BFH 23. April 2020
II B 80/19
GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 13, Anl. 9a

Bemessungsgrundlage bei Verlängerung des Erbbaurechts

letzte Aktualisierung: 7.1.2021
BFH, Beschl. v. 23.4.2020 – II B 80/19

GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 13, Anl. 9a
Bemessungsgrundlage bei Verlängerung des Erbbaurechts

Wird ein Erbbaurecht gegen Vereinbarung eines Erbbauzinses verlängert, ist
grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der kapitalisierte Erbbauzins für die
Verlängerungszeit.

Entscheidungsgründe

II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.

1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Ist die Rechtslage eindeutig, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Das gilt auch dann, wenn sie bereits durch den BFH geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschluss vom 22.11.2018 - II B 51/18, BFH/NV 2019, 205, Rz 11).

2. So verhält es sich im Streitfall.

a) Ist ein Erbbaurecht i.S. des § 1 Abs. 1 des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG), dem eine Erbbauzinsverpflichtung i.S. des § 9 Abs. 1 ErbbauRG gegenübersteht, Gegenstand eines grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgangs, so ist Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die auf die vereinbarte Laufzeit des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzinsverpflichtung. Das steht dem Grunde nach zwischen den Beteiligten nicht im Streit.

Entsprechendes gilt, wenn Gegenstand des Erwerbsvorgangs das verlängerte Erbbaurecht ist. In diesem Falle ist der auf die Laufzeit der Verlängerung des Erbbaurechts kapitalisierte Erbbauzins als Wert der Gegenleistung der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen. Dies hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 172, 122, BStBl II 1993, 766 (unter II.2., a.E.) ausdrücklich entschieden.

b) Diese Berechnungsweise ist folgerichtig und gibt insofern keinen Anlass, die Rechtsfrage erneut einer revisionsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Sie baut auf der Grunderwerbsteuerpflicht selbst auf. Die Verlängerung des Erbbaurechts steht ebenso wie die Übertragung eines bestehenden Erbbaurechts und die Bildung (Bestellung) eines Erbbaurechts der Übereignung (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GrEStG) gleich.

c) Wegen des Zeitbezugs des Erbbaurechts ist die seitens des Klägers thematisierte Frage des bürgerlich-rechtlichen Rechtsträgerwechsels nicht mehr erheblich. Für diejenige Zeit, auf die sich die Verlängerung des Erbbaurechts bezieht, findet auch bürgerlich-rechtlich die Abspaltung des Erbbaurechts von dem Eigentum nicht anders statt als dies bei einer Neubestellung des Erbbaurechts der Fall gewesen wäre, denn ohne Verlängerung endet das Erbbaurecht ohne Zutun der Parteien. Es trifft deshalb nicht zu, dass die Situation von vornherein auf Kontinuität angelegt wäre. Dies gilt nur bis zum Auslaufdatum der jeweiligen Erbbaurechtsbestellung, gerade nicht darüber hinaus.

d) Bürgerlich-rechtlich und demzufolge auch steuerrechtlich stellt es einen erheblichen Unterschied dar, ob die Gesamtlaufzeit durch eine einmalige langfristige Erbbaurechtsbestellung oder durch Verlängerung(en) entsteht. Im ersten Falle sind die Vertragsparteien von vornherein für die Gesamtlaufzeit gebunden. Im zweiten Falle haben sie zu jedem Auslaufdatum die Wahl, ob und zu welchen Bedingungen sie das Erbbaurecht verlängern. Es stünde dazu im Widerspruch, wenn Verlängerungen über den Zeitraum von 101 Jahren hinaus, von dem an der Vervielfältiger nach Anlage 9a zum BewG bei 18,600 verharrt, stets zu einer Bemessungsgrundlage von 0 € führten.

e) Die von dem Kläger geltend gemachte Kritik im Schrifttum (Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 2 Rz 189) an dem Urteil in BFHE 172, 122, BStBl II 1993, 766 greift nicht. Es heißt dort: "Fraglich sein kann allenfalls, ob bei verlängerter Erbbauzinspflicht … der kapitalisierte Betrag der neuen Laufzeit … oder nur die Differenz zwischen dem kapitalisierten Betrag der nunmehrigen Gesamtlaufzeit und dem kapitalisierten Betrag der ursprünglichen Laufzeit anzusetzen ist." Die Wortwahl "allenfalls" ist keine Kritik, zumal auch keine konkreten Aspekte gegen die Entscheidung und für die Differenzberechnung ausgeführt sind. Vielmehr nimmt der Autor im Folgenden auf das Urteil des FG Münster vom 10.04.2014 - 8 K 3046/11 GrE (Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1220) Bezug, das die Berechnung ebenso vornimmt wie das FA und das FG im Streitfalle. Das zeigt, dass der Autor diese Herangehensweise, nicht die Differenzberechnung, für zutreffend hält.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BFH

Erscheinungsdatum:

23.04.2020

Aktenzeichen:

II B 80/19

Rechtsgebiete:

Grunderwerbsteuer
Sonstiges Steuerrecht
Erbbaurecht

Normen in Titel:

GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 13, Anl. 9a