht,
weicht wesentlich von der Darstellung in der Lageskizze ab,
die der Vollmachtsurkunde vom 14.11.1980 als Anlage beigegeben war, und die Vollmacht war auf den Erwerb von Teileigentum wie in dieser Anlage dargestellt, beschränkt. Mit
Recht hat das Grundbuchamt daher „zur behaupteten Vollmacht" eine „Bestätigung" der Beteiligten zu 2) (d.h. eine
Genehmigung nach
verlangt.
a) Bei der Auflassung vom 27.2.1981 wurden die Beteiligten
zu 2) durch die Beteiligte zu 1 a) und diese, durch ihren Geschäftsführer K. vertreten. Das Vorliegen der Vollmacht und
den Umfang der Vertretungsvollmacht hat das Grundbuchamt selbständig zu überprüfen (
BayObLG
1984 BReg. 2Z8/84; OLG Hamm DNotZ 1954,38; HorberGBO
20 MittBayNot 1985 Heft 1
16. Aufl. § 19 Anm. 5 E a; Kuntze/ErtUHermann/Eickmann
— KEHE — Grundbuchrecht 2. Aufl. § 20 Rdnrn. 1, 90).
Die Beteiligte zu 1 a) leitete ihre Vertretungsmacht von der
Bevollmächtigung durch K. in Abschnitt 18 der Kaufvertragsurkunde vom 16.12.1980 her. Dieser war von den Beteiligten
zu 2) in der notariellen Urkunde vom 14.11.1980 bevollmächtigt worden; die Vollmacht umfaßte auch die Erteilung einer
Untervollmacht (u. a.) an die Beteiligte zu 1 a). Vollmacht und
Untervollmacht wurden unter Befreiung von den Beschränkungen des
BGB 43. Aufl. Anm. 3 a; Staudinger BGB.12. Aufl. Rdnr. 67,
je zu § 167).
b) Das Landgericht hat die Vollmachterteilung vom 14.11.1980
dahin ausgelegt, daß die Vertreter der Beteiligten zu 2) nur
zum Erwerb eines Miteigentumsanteils, jedoch nicht zum Erwerb eines „Wohnungseigentumsrechts" bevollmächtigt gewesen seien. Dem kann nicht gefolgt werden. Bei der Auslegung von Grundbucherklärungen ist auf deren Wortlaut und
Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt
(
189/191 [=
Die Auslegung der Grundbucherklärung durch den Tatrichter
kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler
überprüft werden. Ein solcher Rechtsfehler liegt vor, wenn
der Tatrichter bei der Auslegung gegen den klaren Sinn der
Urkunde, gegen gesetzliche Auslegungsregeln und allgemein anerkannte Erfahrungssätze oder gegen Denkgesetze
verstoßen oder nicht alle für die Auslegung in Betracht kommenden Gesichtspunkte gewürdigt hat (ständige Rechtsprechung; vgl.
157] mit Nachw.; BayObLG
19120 [=
28.6.1984 aaO).
Bei der Auslegung der Bevollmächtigung vom 14.11.1980 hat
das Landgericht wesentliche, sich aus der Urkunde ergebende Gesichtspunkte nicht gewürdigt. Zwar ist es richtig, daß
der Wortlaut von Abschnitt 3 Nr. 1 der Urkunde nur vom Erwerb eines „Miteigentumsanteils" und der Wortlaut von Abschnitt 3 Nr. 2 nur von der Aufteilung in Wohnungseigentum
entweder nach § 8 oder nach
der Zweck aller getroffenen Regelungen angegeben wird,
nämlich, daß die Beteiligten zu 2) beabsichtigen, an dem
Vertragsgrundstück den Miteigentumsanteil, verbunden mit
dem Sondereigentum zu erwerben. Ferner wird in der Urkunde zum Ausdruck gebracht, daß die Bevollmächtigten zur
umfassenden Vertretung der Beteiligten zu 2) im Rahmen
der Bebauung des Grundstücks berechtigt sein sollten.
Diese Auslegung des Landgerichts ist, da sie nicht ohne
Rechtsfehler zustandegekommen ist, für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend (vgl. BayObLGZ 1972,
260/262 f. [=
Horber§ 78 Anm. 3 A b, c mit Nachw.). Der Senat hat deshalb
die Erklärung selbst auszulegen (
deutung der Bevollmächtigung vom 14.11.1980 dahin geht,
MittBayNot 1985 Heft 1
daß sie sich nicht nur auf den Erwerb eines Miteigentumsanteils, sondern auch auf den von den Beteiligten zu 2) als beabsichtigt bezeichneten Erwerb des Teileigentums, nämlich
des Miteigentumsanteils verbunden mit dem Sondereigentum, bezieht.
c) Die Auflassungserklärung vom 27.2.1981 ist aber aus
einem anderen Grund von der am 14.11.1980 erteilten Vollmacht nicht gedeckt. Die Auslegung der Vollmachtserklärung, die aus den zu b) genannten Gründen vom Rechtsbeschwerdegericht vorzunehmen ist, ergibt nämlich folgendes:
In der Vollmachtsurkunde wird (Abschnitt 1) darauf hingewiesen, daß „die zu errichtenden Sondereigentumseinheiten
... in der Anlage zu dieser Vollmacht gekennzeichnet
(sind)"; auf diesen Plan wird in der Urkunde ausdrücklich
verwiesen. In ihm ist ein zum Teileigentum Nr. 326 gehörender Raum (Balkon, Terrasse o.ä.) wesentlich größer dargestellt als im Aufteilungsplan, nach dem sich der Gegenstand
der Auflassung bestimmt. Für die Frage nach Inhalt und Umfang der von den Beteiligten zu 2) erteilten Auffassungsvollmacht ist die zeichnerische Darstellung in dem Übersichtsplan wesentlich, da sich die Vorstellung der Beteiligten zu 2)
darüber, wozu sie Vollmacht erteilten, und ihr Erklärungswille nur auf dieser Grundlage bilden konnten. Das in der Urkunde vom 27.2.1981 im Namen der Beteiligten zu 2) aufgelassene Teileigentum weicht nach der zeichnerischen Darstellung im Aufteilungsplan von dem der Vollmachterteilung
zugrunde liegenden Plan erheblich ab. Die Vollmacht wurde
aber nur für die Auflassung eines Sondereigentums in dieser räumlichen Gestalt erteilt. Gerade in diesem Punkt —
räumlicher Umfang des zu erwerbenden und zu errichtenden
Teileigentums — ist die Bevollmächtigung eingeschränkt.
Die Urkunde stellt ausdrücklich klar, daß der Bevollmächtigte die Vollmacht nur im Rahmen der sich aus dieser Urkunde
ergebenden Beschränkungen ausüben kann. Nach Abschnitt 3 Ziffer 2 ist „bei der Aufteilung ... festzulegen bzw.
zu vereinbaren, daß dem heute Erschienenen (= den Beteiligten zu 2)) das Sondereigentum zuzuordnen ist, das in der
Anlage der heutigen Urkunde festgehalten ist". Der Bevollmächtigte ist zwar „weiterhin ermächtigt, die genannte Aufteilungsurkunde samt Gemeinschaftsordnung abzuändern";
dies gilt aber nur, „sofern die Sondereigentumseinheit des
Bauherrn hiervon unberührt bleibt" Der Gegenstand der Auflassung, wie er sich hinsichtlich des Sondereigentums aus
der Teilungserklärung in Verbindung mit dem Aufteilungsplan ergibt, weicht von dem der Vollmachtsurkunde beigefügten Plan zum Nachteil der Beteiligten zu 2) ab; die Auflassung ist durch die Vollmacht nicht gedeckt.
Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die „Tatsachenfeststellung" des Urkundsnotars zutrifft, daß die dortigen
Vertragsteile zum Zeitpunkt der Beurkundung der Auflassung die „abstrakte Absicht" hatten, die ursprüngliche Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung zu ändern.
Denn entscheidend ist die Abweichung des der Teilungserklärung zugrunde liegenden Aufteilungsplanes von dem den
Umfang der Vollmacht abgrenzenden Plan.
d) Da für die namens der Beteiligten zu 2) abgegebene Auflassungserklärung vom 27.2.1981 eine ausreichende Vollmacht nicht vorliegt, hat das Grundbuchamt mit Recht ein
Eintragungshindernis angenommen (
Ebenso zutreffend hat es als Mittel zur Beseitigung des Hindernisses angegeben, daß die Beteiligten eine „Bestätigung" zur Vollmacht in der Form des
vorlegen; in Betracht kommt praktisch eine Genehmigung
nach
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:04.12.1984
Aktenzeichen:BReg. 2 Z 73/84
Erschienen in: Normen in Titel:BGB §§ 133, 164 ff., 925; GBO § 20